Erfindet den Weltfrieden!
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Lavender Diamond - und das darf ohne weiteres behauptet werden - ist eine Band, wie es sie noch nie gegeben hat. Becky Stark - kreativer Motor und Zündfunke des Unternehmens - ist eine geübte Schauspielerin, Studentin der Semiotik (Zeichendeutung à la Umberto Eco) und russischen Literatur sowie eine Operettenliebhaberin, Drummer Ron Rege ist eigentlich gar keiner, sondern ein Comic-Zeichner - und er hat auch kein richtiges Drumset. Pianist Steve Gregoropoulus ist ein ausgebildeter klassischer Komponist und nur Gitarrist Jeff Rosenberg ist ein solcher - mit Punk-Background; spielt aber auf einer akustischen Gitarre. Einen Bassisten gibt es schon mal gar nicht. Und dann ist da noch Lavender Diamond, der namengebende Charakter. Ein Bote aus der Vogelwelt, der den Menschen die Natur erklärt und Freude in die Welt bringt.
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Womit wir auch gleich beim Thema wären: Welches ist Becky Starks Lieblings-Emotion? "Oh, man - meine Lieblingsemotion. Das ist aber eine originelle Frage", lacht sie, (und sie lacht gerne und viel) "ich denke - äh - die Freude. Warum?" Nun, das verwundert nicht wirklich, denn Becky Stark gehört sicherlich zu den glücklichsten Personen, die man sich auf einer Bühne vorstellen kann. Das gehört aber zum Programm, wie sich herausstellt: Was hat es mit Lavender Diamond, dem Charakter, auf sich? "Nun, es ist ein Name eines Projektes und einer Figur. Es ist der Name einer Idee, einer Wesenheit. Es ist eine abstrakte Idee - weil das Ganze aus einer Geschichte heraus entstanden ist, die mir eingefallen ist. Einer Geschichte der Entstehung einer Seele gleichen Namens. In der Geschichte geht es um einen Mann, der einen Klang hört und er folgt diesem Klang. Er findet eine Höhle voller Diamanten, die noch nie jemand gefunden hatte. Er nimmt einen der Diamanten mit und das ist der Lavendel-Diamant." Hm - das ist ja ganz schön esoterisch. Was hat das denn mit der Musik zu tun? "Nun es beschreibt den Charakter des Klanges, den wir machen", versucht Becky zu erklären, "die Geschichte, von der ich dir erzählte, ist ein rechtes Epos. Ich wollte zunächst eine Oper daraus machen. Aber dann entwickelten sich immer mehr Songs, die ich über diesen Charakter schrieb - und da beschloss ich dann, mich selbst so zu nennen. Ich hatte dann die Idee, eine Band zu gründen und fand die Leute, die heute mit mir spielen. Wir nannten uns dann alle zusammen Lavender Diamond. Es ist nämlich mehr als eine Band. Es ist eine Philosophie, es ist ein Klang, es ist eine bestimmte Energie - und die ist von Freude und Liebe erfüllt und hat eine heilende Kraft. Ich habe die anderen gefragt, ob sie Teil dieser Idee sein wollten und sie haben zugestimmt."
Und das alles bringen Lavender Diamond dann auch zum Ausdruck - sowohl auf ihren Tonträgern, der EP "Cavalry Of Light" und der CD "Imagine Our Love" (die sich übrigens NICHT überschneiden), wie auch auf der Bühne. "Ja, auf der Bühne konzentriere ich mich sehr darauf, positive Energien zu verbreiten", erläutert Becky, "wenn mir das nicht gelingt, wenn keine Liebe da ist, funktioniert das Ganze nicht, dann hat die Musik kein Leben. Es muss mehr als das Handwerkliche da sein." Und wenn wir mal davon reden - bei einer Band ohne Bass und "richtigen" Drums, mit akustischer Gitarre, Stimme und Piano - was ist dann hier das Konzept? "Oh, das hat sich vollkommen zufällig so ergeben", meint Becky, "ich hatte die Idee eine Country-Pop-Scheibe aufzunehmen. Ich hatte mit all diesen Leuten irgendwann mal zusammengespielt und dann erkannt, dass wir es doch alle zusammen versuchen könnten. Ich wollte eigentlich nie eine Band haben, aber als ich sie traf, war es mir klar, dass es so klappen könnte." Wie hat sich dann der ganze Lavender-Gedanke musikalisch entwickelt? "Nun, es gibt viele Traditionen, auf denen ich aufbaue", verrät Becky, "die Oper, Pop, Punk, Folk, experimenteller Krach, Jazz. Ich habe klassische Musik studiert und Steve natürlich auch. Ron hat keinerlei Ausbildung als Drummer, Jeff spielte in einer Punk Band und ich selbst habe als Chorsängerin in der Kirche begonnen." Das alles führt zu einem wahrlich einzigartigen Soundmix. Was ist denn das wichtigste bei einem Lavender Diamond-Song, was ist das Herz der Sache? "Wenn ich einen Song schreibe, suche ich ehrlich gesagt nach einer Art von Trost", gesteht Becky, "oder zumindest nach einem guten Gefühl. Ich begann Songs zu schreiben als eine Art von Meditation. Einen Song zu singen führt immer dazu, dass ich mich besser fühle. Das will ich dann auch immer wieder wiederholen - eben weil es sich gut anfühlt. So erkenne ich dann auch einen guten Song: Wenn ich etwas wiederholen will, wenn ich es singen will, etwas, woran ich mich erinnern kann, dann ist es gut. Es geht auch um die Bedeutung: Nur wenn mir selbst etwas bedeutet, kann das, was ich tue, auch anderen etwas bedeuten. Also achte ich darauf, dass meine Songs etwas bedeuten." Nicht nur Melodien wiederholt Becky gerne, sondern auch Textzeilen. Und zwar zum Teil recht häufig - wie einem Mantra. "Nun, die Funktion von Texten ist, die Idee des Songs zu tragen", überlegt Becky, "dazu braucht es eine einfache Form. Es ist eine einfache Meditation." Was dabei so faszinierend? "Wenn du etwas oft genug sagst, dann wird es irgendwann wahr", meint Becky, "es ist als ob du eine neue mentale Ebene betrittst und die Realität anders wahrnimmst. Es verändert übrigens auch deinen physikalischen Zustand. Deswegen handeln viele meiner Songs auch von der Liebe. Wir werden alle stärker durch die Liebe."
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Auch Beckys Art zu singen - irgendwo zwischen Oper und Grand Ole Opry (pun intended) - ist recht einzigartig. Wie sieht sich Becky als Sängerin? "Was ich erreichen möchte, ist recht einfach: Ich möchte für andere singen, weil es mir wichtig ist, der Allgemeinheit zu dienen. Man muss manchmal einen Weg finden, seinem Leben Bedeutung zu geben - und das ist meiner. Meine Aufgabe ist es, Frieden in die Welt zu bringen. Dazu muss ich geben. Manchmal ist es schwer, einen Sinn im Leben zu erkennen - aber wenn man der Welt gibt, was man anzubieten hat, dann hilft das dabei." Nun gut - das ist der theoretische Überbau - aber was ist die Basis dessen? "Jedermannes Stimme ist einzigartig und verschieden - wie eine Schneeflocke", führt Becky aus, "je mehr man nun versucht, andere Stimmen zu imitieren, desto einzigartiger wird man selber." Wie ist das denn zu verstehen? 99% aller Sänger beharren doch gerade immer darauf, eben nicht imitieren zu wollen? "Ich versuche Sänger wie Ella Fitzgerald, Cindy Lauper oder Linda Ronstadt exakt zu imitieren", geht Becky sogar noch weiter, "je unmöglicher der Gedanke ist, desto eher entdeckt man sich selbst. Auch Kinder entdecken so ihre Umgebung. Der Mensch ist schließlich das einzige Wesen, das nicht mit vorgebenem Wissen geboren wird, sondern fast alles erlernen muss. Jedes Mal, wenn ein Mensch geboren wird, dann als blanke Leinwand, die es zu füllen gilt. Und lernt man besser als durch die Imitation anderer?" Ja, aber oft ist es doch so. dass, wenn jemand jemand anderen imitiert, es sich eben auch wie eine Kopie anhört. Wie kommt Becky dann nun auf die Idee, dass sie dadurch ihre eigene Identität entwickelt. "Also ich denke, dass das wegen meiner Erfahrung so ist", überlegt sie, "ich betrachte das eher als Lehrer-Schüler-Situation. Wenn man Leute imitiert, lernt man auch. Man entdeckt auch seine Persönlichkeit - das ist aber eher geheimnisvoll."
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Geheimnisvoll ist auch Beckys Faszination mit dem Weltfrieden: Kaum eine Gelegenheit, bei der sie dieses Thema nicht erwähnt. So begrüßte sie z.B. das Publikum bei ihrem ersten Auftritt in Deutschland mit den Worten: "Herzlichen Glückwunsch zum Weltfrieden!" - "Nun, ich glaube fest daran, dass der Weltfrieden machbar ist", meint Becky sehr bestimmt, "für mich ist das ein Fakt. Es ist nur eine Sache, wie man das umsetzt und organisiert. Ehrlich, wenn ich über den Weltfrieden rede, dann ist mir das wichtig, hier auch spezifisch zu sein. Nur so können wir etwas erreichen. Wir müssen Konflikte, parasitäre Verhaltensweisen und die Zerstörung der Erde beenden. Und wir können da sehr spezifisch werden, wenn es darum geht, das umzusetzen. Unsere ganze Entwicklung als Menschheit ist prinzipiell nicht zerstörerisch, sondern darauf ausgelegt, miteinander auszukommen." Hm. Man muss schon ein sehr positives Menschenbild haben, um zu einer solchen Einsicht gelangen zu kommen. "Also für mich ist das total natürlich", beharrt sie, "die Leute wissen doch, was Krieg verursacht. Die, die sagen, dass Krieg in der menschlichen Natur liegt, liegen falsch damit. Krieg wird durch Armut verursacht. Das Wichtige ist, dass Frieden das Normalste ist, über das man reden sollte - nicht der Krieg. Der Krieg im Irak ist ein schreckliches, mörderisches Desaster. Das weiß man ja. Aber warum sollten wir so weiter machen, wenn es doch offensichtlich so unsinnig ist? Wir sind doch eine intelligente Spezies, die wunderschöne Symphonien erschaffen kann, die großartige Literatur hervorbringt, die das Auto und das Internet erfinden konnte - und da willst du mir doch nicht erzählen, dass wir keinen Weltfrieden erreichen können? Es gibt heute, in unserer ständig kleiner werdenden Welt, doch eigentlich keine Funktion mehr für den Krieg." Ist Musik vielleicht ein Mittel, friedliche Tendenzen zu fördern? "Ja, gewiss", bestätigt Becky, "ich dachte zunächst immer, man könne nur durch Regierungen und Politik etwas erreichen, aber das ist nicht richtig. Es liegt an der Verantwortung eines jeden Einzelnen. Man kann Frieden in jedem Aspekt des Lebens sehen. Musik ist nun eine solch starke Möglichkeit, positive Energien zu verbreiten und die Wahrnehmung des Einzelnen zu beeinflussen. Und das ist das Wichtige daran: Dass man selbst erkennt, dass jeder Einzelne zählt. Wir müssen auf eine ganz praktische Art unsere Fähigkeit zu lieben verstärken. Und dabei hilft die Musik. Und das ist nicht lächerlich. Ich meine, ich mag es, lachen zu können und Freude zu verbreiten - auch auf der Bühne - aber es geht darum, daran zu erinnern, dass alles möglich ist. Wenn ich dir vor 100 Jahren gesagt hätte, dass es jemals Maschinen geben würde, mittels derer man sich über die Luft unterhalten könne, dann hättest du mich wahrscheinlich für verrückt erklärt. Und warum soll es in 100 Jahren nicht den Weltfrieden geben? Wir sind der Geist der Welt und es liegt in unserer Kraft den Verlauf der Zukunft erfinden zu können." Vielleicht sollten wir dann einfach den Weltfrieden erfinden? "Ja, genau, das ist eine gute Idee, schreib' das auf und sag' das bitte allen Leuten, die du kennst!" Was hiermit geschehen sein soll. Lavender Diamond, so scheint es, sind die etwas andere Band mit der etwas anderen Agenda. Schön, dass es so etwas noch gibt!
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Weitere Infos:
www.lavenderdiamond.com
www.myspace.com/lavenderdiamond
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Interview: -Ullrich Maurer- Fotos: -Pressefreigaben-
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Aktueller Tonträger: Imagine Our Love (Rough Trade Records/Rough Trade)
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