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PORTUGAL.THE MAN
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Grenzenlos ausgetobt
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Erst im letzten Jahr erschien das überaus gelungene Album "Waiter: 'You Vultures!'", das in jeglichen Medien nur die besten Kritiken einheimste. Nun gibt es schon den Nachfolger und der ist tatsächlich noch besser geworden. Auf "Church Mouth" nämlich geht es die Band aus Alaska nicht nur deutlich psychedelischer an und reduziert den Elektro-Anteil auf ein Minimum, sondern klingt auch noch konsequenter inkonsequent. Noch mehr Stilmixe, noch mehr Überraschungen und noch mehr Verwirrungen. Daher ist es nicht ganz leicht, sofort warm mit dem Album zu werden, was für Sänger John Baldwin Gourley jedoch gar nichts Besonderes ist. "Ich denke, dass man die meisten Platten mehrfach hören muss, bevor man sie wirklich versteht", erzählt er im Gespräch mit Gaesteliste.de. "Das sehen manche vielleicht anders, ich persönlich höre mir jedoch alles immer öfter an, ehe ich mir sicher sein kann, ob ich etwas gut oder schlecht finde."
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Das frische Material seiner Band jedenfalls findet er mehr als gut: "Ich bin dem Album absolut glücklich! Wir alle wollten eine im Vergleich zum Vorgänger anders klingende Platte machen, denn es liegt schließlich in der Natur jeglicher Kunst, dass man sich entwickeln muss, um zu wachsen. Und das haben wir meiner Meinung nach auch geschafft. Ich bin von der Band und unserer derzeitigen Entwicklung absolut überzeugt und freue mich schon auf die nächste Platte, die hoffentlich wieder ein bisschen anders klingt." Soweit aber sind wir noch nicht, erst einmal freuen wir uns mit der Band über "Church Mouth" und Songs, die mehr nach Kula Shaker oder Led Zeppelin denn nach Head Automatica oder den Blood Brothers klingt. "Diesmal legten wir mehr Wert auf Spielbarkeit und das Songwriting", erzählt der Sänger. "Wir haben zum Beispiel die Drum-Maschinen durch wirklich gespielte Schlagzeugsounds oder Tamburine ersetzt und wollten so eine Rock-Platte machen. Und das haben wir meiner Meinung nach auch geschafft. Dafür hatten wir viel mehr Platz und Freiheit als es noch bei 'Waiter' der Fall war. Damals haben wir uns nicht so viele Gedanken gemacht, denn wir wussten lange nicht, ob wir überhaupt jemals eine Platte machen konnten. Als das dann klar, haben wir einfach losgelegt, weil wir nur ein paar Wochen Zeit hatten. So wurde es eine sehr spontane Sache. Diesmal aber wussten wir, dass wir eine zweite Scheibe machen würden, also konnten wir sehr konzentriert und fokussiert arbeiten. Auch deshalb waren die Arbeiten im Studio eine großartige Erfahrung. Unser Produzent Casey Bates zum Beispiel hatte tolle Ideen und es war einfach toll, wie sich hier alles zusammen fügte."
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Das Ergebnis klingt ebenso beindruckend wie spannend. Denn auch wenn sich der von Gourley angesproche Rock als roter Faden durch das ganze Album zieht, bricht die Band natürlich immer wieder aus. Etwas Americana und Blues hier, ein bisschen Funk und Soul da. Zwischendurch werden die dicke Hose und die großen Melodien rausgeholt, mal zur akustischen Gitarre gegriffen und sogar der HipHop zitiert. Grenzen? Austoben! "Keine Band braucht Grenzen", sagt der Sänger. "Denn es ist nie gut, deine Kunst gewollt irgendeinem Stil zuzuordnen. Ich hasse den Gedanken, dass wir während einer Probe sagen würden, dass ein Song zu wenig Rock oder zu schnell sei. Man sollte nichts zurückhalten, sondern einfach kreativ sein." Auch der kreativste Musiker aber benötigt Einflüsse. "Unsere Familien, Alaska, Ohren, Mund und Nase", zählt John Baldwin Gourley seine auf. "Alles, was wir erleben, inspiriert uns und fließt in unseren Sound ein."
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Das zweite Album einer Band kann über die Karriere entscheiden. Wir sind von "Church Mouth" ebenso wie der Sänger selbst überzeugt und es ist zu hoffen, dass Portugal.The Man vor einer rosigen Zukunft stehen. Und doch könnte man sich vorstellen, dass die Jungs gerade nach dem überraschenden Erfolg des Debüts so etwas wie Druck verspürt haben dürften oder immer noch verspüren. Ist aber natürlich nicht so. "Ehrlich gesagt haben wir einfach das gemacht, was wir machen wollten", meint Gourley. "Denn ich bin mir sicher, dass ebenso viele Menschen unserer erstes Album gar nicht mochten und so sehr wir uns über die Komplimente und Liebe unserer Fans auch freuen, so können wir uns trotzdem nicht dem Stress und dem Druck beugen, es allen Recht zu machen. Wir haben also ein Album gemacht, wie wir es für richtig hielten und können jetzt nur noch die Daumen drücken, dass es den Leuten gefällt. Ganz abgesehen davon bin ich auf den Erfolg von 'Waiter' natürlich sehr stolz und dankbar, den der brachte uns zu dem Punkt, an dem wir heute sind. Wir haben zwar immer noch kein Geld und leben im Bus, aber damit sind wir völlig zufrieden." Doch wie er schon Anfangs sagte, eine Band muss sich entwickeln und so lautet das Ziel von Portugal.The Man, "weiter zu wachsen und sich zu verändern. Wir wollen die Freiheit, die wir zum Schreiben und Aufnehmen brauchen. Wir hoffen allerdings auch, dass wir niemals Teil der 80s-Bewegung werden. Du weißt schon, Echo-Drums, peinliche Synthies und New Wave-Frisuren." In wenigen Wochen sind Portugal.The Man wieder in Deutschland unterwegs, um ihr neues Album live zu präsentieren. Und das dürften spannende Abende werden, denn mit einfachen Konzerten geben sich die Herren nicht zufrieden. "Wir wollen versuchen, mit so vielen Leuten wie möglich zu spielen und immer mal wieder unsere Freunde auf die Bühne zu holen. Wir planen außerdem mit unterschiedlichen Line Ups zu touren, damit es bei jeder Show zu neuen, anderen Live-Situationen kommt. Mal sehen, was am Ende dabei rauskommt. Das Wichtigste aber ist natürlich eine Menge Spaß."
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Weitere Infos:
www.portugaltheman.net
www.myspace.com/portugaltheman
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Interview: -Mathias Frank- Fotos: -Pressefreigaben-
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Aktueller Tonträger: Church Mouth (Defiance/Cargo)
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