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PATRICK WATSON
 
Film im Kopf
Patrick Watson
Patrick Watson - das ist sowohl die Person Patrick Watson - ein Singer / Songwriter aus Montreal in Kanada - wie auch die Band Patrick Watson - vier gleichberechtigte Musiker, die zusammen für das gemeinsame Oeuvre stehen. Zum ersten Mal tauchte Patrick Watson in unseren Breiten auf, als er von den Talentscouts des Haldern Pop Festivals für das diesjährige Line-Up entdeckt wurde. Bei seinem Deutschland-Debüt in Haldern (und anschließend auf einer kurzen Tournee) überraschten Patrick Watson mit einer umwerfenden Live-Show, bei der Elemente aus Klassik, Jazz, Psychedelia, Rock, Noise, Soul, Pop, Avantgarde, Blues und allem, was sich ansonsten nicht wehrt, zu einem einzigartigen, explosiven Klangmix verquickt wurde, zu dem Patrick mit sirenenhafter Stimme von eigenartigen Charakteren und surrealen Szenarien singt. Das nun vorliegende Debüt-Album "Close To Paradise", das die Musiker in Eigenregie über einen Zeitraum von drei Jahren an verschiedenen Orten einspielten, klingt im Vergleich zu den Shows doch sehr unterschiedlich. Die Stücke sind länger, dramatisch und komplexer, aber nicht so wild und dynamisch wie auf der Bühne.
Was macht diesen Unterschied aus, wollen wir von Patrick Watson, der Person wissen. "Ich denke einfach, dass ein Konzert und eine Studio-Aufnahme doch sehr unterschiedliche Dinge sind", führt Patrick aus, "ich wüsste nicht, warum man versuchen sollte, diese zu vergleichen. Ein Studio ist selber so ziemlich wie ein Instrument. Wenn man darüber nachdenkt, dann wird das offensichtlich. Wenn man z.B. im Studio aus einem Flüstern einen Sturm macht und sich das dann jemand in einem Kopfhörer später in 4000 Meilen Entfernung anhört, dann ist das ein anderes Konzept als vor einer Gruppe von Leuten auf der Bühne unmittelbar zu musizieren und Musik zu teilen. Ich denke, man sollte jeweils die besten Aspekte beider Konzepte zu seinen Gunsten verwenden. Eine Sache, die man im Studio z.B. nicht erzielen kann, ist diese erstaunliche Energie auf der Bühne. Im Studio kann man hingegen in seiner eigenen Sphäre agieren, was auch gut ist, aber anders." Wie kommt es eigentlich, dass Patrick Watson heutzutage eine Band ist - und warum hat diese den Namen des Haupt-Protagonisten behalten? "Nun, zunächst war das mein Projekt. Wir hatten begonnen, Musik zu einem Bilderbuch zu schreiben. Alle Leute, die auf der Scheibe mitspielten, haben zu einem bestimmten Zeitpunkt mitgearbeitet - aber zunächst noch nicht als Band. Wir sind dann durch Zufall zu einer Band geworden. Als uns das bewusst wurde, haben wir aber keinen gemeinsamen Namen mehr finden können, der sich gut anfühlte - und deswegen ist es bei Patrick Watson geblieben." Wie entstehen denn die Songs? Es ist kaum vorstellbar, dass diese komplexen Kleinkunstwerke auf die übliche Weise entstanden. "Einige Ideen entstehen tatsächlich im stillen Kämmerlein und man nimmt dann diese Ideen und präsentiert sie der Band. Anderes entsteht, wenn wir zusammen proben. Wir sammeln dann in dem Prozess kleine Teile auf und nehmen diese mit. Wir spielen oft Songs live, bevor wir sie fertig arrangiert haben und hoffen, dass unsere Fehler uns dann auf neue Ideen bringen. Es ist also eine Menge Zufall und eine Menge Improvisation dabei."
Wonach sucht der Songwriter Patrick Watson dabei? "Der wichtigste Aspekt eines Songs ist für mich der, dass er eine einzigartige Persönlichkeit haben sollte. Man sollte beim Sounddesign darauf achten, dass jeder Song etwas hat, was kein anderer hat - und sei es auch nur eine Kleinigkeit." Wie erhält man dann einen kohärenten Band-Sound? "Nun dabei hilft mir folgendes: Ich komme von einem sehr cinematographischen Hintergrund. Ich liebe Filme und wenn ich mir eine Struktur für einen Song oder Texte ausdenke, dann schreibe ich ein Script für einen Film in meinem Kopf. Das hilft mir dann, die Worte für meine Geschichte zu finden. Es zeigt mir dann auch Grenzen auf, was soundmäßig geht und was nicht, Erst dann geht es darum, sich bestimmte Stile auszusuchen - weil man schon eine solide Basis hat, von der man dann ausgehen kann. Abgesehen davon hat jeder Song sein eigenes Rezept. Jeder Song hat eine eigene Quelle, einen eigenen Ursprung." Patrick ist ein klassisch ausgebildeter Pianist, nicht wahr? "Ja, aber ich habe diesen Prozess verinnerlicht. Bewusst wende ich das nicht an. Das Lernen von Harmoniefolgen und Akkordwechseln wie in der Klassik oder dem Jazz ist zu meiner zweiten Natur geworden. Ich denke nicht darüber nach." Woher kommen die anderen Musiker? "Robbie kommt vom Jazz, Simon kommt vom Rock, ist aber auch Jazzer und Mishka, der Bassist kommt von der Led Zeppelin-Rockschule. Wir haben aber alle zusammen studiert, auch wenn wir verschiedene Geschmäcker haben. Es ist so, dass jeder machen kann, was er will. Wenn einer eine Basslinie schreibt, dann ist das seine Basslinie, wenn der Prafik-Designer die Titel in der umgekehrten Reihenfolge auf das Cover druckt, dann ist das seine Sache und die anderen haben das zu akzeptieren, Deswegen gibt es bei uns so viele kleine Details und deswegen macht es auch so viel Spaß." Warum heißt die Scheibe "Close To Paradise"? "Also erst mal ist das einfach ein netter Titel für eine Scheibe", führt Patrick aus, "dann ist es eine Widmung an einen Maler, Rodney Dixon, den ich sehr schätze. Und schließlich passt der Name gut zu uns. Denn wir hatten große Schwierigkeiten, irgendwo eine musikalische Heimat zu finden. Kein Label wollte uns nehmen, weil unsere Musik zu eklektisch war. Deswegen symbolisiert der Titel für uns auch einen Hoffnungsschimmer. Hoffentlich klappt das für uns, weil wir sehr viel Arbeit da hineingesteckt haben und auch stolz auf das sind, was wir gemacht haben."

Was sind denn Patricks Themen? "Also ich schreibe aus der eigenen Erfahrung heraus. Ich ändere nur die Perspektive. Ich schreibe also diesen Film in meinem Kopf über diesen Typen, der von einem Seil an einem Heißluftballon baumelt, weil er von dieser Frau verführt wurde. Er versucht den Boden, auf dem er steht, mitzunehmen und dann realisierte er, dass, wenn er den Boden losließe, er alle anderen zurücklassen müsste, wenn er den Boden aber nicht losließe, würde er nicht weiterkommen, Er ist also in einer No-Win-Situation. Ich habe dabei kein Ziel vor Augen, sondern ich schreibe über das, was ich fühle und was mich inspiriert. Ich habe keine Botschaft. Wenn ich Filmideen für meine Songs habe, dann ist das wie ein Tagtraum, den ich vor meinen Augen habe." Warum dreht Patrick denn nicht gleich Filme? "Weil ich Klavier spiele und singe", lächelt er, "ich werde später bestimmt einmal Filme machen. Aber ich liebe es, Songs auf diese Art zu schreiben. Das macht mir Spaß. Es ist ja nicht wichtig, weil ich der Welt nichts mitzuteilen habe. Die Leute sollen ja nur meinen Tagträumen zuhören. Ich fühle halt einfach, dass ich zum Musiker geboren worden bin. Mein ganzes Leben ist um diesen Umstand herum strukturiert." Es ist ja auch nicht immer notwendig, dem Zuhörer alles vorzubuchstabieren. "Genau", pflichtet Patrick bei, "und selbst wenn du das tätest, wäre das immer noch keine Gewissheit dafür, dass dich jeder versteht. Die Erinnerung der meisten Leute an Songs sind doch an Geschehnisse, Momente oder Orte geknüpft. Man erinnert sich nicht an die wörtliche Bedeutung eines Songs, sondern an die Umstände, unter denen man ihn gehört hat." Patrick kommt ja aus Montreal. Wie sieht er denn seine Position als Musiker? "Also meine Musik hat nichts Kanadisches. Montreal ist ein interessanter Ort, weil es eine halb europäische Stadt ist. Es gibt dort keine Musikindustrie, keine Labels - also kann man dort machen, was man will. Die Acts in Montreal klingen alle total unterschiedlich. Das kommt daher, dass es keine typisch kanadische Identität gibt. Wir haben keine typische Art und wir sind nicht super-patriotisch, sondern eher offen und liberal."

Patrick Watson
Nachdem nun die größte Hürde - nämlich die eigene CD - genommen ist: Wie könnte es denn für Patrick Watson weitergehen? "Nun, unsere Live-Auftritte haben uns doch schon sehr verändert. Das inspiriert uns ungemein und verändert auch die Art, in der wir spielen. Ich denke also, die nächste Scheibe wird etwas rauer, intimer sein, mehr Perkussion, aber weniger Ebenen enthalten. Es ist ja so, dass man als junger Musiker dazu tendiert, eher mehr zu tun als notwendig. Und wir hatten ja drei Jahre Zeit, auf der ersten Scheibe Material anzuhäufen. Wenn man älter wird, dann lernt man mit der Zeit auch, was man braucht und was nicht." Wie hat sich dieser aufwendige Stil eigentlich entwickelt? "Also das Zeug, was ich früher schrieb, das taugte nichts", gesteht Patrick, "ich denke, dass ich meine Stimme erst gefunden hatte, als ich auf die Idee kam, Bilder in meinem Kopf entstehen zu lassen. So konnte ich die verschiedenen Arten von Musik, die ich in meinem Leben gespielt hatte, zusammenführen konnte. Ich habe auch nie gedacht, dass wir eine Rockband sein sollten. Ich wollte immer Musik für Filme schreiben." Wie sieht sich Patrick als Sänger? Er hat eine sehr hohe, sirenenhafte Stimme, die zuweilen ein wenig an jene von Jeff Buckley erinnert und er wagt Dinge, die "normale" Sänger um jeden Preis vermeiden würden. "Ich sehe meine Stimme einfach als weiteres Instrument. Ich sehe mich gar nicht als Sänger. So wie die Texte nicht besonders wörtlich genommen werden sollten, sondern einfach zur Musik passen müssen. Die Atmosphäre in der Musik, Texte und die Stimme zusammenkommen, ist das Wichtigste. Ich komme von einem instrumentellen Background. Es ist aber dennoch wichtig und macht Spaß, eine Stimme zur Verfügung zu haben. Man muss sich selbst auch immer selbst herausfordern. Wenn man damit aufhört, dann befindet man sich im toten Wasser. Der größte Luxus, den man als Musiker hat, ist der Umstand, dass man die Welt in einem Maße beobachten kann, wie das für Leute mit 9-5-Jobs nicht möglich ist. Und das ist sowohl Luxus wie auch eine Verantwortung, die man hat." Was ist dann - so gesehen - die Aufgabe von Patrick Watson, der Band? "Wir sind wie Handelsreisende, die den Leuten eine komplette Packung Musik bringen, mittels derer sie für anderthalb Stunden aus der Realität entfliehen können." Und das ist wörtlich zu nehmen, denn Patrick Watsons Performances wie auch seine Songs haben tatsächlich etwas unwirkliches an sich. Vielleicht einfach deshalb, weil wir es heutzutage nicht mehr gewohnt sind, dass jemand so kompromisslos seine eigene Vision verfolgt und sich nicht um Hörgewohnheiten, Stile oder Trends schert. Gerade das macht aber Patrick Watson so interessant und einzigartig.
Weitere Infos:
www.patrickwatson.net
www.lastfm.de/music/Patrick+Watson
www.myspace.com/patrickwatson
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Patrick Watson
Aktueller Tonträger:
Close To Paradise
(V2/Universal)
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