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NADA SURF
 
Trilogie des Glücks
Nada Surf
"Lucky", das fünfte Album des New Yorker Trios Nada Surf ist so etwas wie der Abschluss einer Trilogie, die mit "Let Go" begann und mit "The Weight Is A Gift" zur bisherigen Blüte geführt wurde. Auf allen drei Alben entschlossen sich Matthew Caws, Daniel Lorca und Ira Elliot, nach dem gleichen Prinzip zu arbeiten: Man traf sich zu gemeinsamen Jam-Sessions - dieses Mal in Daniels neuer Heimat in Brooklyn -, probierte herum und setzte die Songs aus vorhandenen oder neu geschaffenen Versatzstücken zusammen, zu denen Matthew Caws dann seine teilweise kryptischen Texte, die letztlich aber doch immer auch auf realen Begebenheiten beruhen, hinzufügte. Dieses Rezept schützt sowohl die Band vor Routine wie auch den Zuhörer vor Langeweile - denn bei Nada Surf passiert immer etwas - sowohl live, wie auch im Studio.
"See These Bones", die erste Single, ist dafür ein gutes Beispiel: Ein Song, den man einmal hört und dessen Melodie sich sofort festsetzt. Ist das so gedacht? "Na klar", bestätigt Ira Elliot, der Drummer des Trios, "das ist doch unser Hauptziel - wie es das Hauptziel eines jeden Songwriters sein sollte: Einen Song zu schreiben, den man sofort wieder hören will, wenn er zu Ende ist. Wenn das gelingt, dann ist das das Größte. Wenn man einen Song hört, der einen sofort für sich einnimmt, an dem dich nichts stört, der dich nicht unangenehm berührt, der aber ehrlich ist, das ist das Beste. Wenn dann noch ein wenig Melodie und Drama dazu kommt, dann ist das schon sehr befriedigend. Allerdings ist jeder Song anders und man muss herausfinden, was er verträgt und was man damit machen kann. Und man will sich ja nicht wiederholen - obwohl wir natürlich schon unsere Eigenarten haben." Warum heißt die neue Scheibe denn nun ausgerechnet "Lucky"? "Weißt du, darüber hatten wir eine ziemliche Debatte", erklärt Ira, "das ist schon eine sehr diplomatische Formulierung. Es ist nämlich so, dass wir uns normalerweise niemals streiten, aber dieses Mal hatten wir uns ganz schön in den Haaren. Es war Matthews Titel und ich war mir gar nicht sicher, dass das richtig sei und auch Daniel hatte seine Zweifel. Er musste uns diesen Titel also verkaufen. Ich verstehe, was er sagen will: Dass er eine Art Bestandsaufnahme machte und es viele Gründe für uns als Band gibt, uns nach 12 Jahren im Business glücklich zu schätzen. Dass wir immer noch in der Lage sind zu spielen und Scheiben einzuspielen, ist schon erstaunlich. Wir hätten niemals gedacht, dass wir fünf Alben machen würden. Auch als Individuen sind wir ziemlich glücklich, was unsere Freunde und Familien betrifft. Wir führen privilegierte Leben. Ich denke, das ist die Aussage. Aber dem ging, wie gesagt, eine intensive Diskussion voraus. Wir überlegen noch, die Korrespondenz, die wir darüber per eMail führten, für das Artwork der Scheibe zu verwenden." Was war denn das Problem mit einem Titel wie "Lucky"? "Nun, als Matthew mir das zum ersten Mal vorschlug, zog ich zunächst mal ein paar Augenbrauen hoch, denn wenn man die Titel im Vergleich für sich sprechen lässt, dann erscheint 'Lucky' doch zunächst mal ein wenig flach. Es sollte eigentlich doch komplexer, vieldeutiger oder malerischer sein. Aber letztlich kann 'Lucky' für verschiedene Leute ja auch verschiedene Dinge bedeuten. Was wir also machten, war eine Umfrage auf unserer MySpace-Seite und fragten die Leute, was 'Lucky' für sie bedeutete. Ein paar hundert Leute haben uns nette, zum Teil herzerwärmende Geschichten geschrieben. Die Hälfte davon übrigens auf Japanisch; was ein wenig seltsam ist, denn wir waren noch nie in Japan, obwohl wir schon gerne mal hin möchten. Das hat uns dann überzeugt, dass 'Lucky' doch ein geeigneter Titel sei."
Um bei Titeln zu bleiben: "The Fox" sticht da auch noch ziemlich heraus. Eine metaphorische Geschichte mit leichten Quadrophenia-Anspielungen. Ist das eine Art Fabel? "Ich denke, es ist auf jeden Fall mehrdeutig", überlegt Ira - denn wie Daniel auch diskutiert er die Texte niemals mit Matthew, einfach auch, um sie für sich selbst interpretieren zu können, "Matthew spricht da über die Bush-Regierung, über Nachrichten, über den Umstand, dass man von Leuten getäuscht und enttäuscht werden kann. Ich weiß nicht genau, warum es 'The Fox' heißt, vermute aber, dass es um den Fuchs als cleveren, aber auch manipulativen Charakter wie im Märchen geht, der die Leute täuscht, um die obere Hand zu gewinnen. Und dann gibt es natürlich noch die Fox-News. Wir haben versucht, alles unter einen Hut zu bekommen." Das ist für Nada Surf aber fast schon außergewöhnlich, oder? "Ja, es ist insofern außergewöhnlich, als dass wir für normalerweise vermeiden, allzu politische Songs zu schreiben. Wir sind schon politisch aktiv und haben z.B. viel für die demokratische Partei gespielt. Ich denke, das musste einfach mal gesagt werden. Wir haben es dann ja auch wieder persönlich gemacht, denn wir sind ja nicht The Clash und können nicht wirklich politische Songs schreiben." Wie passt die Coverversion "The Film Did Not Go Round" zu den anderen Stücken? "Das ist eine persönliche Sache", erklärt Ira, "Lianne Smith, die Sängerin, die auf dem Song Harmonie singt, ist eine alte Freundin von Matthew aus Minneapolis und sie hat diese schöne Stimme aus der alten Welt - Bluegrass und so. Sie kannte diesen Songwriter Greg Peterson aus Brooklyn, der diesen Song als Jazz-Country-Nummer aufgenommen hatte. Matthew mochte dies und hatte außerdem diesen Gedanken, mit ein paar Noten zu arbeiten, wie das Low tun. Er hat also beides kombiniert und es machte Sinn. Es ist ein wunderschöner, einfacher Song - fast wie ein Wiegenlied."

Das neue Album erscheint ja überhaupt zunächst mal simpler in der Struktur zu sein. "Danach suchen wir ja sowieso immer", räumt Ira ein, "je einfacher etwas ist, desto effektiver kann es sein. Ich denke, dass der Umstand, dass Matthew nun ein Vater ist, er unbewusst auch ein Schlaflied auf der Scheibe haben wollte. Man kann sich der Faszination von Kinderliedern auch schlecht entziehen." Dafür gibt es auf der anderen Seite auch Stücke, die mehr orchestriert sind als jene auf der letzten Scheibe. "Das liegt daran, dass wir in der glücklichen Lage sind, sehr talentierte Musiker zu kennen. Unter anderem auch diesen Cellisten, der spontan zu sechs der Songs in ungefähr sechs Stunden ganze Streicherarrangements hinzufügte. Und wenn man seinen Songs Streicherparts hinzufügt, dann werden diese gleich ein wenig epischer. Es fügt den Songs eine Dimension hinzu, an die man zuvor gar nicht gedacht hätte - schon gar nicht beim Schreiben der Songs. Wir versuchen ja immer, so minimalistisch wie möglich zu arbeiten." Was meint das denn? "Nun, was wir bei 'Let Go' heraus fanden, war, dass die Sache umso größer wirkt, je weniger man auf Tape bannt. Weniger ist also mehr. Wenn man etwas Raum lässt, dann hat man mehr Möglichkeiten." Streicher klingen ja auch immer ein wenig dramatisch. Hat 'Lucky' vielleicht eine dramatischere Note als "The Weight Is The Gift"? "Das ist die Natur von Streicherklängen. Vielleicht ist 'Lucky' musikalisch sogar dramatischer als das letzte Werk, aber thematisch geht es wieder um das Gleiche: Liebe, Hass, Positiv und Negativ, Beziehungen, der Versuch, etwas Negativem positive Aspekte abzugewinnen." Es gibt aber doch eine Reihe von Gästen auf dem Album, oder? "Ja, schon", bestätigt Ira, "wir haben Ed Harcourt, der Piano spielt, was auch eine neue Klangnote hinzufügt. Coralie Clément, John Roderick von den Long Winters, Ben Gibbard von Death Cab For Cutie und andere sangen Harmonien, Martin Wenk von Calexico spielte ein wenig Trompete - das sind alles Zutaten, die die Songs abrunden."

Nada Surf
Die Scheibe entstand ja in Brooklyn - hat sie einen typischen New York-Vibe? "Ich weiß nicht, ob etwas New York-spezifisches dabei ist", zögert Ira, "jedenfalls inhaltlich gesehen. Es liegt eher daran, dass Matthew nur zu Hause richtig schreiben kann und wir alle drei dort leben. Wir betrachten uns schon als New Yorker - das hat aber eher mit einer spezifischen, toughen Einstellung zu tun. Hauptsächlich haben wir die Sachen ja an der Westcoast eingespielt. Das ist ja das komische, dass wir diese Scheiben immer an warmen, sonnigen Orten einspielen. Und ich denke sogar, dass die Scheibe eine eher europäische Note hat. Sagen wir mal, es ist eine internationale Scheibe. Und das ist dann ja wieder typisch New York." Auf der letzten Tour wurden die Präsentation der Songs von Show zu Show energischer und lauter - bis am Ende quasi eine Art Hardrock dabei herauskam. "Ach das ist nur unsere Art, uns mit der Musik zu amüsieren", erklärt Ira, "wenn du live spielst, möchtest du ja, dass die Stücke anders klingen, als zu Hause in deinen eigenen vier Wänden. Deswegen mögen wir es, wenn die Scheiben ein wenig softer sind. Live sind wir einfach ein paar Jungs, die ordentlich Krach machen wollen. Wir versuchen aber schon, die Sachen in der Balance zu halten. Wir sind schließlich mit lauter Rockmusik aufgewachsen. Und sooo laut spielen wir ja auch wieder nicht." Auf jeden Fall können wir uns auf der kommenden Tour wieder auf eine ordentliche Prise lauter Gitarrenmusik freuen. Und davon gibt es auch auf "Lucky" wieder genügend. Nada Surf scheinen eine Formel für sich entdeckt zu haben, mit der sie uns noch lange viel Freude bereiten können.
Weitere Infos:
www.nadasurf.com
www.myspace.com/nadasurf
www.indiepedia.de/index.php/Nada_Surf
de.wikipedia.org/wiki/Nada_Surf
www.lastfm.de/music/Nada+Surf
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Nada Surf
Aktueller Tonträger:
Lucky
(CitySlang/Universal)
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