Zur Weiterentwicklung gehört auch das Herumreisen. Das begann 1984, als er im Alter von 6 Jahren zum ersten Mal die USA besuchte.
"Ist das nicht ein bedeutungsschwangerer Zufall?" fragt er, auf das symbolbeladene Datum anspielend - und nonchalant auf sein eher sparsames Alter verweisend.
Für Lee ist die Reise allerdings weniger ein Mittel der Inspriration, denn ein Instrument sich zu isolieren, zu sich zu finden, zu meditieren - gar eine "Reaktion gegen Australien". Er sieht sich hierbei als "Wanderarbeiter". Was er in seiner Musik sucht ist: "Lebendigkeit, Herausforderung, Aktivität." Dieses spiegelt sich auch im Titel des neuen Albums, "Breathing Tornadoes" wieder. Auf die Frage, was das denn bedeuten solle, antwortet er kurz und knapp: "Spirituelle Gewalt". Überhaupt antwortet Lee - auch auf überraschende Fragen - wie aus der Pistole geschossen mit philosophischen Bonmots und Anekdötchen. Lee ist tatsächlich jemand, der mit seiner Intelligenz hausieren kann, ohne Gefahr laufen zu müssen, als Worthülsen-Jongleur entlarvt zu werden. Die Probe aufs Exempel muß natürlich sein: Auf die Bemerkung hin, "Spiritual Violence" sei doch lediglich ein weiterer Aphorismus, aber weniger eine Erklärung des Begriffes "Breathing Tornadoes" folgt ein ganzer Sermon an Überbau, Background und Begründung:
"Es geht um den Zustand, wenn Du rastlos, rücksichtslos und dennoch ruhig bist, wenn Du unter Strom stehst, aber flach atmest. Es geht darum, Kontrolle zu erlangen. Tornados sind ziemlich unkontrolliert, nicht wahr? Wenn Du also einen atmest, dann ergreifst Du doch ziemlich die Kontrolle, oder? Du gerätst in eine Art Trance. Das muß nicht unbedingt religöser Natur sein, jeder kann sich in Trance versetzten. Darum geht's."
Schon gut. Sympathisch dabei, daß der Mann uns gar keine Botschaften vermitteln will. Da gibt es Zeilen, wie "Es geschieht eine Menge, aber es passiert gar nichts" - Zeilen denen man mit genügend Interpretationswillen Bände an Bedeutung zuweisen könnte. Doch davon will Lee nichts wissen:
"Ich sage und meine gar nichts", erklärt er, "ich präsentiere lediglich die Fakten." Wie gesagt, sind banale Beweggründe für Lee nicht der Motor des Antriebes Musik zu machen. Musik ist für ihn ein "Act of creation" und kommt dem Meditieren, dem er eine große Bedeutung beimißt, ziemlich nahe.
Insofern kommen seine "Gästelistenwünsche" denn auch nicht sonderlich überraschend. Auf die übliche Frage, wen er denn gerne auf seiner Gästeliste sähe, nennt er:
"Dostojewski - weil das sicherlich ein interessanter Charakter wäre, Muhammed Ali, zur Unterhaltung und Kylie - weil sie einfach toll ist." Nun, ein wenig Lokalpatriotismus sei ihm gegönnt.
Auch wenn er musikalisch sicherlich ein wenig aus dem Rahmen fällt, dürfte Lee das nächste große Zugpferd des Beastie Boys-Labels (Mike D. nennt er beinahe zärtlich "meinen Manager") Grand Royal werden. Lee ist im Frühling auf Tour.