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DESIREE KLAEUKENS
 
Nah am Echten
Desiree Klaeukens
Mit Gisbert zu Knyphausen und Niels Frevert teilte sie die Konzertbühne, mit Tom Liwa arbeitet sie derzeit an ihrem Debüt, das im Herbst 2010 erscheinen soll, und wenn online oder in Magazinen etwas über sie geschrieben wird, heißt der letzte Satz gerne: "Noch vor Veröffentlichung ihres ersten Albums wird die Duisburgerin hoch gehandelt." Dass Desiree Klaeukens deutsch zur Akustikgitarre singt, macht sie nicht zu etwas Besonderem, wohl aber ihr Gespür, mit Authentizität und Charisma unumwunden, ungekünstelt und ungeschminkt ihre Gedanken zu Papier zu bringen. Ihre Songs berühren Kopf und Herz, heißt es, und besser kann man es kaum ausdrücken. Gaesteliste.de traf sie zum mitternächtlichen Interview nach ihrem hervorragenden Auftritt im Essener Grend Ende März 2010.
Desiree Klaeukens
"Das, was da ist, ist wirklich da gewesen", sagt Desi über ihre Songs. Nichts an ihren Texten ist konstruiert, noch nicht einmal großartig nachträglich editiert. "Nein, das ist 1:1", bestätigt sie. "Manchmal denke ich beim Spielen: 'Wenn du hier das Wort verlängerst oder da noch eins dazwischensetzt...', aber selbst das mache ich fast nie. Die Texte der Lieder, die ich heute Abend gesungen habe, habe ich eigentlich alle in drei Minuten geschrieben." Auffällig ist dabei natürlich, dass viele ihrer Lieder sehr, sehr traurig sind. Mary Lou Lord – an die Desi nebenbei bemerkt etwas erinnert – sagte einmal, dass es doch ganz natürlich sei, dass man Songs vor allem schreibt, wenn man niedergeschlagen ist und die Gitarre der einzige Freund ist. Ist das bei Desi ähnlich, oder gibt es in ihrem Leben einfach zu wenig fröhliche Momente? "Natürlich gibt es die, aber sie berühren mich nicht so tief, dass ich Worte dafür finde", erklärt sie. "Das meiste kommt aus mir raus, wenn ich traurig bin, wenn ich wirklich, wirklich traurig bin. Oder sehr glücklich. Es sind immer Extreme, in denen ich schreibe. Entweder wurde mein Herz gebrochen oder ich bin himmelhochjauchzend glücklich. Aber das ist noch nicht so oft vorgekommen (lacht). Natürlich habe ich ein wenig Angst davor, dass die Leute total deprimiert aus meinem Konzert gehen, aber es ist, wie es ist!"

Obwohl sie stets positives Feedback zu ihren Konzerten erhält, ist sie vor und bisweilen auch bei ihren Konzerten - für Außenstehende geradezu unverständlich - sehr nervös. "Das ist die Angst, die Leute zu enttäuschen, aber das rede ich mir selbst ein. Ich denke mir immer, dass ich versagen werde, aber eigentlich ist das Blödsinn", sagt sie. "Wenn ich zu Hause alleine für mich spiele, denke ich oft: 'Schade, dass hier jetzt niemand gesessen und zugehört hat', weil ich dann viel sicherer bin. Wenn man vor vielen Leuten steht, noch dazu alleine nur mit Gitarre, dann fallen halt Fehler viel schneller auf, und davor hat man Angst." Eine Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen, wären sicherlich Auftritte mit Band. Trotzdem beschreitet Desi diesen Weg nicht. Gibt es dafür einen Grund? "Nö!", erwidert sie und muss lachen. "Dafür gibt es keinen Grund. Eigentlich würde ich das sogar gerne machen. Allerdings bin ich da nicht so hinterher. Es gibt ja Leute, die sich sagen: 'Jetzt 'ne Band, das wär super!', und sich dann auf die Suche machen. Das mache ich nicht. Ich bin da einfach faul. Ich bin einfach faul, ja! Das ist alles!"

Bedeutet das, dass auch ihre Zusammenarbeit mit Tom Liwa, mit dem sie zum Zeitpunkt dieses Interviews im Frühjahr 2010 an ihrem ersten Album arbeitet, nur ein Produkt des Zufalls ist? "Ja, das war auch Zufall... naja, ein bedingter Zufall", erinnert sie sich. "Es war genau so: Ich habe im Steinbruch (Duisburg) gespielt und jemand kam zu mir
und meinte, ob ich nicht gerne eine Platte mit meinen Songs aufnehmen würde. Ich meinte daraufhin, dass ich nicht so genau wüsste, wie und wo man das am besten anstellt, aber wenn sich da jemand auskennen würde, dann wäre das Tom. Damit war das Gespräch auch beendet. Ein paar Tage später bekam Tom dann eine E-Mail: 'Bitte, Tom, stell dich hinter Desi und mach das Album mit ihr, und über den Rest müsst ihr euch vielleicht erst mal keine Sorgen machen.'" Genau das haben die zwei dann auch getan. Inzwischen haben sie die Basics für Desis Erstling aufgenommen und mit dem Feinschliff begonnen, der die beiden durchaus noch etwas beschäftigen könnte, da Desi sich viel Zeit lässt, die definitive Version ihrer Songs zu finden: "Selbst die Stücke, die ich heute Abend gespielt habe - ich habe keine Ahnung, ob die so bleiben werden. Egal, wann ich sie spiele, ich habe immer das Gefühl, dass ich's auch anders machen könnte. Ich erreiche nie den Punkt, an dem ich sage: 'Jetzt ist es fertig.'" Es sei gut möglich, dass sie deshalb ihr erstes Album achtmal aufnehmen müsse, ergänzt sie lachend.

Im Studio ist - wie schon bei einem Song ihrer feinen, selbst veröffentlichten EP - auch eine Band dabei, um die Songs dynamischer zu gestalten und leichter Spannungsbögen aufbauen zu können. Das mag diejenigen vielleicht überraschen, die Desi bislang vor allem durch ihre auf MySpace und Co. veröffentlichten Homerecordings kennengelernt haben. Denn obwohl dabei bisweilen etwas unterging, dass die Duisburgerin eine ausgezeichnete Sängerin ist, schien der unterschwellige Lo-Fi-Charme der Aufnahmen ganz hervorragend zur ihrer kokett-schluffigen Art zu passen. Doch weit gefehlt. "Ich bin ein totaler Technikfreak", verrät sie. "Ich bin schon sehr dahinterher, zum Beispiel eine HD-Kamera zu haben, um so nah wie möglich ans Echte heranzukommen. Ich dachte immer, meine Homerecordings seien von der Qualität her extrem gut, aber seitdem ich zum ersten Mal im Studio war, weiß ich, dass es nicht so ist. Im Studio klingt halt alles viel präziser, und inzwischen mag ich das viel lieber und hör auch auf, zu Hause aufzunehmen. Alles, was du zu Hause mit einem Shure-Mikro und einem kleinen Vorverstärker aufnimmst, klingt sehr breiig. Das checkt man allerdings nicht, bis man im Studio war. Die Mikros dort kosten dann natürlich auch 1500 Euro oder so. Meins hat 150 gekostet. Das hört man einfach. Auch beim Gesang. Man erschreckt sich erst mal und denkt: 'So klingst du doch gar nicht!' Daran musste ich mich echt erst gewöhnen, aber inzwischen steh ich voll dahinter. Ich hatte 'ne Phase, in der ich dachte: 'Ach du Scheiße, das ist ja furchtbar, das klingt ja alles ganz anders!' Aber das ist wahrscheinlich die Wahrheit, wenn es eine gibt."

Desiree Klaeukens
Während sie der Wahrheit ein Stück näher kommt, lässt sie sich von Flowerpornoes, Bob Dylan, Tom Liwa, Nick Drake, Joni Mitchell, Stoppok, Ryan Adams, John Martyn, Red House Painters, Beatles, Jochen Distelmeyer, Kings Of Convenience, Fionn Regan und Herman Van Veen inspirieren. Dass der Produzent ihres Debüts in der Liste gleich doppelt auftaucht, ist nicht weiter verwunderlich, schließlich bezeichnet Desi Tom Liwa als "entscheidenden Einfluss". "Ich habe Gitarrespielen ja nie wirklich gelernt. Ich hatte nie Unterricht, weil meine Eltern sich das nicht leisten konnten. Irgendwann kam mein Onkel und meinte: 'Das Mädchen muss 'ne Gitarre haben!' So hab ich dann mit 16 eine bekommen und mir das Spielen selbst beigebracht. Damals hab ich total viel Tom gehört und mir gedacht: 'Du musst ungefähr so spielen wie er', weil ich das total faszinierend fand. Irgendwie ist das so gewachsen. Dann habe ich natürlich viel Joni Mitchell und James Taylor gehört, aber so spiele ich ja nicht. Wenn ich so spielen könnte, wäre das großartig, aber ich kann's nicht."

Während andere Musiker sich bisweilen gerne abschotten, wenn sie eine Platte aufnehmen, und möglichst wenig Musik anderer hören, um nicht Gefahr zu laufen, bewusst oder unbewusst zu kopieren, steht Desi zu ihren Einflüssen - meistens zumindest. "Das kommt auf den Tag an", sagt sie. "Manchmal höre ich Kings Of Convenience und denke: 'Du musst auch mal so einen komischen Rhythmus machen, das ist ja total super.' Dann mache ich das auch eine Zeit lang, aber am Ende bleibt es nie da. Ganz am Ende steht dann doch immer das, was aus mir rauskommt. Trotzdem habe ich manchmal das Bedürfnis, nicht zu kopieren, aber mir etwas abzugucken, ein bisschen rüberzuschielen. Aber ich glaube, das darf man auch machen!"
Weitere Infos:
www.myspace.com/desireeklaeukens
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Carsten Wohlfeld-
Desiree Klaeukens
Aktueller Tonträger:
Desiree Klaeukens EP
(Eigenvertrieb)

 
 

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