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Interview-Archiv

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FRAN HEALY
 
Leader Of The Pack
Fran Healy
Als Frontmann und Songschreiber von Travis beweist er seit Jahren, dass er Führungsqualitäten besitzt. Als Vater wird ihm mit Kind und Karriere ebenfalls einiges an Organisation abverlangt, aber auch die zwischenmenschlichen Dinge fallen bei Fran Healy nicht unter den Tisch. Seit einiger Zeit trägt er nicht nur Familienverantwortung und die Pflichten als Musiker auf seinen Schultern, sondern balanciert diese auch noch ziemlich gekonnt auf jenen. Mit "Wreckorder", seinem ersten Soloalbum, spannt er den Bogen sogar noch ein kleines Stück weiter und erprobt, wie es sich anfühlt auch sein erstes musikalisches Baby im Alleingang bei der Hand zu nehmen. Beim Zusammentreffen mit ihm in seiner Wahlheimatstadt Berlin berichtet er uns unter anderem davon, wie er diese Situation meistert, warum die Kindheit etwas so kostbares ist und das Vatersein auch mit Ängsten verbunden ist.
GL.de: Im Song "Anything" deines Soloalbums singst du "I Wish I Could Feel Like A Child Again. Uncomplicated. Real". Hast du ein Stück dieser Unkompliziertheit zurückgewonnen als du selbst Vater geworden bist bzw. wirst du eher daran erinnert, wenn du deinen Sohn siehst?

Als Songwriter oder Künstler im Allgemeinen bewahrt man sich meiner Meinung nach immer einen Teil davon. Als Elternteil muss man das zum Teil wieder aufgeben. Wenn man jedoch in einer Band ist, dann kann man womöglich eine Ewigkeit mit dem Gefühl leben, kindlich zu sein, denn es gibt so viele Leute, die sich um dich kümmern und dir diese Freiheit überhaupt schenken. Guck dir bloß mal einige Bands an. Die benehmen sich teilweise wie kleine Kinder, eben weil sie eine solche Behandlung bekommen. Teilweise werden Kinder nicht einmal so sehr verhätschelt. Einer meiner Lieblingsfilme ist "Der Himmel über Berlin", denn in der Anfangssequenz kommt ein Gedicht vor, das das Kindsein sehr gut beschreibt. Wenn ich meinen Sohn ansehe, dann sehe ich all diese Dinge darin verkörpert - diese allgemeine Unbefangenheit. Das ist großartig. Ich bin immer ganz bestürzt, wenn ich Kinder sehe, die für ihr Alter schon viel zu bewusst die Dinge um sich herum wahrnehmen und viel zu selbstbewusst auftreten. Das hat einen ganz komischen Beigeschmack, wie ich finde. Es ist so unnatürlich. Du müsstest meine Familie einmal zu Hause erleben. Wir haben dieses große Haus, wo jeder sich frei bewegen kann. Mein Sohn kann spielen wo auch immer er möchte und wir haben alle eine Menge Spaß!

GL.de: Hörst du ab und zu auf das Kind in dir?

Die ganze Zeit! Wenn du zu Konzerten gehst, kannst du oftmals sehen, wie Erwachsene mehr und mehr ihr inneres Kind zum Vorschein bringen und sich zumindest für eine Weile vom Gedanken lösen, erwachsen zu sein. Dasselbe gilt für Jahrmärkte oder sportliche Großereignisse und dergleichen. Kinder sind in ihrem Verhalten so unverfälscht. Erwachsene müssen sich ab und an daran erinnern und diese Seite nach außen zu kehren. Ich versuche mir das stets vor Augen zu halten.

GL.de: Gibt es ein paar kostbare und unbezahlbare Kindheitserinnerungen für dich?

Es gibt so viele. Mit welchem Alter soll ich bloß anfangen? Ich glaube, die ersten Kindheitserinnerungen werden überhaupt erst ermöglicht, sobald man beginnt zu sprechen. Damit fängt man an Dinge zu bezeichnen und sie zu identifizieren. Gleichzeitig kann man sich dadurch leichter an bestimmte Ereignisse erinnern. Eine meiner ersten Kindheitserinnerungen ist, wie ich im Schlafzimmer auf einem hölzernen Pferd herum geritten bin und mir das unglaublich viel Spaß gemacht hat. Ich verbinde auch viele frühe und sehr schöne Erinnerungen mit meinen Großeltern. Wir haben wirklich viel Zeit miteinander verbracht, weil meine Mutter gearbeitet hat. Ich war im Alter von sieben bis ungefähr zweiundzwanzig Jahren ständig mit ihnen zusammen.

GL.de: Als Erwachsener macht man sich um viele Dinge einen Kopf. Als Kind lebt es sich da meist unbeschwerter. Worüber machst du dir persönlich Sorgen und was beschert dir vollkommen sorgenfreie Momente?

Oh, das ist eine sehr schwierige und persönliche Frage, aber auch eine sehr gute. Ich bin da wie ein offenes Buch und habe nichts zu verstecken. Als Kind habe ich mir ganz viele Sorgen darum gemacht, wie ich aussah. Ich war ziemlich dünn und mein Erscheinungsbild hat mir immer Sorgen bereitet. Außerdem war ich recht schüchtern, was meinen Körper anging. Das hat mich echt gestört. Heutzutage mache ich mir um solche Dinge kaum noch Sorgen. Jetzt zerbreche ich mir viel eher den Kopf über zwischenmenschliche Beziehungen und alles, was damit zusammenhängt. Du sagst etwas zu jemanden und dieser versteht dich eventuell falsch, obwohl du das gar nicht beabsichtig hast, du kommst aber nicht dazu, die Situation zu klären und es bleibt etwas Ungesagtes in der Luft, das nicht der Wahrheit entspricht. Über solche Dinge mache ich mir manchmal viele Gedanken und gehe solche Gespräche noch einmal im Kopf für mich durch. Wenn ich etwas auf dem Herzen habe, was zum Beispiel ein Problem angeht, dann sage ich das immer direkt. Daran werde ich auch für immer festhalten, denn ich glaube, dass man seine Gefühle nicht hinunter schlucken sollte. Dadurch wird alles nur noch schlimmer und eine Nebensache kann zu etwas viel Größerem werden, obwohl es völlig unnötig ist. Deswegen bin ich jemand, der sich gerne im Gespräch vergewissert, ob alles in Ordnung ist, eben weil ich mich sonst hinterher viel mehr um solche Sachen sorge.

GL.de: Im Rahmen der "Save The Children"-Kampagne bist du bereits zwei Mal in den Sudan gereist. Was hat dich dazu bewegt, nicht nur deinen Namen für diese Hilfsorganisation zur Verfügung zu stellen, sondern darüber hinaus aktiv in das Hilfsprogramm involviert zu sein?

Ich bin in den Sudan gereist, um mich direkt vor Ort über die Zustände zu informieren und einen persönlichen Eindruck vom Geschehen dort zu bekommen. Ich hatte das Gefühl, dass sich sonst niemand dafür interessierte und konnte nicht glauben, dass alle anderen Bands kein Interesse daran hatten, dorthin zu fahren. Für viele sind solche Kampagnen wohl auch so etwas wie Werbung und darin liegt auch der eigentliche Grund für ihr Engagement, aber eigentlich scheren sie sich nicht wirklich um das, was in Afrika vor sich geht. Dabei geht es doch ausschließlich darum und nicht, noch mehr Aufmerksamkeit auf seine eigene Band zu ziehen! Also hab ich mir eines Abends gedacht, dass ich hinfahren sollte, wenn sich niemand bereit erklärt. Afrika ist ein ganz wundervoller Ort. Ich war zwei Mal dort. Die Menschen sind fantastisch. Sie sind reich an so vielen wertvollen Dingen, die du niemals mit Geld kaufen könntest. Im Gegensatz dazu sind wir arm, was solche Werte wie Gemeinschaft und Familie angeht. Wir haben dafür wertloses Papiergeld. Ich habe bei meiner Rückkehr etwas wichtiges gelernt. Es ist sehr, sehr schwer, das Leid und die Schwierigkeiten in Afrika zu mildern bzw. die Probleme dort zu lösen und ich bin leider auch nicht in der Lage dazu. Ich will immer noch so gut es geht mit der Organisation "Save The Children" verbunden bleiben und so viel helfen, wie es mir möglich ist, aber ich habe auch eingesehen, dass ich meinen Job als Musiker aufgeben müsste, um mich mit der nötigen Zuwendung und Aufmerksamkeit einer so großen Aufgabe wie dieser zu widmen, um einen wirklichen Unterschied zu machen. Man kann nicht einfach nur dorthin gehen und als Popstar mal eben vorbeischauen und "Guten Tag" sagen. Das funktioniert einfach nicht. Natürlich hat es den Vorteil, dass du als Person in der Öffentlichkeit auf eventuelle Missstände aufmerksam machen kannst, aber du kannst sie eben nicht beheben oder die dortigen Probleme lösen. Ich bin aber jemand, der genau das gerne tut. Nur musste auch ich feststellen, dass ich das in Afrika eben nicht tun kann. Die Welt behandelt Afrika wie eine finstere Seitengasse und handelt einen miesen Deal nach dem nächsten aus, dabei hat dieser Ort so viel zu geben. Vielleicht werde ich mich nach meiner Pop-Karriere mehr darum kümmern. Momentan habe ich kein so gutes Gefühl dabei, so eine wichtige Sache nicht mit vollem Einsatz meinerseits anzugehen. Man muss sich wirklich voll und ganz auf diese Arbeit konzentrieren können und sich ihr ausnahmslos widmen.

GL.de: Wie viel Hoffnung auf eine Besserung der Lage kann deiner Ansicht nach noch bestehen?

Wir können Afrika nur dann helfen, wenn wir all das Geld, das wir für solchen Mist wie Bomben ausgeben, dafür verwenden, den Menschen dort Trinkwasser, Medizin oder auch Bildung zur Verfügung zu stellen. Selbst dann wäre es noch eine sehr große Herausforderung, aber ich glaube, es wäre möglich. Es wird aber weiterhin Wunschdenken bleiben, denn nur so können sich gewisse Menschen am Leid bereichern und ihre schmutzigen Deals aushandeln. Als ich in Afrika war, habe ich diesen kleinen Jungen getroffen, der jetzt vielleicht nicht einmal mehr am Leben ist. Er hat mich sehr beeindruckt und ich habe darüber nachgedacht einen Film zu drehen, der seinen Alltag und im Gegensatz dazu den Alltag eines Kindes in Großbritannien filmisch einfängt. Wir haben im Sudan etwas Filmmaterial gesammelt, aber ich habe es aus Zeitgründen nicht geschafft, diese Idee weiter zu verfolgen.

GL.de: Du teilst deine Zeit zwischen der Liebe zur Familie und auch der Musik auf. Gibt es irgendetwas in deinem Leben, was du neben all dem vermisst oder etwas, das darin zu kurz gekommen ist und noch darauf wartet nachgeholt zu werden?

Nein, ich bin zufrieden mit meinem Leben, so wie es ist. Ich habe erst vor kurzen mit jemanden darüber geredet. Wenn man eine erfolgreiche Band sein möchte, dann muss man jahrelang hart dafür arbeiten. Das habe ich mit Travis über zehn Jahre lang gemacht. Jetzt bin ich Familienvater und habe auch diese Seite kennengelernt und ich denke, das hat mir die nötige Balance gegeben. Ich war ein Einzelkind und hatte in Prinzip nur meine Mutter. Nun habe ich meine eigene, kleine Familie und ich habe das erste Mal wirklich realisiert was es bedeutet, einen Vater zu haben. Mir ist bewusst geworden, was ich als Kind vermisst habe. Die Familie ist für mich daher das Allerwichtigste überhaupt. Ich liebe es aber immer noch, Songs zu schreiben und empfinde das nach wie vor als eine spannende Herausforderung. Ich könnte meine Familie aber nie dafür opfern. Es gibt aber genügend Beispiele für Künstler und Eltern, die sich mit vielen Kindermädchen umgeben und so ihre Kinder aufwachsen lassen. Ich könnte es mir für mein eigenes Leben niemals vorstellen, aber jeder muss das ganz individuell für sich entscheiden.

GL.de: Du hast erwähnt, dass du ohne Vater aufgewachsen bist. Wie war es daher für dich, selbst in die Vaterrolle zu schlüpfen?

Ich hatte große Angst davor, denn mein Vater war kein netter Mensch. Das hatte etwas damit zu tun, dass seine Eltern einen ähnlichen Charakter hatten. Und so kann man das weiterspinnen, aber es wäre sinnlos, irgendjemanden die Schuld dafür zu geben, denn das würde in einem Domino-Effekt enden. Ich sehe keinen Sinn darin, bei einer bestimmten Person die Schuld dafür zu suchen. Ich hatte also Angst davor Vater zu werden, aber als es dann soweit war, bin ich ganz natürlich in die Rolle hinein gewachsen. Es ist fast so, als ob man auf Autopilot stellt und dann läuft alles wie von selbst. Ich liebe es und ich bin froh, von mir behaupten zu können, dass ich meine Sache scheinbar ganz anständig mache. Darüber bin ich sehr erleichtert! (lacht)

Weitere Infos:
www.franhealy.com
www.myspace.com/franhealy
www.facebook.com/franhealyofficial
www.travisonline.com
Interview: -Annett Bonkowski-
Foto: -Pressefreigabe-
Fran Healy
Aktueller Tonträger:
Wreckorder
(Rykodisc/Warner Music)
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