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PATRICK WOLF
 
Liebesbeweis an das Leben
Patrick Wolf
In so manchem Musiker schlummern ungeahnte Talente. Dass Patrick Wolf einige besitzt, davon kann man sich wahlweise anhand seines Lebenslaufs oder aber beim Hören seiner bisherigen Veröffentlichungen überzeugen. Mit seinem fünften Album "Lupercalia" bahnt sich der nächste große Schritt für ihn an, doch hat der Mann auch andere Qualitäten abseits der Musik, die er mit viel Eifer auslebt und mit denen er ein ganz neues Kapitel in seiner eigenen Biographie schreiben könnte. Im Gespräch mit uns verrät er, warum zum Beispiel ein zweites Karriere-Standbein als erfolgreicher Verkuppler am Horizont winkt. Den passenden Soundtrack dazu liefert er mit seinen neuen Songs gleich obendrauf, bewegen sich die Stücke doch in einem Rahmen, der die Liebe nicht nur zelebriert, sondern auch lebt. Wir trafen einen in Höchststimmung versetzten Patrick Wolf an, der seine Erkenntnisse über die Liebe und Beziehungen, die Fehlbarkeit des Musikers und seine Ansichten über groß angelegte Studioproduktionen mit uns teilte.
Kaum ist ein Album erst einmal im Kasten, kommt der Musiker wieder aus sich und den um sich herum aufgebauten Wänden heraus und fängt an, sich seiner Umwelt wieder mehr zu öffnen. Dazu gehört auch wieder Musik anderer Künstler an sich heran zu lassen, die während der eigenen Albumaufnahmen vorsorglich ausgeblendet wurden. Patrick Wolf feiert diesen Moment auf seine eigene Art und Weise, indem er selbst Hand an den Plattenteller anlegt und seine Freude über das neu entstandene Werk durch ein Dutzed Dancefloor-Killer in die nächtliche Stille und die Club-Atmosphäre posaunt. Lange Zeit waren allein die Aufnahmen in seinem Visier, spätestens mit dem letzten Take hingegen fällt für ihn der Startschuss für seine eigene DJ-Aktivität und die schätzt er selbst schonungslos ehrlich ein: "Jetzt, wo die Arbeiten am neuen Album abgeschlossen sind, genieße ich es, mich wieder von Musik anderer Künstler inspirieren zu lassen. Ich lege auch sehr gerne auf, auch wenn ich ein sehr schlechter DJ bin! Mir gefällt es einfach, andere Menschen zum Tanzen zu bringen und zu sehen, wie sie auf die ausgewählte Musik reagieren. Ich bin bei weitem nicht perfekt und womöglich sogar ein recht chaotischer DJ, aber das gehört für mich irgendwie dazu. Nach mir legen deshalb meistens Leute auf, die wirklich etwas davon verstehen (lacht)." Seine Beziehung zum Chaos endet aber nicht beim semi-professionellen Plattenauflegen, sondern kommt auch bei seinen eigenen Auftritten zum Vorschein, wie er ganz ohne Scheu zugibt: "Auf der Bühne geht es mir da ähnlich, was meinen Hang zum Chaos betrifft. Als ich noch jünger war, hat mir meine Familie in London beigebracht, dass Chaos und peinliche Momente nun einmal zum Bühnenleben dazu gehören. Manchmal lebt eine Show sogar davon und bekommt dadurch seinen ganz eigenen Reiz. Fehler passieren eben und können ein Konzert teilweise auch zu etwas Besonderem machen. Als Künstler muss man lernen damit umzugehen, weiter zu machen und solche Momente vielleicht auch zu genießen, weil man aus ihnen lernt. Ich muss gerade an Britney Spears denken. Als ich sie das letzte Mal in der Londoner O2 gesehen habe, saß ich mit Freunden in der ersten Reihe und wir hatten eine Menge Spaß ihr zuzusehen. Sie hat sich überhaupt nichts daraus gemacht, dass ihr Gesang völlig neben der Spur war und nicht im Geringsten mit dem Gesang vom Band überein gestimmt hat. Sie hat uns einfach ins Gesicht gelacht und ihr Ding durchgezogen. Das fand ich irgendwie sympathisch. Ich weiß, eine Menge Leute fanden es grauenhaft und sind einfach gegangen, aber ich habe es nicht bereut dort gewesen zu sein."

Vergleichsweise häufig kommt es vor, dass Songwriter uns an Texten und Musik teilhaben lassen, in denen sie schmerzvolle Erfahrungen zum Ausdruck bringen und der Hörer unmittelbar die erfahrenen Rückschläge von Ton zu Ton zu spüren bekommt. Der dadurch durchaus wirkungsvolle Effekt nach dem Motto "geteiltes Leid ist halbes Leid" konnte schon so manch gebrochenes Herz wieder ein wenig zusammenflicken. Dennoch beschäftigt sich Patrick Wolf auf seinem fünften Album nicht mit negativen Folgeerscheinungen von Beziehungen, sondern widmet sich der Sonnenseite der Liebe. Nach Jahren der grüblerischen Selbstreflexion und persönlichen Analysen des Vergangenen fühlt sich der nun Siebenundzwanzigjährige reif genug, um die gewonnenen Erkenntnisse mit merklichem Abstand zum Pessimismus und stattdessen mit Mut zur Unbeschwertheit auf's Notenpapier zu bringen. Doch wie kam es zum kleinen Sinneswandel in seiner künstlerischen Laufbahn, der die gern aufgegriffene, negative Konnotation der Liebesthematik um einhundertachtzig Grad dreht? "Ich war sehr daran interessiert, das Thema Liebe in einem positiven Licht beim Songwriting darzustellen. Für mich persönlich war es spannend, mich auf diese Weise der ganzen Sache zu nähern. In der Vergangenheit habe ich meine Aufmerksamkeit auf ein ganz anderes Themenfeld gelenkt. Damals habe ich angefangen, mythologische Texte zu schreiben, die fast schon den Charakter einer Beichte hatten, weil sie so ehrlich waren. Mir ging es nicht darum, besonders traurige Dinge zu verarbeiten, auch wenn die Texte vornehmlich von Selbstmord, Geschlechtsidentität oder Pädophilie handelten und ich mich teilweise sehr gründlich mit all diesen Dingen auseinandersetzen musste. Das war ein richtiges Stück Arbeit, weil einige dieser Aspekte sehr dramatisch waren. Jetzt, mit siebenundzwanzig Jahren und dem fünften Album, war es eine sehr wichtige Erfahrung für mich, all das erst einmal hinter mir zu lassen und ganz befreit über Liebe zu schreiben. Ich habe es genossen, mich von der Vergangenheit zu lösen, das Schöne im Leben zu umarmen und mit einem weitaus optimistischerem Blick die Dinge um mich herum und alle die positiven Erfahrungen zu zelebrieren. Es war gleichzeitig etwas völlig neues für mich, von diesem Standpunkt aus Songs zu schreiben. Ich kann zum Teil nachvollziehen, dass Leute es als Klischee empfinden, Songs über Liebe zu schreiben. Dennoch denke ich, dass sich gerade Angelegenheiten, die mit Liebe zu tun haben, niemals völlig gleichen und sie deshalb für Künstler einen interessanten Ansatzpunkt darstellen. So lange man nicht die Beatles kopiert und seine Erfahrungen ehrlich und glaubhaft verarbeitet, ist es doch wert, dass man Songs über Liebe schreibt."

Und wie sehr droht bei der positiven Abhandlung von Gefühlen die meist unbeliebte kitschige Ader deutlich pulsierend hervor zu treten? Wusste Patrick Wolf sich zu helfen, um diesen Zustand zu umgehen oder durfte es gerne auch noch etwas mehr Pathos sein? "Ich habe nichts gegen kitschige Musik. Es gibt Leute, die finden Burt Bacharach total kitschig, aber er ist einer der besten Songwriter, die es meiner Meinung nach gibt. Ich mag ihn sogar lieber als Leonard Cohen, Bob Dylan oder Klaus Nomi und würde ihn als meinen männlichen Lieblingssongwriter bezeichnen. Ich habe das Gefühl, dass Menschen, die zum Beispiel Bacharach verstehen, überhaupt den ganzen Sinn dahinter erkennen. Seine Musik ist eine so komplexe Abhandlung von Emotionen und es steckt viel Realität darin. Manche nennen es eben Kitsch, ich sehe es dagegen als recht intellektuelle Art und Weise an, mit seinen Gefühlen umzugehen. Ich habe eine Menge durchgemacht bevor ich an den Punkt gekommen bin, an dem ich nun bin und an dem ich so offen über all diese positiven Emotionen singen kann. Mit achtzehn oder nicht einmal mit dreiundzwanzig hätte ich einen Song wie 'The City' schreiben können. Keiner der Songs auf dem neuen Album wäre entstanden, wenn ich nicht vorher diese anderen Phasen hinter mich gebracht hätte. Nichts auf 'Lupercalia' ist kindisch, sondern stattdessen sehr erwachsen und reif."

War das persönliche Glück und ein emotionaler Höhenflug Voraussetzung für ein so merklich strahlendes Werk wie "Lupercalia"? "Ich muss nicht unbedingt selbst glücklich sein, um unbeschwerte, fröhliche Musik zu komponieren. 'The City' ist zum Beispiel aus einer Situation heraus geboren worden, die ein paar traurige Momente beinhaltet, was mein Leben angeht. Manchmal schreibe ich aber auch einfach Songs als direkte Reaktion auf mein Umfeld. Angenommen, einem Freund von mir geht es nicht besonders gut, dann setze ich mich hin und schreibe einen Song, der ihm vielleicht dabei hilft, sich besser zu fühlen. Wenn schlimme Dinge passieren, die auch einfach das Weltgeschehen im Allgemeinen betreffen, dann kann es auch vorkommen, dass ich das Verlangen habe, all diesem etwas Positives mit meiner Musik entgegen setzen zu wollen. Traurigkeit und Verlust können unter Umständen gute Inspirationsquellen für positiv geprägte Musik sein." Eine klare Definition von Glück ist für ihn knifflig, doch stellt er der sich der Herausforderung und versucht es doch mit ein paar Worten zusammenzufassen: "Das ist die eine Million Dollar Frage (lacht). Ich kann nur von meinem Standpunkt als Siebenundzwanzigjähriger sprechen und unter diesem Aspekt bedeutet Glück und Zufriedenheit für mich, den Fokus auf die Gegenwart und die Zukunft zu legen, meine Selbstsicherheit wieder zu erlangen und zu wissen, wo ich zu Hause bin. Es ist sehr wichtig zu wissen, wo man seine Wurzeln hat und sich darüber hinaus nicht darum zu scheren, was andere Leute vielleicht von einem halten. Das ist völlig unwichtig. Glücklich zu sein, bedeutet für mich auch zu genießen, was mir gegeben wurde und was ich bisher erreicht habe. Das ist zumindest eine Definition, die für mich momentan einen Sinn ergibt und dem entspricht, was ich fühle."

Auf der Bühne stellt sich nicht für das Publikum, sondern auch für ihn als Darbietenden ein Glücksgefühl ein, das besonders mit den neuen Songs immer weiter wächst: "Ich weiß, ich stelle jetzt eine große Behauptung auf, wenn ich das sage, aber ich finde, dass meine Live-Show gerade zum jetzigen Zeitpunkt sehr rund ist und von Anfang bis Ende inspiriert. Älteres Material steht im Einklang mit den neuen Songs und die Zuschauer können für über eine Stunde der Welt um sie herum entkommen. Eine Weile lang habe ich meine Musikalität ein wenig in den Hintergrund gestellt und mich sehr darauf konzentriert, eine visuell ansprechende Show abzuliefern. Mittlerweile habe ich meine Liebe zu all den verschiedenen Instrumenten wieder entdeckt und mir ins Gedächtnis gerufen, dass ich in allererster Linie ein Musiker bin. Auch wenn ich auf der Bühne stehe, sollte das im Vordergrund stehen. Ich habe mir also gesagt, ich muss den Spieß wieder umdrehen und das eigentliche Machen von Musik ins Zentrum rücken. Ich will keine visuelle Ablenkung mehr, die alles andere womöglich überschattet. In gewisser Weise ist die Show dadurch spartanisch geworden, aber meiner Ansicht nach auch inspirierender. Jeder kann es schaffen, sein Gesicht für MTV hinzuhalten, einen Look zu haben oder mit einer Tanzchoreographie Aufmerksamkeit zu erregen, aber es ist nicht so einfach, eine wirklich musikalisch gute Show abzuliefern. Für mich gehört Spontaneität ebenfalls zu einer guten Darbietung. Zehn Minuten bevor ich auf die Bühne gehe, fange ich an, die Setlist zusammen zu stellen und ich habe das Glück, mit vielen talentierten Musikern in einer Band zu spielen, die das umsetzen können. Wir lieben uns alle und verstehen uns bestens, was es noch einfacher macht. Es ist verrückt, denn wir hatten noch nie eine Auseinandersetzung über irgendetwas. Das ist großartig! Wir sind wie eine Familie. Wenn ich mir manchmal andere Bands ansehe, die sich gegenseitig an die Gurgel gehen, dann bin ich froh, dass ich es besser getroffen habe. Es wäre ein Alptraum für mich, so zu arbeiten. So wie es jetzt ist, könnte ich ewig in diesem Umfeld touren."

Ohne Frage sind einige der neuen Songs mit einer großen orchestralen Produktion gesegnet, aber können seiner Ansicht nach große Gefühle immer nur mit dieser Art von musikalischem Aufwand adäquat vermittelt werden? "Große Gefühle müssen meiner Meinung nach nicht unbedingt durch eine große Produktion vermittelt werden. Wenn ich Songs schreibe, teile ich sie immer in bestimmte Kategorien ein. Je nachdem, was ich mir von einem Song wünsche, mache ich mir eine Notiz, ob ich ihn zum Beispiel von einem Produzenten wie Alec Empire formen lassen möchte oder ob ich eventuell ein Orchester benötige, um ihm gerecht zu werden. Auf 'Lupercalia' befinden sich einige Songs, die in der Schublade steckten, die ich für eine große orchestrale Produktion vorgesehen hatte und auf denen ich unbedingt viel Streicher haben wollte. Einige meiner bombastischsten Songs habe ich eigentlich nur mit meinem Laptop und meiner Stimme auf die Beine gestellt. Es muss also nicht immer gleich eine ganze Horde an Musikern dahinter stecken, um etwas Großes zu vermitteln. 'Armistice' kommt auch nur mit Piano und Gesang aus und trotzdem entsteht etwas Wunderbares. Andererseits hatte ich die Vorstellung, auf 'Lupercalia' etwas mehr Fantasie mit ins Spiel zu bringen und dafür waren Streicher und all das ein unverzichtbares Mittel. Ich will den Hörern für eine bestimmte Zeit einen Zufluchtsort bieten. Außerdem war es auch eine Art Rebellion gegen einen Großteil von Musik, der so produziert ist, dass er sehr kalt und digital wirkt. Wirkliche Wärme ist nur selten zu finden und ich wollte diese unbedingt zum Ausdruck bringen. Das Album sollte menschliche Züge tragen. Wir könnten jetzt sofort das Radio anschalten und hören, wie ein Roboter einen Orgasmus hat, weil vieles da draußen genau so klingt, wenn ich mir zeitgenössische Popmusik so anhöre. Ich verstehe nicht viel von Produktion, aber ich bin kein Liebhaber von solch rein digitalen Arbeitsweisen."

Patrick Wolf
Nach fünf Alben kristallisiert sich mit großer Sicherheit heraus, um welche Dinge man im Studio lieber einen Bogen macht und welche Hilfsmittel einem mit der Zeit so ans Herz gewachsen sind, dass man sie nicht mehr missen möchte. Gibt es da auch in den Studiowänden von Patrick Wolf absolute Do's und Don'ts? "Im Studio gibt es einige Prinzipien, die ich befolge. Ich verwende zum Beispiel kein Auto-Tune. Ich mag es auch nicht, die verschiedenen Instrumente durch Hilfsmittel zu verschleiern oder Hall-Effekte einzusetzen. Post-Production gibt es bei mir nicht. Das lehne ich vollkommen ab. Ich versuche hingegen immer mit den besten Mikrofonen aufzunehmen, um gute Ergebnisse zu erzielen. Es klingt vielleicht verrückt, aber es macht schon einen Unterschied, ob du ein Mikrofon benutzt, das fünfzig Pfund, fünfhundert oder fünftausend Pfund kostet. Ich möchte immer mit erstklassigem Equipment aufnehmen soweit das möglich ist. Deswegen geht ein Großteil des Budgets für solche Dinge drauf, aber das ist es auch wert. Bei den Aufnahmen zum neuen Album haben wir für drei Wochen ein richtig gutes Mikrofon benutzt, bei dem ich wirklich eine Veränderung in meinem Gesang festgestellt habe. Ich habe mich auf den Aufnahmen exakt so gehört wie ich mich bei mir zu Hause höre. Normalerweise wird einem immer schnell bewusst, dass man sich in einem Studio befindet, aber mit diesem Mikrofon war das anders. Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen und alle meine vergangenen Alben mit diesem Ding aufnehmen. Es war fast so, als hätte ich eine geheime Formel für mich entdeckt (lacht)! Immerhin ist es gut, dass ich es zumindest jetzt herausgefunden habe. In der Vergangenheit habe ich mir über solche Sachen nicht so viele Gedanken gemacht, aber ich merke, dass ich mit etwas mehr Regeln, was meine Arbeitsweise betrifft, durchaus befreiter im Studio bin. Das ist sehr aufregend für mich. Wer weiß, was ich beim nächsten Album anstellen werde. Jeder, der mich kennt, kann sich sicher sein immer etwas Unerwartetes vorzufinden."

Neben der Liebe zu sehr hochwertigem Equipment, kommt Patrick Wolf aber auch ins Schwärmen, wenn es um die Schmetterlinge im Bauch im Allgemein geht. Die Vorteile einer Beziehung liegen für ihn dabei ganz klar auf der Hand: "Liebe zeichnet sich für mich dadurch aus, dass man sich vollkommen fallen lassen kann und innerhalb dieser Erfahrungen auch viele Erkenntnisse über sich selbst sammelt, eventuell neue Seiten an sich entdeckt. In den letzten drei Jahren habe ich genau das erlebt. Ich habe Teile meiner Persönlichkeit fallen gelassen, weil ich sie nicht mehr brauchte, bin Stück für Stück gewachsen und habe vor allem erkannt, was jemand anderes an meiner Person zu schätzen weiß und liebt. Das war eine sehr wichtige Erfahrung für mich. Das eigene Ego wird kleiner, weil man nicht mehr alleine ist und jemanden in seiner Nähe hat, um den man sich kümmert. Ich liebe es für diese Person zu kochen und sie zu beschützen. Mein Leben mit William hat mich doch sehr umgekrempelt, denn ich bin viel weniger selbstsüchtig als vorher. Das alles hat meiner Meinung nach auch meine Musik beeinflusst. So ein Sinneswandel und eine tiefe Beziehung zu einem anderen Menschen kann dich vieles lehren. Man muss sich nicht komplett selbst aufgeben, um sich zu verändern und so eine Erfahrung zu machen. Natürlich kann man auch in einer Beziehung sein eigenes Ich abschotten und sich zurückziehen, wenn man möchte. Das alles ist möglich und ich habe das in der Vergangenheit auch oft so gehalten. Warum soll man aber nicht einfach das Beste aus beiden Welten miteinander verbinden? Leute, die denken, dass eine Beziehung oder eine Ehe so eine Art Käfig sind, haben ganz bestimmt den falschen Partner (lacht)! Wahre Liebe beflügelt doch und eröffnet dir viele neue Wege. Zumindest sehe ich das so."

Nach so viel Selbsterkenntnis müsste es doch eigentlich nicht schwer fallen, die eigenen, persönlichen Vorzüge hervorzuheben oder vielleicht doch? "Haha, man sollte sich nicht selbst so hervorheben. Ich finde es schwierig meine guten Eigenschaften laut zu äußern. Wenn ich Single wäre, hätte ich ein großes Problem damit, zum Beispiel auf einer Online-Dating-Plattform meine eigene Person zu beschreiben. Andere Leute würden das bestimmt besser hinbekommen. So ein Profil zu erstellen, ist wirklich nicht so einfach, wenn man den Blick auf sich selbst richtet. Ich finde es dagegen viel einfacher, meine Freunde zu so etwas zu überreden. Das funktioniert bestens (lacht)! Ich bin da sehr engagiert und spiele andauernd den Verkuppler. Das macht so viel Spaß! Wahrscheinlich ist das dann auch meine nervigste Charaktereigenschaft (lacht). Ich liebe es, Freunde von mir an den Mann oder die Frau zu bringen. Im betrunkenen Zustand kann das manchmal sehr peinlich sein, weil ich diese Vision habe, zwei Menschen glücklich miteinander zu vereinen, da sie in meinen Augen wie für einander geschaffen sind. Die Realität sieht aber immer anders aus und natürlich gibt es keinen großen Knall und die betreffenden Person verlieben sich unsterblich ineinander. Wenn ich bei alldem in voller Fahrt bin, ist das bestimmt sehr irritierend für meine Mitmenschen. Die Armen! Wenn es mit der Musik nicht mehr klappen sollte, dann habe ich definitiv eine andere Berufung, der ich folgen werde... Ich gründe einfach eine Dating Website (lacht)!"

Wer in seinen Songtexten so viel Offenherzigkeit an den Tag legt, muss sich doch bestimmt gut mit sich selbst auskennen oder ist dem nicht so? Gibt es Momente, in denen Patrick Wolf auch nach fünf Alben noch mit Fragezeichen im Kopf über sich selbst stolpert? "Ich kann manchmal doch sehr kompliziert sein. Deswegen fiel es mir lange Zeit auch so schwer, mich voll und ganz auf eine andere Person einzulassen und mich wirklich zu verlieben. 'The Bachelor' handelt genau von diesem Konflikt. Man wird sich seiner komplexen Emotionalität bewusst und muss sich selbst eingestehen, dass man eine Vergangenheit mit traumatischen Erlebnissen hat. Man stellt sich dann automatisch auch die Frage, wie eine andere Person einen, basierend auf diesem Hintergrund, liebenswert finden kann. Ich glaube, dass es einfacher wird, sich mit diesen Dingen auseinander zu setzen, je älter man wird. Das Cover von 'Lupercalia' ist dementsprechend auch sehr simpel gehalten und drückt diese Reinheit aus, die ich mit Liebe im Allgemeinen verbinde. Ich bin mittlerweile an einen Punkt gelangt, an dem ich mit mir selbst viel mehr im Reinen bin. Ich fühle mich ein bisschen so wie ein Sechzehnjähriger, der sich nicht darum kümmert, was andere Menschen sagen, weil er weiß, was er will. Würde mich jetzt jemand auf der Straße anpöbeln, würde ich ihm sehr wahrscheinlich einen schönen Tag wünschen. Das Leben ist einfach zu schön, um es zu vergeuden und sich über unwichtige Dinge aufzuregen. Es gibt viel zu viele aufregende Sachen zu entdecken und es wäre doch schade, daran vorbei zu laufen. Ich glaube, ich bin so zufrieden mit mir selbst, weil ich keinerlei Erwartungen an das Leben stelle. Ich nehme es so, wie es eben kommt. Sei es im Studio, auf Tour oder im Urlaub mit einer Pina Colada in der Hand und einer üblen Disko um die Ecke, wo ich mit lauter Fünfzigjährigen tanzen kann (lacht). Ich möchte auch nicht, dass Leute bestimmte Erwartungen von mir haben, sondern am liebsten immer das Gegenteil machen. Ich kann dieser Songwriter sein, der zusammen mit Patti Smith auf der Bühne steht und im nächsten Moment würde ich mir nicht die Chance entgehen lassen, beim Eurovision Song Contest anzutreten. Genau so bin ich. Ich hätte bei allem Spaß, denn so sollte man meiner Meinung nach durch's Leben gehen."

Weitere Infos:
www.patrickwolf.com
www.myspace.com/officialpatrickwolf
Interview: -Annett Bonkowski-
Fotos: -Pressefreigaben-
Patrick Wolf
Aktueller Tonträger:
Lupercalia
(Mercury/Universal)
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