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KATHLEEN EDWARDS
 
Reise ins Selbst
Kathleen Edwards
Das neue, vierte Album der kanadischen Songwriterin Kathleens heißt "Voyageur" - nicht "Voyager" und schon gar nicht "Traveller". Auch wenn man das so interpretieren könnte, dass sie musikalisch unternehmungslustig umherreist - was in gewissem Sinn tatsächlich der Fall ist -, erklärt das freilich noch nicht die französische Schreibweise des Namens. "Ach, das hat verschiedene Gründe", erläutert Kathleen, "zum einen stamme ich aus Ottawa - einer Gegend die teilweise französisch geprägt ist. Dann war ich früher in einer Kanu-Gruppe, die sich 'Voyageurs' nannte. Und als ich dann nach einem Titel für meine neue Scheibe suchte, fand ich dann - ausgerechnet in Wisconsin - ein T-Shirt mit der Aufschrift 'Voyageur' und erinnerte mich dann daran. Da wusste ich, dass das der richtige Titel wäre, denn er fasst die Scheibe recht gut zusammen." Das Wichtige steht dabei im Kleingedruckten. Denn Kathleen weilte in Wisconsin, weil dort ihr Beau, Justin Vernon von Bon Iver, herkommt. Und mit jenem Justin Vernon hat Kathleen neben einer privaten auch eine musikalische Zusammenarbeit eingeschlagen, die sich darin äußerte, dass Vernon ihre neuen Songs teilweise produzierte. Was war denn der Auslöser hierfür?
"Ich wollte raus aus der Americana-Ecke. Denn dieses Label ist für mich so etwas wie ein Fluch", erklärt Kathleen, "ich frage mich immer, warum das so ist, und warum ich überhaupt mit diesem Label versehen worden bin. Justin Vernon ist das Paradebeispiel dafür: Da ist dieser Typ im Flanellhemd, der eine Scheibe in einem Blockhaus aufgenommen hat. Aber niemand käme auf die Idee, ihn als 'Americana' zu bezeichnen. Warum ist das so? Oder kennst du The Tallest Man On Earth? Das ist dieser Typ aus Schweden, der mit seiner Gitarre vor 500 Leuten Songs wie Bob Dylan spielt. Ich habe ihn neulich gesehen und mich gefragt, warum das junge Publikum, das zu seinen Konzerten geht, ihn versteht, mich aber nicht?" Nun, vielleicht hängt das damit zusammen, dass viele von Kathleens Landsleuten es mit der "Americana" vielleicht zu ernst nehmen. Zuweilen hat man schließlich den Eindruck, dass die Kanadier die Americana-Klischees noch sehr viel intensiver bedienen als viele ihrer US-Kollegen. "Das mag sein", räumt Kathleen ein, "und gerade deswegen ist es mir wichtig, mich von diesem Label zu lösen." Geholfen hat ihr dabei Justin, der verschiedene Nummern auf dem neuen Werk produzierte. Wie kam es eigentlich zu der Zusammenarbeit? "Nun, sowohl Justin wie auch ich haben verschiedene gemeinsame Bekannte, die ihrerseits die Connection hergestellt haben. Sie haben mich z.B. auf Justin aufmerksam gemacht und darauf, dass er ein Fan von mir sei und meine Stücke coverte. Schließlich haben wir uns kennengelernt und eine gemeinsame Ader gefunden. Es ist allerdings nicht so, dass ich von mir aus geplant hätte, mit Justin zusammenzuarbeiten, weil ich ihn gut finde. Jemanden gut zu finden heißt ja nicht, dass man gut mit ihm zusammenarbeiten kann. Aber mit Justin war das ein ganz natürlicher Prozess." In dem Fall entstand daraus zunächst die Single mit den Stücken "Watusk" und "Change The Sheets". Warum ist eigentlich ersterer nicht auf der CD, letzterer aber schon? "Eigentlich wollte ich zur Überbrückung bis zur nächsten Scheibe einfach etwas Musik veröffentlichen, die ein wenig anders war und die nicht auf die neue Scheibe sollte. Ich habe aber eine Plattenfirma, die der Meinung war, man müsse das dann auch für die Promotion der neuen Scheibe nutzen. Und so landete dann 'Change The Sheets' auf der Scheibe und wurde als Teaser beim Rolling Stone veröffentlicht - obwohl ich das eigentlich nicht vorhatte."
Warum ist es Kathleen wichtig, überhaupt mit Produzenten zusammenzuarbeiten? "Nun, viele Künstler sind ja heutzutage gerne ihre eigenen Produzenten und Techniker", resümiert Kathleen, "ich bin dafür aber einfach nicht gut genug und außerdem glaube ich, dass bestimmte Leute einfach auch bestimmte Fähigkeiten haben. Und Produzenten und Tontechniker kennen sich auf ihrem Gebiet eben besonders gut aus. Ich war immer schon ein Fan von Scheiben, die sehr gut klingen, und das kannst du - meiner Meinung nach - nur mit Leuten erreichen, die etwas von ihrem Fach verstehen. Das ist übrigens eine aussterbende Art, sage ich dir, weil mit den ganzen Computerprogrammen jeder die Möglichkeit hat, sein eigener Produzent zu sein - oder das zumindest glaubt. Justin ist so ein New School-Advokat, er arbeitet gerne mit Pro-Tools - hat allerdings auch schon Interesse geäußert, mehr in Richtung analoger Techniken zu gehen. Er ist allerdings unglaublich gut mit dem Medium und weiß es, immer genau die richtigen Elemente zu betonen, wegzunehmen, zu verfremden oder rein zu belassen."

Viele der Songs scheinen mit Keyboards entstanden zu sein? "Ja, ich habe mir vor einiger Zeit ein Piano zugelegt und bin jetzt in der Lage es adäquat zum Komponieren verwenden zu können. Man hat da als Musiker ganz andere Möglichkeiten beim Song-Schreiben - Melodie, Akkorde, Harmonien und so etwas." Was auf der neuen Scheibe musikalisch auch noch ins Ohr fällt, sind die instrumentalen Feinheiten. Waren die auch ein Faktor beim Songwriting? "Also ich bin niemand, der über einen riesigen Fundus von Songs verfügt, die noch nicht eingespielt sind. Ich habe nur die Songs, die ich habe - und deswegen müssen die auch fertig und ausgearbeitet sein. Ich nehme keine Songs auf, die nicht funktionieren. Ich probiere dann so lange herum, bis alles passt. Bei dem neuen Album wirkte sich das dann so aus, dass wir vieles umgekrempelt haben. Da gibt es zum Beispiel diesen Track 'A Soft Place To Land'. Wir hatten den zunächst in einer ganz anderen Form gespielt. Irgendwie schien mir da aber noch etwas zu fehlen - und so fügten wir dann diesen Part mit den anschwellenden Gitarren hinzu. Es wurde viel herumprobiert auf dem neuen Album."

Inhaltlich bleibt sich Kathleen treu und singt weitestgehend über sich selbst. Dabei singt sie allerdings oft zu jemandem - zu wem denn genau? Zu konkreten Charakteren? "Ich will es mal so formulieren: Ich singe zu Leuten, von denen ich mir vorstelle, dass die sowieso nicht zuhören. Dann kann ich mich auch freier ausdrücken und das sagen, was ich will. Es ist schließlich wichtig, aufrichtig zu sein." Klar - denn ansonsten kann man seine Songs als Künstler ja auch nicht "verkaufen". Gibt es dabei eigentlich auch typisch kanadische Themen? So gibt es etwa einen Song namens "Empty Threat", in dem Kathleen damit droht, nach Amerika (in die USA) zu ziehen. "Ja, das ist mein typisch kanadisches Ding", räumt sie schmunzelnd ein, "wenn wieder mal alles nicht rund läuft und sich alles gegen mich verschworen hat, kann ich - können wir Kanadier - immer damit drohen, nach Amerika zu ziehen. Nicht, dass wir das jemals tun würden - aber die Möglichkeit ist immer da." Kathleen scheint da recht sensibel zu sein, was ihre Position als kanadische Künstlerin betrifft. So heißt es in dem Song "For The Record" gar: "Hang me out on your cross - for the record I just wanted to sing songs." - "Ja, ich muss allerdings zugeben, dass das der einzige Song ist, den ich nicht über mich geschrieben habe, sondern für Natalie Maines von den Dixie Chicks. Ich weiß nicht, inwieweit das bei euch bekannt ist, aber die Dixie Chicks hatten ziemlichen Ärger wegen Natalies Aussage, dass sie darüber beschämt sei, dass ihr damaliger Präsident aus Texas stamme - einer Aussage, die gar nichts mit der Musik zu tun hat. Ich habe da diesen Dokumentarfilm über die Dixie Chicks gesehen, in dem dann auch ganz deutlich zu spüren war, dass so etwas die ganze Freude aus der Musik nimmt, denn am Ende des Tages geht es doch nur darum, dass du als Musiker deine Songs singen willst. Ich kenne diese Situation nur zu gut, denn als Musiker musst du ständig aufpassen, was du sagst und was nicht, denn du bist immer von Leuten umgeben, die dich auch mal fallen lassen, wenn es gerade passt. Deshalb habe ich diesen Song geschrieben."

Kathleen Edwards
Wenn Kathleen ihre Songs live vorträgt, ist das - je nach Setting - eine ziemlich intensive Angelegenheit, bei der die ansonsten recht offene und spontane Künstlerin dabei beobachtet werden kann, dass sie des Öfteren mit geschlossenen Augen singt. Woran denkt sie denn beim Vortrag ihrer Stücke? "Manchmal konzentriere ich mich einfach auf den Augenblick und die Stimmung", überlegt sie, "manchmal denke ich auch gar nicht großartig an etwas und manchmal, wenn ein Song nicht richtig funktioniert, dann denke ich darüber nach, wie ich es beim nächsten Mal besser machen könnte. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass das nicht allzu oft passiert und ich mir eigentlich sagen möchte, dass ich gar nicht so viel darüber nachdenken will, worüber ich nachdenke, weil ich live einfach im Moment sein und diesen genießen möchte. Das ist schließlich ein Teil des Lohns einer Musikerin."

Was ist für Kathleen denn die größte Herausforderung? "In einem Geschäft, in dem ich nun seit zehn Jahren tätig bin, immer wieder etwas Neues zu erschaffen. Andererseits ist es auch eine große Befriedigung, so lange dabei gewesen zu sein, ohne alles hingeschmissen zu haben. Und wenn ich Live-Konzerte gebe, die gut laufen und bei denen die Leute zuhören und mir etwas zurück geben, dann weiß ich auch, warum ich noch nicht aufgegeben habe und dass diese Entscheidung richtig war." Wie soll es denn nun mit Kathleen weiter gehen? "Nun, ich bin erst mal an einem Punkt angekommen, an dem ich erst mal ein bisschen innehalten muss. Erst mal sehen, wie das neue Album ankommt und dann in der Art weiterarbeiten, wie ich es zuletzt getan habe. Wie gesagt, habe ich ja keinen Fundus, auf den ich zurückgreifen könnte. Es würde mich aber auch ein Mal reizen, ein Album mit Kinderliedern zu machen. Und zwar möchte ich gerne Kinderlieder schreiben, bei denen die Eltern nicht gleich den Wunsch verspüren, denjenigen umzubringen, der diese geschrieben hat." Nun, das sollte Kathleen Edwards ja irgendwie möglich sein. Momentan ist sie jedenfalls an einem bemerkenswert pragmatischen Punkt ihrer Karriere angelangt, die sie - fernab irgendwelcher Traumtänzereien - erstaunlich realistisch im Griff hat.

Weitere Infos:
www.kathleenedwards.com
soundcloud.com/kathleen-edwards
www.facebook.com/kathleenedwardsmusic
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Kathleen Edwards
Aktueller Tonträger:
Voyageur
(Concord/Universal)
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