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BETH JEANS HOUGHTON
 
Pop-Rebell mit klaren Visionen
Beth Jeans Houghton
Die englische Presse nannte Beth Jeans Houghton vor einigen Jahren noch im selben Atemzug mit Kolleginnen wie Laura Marling und attestierte ihr ein Faible für Folk-Musik. Dieses konnte und wollte Beth Jeans Houghton jedoch nur bedingt erfüllen und entwickelte sich in den folgenden Jahren zu einer Künstlerin, die augenscheinlich das alte Image abgeschüttelt und nun zusammen mit ihrer Band als Beth Jeans Houghton & The Hooves Of Destiny optisch und musikalisch bunt ihre Kreise zieht. Nach einiger Verzögerung erschien nun ihr Album "Yours Truly, Cellophane Nose", welches die Wandelbarkeit der Sängerin umso deutlicher macht. Aus dem Mädchen mit der Gitarre in der Hand ist eine junge Frau geworden, die leuchtende Popsongs schreibt und in ihren Bandkollegen Freunde gefunden hat, die diesen das nötige Strahlen verleihen. Wir trafen die Sängerin zusammen mit ihrem Bassisten Rory Gibson in Berlin und sprachen mit ihr über ihre Dickköpfigkeit, ihre nicht immer einfache Teenager-Zeit und warum Newcastle kein Ort ist, um sich kreativ zu verwirklichen.
GL.de: Auf dem Papier ist es euer Debüt, aber fühlt sich "Yours Truly, Cellophane Nose" überhaupt noch wie ein eines an? Immerhin macht ihr ja schon seit einigen Jahren zusammen Musik.

Beth: Im Sinne einer klassischen Veröffentlichung fühlt es sich wie ein Debüt an, weil wir bis zu diesem Zeitpunkt keine so große Sammlung an Songs herausgebracht haben. Aber du hast Recht, denn wir machen schon lange zusammen Musik und von daher betrachten wir das Album sicherlich nicht als unser erstes musikalisches Abenteuer.

Rory: Wenn sich die Veröffentlichung nicht so lange hingezogen hätte, dann würden wir jetzt wohl schon über unser zweites oder gar drittes Album sprechen. Aber so ist das Leben nun einmal...

GL.de: Das heißt also im Klartext, dass sich die Songs bei euch nur so stapeln?

Beth: Ja, und wie! Das Traurige daran ist, dass viele von ihnen wohl verloren gehen werden, weil wir uns als Band weiterentwickeln und nur eine begrenzte Anzahl an Liedern in einem bestimmten Zeitraum veröffentlichen können. Wir könnten allerdings auch ein kostenloses Album anbieten. Daran habe ich bis eben noch gar nicht gedacht. Dann würden die Songs nicht einfach so herumliegen und unsere Fans hätten auch etwas davon.

GL.de: Apropos Weiterentwicklung - Beth, du bist relativ früh von der Schule abgegangen, hast angefangen mit deiner Band Musik zu machen und dann hat es dich sogar vor nicht allzu langer Zeit nach Los Angeles verschlagen.

Beth: Ich habe einige Dinge gemacht, die andere als risikohaft bezeichnen würden. Gerade so früh von der Schule abzugehen, ist keine leichte Entscheidung. Ich bin dann ein Jahr nach Abschluss der Albumaufnahmen das erste Mal nach L.A. gekommen und habe die Zeit dort sehr genossen. Vorher hing ich viel mit älteren Jungs herum, was in den Augen der meisten Leute einem Verbrechen gleichkommt. Dabei waren es doch die Jungs aus meiner Band, es war also alles völlig harmlos! Kein Grund sich Sorgen zu machen, auch wenn man von mir erwartet hat, dass ich mich wie ein junges Mädchen benehme und gewissen Regeln folge. Ich würde immer komisch angeguckt, weil ich als 17-jährige Freunde hatte, die doppelt so alt waren wie ich. Für mich war das aber total normal, weil wir einfach gut miteinander auskamen und wir die gleichen musikalischen Interessen hatten. Das Komische war ja, dass sich meine Mutter und meine Familie Sorgen um mich machten, obwohl es mir gut ging und ich einfach nur das tat, wobei ich mich wohl fühlte. Dabei gab es Leute in meinem Alter, die mit Sex und Drogen experimentierten, nur weil sie cool sein wollten. Das klingt für mich gefährlicher als sich musikalisch mit anderen auszutauschen!

GL.de: Hat dich dein Verhalten jemals in Schwierigkeiten gebracht, weil du mit dem Kopf durch die Wand wolltest, um dein Leben nach deinen Vorstellungen zu leben?

Beth: Nein, das kann ich nicht sagen. Es war nicht so, dass ich ein schwieriges Kind war oder dergleichen. Niemand musste wirklich böse auf mich sein, denn ich habe ja nichts angestellt, was verwerflich war, außer dass ich in den Augen der Gesellschaft vielleicht zu jung war, um mit erwachsenen Männern abzuhängen. Ich habe den Jungs in meiner Band immer beim Proben zugesehen, als sie noch in einer anderen Gruppe gespielt haben. Dabei bin ich dann immer regelmäßig nach dem vierten oder fünften Song eingeschlafen (lacht).

GL.de: Wusstest du trotzdem von Anfang an, dass du einmal zusammen mit ihnen Musik machen wolltest oder basierte eure Freundschaft zunächst nur darauf, dass ihr als Musikliebhaber auf derselben Wellenlänge lagt?

Beth: Wir kannten uns schon eine Weile bevor wir anfingen miteinander Musik zu machen und wir uns in der Gruppe meinen Songs widmeten. Es war schon immer der Fall, dass wir musikalisch, aber auch als Personen ähnlich tickten. Jeder von uns begegnet seiner Umwelt und damit auch der Musik sehr entspannt. Das verbindet uns.

Rory: Sobald uns Beth ihre Songs vorgespielt hatte, wussten wir automatisch, dass wir ein Teil davon werden und mit ihr arbeiten wollten. Das hat sich ganz natürlich so ergeben, weil wir gefühlt haben, dass das das Richtige für uns war.

Beth: Wir machen zusammen Musik und sind in einer Band, weil wir in allererster Linie das, was wir tun, so lieben. Dazu kommt aber, dass sich keiner von uns vorstellen könnte, etwas anderes zu machen. Der Gedanke an einen ganz normalen Job macht mich verrückt. Ich weiß genau, dass ich auch in der Zukunft Musik machen möchte. Natürlich kann man nie vorhersagen, was die Zukunft für einen bereithält und welchen Weg man einschlagen wird, aber ich kann mir nicht vorstellen, einer vergleichsweise normalen Arbeit nachzugehen. Das klingt in meinen Augen schrecklich langweilig.

GL.de: Die ganze Band stammt aus Newcastle. Sicherlich kein unbeschriebenes Blatt in der Musikgeschichte, aber eben auch kein so großer Anziehungspunkt wie London, wo die englische Musikszene tobt. Was hat euch eure Heimatstadt musikalisch und auch persönlich für den weiteren Weg mitgegeben?

Beth: Newcastle ist keine besonders aufregende Stadt, die danach schreit, dass man dort bleibt und sein Leben in die Hand nimmt. Ich habe mich dort niemals unwohl gefühlt, aber doch hat mich das gesamte Umfeld dort dazu getrieben, dass ich reisen und etwas anderes sehen wollte. Wahrscheinlich ist Newcastle den anderen englischen Städten gar nicht so unähnlich. Trotzdem wusste ich, dass ich mit meiner Musik weggehen musste, um glücklich zu werden. Musikalisch gesehen, kann ich nicht sagen, dass mich die Stadt sonderlich beeinflusst oder geprägt hat.

GL.de: War es deswegen ein einfacher Schritt, für die Albumaufnahmen an einen anderen Ort zu gehen?

Beth: Wenn ich ehrlich sein soll, ist mir das überhaupt nicht schwer gefallen. Hätte ich schon früher die Wahl gehabt, wäre ich sofort irgendwo anders hingegangen. Mein ganzes Leben hat sich bis ins Teenager-Alter in Newcastle abgespielt. Ich habe erst mit 16 angefangen, etwas herumzureisen und neue Orte für mich zu entdecken. Das hat mir bewusst gemacht, dass ich jederzeit woanders hingehen würde, wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt. Darum war es so wunderbar für uns, das Album in London aufzunehmen. Man ist weniger in diesem bekannten Rhythmus, in den man verfällt, wenn man zu Hause ist. Wir sind morgens aufgestanden, ab ins Studio gegangen und abends wieder raus, ohne den üblichen Ablenkungen erlegen zu sein. Es war gut für uns so konzentriert an einer Sache arbeiten zu können, weil es viel Disziplin erfordert ein Album aufzunehmen. Im Studio zu sein, bedeutet eine Menge harter Arbeit.

Rory: Wir wären niemals so diszipliniert gewesen, wenn wir in Newcastle gewesen wären, wo unsere Freunde und Familien leben und wir die Gegend wie unsere Westentasche kennen. Das verleitet einen automatisch dazu, dass man gedanklich abschweift und zumindest für einen Moment andere Dinge in sein Leben lässt, während man doch eigentlich die Musik in den Vordergrund stellen will.

GL.de: Das hört sich ganz danach an, als ob ihr euch selbst gegenüber ziemlich streng seid, wenn es um das gemeinsame Ziel geht. War die Zeit im Studio denn wirklich nur harte Arbeit und kein Zuckerschlecken?

Beth: Nein, ganz so schlimm war es nicht. Immerhin machen wir ja gerne Musik und lieben es im Studio zu sein. Die Aufnahmen können einem manchmal als Musiker viel abverlangen, aber wir betrachten unsere Arbeit als Privileg und sehen sie generell nicht als einen wirklich harten Job an, auch wenn wir ständig bemüht sind, das Beste aus uns herauszuholen und unsere Sache gut zu machen. Die Definition von Arbeit ist für mich, einem Job nachzugehen, für den man zwar bezahlt wird, der einem aber keinen Spaß bereitet. Eben etwas, das man tut, um die Miete zu bezahlen. Wenn wir jedoch im Studio arbeiten, tun wir das, weil wir zusammen etwas schaffen und nach unseren Vorstellungen umsetzen wollen. Schon allein deshalb würde ich das nicht als Job im eigentlichen Sinne bezeichnen. Am Ende ernten wir die Lorbeeren für unsere Arbeit, wenn alles gut läuft. In den meisten Jobs sieht das anders aus und man ist nur ein Handlanger für den Boss.

GL.de: Im Studio ist der Produzent oftmals derjenige, der den Boss-Posten einnimmt. Wie war eure Erfahrung damit mit jemanden zusammenzuarbeiten, der euch in gewisser Weise an die Hand nehmen und führen wollte?

Beth: Im Großen und Ganzen war das alles ok für uns und wir haben die Tatsache akzeptiert, dass uns jemand zur Seite steht, der Vorschläge bezüglich der Umsetzung unserer Musik macht. Ich muss aber zugeben, dass ich manchmal ein wenig damit zu kämpfen hatte, einen Rat anzunehmen, weil ich ein sehr dickköpfiger Mensch bin, der sich im Allgemeinen nicht so viel sagen lässt. Ich habe mich schon immer damit schwer getan, jemand anderen als Autoritätsperson zu akzeptieren. Unser Produzent war aber keine autoritäre Person, sondern vielmehr wie ein Freund für uns. Deshalb konnte ich mich daran gewöhnen, mit seinen Hinweisen und Vorschlägen umzugehen und mich teilweise auch darauf einzulassen. Es war immer so, dass seine Ratschläge nicht als Forderung, sondern als gut gemeinte Hilfestellung formuliert waren. Er hat nie verlangt, dass wir etwas ändern. Stattdessen hat er uns freigestellt, uns seiner Meinung anzunehmen oder sie eben auch abzulehnen. Wir hatten von Anfang an ein offenes Ohr für ihn und wollten uns seine Meinung zumindest anhören. In den meisten Fällen haben wir seine Vorschläge auch angenommen, weil wir seine Ansichten geteilt haben.

Beth Jeans Houghton
GL.de: Ihr wart das erste Mal im Studio, um ein ganzes Album aufzunehmen. Gab es Momente, in denen ihr noch Unsicherheiten gespürt habt, weil euch vielleicht die Routine fehlt, oder konntet ihr völlig beruhigt an die Aufnahmen gehen?

Beth: Ich würde nicht sagen, dass wir unsicher waren. Eher frustriert, denn wir konnten nicht alle unsere Ideen immer sofort in die Tat umsetzen. Normalerweise empfinde ich es als sehr einfach, einen Klang, der mir im Kopf vorschwebt, auch praktisch auf der Gitarre genau so umzusetzen. Im Studio gab es dann aber doch Momente, in denen wir das nicht so locker konnten. Wenn man einen Sound zehn Mal hintereinander wiederholt, kann es passieren, dass man nicht mehr mit derselben Leichtigkeit dabei ist. Es hat mir jedes Mal das Herz gebrochen, wenn ich den Klang nicht so hinbekommen habe, wie ich ihn zuvor in meinem Kopf gehört habe.

GL.de: Wie reagierst du in solchen Fällen?

Beth: Meistens bleibe ich am Ball und klebe förmlich am Song, um ihn genau nach meinen Vorstellungen klingen zu lassen. Manchmal nützt aber alles nichts und ich muss mich dann von ihm distanzieren, weil ich weiß, dass ich nicht voran komme. Außerdem kann man im Studio nicht Ewigkeiten nur an einem Song arbeiten, weil einem die Zeit davon läuft. Dir sitzen ein Dutzend andere Lieder im Nacken, die darauf warten, dass du dich ihnen widmest und in solchen Momenten muss man loslassen können. Dem Song zuliebe.

GL.de: Eure Musik strahlt über weite Strecken Jugendlichkeit und Lebendigkeit aus. Nimmt man jedoch die Stimme dazu, wirkt alles ein Stück reifer und ernsthafter. Worauf führt ihr diesen Ansatz zurück?

Rory: Wir haben uns nie hingesetzt und uns Gedanken darüber gemacht, wie wir klingen wollten. Für uns zählt es nur, dass es sich gut für uns anhört. Wir hören so viel unterschiedliche Musik, dass es ganz normal für uns ist, dass wir uns von verschiedenen Dingen inspirieren lassen. Das hat vermutlich auch zur Folge, dass wir beides, das Jugendliche und auch das Erwachsene, in uns tragen und schließlich in unserer Musik zur Sprache bringen.

Beth: Alles, was wir tun, folgt einzig allein unserer Eingebung, aber keinem vorgefertigtem Plan. Wir haben keine Strategie für unseren Sound oder eine Routine, der wir nachgehen. Er ergibt sich einfach aus den Elementen, die wir als Personen ausmachen und für gut empfinden.

Weitere Infos:
www.facebook.com/BethJeansHoughton
bjh.tumblr.com
www.myspace.com/bethjeanshoughton
Interview: -Annett Bonkowski-
Fotos: -Pressefreigaben-
Beth Jeans Houghton
Aktueller Tonträger:
Yours Truly, Cellophane Nose
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