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VIVID
 
Tag und Nacht
Vivid
"Wie, schon wieder?" meint Thomas Hanreich, seines Zeichens Sänger der populären Musikkapelle Vivid als er den rasenden Reporter die Treppe heraufhechten sieht. Ist es denn unsere Schuld, wenn Bands wie Vivid das ganze harterworbene Popstar-Gehabe dadurch konterkarieren, daß sie trotz Video in den USA, eigenem Studio in Salzgitter und Features in der Bravo nach wie vor Interviews geben, sich nicht entblöden, Autogrammkarten zu unterschreiben und anschließend noch für Fotos posieren? Ist es denn unsere Schuld, daß sie es schafften, mit ihrer Musik in den Charts zu landen, ständig im Fernsehen herumzuturnen und ziemlich erfolgreich und oft zu touren? Ist es denn unsere Schuld, wenn sie jetzt, mit der zweiten Platte, einen wahrlich internationalen Standard erreicht haben und schon wieder im Radio gespielt werden? Ist es denn unsere Schuld, wenn sie trotz alldem noch die netten Jungs von nebenan geblieben sind? Doch wohl kaum. Also sind solch unqualifizierte Äußerungen im Angesicht der Presse ja wohl vollkommen unangebracht, oder?
Doch mal Ernst beiseite: Vivid sind eine von Deutschlands am härtesten arbeitenden Combos überhaupt. Wo andere im Elfenbeinturm mit Steinen schmeißen oder wie das heißt, befinden sich Vivid entweder im Studio oder auf Tour oder geben Interviews. Zugegeben: An jenem Tag sehen sie auch nicht gerade glamourös aus. Was auch daran liegen mag, daß sich Thomas den Magen verdorben hat und ein wenig käsig im Gesicht daherkommt. Das tut aber nur am Rande zur Sache. Denn es gibt einiges Neues zu berichten.

"Wir haben jetzt unser eigenes Studio in Salzgitter aufgebaut", erklärt Drummer Torsten Kluske. Das erklärt so ziemlich die soundmäßige Weiterentwicklung auf dem neuen Album "Sundown To Sunrise". Ein kurzer Rückblick: Vivid fangen als selbstgebaute Rockband an, bekommen dann Kontakt zur Plattenindustrie und im Rahmen der entsprechenden Annähreungsrituale Spaß am Elektronik-Frickeln. So entsteht dann auf Malta das Debut-Album "Go!". Das neue Album klingt nun nicht nur wie eine konsequente Fortsetzung des ersten, sondern auch so richtig groß und international. Wie U2 etwa. Kann das heute eigentlich jeder?

"U2 ist schon ein guter Vergleich", meint Torsten, "es ist ja nicht so, daß wir diesen Sound erfunden haben, eigentlich kopieren wir ja nur, insofern gibt es für uns immer Vorbilder. Aber es ist so: Diesmal klingt alles organischer und selbstverständlich, weil wir uns mehr Zeit nehmen konnten und mit den Sachen jetzt auch besser auskennen. Deshalb ist das jetzt auch unser Sound."

Liegt das nicht vielleicht auch an dem Produzenten Peter Walsh?

"Nicht eigentlich", meint Thomas, "Peter kam auf uns zu. Er hatte 'Still', die Hitsingle unseres Debuts im Radio gehört und wollte zunächst gar nicht glauben, daß dies eine deutsche Band ist. Wir haben uns dann getroffen und kamen gut miteinander zurecht. Und das ist auch die einzige Maxime."

"Genau, Peter war sowas wie ein Psychologe für uns", ergänzt Mathias Koß (Gitarre), "er hat alles strukturiert, und alles zusammengehalten. Außerdem ist er auch ein sehr guter Engineer. Immerhin sind wir aber auch Co-Produzenten."

"Unser Anteil war dann, daß alles nicht zu klinisch wurde", erklärt Torsten, "der Scott Walker Sound interessierte uns im Rock-Zusammenhang nicht wirklich und bei den Simple Minds dachten wir schon - auwei, das klingt ja ganz schön steril - das wollten wir nicht."

Was die Prouktionen von Peter Walsh besonders auszeichnet, ist ein Gefühl für Raum und Atmosphäre. Wenn man das neue Vivid-Album anhört, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß hier besonders viel Wert auf die Erzeugung eines Raumgefühls gelegt wurde, in dem alles an seinem richtigen Platz steht.

"Das war allerdings eher unser Zutun", meint Torsten, "indem wir jetzt gelernt hatten, mit Sounds umzugehen, wollten wir natürlich auch die Eigenarten derselben effektiv nutzen und herauszufinden, was am besten zu welchem Song paßt. Das hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Der Vorteil bei dieser Sache ist, daß du die Songs so voneinander trennen kannst, weil Du so viele Möglichkeiten hast. Peter nimmt es aber sehr genau, was die Plazierung einzelner Sounds betrifft, das stimmt schon."

Vivid
Kann man denn soweit gehen zu sagen, daß auf dem neuen Album weniger Songs, als vielmehr Soundspektren zu hören sind?

"In gewisser Weise ja", räumt Thomas ein, "allerdings möchte ich das so nicht unterschreiben. Die Songs sind immer noch das Wichtigste bei uns. Und auch wenn es kaum zu glauben ist: Die entstehen immer noch wie früher, indem wir uns alle zusammenhocken und auf der akustischen Gitarre anfangen. Wir kennen uns jetzt schon so lange, daß wir genau wissen, worauf es ankommt, und so entstehen die Songs dann im Zusammenspiel. Und hinzu kommt, daß die Texte für mich immer wichtiger werden."

Warum kann man sie dann immer schlechter verstehen? Da entsteht eher der Eindruck, daß die Stimme als weiteres Instrument eingesetzt wird.

"Nun ja, wir haben immer gemacht, was am besten zum Song paßte. Natürlich hätten wir die Stimme ganz trocken und klar produzieren können, aber das hätte dann nicht gepaßt. Und natürlich ist die Stimme eine Art Instrument, aber der Inhalt ist auch wichtig. Und: Die Leute bekommen die Texte ja dazu."

Ist diese neue Betonung des Sounds vielleicht irgendwie psychedelisch zu interpretieren. Thomas grinst.

"Meinst Du jetzt den letzten Song ('Music, mind expanding')? Das sollte ursprünglich unser Drogen-Song sein. Dann haben wir uns aber überlegt, daß das doch zu hart wäre und ihn umbenannt. Aber psychedelisch haut schon hin."

"Wir hatten diese Diskussion darüber, was eigentlich einen Song psychedelisch macht", beschreibt Torsten, "ist es ein Wall of Sound? Sind es Effekte? Das ist ganz verschieden. Bei "Music" war es meines Erachtens die monotone Bass-Drum..."

"Ich hatte eher den Eindruck es war die Baßlinie", wirft Bassist Holger Schmidt ein.

"Nun ja, die Gitarre war auch nicht ganz unwichtig", begehrt Mathias auf. (Thomas ist derweil rausgegangen. Aber vermutlich lag es seiner Meinung nach am Gesang.)

Wie wird denn der ganze Schlampf live umgesetzt? Um ehrlich zusein, suchte man ja auch bisher schon immer nach irgendwelchen Leuten hinter dem Vorhang...

"Das mache ich", erklärt Torsten, "ich habe einen Minidisc-Player mit verschiedenen Platten, die ich dann beim Spielen ein- und ausschalte."

Deswegen trägt der Mann auch immer Kopfhörer. Wie geht es denn jetzt weiter? Wäre es interessant mit der gewonnenen neuen Erfahrung und dem eigenen Studio nicht vielleicht mal andere Bands zu produzieren?

"Das wäre schon interessant", meint Mathias, "aber die Settings in unserem Studio sind ziemlich auf uns eingestellt. Da läßt man dann nicht so gerne andere Leute rein. Außerdem haben wir einfach keine Zeit dafür."

Nun ja, eine Kollaboration hat es ja bereits gegeben. Für die Beangrowers aus Malta, die man bei der Produktion der Debut-Scheibe kennenlernte, schrieb Thomas ein Stück (das dann sogar noch auf dem Soundtrack des letzten Detlev Buck Films, "Liebe Deine Nächste" geriet). Wie Vivid vor zwei Jahren, werden die Beangrowers übrigens dieses Jahr die Popkomm im Kölner E-Werk eröffnen. Für sowas sind Vivid ja mittlerweile zu groß. Nun ja, andererseits geben sie ja auch noch Interviews und unterschreiben Autogrammkarten...

Ein Gruß per MP3-Datei von Vivid (136KB, gezipped)

Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Vivid
Aktueller Tonträger:
Sundown To Sunrise
(Virgin)
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