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BLACKBERRY SMOKE
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"Wir proben nie!"
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In ihrer amerikanischen Heimat haben sich die Südstaaten-Rocker Blackberry Smoke längst einen Namen gemacht. Etablierte Acts wie Dierks Bentley, Jamey Johnson, Grace Potter oder die Zac Brown Band zählen zu den erklärten Fans des Fünfers aus dem US-Bundesstaat Georgia. Auf Erfolge in Europa musste die Band um Sänger und Gitarrist Charlie Starr dagegen lange warten. Anfang 2014 erschien ihr drittes Album "The Whippoorwill" erst mit zwei Jahren Verspätung auch diesseits des Atlantiks und stürmte ebenso die Charts wie das letzten Sommer nachgeschobene Live-Album "Leave A Scar". Jetzt setzen Blackberry Smoke mit ihrer vierten regulären LP namens "Holding All The Roses" zu einem erneuten Siegeszug an.
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Charlie Starr lebt in Georgia auf dem Land. "Hier ist es schön und ruhig", sagt er. Ganz offenbar liebt er den Kontrast zu seiner Musik, die das Gegenteil von ruhig ist. Auf den ersten Blick machen Blackberry Smoke nicht viel anders als unzählige andere Southern-Rock-Combos, doch so viele ohrwurmverdächtige Songs, so viel Spielfreude wirft kaum eine andere Band des Genres in die Waagschale. Die Freude am Musikmachen ist bei Blackberry Smoke allgegenwärtig. Da verwundert es auch nicht, dass Charlies Erwiderung auf die Bitte, seine Band in nur drei Worten zusammenzufassen, wie aus der Pistole geschossen kommt: "Energie, Gitarren, Gitarren", lautet das augenzwinkernde Statement des Hut- und Vollbartträgers im Gaesteliste.de-Interview. Damit ist in der Tat gut umrissen, worum es dem Quintett geht. Live auf der Bühne ist der Mix aus Blues, Rock, Gospel, Soul und Country sogar so mitreißend, dass ZZ-Top-Mastermind Billy Gibbons bereits scherzhaft meinte: "The band is tight enough. Quit practicing!" Doch woher kommt das? Sind die Musiker von Blackberry Smoke einfach Naturtalente, oder sehen sie womöglich nie das Sonnenlicht, weil sie sich 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche im Proberaum verschanzen? "Ha! Wir proben nie", antwortet der Frontmann lachend. "Vermutlich kleben wir musikalisch einfach aneinander wie Siamesische Zwillinge."
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Mit "Holding All The Roses" macht die Band einen gewaltigen Schritt nach vorn. So abwechslungsreich, so nuanciert klangen Blackberry Smoke noch nie zuvor. Charlie führt das auf mehr Zeit und Ruhe bei den Aufnahmen im Studio zurück, doch ein echtes Erfolgsrezept steckt nicht dahinter. "Nee, uns ist einfach sehr wichtig, uns nicht zu wiederholen und die gleiche Platte nochmals zu machen", sagt er lakonisch. Hilfe bei den Aufnahmen erhielten die Amerikaner von Mischpult-Großmeister Brendan O'Brien, der "Holding All The Roses" produzierte. Mit ihm hatten Blackberry Smoke - anders als mit früheren Produzenten - einen echten Seelenverwandten an Bord. "Wir waren uns von Anfang an mit ihm einig, wohin die Reise gehen soll, deshalb konnten wir uns sofort auf das Wesentliche konzentrieren", erklärt Charlie. "Es gibt auf der Platte eine Reihe Drei-Minuten-Songs und einige, die sogar noch kürzer sind, während andere sich ein bisschen mehr öffnen und mehr Jam-Charakter haben. Brendan war stets offen dafür, die Songs so anzugehen, wie sie es verlangten." Dass Brendan eine gute Wahl sein würde, war allerdings schon vor Beginn der Aufnahmen klar. Schließlich hatte der Produzent zuvor nicht nur mit Pearl Jam, Neil Young, AC/DC oder Bruce Springsteen gearbeitet, sondern war auch Tontechniker bei den frühen Alben der Black Crowes. Deren Chris Robinson war es immerhin, der Blackberry Smoke einst den Namen gab. Im Gegensatz zu Charlie und den Seinen macht sich Robinson allerdings auf europäischen Bühnen rar. Letztes Jahr sagte er in einem Interview, seine Musik funktioniere nur in den USA, weil niemand in Europa seine Band an einem Dienstag vier Stunden lang jammen sehen wolle. Wie sehen Blackberry Smoke das, die zuletzt auch in hiesigen Gefilden die Clubs gleich reihenweise ausverkauften? Ist das europäische Publikum schwerer zu überzeugen? "Ich persönlich finde es nicht schwieriger, das Publikum in Europa für uns zu gewinnen. Bei euch hören die Leute viel intensiver zu. Das ist gut für uns als Band, denn es hält uns auf Trab", sagt Charlie, "und ganz ehrlich, ich bin mir sicher, dass es auch in Europa eine Menge Leute gibt, die Chris und die Brotherhood jammen sehen wollen."
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Blackberry Smoke jedenfalls werden 2015 praktisch komplett on the road verbringen. Bevor es so weit ist - noch irgendwelche berühmten letzten Worte, Charlie? "Phil Rudd wollte mich engagieren, damit ich Brendan um die Ecke bringe", erwidert er lachend, bevor er sicherheitshalber hinzufügt: "War nur'n Scherz!"
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Weitere Infos:
www.blackberrysmoke.com
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Interview: -Simon Mahler-
Foto: -Ross Halfin-
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Aktueller Tonträger: Holding All The Roses
(Earache)
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