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SWERVEDRIVER
 
Immer noch genauso laut
Swervedriver
In den frühen 90ern waren sie plötzlich überall, die britischen Shoegazer, die lieber auf die unzähligen Effektgeräte zu ihren Füßen starrten, als groß Kontakt mit den Menschen vor der Bühne aufzunehmen. Mit My Bloody Valentine, Ride und Slowdive waren drei der herausragenden Vertreter des Genres bei Creation Records unter Vertrag, und deshalb war es nicht weiter verwunderlich, dass auch Swervedriver damals in die gleiche Schublade wie ihre Labelkollegen gesteckt wurden - zu Unrecht, wie auch das brillante Comeback-Album "I Wasn't Born To Lose You" beweist, das das Quartett aus Oxford Mitte November - stolz präsentiert von Gaesteliste.de - in Hamburg und Köln bei seinen ersten Deutschland-Konzerten seit 20 Jahren auch live bei uns vorstellen wird.
Nein, zu den Shoegazern der frühen 90er haben Swervedriver wirklich nie so recht gepasst. Während die Szenegrößen verschleierte Klanglandschaften kreierten, verbanden Adam Franklin, Jimmy Hartridge, Steve George und Co. ihren effektbeladenen, schwebenden Dream Pop lieber mit handfester Rock-Wucht im Geiste von Jimi Hendrix, The Stooges, Hüsker Dü und Sonic Youth und offenbarten dabei mehr emotionalen Tiefgang, als im ersten Moment ersichtlich. Das hat sich bis heute nicht geändert. "Wir haben jetzt kürzere Haare und weniger Raucher in der Band", erklärt Sänger und Gitarrengott Adam Franklin im Gaesteliste.de-Interview. "Wir sind aber immer noch genauso laut." Das unterstreicht auch das neue Album "I Wasn't Born To Lose You", das im Frühjahr weltweit ausgezeichnete Kritiken bekommen hat. Dabei kann eine Band, die 17 Jahre nach ihrem letzten Album wieder ins Studio geht, doch eigentlich mehr falsch als richtig machen. Swervedriver ist es dennoch gelungen, all die Fallen, in die Rückkehrer so gerne tappen, erfolgreich zu umkurven. Mit dem sorgsam aufgeschichteten Sound von "I Wasn't Born To Lose You" verbinden die Stooges unter den Shoegazern mit leichter Hand Rückgriffe auf ihre herrlich rabiate Frühphase, die schillernden Schattierungen ihres Meisterwerks "Mezcal Head" von 1993, Reminiszenzen an den Dream-Pop ihrer späteren Jahre und 60s-Filmsoundtrack-Versatzstücke, wie sie Franklin zuletzt auch bei seinen Solo-Werken verarbeitete, während textlich gleich beim Opener die Metapher der "Gas stations as churches" für Kontinuität bei der Auto-affinen Band sorgt. Dabei hatte es Ende der 90er so ausgesehen, als sei das Kapitel Swervedriver für immer geschlossen. Nach jahrelangen Querelen mit ihrer Plattenfirma hatten die vier Briten Anfang 1999 nach der Veröffentlichung ihres vierten Albums namens "99th Dream" und einer letzten Tournee auf der anderen Seite des Globus das Handtuch geworfen. "Unsere letzte Show war damals in Australien und wir hatten schon das Gefühl, dass es das gewesen war - und für zehn Jahre stimmte das ja auch", erinnert sich Franklin. "Es gab damals keinen großen Abschied. Ich blieb noch eine Woche länger und flog noch nicht einmal mit den anderen zusammen zurück. Wir hatten zu der Zeit noch unser Tonstudio und wir wollten es eigentlich verkaufen, aber dann wurden wir vor die Tür gesetzt und haben einfach das Equipment verhökert. Nicht viel später siedelte ich dann in die Staaten über und Swervedriver schienen Vergangenheit zu sein - zum Glück kam es aber anders!"
Swervedriver
Bereits vor zehn Jahren fanden sich die Musiker nämlich an einem Tisch wider, wenngleich zunächst nur, um das Tracklisting für die Karriere-umfassende Compilation "Juggernauts Rides" auszuknobeln, die 2004 erschien. Vier Jahre später standen Swervedriver dann auch erstmals wieder gemeinsam auf der Bühne, seitdem waren die vier regelmäßig in Großbritannien, den USA und Australien (aber nie auf dem europäischen Festland) unterwegs. Ein neues Album aber ließ bis jetzt auf sich warten, denn immerhin galt es, die Qualität von Klassikern wie "Mezcal Head" (mit "Duel", Swervedrivers Song für die Ewigkeit) aus dem Jahre 1993 oder das 1995 leider ziemlich untergegangene Karriere-Highlight "Ejector Seat Reservation" zu erreichen. "Zunächst waren wir nicht ganz sicher, wie eine Band, die so lange nichts veröffentlicht hat, neue Stücke angeht", gibt Franklin zu. "Versuchst du, so zu tun, als würdest du die Arbeit lediglich ein Jahr nach deiner letzten Platte wieder aufnehmen, oder lässt du bewusst all das mit einfließen, was in den dazwischenliegenden Jahren passiert ist? Sobald du mit der Arbeit anfängst, stellst du aber schnell fest, dass Ersteres nicht so recht funktioniert. Letztlich entschlossen wir uns, Songs zu schreiben, die nach klassischen Swervedriver klingen. Am Anfang standen einige vielversprechende Ideen, aber so richtig gepackt hat es uns noch nicht. Dann erschien der Song 'Deep Wound' auf der Bildfläche, und von da an hatten wir einen Lauf und die Ideen sprudelten nur so. Es gibt eine Art Muster für unseren Sound, das innerhalb seiner Parameter viele Möglichkeiten bietet, die erkundet werden können." So klingen Swervedriver auf ihrem insgesamt fünften Album ganz wie sie selbst und trotzdem nie nostalgisch, denn offensichtlich haben sich die vier Musiker die geradezu jugendliche Neugier bewahrt, die sie bei ihren oft bahnbrechenden Soundtüfteleien seit ihrer umwerfenden Debütsingle "Son Of Mustang Ford" vor genau 25 Jahren antreibt. "Wir experimentieren auch heute noch", bestätigt Franklin. "Es geht immer noch darum, die Gitarre in die Hand zu nehmen und etwas hören zu wollen, das dich packt und das du noch nie zuvor gehört hast." Die Leichtigkeit, die das Album umgibt, war bereits im Studio spürbar, verrät er: "Das Album aufzunehmen, war ein ziemlich müheloser Prozess. Jimmy, Steve und ich haben uns gegenseitig Ideen zugespielt, und merkten dabei schnell, dass sie das Potenzial für klassische Swervedriver-Nummern hatten, aber gleichzeitig untereinander auch sehr unterschiedlich waren. Die Platten dürfte vor allem unseren US-Rock-Fans und den Shoegazern unter unseren Anhänger gefallen, weil sie sich in diese Richtungen bewegt - und auch noch darüber hinausgeht. Letztlich sind wir einfach wir selbst, und sobald wir Mikey (Jones, Trommler von Franklins Solo-Band und Neu-Swervie) ans Schlagzeug gesetzt hatten, haben wir lediglich eine Woche im Proberaum verbracht, um die Arrangements auszuarbeiten, und anschließend haben wir Bass und Schlagzeug komplett in zweieinhalb Tagen aufgenommen und danach noch ein paar Tage mehr für die Gitarren verwendet."
Swervedriver
Die lange Veröffentlichungspause gab der Band die Möglichkeit, "I Wasn't Born To Lose You" wie ein zweites Debütalbum anzugehen. Dass sich die beiden Sessions für die Platte in Melbourne und London jeweils an Komplettaufführungen des Debütalbums "Raise" von 1991 anschlossen, verstärkte den "Alles wieder auf Anfang"-Charakter der Aufnahmen noch. Doch das war noch nicht alles. "Ich habe auch wieder die gleichen Platten wie damals gehört, etwa 'Daydream Nation' und 'Are You Experienced?', und auch noch mal Bücher wie JG Ballards 'Crash' und die 'Love & Rockets'-Comics gelesen, die zu meinen frühesten textlichen Inspirationen gezählt haben", verrät Franklin. Folglich sind die starken Bezüge zur amerikanischen Kultur, die bei den Briten schon vom ersten Tag an eine wichtige Rolle gespielt haben, auch auf dem neuen Album allgegenwärtig. Der einzige Unterschied: In ihren frühen Tagen sang die Band von einem Amerika, das sie nur aus Filmen und Büchern kannte, während Franklin heute durch seine lange Zeit in New York aus einem ganz anderen Blickwinkel schreiben kann. "Anfangs trieb uns einfach die Wanderlust an", erinnert er sich. "Ich denke, die Texte der alten Songs haben sich gut gehalten, es gibt nur einige wenige, die mir inzwischen auf den Keks gehen. Bei uns hielten sich das Gefühl, der Welt überdrüssig zu sein, und eine gewisses Fernweh schon immer die Waage. Das führt dazu, dass wir diese Songs genauso gut mit Mitte 20 wie nun mit Mitte 40 spielen können. Es gibt eine Zeile in 'Duress', die lautet: 'You think you're setting free your soul/but you're really getting old', und jetzt, da wir älter sind, können wir diese Zeile immer noch singen und alle können sie nachempfinden, denn Älterwerden kommt nie aus der Mode!"Kein Wunder also, dass Franklin ziemlich glücklich ist, wenn er heute auf mehr als 25 Jahre Swervedriver zurückschaut: "Je ne regrette rien!", antwortet er auf unsere Frage, was er in der Rückschau am meisten bereut. "Solange du immer dein Bestes gegeben hast, gut zu den Leuten um dich herum warst und Spaß hattest, gibt es nichts zu bereuen. Vermutlich haben wir nicht immer unser Bestes gegeben und waren manchmal vielleicht auch ein wenig faul, aber das lag nur daran, dass wir jung waren. Da fällt mir allerdings noch etwas ein: unser Cover von 'Magic Bus'. Wir haben das Stück nur aufgenommen, um ein neues Mischpult auszuprobieren, und eh wir uns versahen, war der Song in einem Film und als Single erschienen. Dabei war die Version echt Müll!"

Nach den Mitte November anstehenden Konzerten in Hamburg und Köln, den ersten von Swervedriver auf deutschem Boden seit 1995 ("Die Setlist ist anders, aber die Energie genauso hoch", verspricht Franklin), wird sich die Band verstärkt Gedanken um ihre Zukunft machen. "Es gibt ein, zwei unfertige Songs und Ideen, die wir gerne vollenden würden", erzählt Franklin abschließend. "Außerdem haben wir noch einige andere Aspirationen, die mit Sound und Visuals zu tun haben. Nicht wirklich ein Film-Soundtrack, aber ein Projekt, das dem schon recht nahekommt. Wir werden sehen!"

Weitere Infos:
www.swervedriver.com
www.facebook.com/swervedriverofficia
swervedriver.bandcamp.com
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Pressefreigaben-
Swervedriver
Aktueller Tonträger:
I Wasn't Born To Lose You
(Cherry Red/Rough Trade)
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