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Interview-Archiv

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BOSSE
 
Reimelosmonster
Bosse
Vier Jahre ist es jetzt schon her, dass wir uns mit Bosse trafen. Damals in einem netten Café im Hamburger Schanzenviertel. Anlässlich des neuen Albums "Engtanz" hatten wir erneut ein Date. Wieder in Hamburg zwar, doch dieses Mal in einem feinen Hotel in der ebenso feinen Hamburger Hafencity. Edel, edel, Herr Bosse. Erkennt man also am Interview-Ort wie groß und erfolgreich ein Künstler ist? Kaum waren wir stolz auf diese Theorie, kam Bosse und machte sie kaputt. "Ne, gar nicht", lacht er. "Ich hätte es wieder in der Schanze gemacht. Aber mein Promoter meinte, wir sollten mal was anderes machen. Und er weiß halt, dass ich ganz gerne mal zwischendurch eine rauche und das darf man hier eben." Hätten wir das auch geklärt, hätte auch nicht gepasst. Denn Bosse, klar, ein Popstar, der ein Gold-Album hat und große Hallen spielt. Aber trotzdem weiter einer von nebenan. Man sieht ihn weiterhin immer mal wieder als Fan im Konzert, unbehelligt, entspannt. "Es kommt hin und wieder vor, dass mich Leute ansprechen, die meine Platte gekauft haben, aber ich bin weder 'ne Fernseh-Fresse noch ein Hype-Thema, wo Teenies drauf steil gehen, da gibt es andere Kollegen, die haben eine Belagerung vor ihrer Wohnung. Ich finde es so, wie es ist, eigentlich ganz angenehm, es ist nicht zu viel und nicht zu wenig." Und ja auch deutlich mehr als noch vor ein paar Jahren... wir trafen uns übrigens vor der Veröffentlichung, niemand wusste, dass das Album auf Platz 1 geht.
GL.de: 2007 haben wir dich als Support der Emil Bulls im halbleeren Logo gesehen, ganz alleine, nur mit Akustik-Gitarre. Jetzt machst du ein mega-opulentes Album wie "Engtanz", mit Bläsern, Streichern und Casper. Hättest du das damals schon gemocht?

Bosse: Ich weiß es nicht. 2007 war meine zweite Platte ("Guten Morgen, Spinner", d. Verf.) gerade ultra-gescheitert und die Emil Bulls und ein paar andere haben mich da wirklich gerettet. Ich hab zwar kein Geld verdient, aber ich konnte immerhin spielen, zum Beispiel auch vor Kim Frank oder Mando Diao. Und das immer alleine. Das war das einzige, was ich damals noch hatte, weil ich auch kein Geld mehr hatte, meine Band zu bezahlen. Ich hab dann meine kleine Plattenfirma gegründet und das nächste Album geschrieben. Zu deiner Frage: Ich glaube aber doch, dass mir das gefallen hätte. Ich hätte mir es gewünscht, diese Möglichkeiten zu haben, hätte aber es vielleicht nicht so fett gemacht und nicht so viel überlegt. "Taxi" (erschien 2009, d. Verf.) ist dann ja auch ein ziemlich leeres Album geworden, das nur am Rechner entstanden ist. Ich hätte "Engtanz" damals wahrscheinlich als zu voll empfunden. Aber aus heutiger Sicht ist es eine logische Konsequenz, auch um mich nicht zu langweilen. Ich könnte zum Beispiel kein neues "Taxi"-Album machen.

GL.de: Wie bist du an das neue Album rangegangen?

Bosse: Ich habe mir am Anfang Sachen gesucht, auf die ich auf jeden Fall Bock habe. Wie zum Beispiel der Berliner Kneipenchor, die hab ich mal halb-betrunken in Berlin gesehen und das war der erste Chor, den ich wirklich gut fand. Vielleicht neben dem Tölzer Knabenchor ... (grinst) das sind coole Leute, die haben Bock und können singen, obwohl sie betrunken sind. Dann wusste ich, dass ich gerne mit Werner Becker arbeiten möchte, der die Streicher für Nils Frevert geschrieben hat, und dass ich viele Bläser haben möchte. Außerdem wollte ich ein, zwei Ausflüge, bei denen es wirklich mega-groß wird, und ein, zwei Ausflüge, bei denen die Gitarre wieder dazu kommt, was bei "Kraniche" ja nicht so oft der Fall war. Das habe ich mir vorher abgesteckt. Aber dann muss man natürlich auch gucken, was man für Songs schreibt. Denn erst wenn ich einen Song und den Text geschrieben habe, weiß ich, was der Song noch braucht. Ich schreibe ihn zum Beispiel an der Akustikgitarre, spiele ein paar Klaviertöne dazu und hab dann das Gefühl, dass da noch irgendwas fehlt. Dann nehm ich ein Cello und eine Bratsche und weiß dann aber sofort, dass es am Ende doch ein Streichquartett sein muss. Wir haben am Ende wirklich viel ausprobiert und vieles auch gemacht. Weil wir die Möglichkeiten dazu hatten.

GL.de: Gibt es denn auch Dinge, die du gerne gemacht hättest, aber aus irgendwelchen Gründen nicht gemacht hast?

Bosse: Wenn ich ehrlich bin nein. Es sind, glaube ich, alle Ideen ausprobiert worden (lacht). Und wir haben auch alles aufgenommen, auch die Nummern, die schon 180 Spuren hatten. "Krumme Symphonie" ist so eine Nummer, das sind glaube ich 60 Streicher und noch eine Horn-Fraktion und eine Bläser-Fraktion.

GL.de: Und ein Rapper.

Bosse: Genau, und ein Rapper. Das hat sich dann schon geläppert und wir haben ja noch mehr ausprobiert dafür.

GL.de: Wo wir schon bei dem Song sind. Hast du eigentlich Bedenken, dass die Leute sagen, der nimmt nur Casper auf's Album, weil Casper und deutscher HipHop überhaupt gerade so groß sind?

Bosse: Die meisten Leute wissen, glaube ich, schon, dass Casper und ich bereits recht lange gute Buddies sind. Aber klar, es gibt schon eine Berechtigung, das zu denken. Aber was die Leute sagen, ist mir eigentlich egal, das geht ja auch gar nicht anders. Es gehört zum Beruf dazu, die Ballance zu halten zwischen Lobhudelei und Fantum und Leuten, denen es nicht gefällt. Das ist ganz legitim, so geht's ja jedem. Casper und ich wollten schon länger was zusammen machen. Er ist einer der wenigen, mit denen ich mich treffen kann, um über Texte und Musik zu sprechen. Ich hab nicht so viele Leute, mit denen ich mich darüber austauschen kann und die in der selben Situation stecken, da ist es schon gut, so jemanden zu haben, der auch textet und noch mal draufhört, Casper ist echt ein Austauschpartner. Da lag für mich auf der Hand, dass er da mitmachen muss.

GL.de: Texten Rapper und Sänger eigentlich sehr anders?

Bosse: Ja, total. Das ist schon abgefahren, ich hab bisher mit noch keinem zusammen gearbeitet, der so anders rangeht. Am Ende ist der Song aber sehr homogen geworden. Es war mir wichtig, dass der Song nicht so wird, wie es "normal" wird, wenn eine Indie-Band sich einen Rapper einlädt, dass zwischendrin kurz der nicht so geile Beat kommt und der Rapper was sagen darf und dann geht es mit dem Refrain weiter.

GL.de: Stehst du auf HipHop?

Bosse: Ja, durchaus, ich bin der sehr Blog- und YouTube-affin. Ich finds super unterhaltsam, manchmal auch ganz schlimm assi, aber auch deshalb wieder unterhaltsam. Ich weiß nicht, ob ich jetzt noch ein HipHop-Feature machen muss. Es ist schon gut, mit jemanden zusammen zu arbeiten, der woanders herkommt. Ich glaube, mit einem abgefahrenen Sound-Tüfftler oder Beat-Bauer, das steht mir noch bevor. Wahrscheinlich ist das jermand, der vom HipHop kommt, da kommen die meisten ja her.

GL.de: Irgendwie kann man deine Songs, auch wenn sie alle anders klingen, recht schnell als Bosse-Songs erkennen. Gibt es abgesehen von der Stimme etwas, das jeder Bosse-Song hat oder was du bei jedem Bosse-Song machst?

Bosse: Ich freue mich über die Frage, weil die Frage ja ein Kompliment ist, weil es bedeutet, dass es so für sich steht. Aber eigentlich habe ich nichts, was ich immer mache. Ich hätte fast gesagt, dass ich immer die gleichen Akkord-Wechsel habe, weil ich nur acht Akkorde kann, aber das stimmt eigentlich auch nicht (lacht). Was ich aber gemerkt habe ist, dass es den Leuten schwer fällt, meine Songs nachzusingen. Auch wenn ich es noch nicht so oft gesehen habe ... das könnte an der Sprache und an der Reimlosigkeit liegen.

GL.de: Stichwort Sprache. Du hast so herrliche Zeilen wie "Du schreist laute Ideen in meine tauben Ohren, tanzt Chachacha auf Faith No More" oder "Das Glück ist so schnell wie Aubameyang" auf dem Album. Feierst du dich auch selbst, wenn du was besonders Tolles geschrieben hast?

Bosse: Ja, absolut. Über "Das Glück ist so schnell wie Aubameyang" habe ich mich wirklich gefreut. Das Texten ist nicht so, dass ich mich hinsetze und es gleich super toll ist. Ich finde vieles, was ich mache, erstmal ziemlich billig und auch ziemlich scheiße. Ich arbeite an manchen Texten wirklich so lange und intensiv, dass es weh tut. Und wenn ich dann ein Erfolgserlebnis habe, freue ich mich wirklich wie ein kleiner Junge.

GL.de: Wie gehst du auf Tour?

Bosse: Immer unterschiedlich. Bei einer Festival-Rutsche zum Beispiel, bei der man Donnerstagabend spät losfährt und Montag wieder zuhause ist, da kann es schon mal sein, dass wir - wir haben in den letzten Jahren eine ganze Menge Kinder in der Band gezeugt - drei, vier Kinder plus Elternteil dabei haben. Bei so einer Tour wie jetzt hat eher keiner Bock mitzukommen, da ist denen das Wetter zu schlecht, da möchte niemand mit uns nach Nürnberg fahren. Wenn wir dann aber im Sommer das Southside bei Nürnberg spielen, dann haben sie alle Bock (lacht). Ansonsten sind wir 20 Leute, haben nen voll belegten Tourbus und ist eigentlich immer super. Die ersten drei Tage schlafen wir eigentlich alle erstmal aus. Vermutlich wegen der Kinder (lacht), dann fällt der ganze Stress ab und man ist nur noch auf Tour. Es ist eigentlich wie früher.

GL.de: Ist es wie früher? Ist es noch so aufregend, auch wenn du jetzt weißt, dass die Hallen ja sicher voll sind?

Bosse: Angst hatte ich davor aber nie. Ich hab früher mal vor Such A Surge gespielt und da wurden mir 800 Mittelfinger ins Gesicht gezeigt, weil ich eine Ballade auf der Akustik-Gitarre gespielt habe. Ist ja klar, dass vor einer Cross-Over-Band da niemand Bock drauf hatte (lacht). Wir haben auch schon vor niemandem und vor wenigen und vor ganz vielen gespielt - aber das macht keinen Unterschied. Denn das Gefühl, mit guten Leuten unterwegs zu sein und abends Musik zu spielen, ändert sich ja nicht. Und auch für mich selbst hat sich wenig geändert. Denn alles arbeitet immer auf diese zwei Stunden am Abend hin, um da ist es mir vom Adrenalin- und Freude-Pegel relativ egal, wie viele am Ende da sind.

Weitere Infos:
www.axelbosse.de
www.facebook.com/bossemusik
Interview: -Mathias Frank-
Foto: -Pressefreigabe-
Bosse
Aktueller Tonträger:
Engtanz
(Vertigo/Universal)
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