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Interview-Archiv

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BITUME
 
Stecker raus
Bitume
Wenn Punkbands den Stecker ziehen. Dann geht meistens der Sänger seinen eigenen Weg und veröffentlicht ein akustisches Solo-Album. Bitume machen es anders, sie gehen diese Wege gemeinsam und veröffentlichen via Rookie Records ein Akustik-Album. Sänger und Gitarrist Brady erinnert sich im Interview mit Gaesteliste.de an den Ursprung: "Der Auslöser war die Konzertanfrage eines guten Bekannten. Der hatte (die plattdeutsche Country/Folk-Band) Aalkreih gebucht und hatte die Idee, dass wir doch mal was in Akustik probieren sollten. Wir haben einfach 'ja' gesagt und das Ganze schon fast wieder vergessen und als der Konzerttermin dann konkreter wurde, gab es kein Zurück mehr. Wir hatten schließlich zugesagt. Von selber hätten wir eine akustische Umsetzung wohl nicht in Angriff genommen."
Umgesetzt wurden sowohl bereits bekannte Bitume-Lieder als auch Material, das die Welt bisher noch nicht gehört hat. Philip, Gitarrist und Sänger von Bitume: "Wir haben schon geschaut, welche Songs wir selber gerne mögen und welche Songs auch bislang bei Konzerten gut funktioniert haben. Insofern ist es neben der Neu-Interpretation auch eine Art Best-Of der letzten 15 Jahre. Natürlich mussten all diese Songs die Probe bestehen, ob sie im neuen Sound-Gewand funktionieren würden und das hat unerwarteter Weise tatsächlich bei allen geklappt.

GL.de: Hat denn sonst alles so geklappt, wie ihr euch das vorgestellt habt oder gab es unerwartete Probleme, Situationen oder Momente?

Brady: Anfangs hat das Umstellen auf Akustik gar nicht geklappt bzw. war der erste Ansatz, unsere Lieder einfach mal ohne Verzerrung auszuprobieren, im Ergebnis nicht sehr überzeugend. Ehrlich gesagt war das ziemlich frustrierend und klang ziemlich unspannend. Alle Songs alleine auf der Akustikgitarre zu spielen, so quasi als Lagerfeueransatz, hätte wohl funktioniert, aber da fehlte uns eindeutig der Bandcharakter und das gewisse Etwas. Die Lösung kam meines Erachtens durch den Kontrabass und man muss sagen, dass unser Bassist U.W. da eine große Leistung vollbracht hat, in dem er mal eben vom E-Bass auf Kontrabass umgesattelt ist. Auf jeden Fall änderte das einiges und die Lieder kamen so langsam ins Rollen. Der nächste Schritt war dann das Klavier und danach die türkische Saz. Dann ging das alles ziemlich flink und eigentlich alle Lieder, die wir ausprobierten, passten in dieses Konzept.

Philip: Der am meisten unerwartete Moment war tatsächlich der, als wir zum ersten Mal in der neuen Kombination mit Andi am Klavier und Akki an der Saz geprobt haben. Dass sich dadurch die Gesamtatmosphäre der Songs und des Zusammenspiels so stark verändert, hatte wohl keiner von uns so erwartet. Die zweite besondere Situation war die während und nach dem ersten gemeinsamen Konzert, wo uns allen klar geworden ist, dass das keine einmalige Sache sein wird und uns die Leute reihenweise gefragt haben ob und wann wir denn dazu ein Album raus bringen würden.

GL.de: Was ist die größte Herausforderung, wenn man ein Akustik-Album machen möchte?

Philip: Ich glaube die größte Herausforderung war, dass die Songs trotz der akustischen und eher leisen Instrumente trotzdem rocken und nach vorne gehen. Das hat super funktioniert, aber sanfte Balladen aus all diesen Songs zu machen, wäre viel einfacher gewesen. Eine weitere Herausforderung beim Aufnehmen war, dass man sich an keiner Stelle mehr hinter dem Krach der anderen Instrumente verstecken konnte. Jedes Instrument ist in allen Details auf einmal hörbar. Mit zwei Brat-Gitarren und durchgehend lauten Crash-Becken im Hintergrund kann man sich mal den ein oder anderen Patzer erlauben, ohne dass es jemand hört. Auf einmal ist alles aufgeräumt und transparent, das macht großen Spaß, ist aber auch herausfordernd.

GL.de: Ihr habt auch neue Songs auf dem Album. Schreibt man Songs anders, wenn man sie akustisch aufnehmen möchte?

Brady: Bislang ist das so, dass alle Songs - also auch die neuen - aus dem klassischen lauten Bitume Punk-Vierer entstanden sind. Also quasi haben wir bisher die Songs in Laut geschrieben, geprobt und dann das Ganze von der Grundstruktur in das Akustische übernommen. Das war auch der Grundgedanke bei BITUMEakustik. Wir wollten da keine neue Band bzw. Musik erschaffen, sondern unseren Bitume-Krams mal anders interpretieren. Also fehlt uns noch die Erfahrung, ob man Songs anders schreibt. Sicherlich wird das so sein, denn man hat ja auch ganz andere Möglichkeiten mit zwei versierten Musikern mehr und zusätzlichen Instrumenten.

GL.de: Ihr schreibt selbst von einer "kurzzeitigen Dramatik mit Rückkehr zur klassischen Beatmusik, Polka und Gypsy-Folk. Swing-a-long-Rock-a-Billy-Chanson d'amour-PunkRockTorture." – kam das einfach so oder habt ihr das gesteuert?

Brady: Das hat sich so ergeben, da hat die geänderte Instrumentierung den entscheidenden Moment erzeugt. Zudem waren die Strukturen der Songs ja auch schon durch die Punkversionen vorhanden. Klar ist aber auch, dass sich zum Beispiel durch das Klavier und auch die Saz ganz andere Melodien und Klänge ergeben und das haben wir sicherlich bei unseren "Aku" Proben mit in die Songs eingebaut. Auch der Kontrabass hat da eine ganze eigene rhythmische Note.

GL.de: Gab/gibt es Akustik-Alben, die ihr als Vorbild genommen habt, die ihr geil findet? Oder vielleicht auch warnende Beispiele, wie ihr ganz sicher nicht klingen wolltet?

Brady: Ich persönlich kann mit den allseits bekannten und angesagten Singer/Songwriter-Sachen nicht so viel anfangen. Also mich packt das nicht. Ich habe da also keine Vorbilder, außer meinen eigenen Geschmack.

Philip: Ich finde zwar einige akustische Platten wie zum Beispiel von Chuck Ragan hervorragend, allerdings haben wir uns in keiner Weise daran orientiert oder uns von irgendetwas beeinflussen lassen – weder in die Richtung, dass wir so klingen wollen, noch in die, dass wir wie irgendjemand bestimmtes nicht klingen wollen. Ich glaube das hört man auch, denn das Besondere an der Musik, die da entstanden ist, ist ja gerade, dass wir uns nichts vorgenommen und uns an nichts orientiert haben außer an uns selber und was uns beim Spielen dann gefallen hat.

GL.de: Worauf seid ihr besonders stolz mit Blick auf "Aku"?

Brady: Dass es "Aku" gibt, das macht mich glücklich. Und dass sich alle damit identifizieren können und dass da so ein wie ich finde besonderer Sound bei raus gekommen ist. Auch finde ich das spannend, dass unsere Songs auch auf diese Art gut funktionieren und klingen. Cool ist auch, dass es all den Jahren, ja fast Jahrzehnten, noch immer eine große Begeisterung in der Band vorherrscht und alle Bock haben auf Punk, auf zusammen Neues zu erschaffen. Das schockt.

GL.de: Wer sind die neuen Musiker, was muss man über sie wissen und sind das jetzt neue Bitume-Musiker oder eure einmaligen "Aku"-Kollegen?

Brady: Andi am Klavier spielt ansonsten Schlagzeug und ist Sänger bei Kitt Wolkenflitzer. Andi ist ein wahres Multitalent und hatte einfach auch Riesenlust bei "Aku" mitzumachen. Akki an der Saz ist ein alter Bekannter und probt bei uns im Proberaum mit seiner Band Diva, in der auch zwei Leute von Bitume mitspielen. Wir kennen uns hier in Oldenburg irgendwie alle, zum Teil schon Ewigkeiten, mögen und unterstützen uns gegenseitig. Da "Aku" mittlerweile für uns alle nicht mehr wegzudenken ist, ist das sicherlich keine einmalige Sache und ohne Akki und Andi auch nicht vorstellbar. Die gehören nun dazu. Wir haben nun quasi eine extended version von Bitume. Wobei der klassische Punk-Vierer auch weiterhin am Laufen ist. Da wird es eine neue Platte geben und da sollen ja auch die "Aku"-Songs herkommen. Ach ja – mal schauen, wie sich das alles zeitlich unter einen Hut bringen lässt und wie es sich am Ende entwickelt. Das Allerwichtigste ist und bleibt der Spaß an der Musik und dass alle sich damit identifizieren und ausdrücken können.

GL.de: Stichwort einmalig: Ist "Aku" eine einmalige Sache oder könnt ihr euch eine Fortsetzung vorstellen?

Brady: Das wird wohl keine einmalige Sache gewesen sein. Wie es weitergeht, das werden sehen.

GL.de: Gibt's ne "Aku-"Tour?

Brady: Eine zusammenhängende längere Tour werden wir aus alltagsbedingten Umständen nicht schaffen. Aber wir schauen, dass wir mit "Aku" die Wochenenden füllen. Ein paar Termine stehen schon fest. Auch wird es mit dem Bitume Punk-Vierer weiter Konzerte geben.

Weitere Infos:
www.bitume.de
www.facebook.com/Bitume99
Interview: -Mathias Frank-
Foto: -Pressefreigabe-
Bitume
Aktueller Tonträger:
Aku
(Rookie Records/Indigo)
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