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ICEAGE
 
"Wir wollen einfach wir selbst sein"
Iceage
Kein Geringerer als Iggy Pop nannte Iceage einst die "einzige Punkband derzeit, die richtig gefährlich ist", gleichzeitig kultivierte das Kopenhagener Quartett das Image der jungen Wilden, deren frühe Konzerte bisweilen in atonalem Krach mündeten und die sich immer wieder den Medien verweigerten: Artikel über Iceage thematisierten oft mehr die Leidensgeschichte der Journalisten auf dem Weg zu ein paar einsilbigen Antworten als die Band selbst. Beim Promotag in Berlin wird Frontmann Elias Bender Rønnenfelt im Interview mit Gaesteliste.de zur neuen Iceage-LP "Beyondless" seinem Ruf als Presseschreck allerdings nicht gerecht, sondern entpuppt sich trotz einer fiesen Erkältung als freundlicher und scharfsinniger Gesprächspartner.
Mit "Beyondless", ihrer vierten LP seit 2011, lösen sich Iceage endgültig von ihren rabiaten Anfängen und setzen bei üppigen Arrangements mit Gastmusikern an Violine, Trompete, Saxofon und Posaune mehr auf die Schönheit des Klangs als auf unbedingte Wucht und rücken gleichzeitig die Texte von Rønnenfelt stärker in den Mittelpunkt. Trotz aller Veränderungen bleibt die Grundlage für das Tun der Dänen unverändert. "Unsere Musik gründet sich auf die primitive Lust, etwas zu erschaffen, wo es zuvor noch nichts gegeben hat. Es hat sich einfach gezeigt, dass wir da etwas machen, was sich ständig weiterentwickelt", ist Rønnenfelt überzeugt.

Deshalb wehrte sich die Band bereits früh dagegen, bestimmte Genre-Etiketten angeheftet zu bekommen. "Es war uns schon immer wichtig, nicht in bestimmte Schubladen gesteckt zu werden", bestätigt Rønnenfelt. "Um das zu erreichen, haben wir jeden Versuch, uns zu kategorisieren, stets von uns gewiesen. Noch nicht einmal wir selbst wissen, wohin uns unser Weg führen wird, deshalb wollen wir uns an nichts binden. Letztlich wollen wir einfach nur wir selbst sein."

Dabei ist der musikalische Kosmos von Iceage, das unterstreicht auch die klangliche Expansion auf "Beyondless", ständig in Bewegung, doch auch hier versucht Rønnenfelt Vergleichen aus dem Weg zu gehen: "Ich möchte gar nicht erst ergründen, was bestimmte Referenzpunkte sein könnten. Letztendlich nutzt du einfach dein generelles Verständnis von Musik und baust darauf auf. Selbstverständlich sind wir von einer ganzen Reihe Bands inspiriert, aber wir würden nie sagen: 'Lasst uns mal einen Song machen, der eine bestimmte Richtung geht.' Es passiert einfach."

Eigentlich sollte man glauben, dass mit der in den letzten sieben Jahren gewonnenen Erfahrung vieles einfacher geworden ist, aber dennoch hat der Sänger und Gitarrist heute nur bedingt ein besseres Gespür dafür, was letzten Endes Material für einen guten Song ist. "Leider gibt es dafür kein echtes Erfolgsrezept", gesteht er lachend. "Vieles wäre leichter, wenn dem so wäre! Manchmal findest du dich in einer Situation wieder und denkst sofort, dass daraus bestimmt ein guter Song wird, nur um Monate später festzustellen, dass dem nicht so war. Manchmal sitzt du auch monatelang auf etwas, und plötzlich funktioniert's!"

Deshalb mag sich der Sound von Iceage in den letzten Jahren gewandelt haben, die Herangehensweise an die Texte dagegen ist weitestgehend unverändert. "Ich kritzele das Jahr über sporadisch Sachen in mein Notizbuch, und wenn dann die nächste Platte ansteht, nehme ich mir Zeit, um die Texte an einem besonderen Ort auszuarbeiten", erklärt Rønnenfelt. "Beim letzten Mal war das Berlin, dieses Mal war es ein Turm in Kopenhagen. Dort versuche ich dann, die Texte in bewusst kurzer Zeit aufs Papier zu bringen, damit das komplette Album auch ohne übergeordnetes Konzept aus der gleichen Geisteshaltung heraus entsteht."

Während manche Musiker nichts dagegen hätten, wenn ihnen die Songs mühelos in den Schoß fallen, genießt Rønnenfelt den Prozess des Songschreibens. "Ich empfinde das als sehr befriedigend", sagt er. "Trotzdem habe natürlich auch ich manchmal das Gefühl, dass ich gegen eine Wand laufe, und das kann sehr ermüdend sein. Außerdem siehst du dich bisweilen mit Dingen konfrontiert, denen du lieber ausweichen würdest. Das Gefühl der Befriedigung ist aber so groß, dass ich schon sagen würde, dass ich den Prozess mag, auch wenn auf dem Weg nicht immer alles hundertprozentig angenehm ist, denn manche Dinge offenbaren sich auf seltsame Weise."

Besonders beeindruckend ist auch der sprachliche Tiefgang von Rønnenfelts Texten, der selbst Muttersprachler immer wieder verblüfft. Dennoch hat der Songwriter eine klare Haltung zu der nicht zuletzt durch Bob Dylans Gewinn des Literaturnobelpreises angestoßenen Diskussion, wie literarisch Liedtexte sind. Für ihn liegt der Unterschied klar auf der Hand. "Ein Stück weit ist es sicherlich eine Frage der Definition, aber wenn ich Texte für meine Songs schreibe, bin ich dabei nicht so frei wie jemand, der Gedichte schreibt", ist er überzeugt. "Was ich mache, ist maßgeschneidert, es ist darauf ausgelegt, innerhalb des musikalischen Kontextes vorgetragen zu werden."

Anders als andere Songwriter, die auf glückliche Eingebungen hoffen, betrachtet er das Schreiben seiner Lieder eher als Handwerk. "Ich mag das Wort Glück nicht sonderlich, trotzdem würde ich sagen, dass wir uns glücklich schätzen, dass so viele Menschen Interesse an unserem Tun zeigen und sich damit identifizieren können", erklärt er, bevor er vielsagend hinzufügt: "Glück kommt und geht."

Gibt es denn nichts, was Elias derzeit glücklich macht? "Nun, derzeit machen wir Promo, und das ist etwas, das uns nicht gerade Luftsprünge machen lässt", sagt er mit einem Lachen. "Wir freuen uns auf die kommenden Konzerte, denn wir hatten bislang nur wenige Chancen, die neuen Songs live zu spielen, und wir sind gespannt, wo sie uns hinführen werden. Überhaupt sind wir froh, dass wir diese neue Platte nun loslassen können, denn sie ist schon eine ganze Weile fertig. Sobald sie da draußen ist, haben wir keine Verantwortung mehr für sie - sie ist dann einfach da!"
Weitere Infos:
iceagecopenhagen.eu
facebook.com/IceageCopenhagen
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Pressefreigabe-
Iceage
Aktueller Tonträger:
Beyondless
(Matador/Beggars Group/Rough Trade)
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