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MARLA & DAVID CELIA
 
Auf der Suche nach dem großen Fisch
Marla & David Celia
Dass eine Scheibe wie "Daydreamers" von Marla & David Celia nicht fertig vom Himmel fällt, sondern - im Gegenteil - eine ganze Weile vor sich hinsimmern musste, bevor sie entstehen konnte, hängt schlicht damit zusammen, dass die gebürtige Heidelbergerin und der quirlige Kanadier hier einen nicht unwesentlichen Teil ihres gemeinsamen Lebens Revue passieren lassen. Allerdings nicht, wie es in der offiziellen Bio heißt, als musikalische Postkarten von unterwegs, sondern als eine Art Sammlung von Eindrücken, Stimmungen, Augenblicken und Emotionen, die das inzwischen auch privat liierte Paar in klassischer Songwriter-Manier und mit heiterer Gelassenheit in semi-akustische Liedform gegossen hat.
"Wir denken auch nicht, dass die Songs ein Portrait von uns auf Tour sind", bestätigt David diese Vermutung, "zwar verbringen wir einen großen Teil des Jahres auf Tour, aber wir sind auch viel zu Hause - und dort haben wir dann schließlich geschrieben und am Album gearbeitet. Aber auch zu Hause bleiben die Eindrücke von der Tour bei dir - und beeinflussen dich auch." "Wir haben die Bio auch nicht selbst geschrieben", ergänzt Marla, "aber wir dachten uns: Hey - so sieht uns also jemand anderes. Wir haben es dann dabei gelassen und natürlich im Hinterkopf behalten, dass einige Melodien und Texte unterwegs entstanden sind. Schließlich treffen wir auf Tour so viele nette Seelen mit verschiedenen Meinungen, Nöten, Geschichten und Ansichten, die unsere Art zu denken beflügeln und beeinflussen." Wie entstanden denn die Songs auf "Daydreamers"? "Das reicht eine ganze Weile zurück", erinnert sich Marla, "wir hatten schon einige Ideen gesammelt, als ich 2015 nach Kanada kam, um mein Debütalbum 'Madawaska Valley' aufzunehmen. Seither sind wir eigentlich denselben Weg gegangen und dabei gleichermaßen von unseren gemeinsamen Erlebnissen, wie auch von der Zeit beeinflusst worden, die wir getrennt verbrachten." Die Legende will es ja, dass die Songs teilweise in der Transsibirischen Eisenbahn entstanden? "Ja, denn als wir in Russland unterwegs waren, hatten wir endlos viel Zeit in der Transsibirischen Eisenbahn verbracht", gibt Marla zu Protokoll, "wir hatten also viel Zeit, mit wechselnden Ansichten zwischen Moskau und Sibirien unsere Harmonien zu verfeinern und unsere Songs fertigzustellen." "Es wäre aber akkurater zu sagen, dass die Stücke an verschiedenen Orten entstanden", fügt David hinzu, "ich schrieb zum Beispiel einige zu Hause in Kanada - soweit ich mich entsinne auf dem Bauch liegend - und Marla schrieb auch einige in Deutschland. 'Where Are You' entstand etwa als ich in Kanada war und sie in Deutschland und ich mitten in der Nacht aufwachte, weil ich sie neben mir vermisste und dann den Song um vier Uhr Nachts zustande brachte. Marla schrieb hingegen 'Warning Words' auf ähnliche Art in Deutschland."
Das ist aber doch nicht bei allen Stücken so, oder? "Nein, 'Brave New Land' entstand zum Beispiel, als ich in einem Stau stand und darüber nachdachte, wie verrückt die Zivilisation in unseren sich ständig verändernden Zeiten wird - nicht nur heute, sondern auch im Verlauf der Geschichte", erinnert sich David. Ich brauchte dafür nicht mal eine Gitarre, denn ich hatte ein Demo aufgenommen, was ich dazu im Auto spielte. Das war sehr spannend von so vielen Fahrern umgeben zu sein und gemeinsam Brennstoff zu verbrauchen. Ich fragte mich dabei, wie lange das alles noch so gehen könnte und wie das alles wohl weitergehen würde und wohin es führen könnte." "Brave New World" ist ein gutes Beispiel für die Songs, die über die persönliche Ebene hinausgehen. Ist das denn ernst gemeint? "Ich war mir selbst nicht sicher, als ich das schrieb", gesteht David, "ich dachte über diese Geschichte von den Schiffbrüchigen, die auf einer Insel gestrandet sind, nach und übertrug das auf unsere Zivilisation auf der Insel Erde. Am Ende geht es in dem Stück darum, immer schön jugendlich bei allem, was man tut zu sein und nicht etwa alt und verbittert zu werden. Ich denke, es ist auch ein Witz für mich selbst - oder vielleicht eine Warnung in Bezug auf das Älter werden." Ein anderer Song mit einem metaphorischen Überbau ist "Luddite Blues". Die historischen Ludditen sind Maschinenstürmer, die im England Anfang des 19. Jahrhunderts gegen die Bedingungen der einsetzenden Industrialisierung demonstrierten. Wer sind denn hier die Ludditen? "Ja, unser sozialkritischer Song handelt auch von den Veränderungen, die die Zeit mit sich bringt", erläutert Marla, "die Leute werden ja auch heute langsam durch Maschinen ersetzt - oder besser gesagt - werden Opfer von Computern. Abendliche Aktivitäten, wie ins Kino zu gehen oder Live-Musik zu besuchen, werden ersetzt durch Netflix auf dem Flachbildschirm zu Hause. Uns ist aufgefallen, wie leer die Straßen in Toronto gegenüber der Zeit geworden sind, als sich die Leute noch aufgeregt auf die Abenteuer der Nacht vorbereitet haben. Die Kids von heute verlieren den Bezug zur Realität, weil sie zu geschäftig auf ihre Bildschirme starren." "Ich glaube, du kannst uns in diesem Song die modernen Ludditen nennen", pflichtet David bei.

Das bringt uns zu der Frage, ob Marla & David mit ihre Liedern die Welt verändern wollen - wie es sich ja eigentlich für gute Songwriter gehört. "Lustige Frage", meint David, "aber ja - wir möchten die Welt verändern, obwohl es ziemlich unmöglich ist, das zu tun. Aber irgendwo in diesem Widerspruch ist wahrscheinlich das, was dann tatsächlich passiert. Es macht jedenfalls mehr Spaß, zu versuchen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, als es zu unterlassen. Wenn jemand sagt, dass unsere Musik ihn bewege, zu tränen rühre oder das Leben verändere, dann gibt uns das einen Sinn und erfüllt uns auch... und erinnert uns daran, dass wir etwas richtig machen. Aber mal abgesehen von diesem ganzen 'Zen-Zeug' mögen wir es, einfach live aufzutreten. Die besten Songs entstehen nach einem guten Live-Konzert." "Die Welt verändern zu wollen ist nicht der erste Gedanke der mir käme, wenn sich ein Song gut anfühlt", überlegt Marla, "aber Musik ist sicherlich eine gute Möglichkeit, sich Leuten gegenüber zu äußern und wir sind uns bewusst, dass wir unsere Gedanken durch unsere Songs und unseren Gesang verarbeiten. Aber um deine Frage zu beantworten: Wir möchten, dass die Leute ihre Aktionen überdenken und möchten sie dabei in positiver Weise beeinflussen. Also ja, ich denke, dass wir die Welt verändern möchten."

Marla & David Celia
Wenn man die Songs von Marla und David vergleicht (also nicht die, die sie zusammen geschrieben haben), dann müsste man zu dem Eindruck gelangen, dass sie als Songwriter eigentlich sehr unterschiedlich ticken. Wie haben sie denn eigentlich zu einer gemeinsamen Basis gefunden - einmal abgesehen von der persönlichen Zuneigung? "Es ist schon richtig, dass wir begeistert davon sind, uns getroffen zu haben", räumt David ein, "und deshalb wirkt das Songwriting auch vielleicht auf emotionaler besonders ausgewogen. Vielleicht ist das der Einfluss einer neuen Liebe? Ich weiß es nicht, denn ich habe immer versucht, ohne Formel auszukommen. Einer der Gründe, warum ich gerne mit Marla arbeite, ist meine Vermutung, dass sie auch ohne Formel auskommt... Das Schreiben von Songs ist für mich ein rätselhafter Prozess. Es ist so wie bei einem Maler, der tagelang vor einer leeren Leinwand sitzt, bis er dann schließlich die Inspiration findet. Unsere Stimmung spielt bestimmt eine große Rolle, wenn wir zusammen Songs schreiben... Wie David Lynch sagt: Wir hoffen, irgendwann den großen Fisch zu fangen. Aber das ist für nicht nicht wirklich ein Sport. Ich habe es halt immer schon geliebt, angeln zu gehen." Marla hat da auch eine Theorie: "David ist ein Mann mit vielen Gesichtern", überlegt sie, "er begann als Gitarrist und nicht wirklich als Singer/Songwriter." Das ist bis heute auch noch bei den gemeinsamen Konzerten nachzuvollziehen, denn als Gitarrist macht David Celia so schnell niemand etwas vor. "Aber David hat früh gelernt, als Gitarrist dem Song und dem Songwriter dienlich zu sein. Nur um da mal dran zu erinnern: Er hat schließlich fast alle Instrumente auf meinem doch sehr nachdenklichen Debüt-Album gespielt und dieses somit auch geprägt. Ich würde sagen, dass er Ideen gegenüber sogar aufgeschlossener ist als ich - weswegen man sehr angenehm mit ihm zusammen arbeiten kann. Auf der anderen Seite sagt er, dass ich seine Gedanken vervollständige, bevor er sie eigentlich gehabt hat. Wir haben viel probiert, mit verschiedenen Grooves und Akkordfolgen herumlaviert - nicht wissend wie das alles weitergehen sollte. Aber wir haben immer einen Weg gefunden, mit Geduld und einem erfrischenden Szenenwechsel eine Lösung zu finden."

Was ist denn dabei eine Herausforderung als Songwriter(in)? "Interessante Frage", überlegt Marla, "darüber habe ich noch nicht so viel nachgedacht, aber ich denke, es ist die Gefahr, als Songwriter jemandes Meinung zu beleidigen - egal was man sagt. Aber auch von so vielen gehört zu werden, ohne ein direktes Feedback zu bekommen, ist als öffentliche Person eine Herausforderung." "Ich finde es manchmal schwer, etwas zu finden, über das man singen kann", ergänzt David, "es gibt manchmal dieses Gefühl, dass alles schon gesagt worden ist. Oder die Befürchtung, dass das, was man zu sagen hat, nicht in die Welt jüngerer Leute passt. Allerdings denke ich nicht darüber nach, wenn ich inspiriert bin - und wenn, dann wird daraus ein Thema für einen Song." Gibt es denn schon Pläne für die gemeinsame musikalische Zukunft? "Ich habe keinen Plan außer dem, das Album herauszubringen und dann an für mich neuen Orten aufzutreten", meint David, "wir freuen uns darauf, die Früchte unserer harten Arbeit an diesem Album erfahren zu können." "Musik machen zu können ist das einzige, was uns wichtig ist", bestätigt Marla, "besser wäre nur noch, davon auch leben zu können. Deswegen möchten wir auch so viele Menschen wie möglich mit unserer Musik erreichen, vor größerem Publikum spielen und wenn möglich einen positiven Effekt auf immer mehr Menschen ausüben zu können."

Weitere Infos:
www.davidcelia.com
www.facebook.com/marlamusica
www.marlamusica.com
www.facebook.com/davidceliamusic
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigabe / Ullrich Maurer-
Marla & David Celia
Aktueller Tonträger:
Daydreamers
(Elite/Broken Silence)
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