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RACHEL SERMANNI
 
Unvorhersehbar spontan
Rachel Sermanni
Rachel Sermanni war ja zuletzt 2016 - mit dem Material ihrer letzten LP "Tied To The Moon" - in unseren Breiten unterwegs. Danach wurde es dann still um die schottische Songwriterin. Erst vor kurzem veröffentlichte Rachel dann in Eigenregie ihr neues Album "So It Turns", auf dem sie sich musikalisch einem releaxed-jazzigen Setting zuwendet, das in gewisser Weise sogar stärker an die ersten Bemühungen Rachels erinnerte als das für ihre Verhältnisse relativ experimentelle und druckvolle "Tied To The Moon". Etwas überraschend ist dabei der Umstand, dass dieses Werk - technisch gesehen - gar keine neuen Stücke enthält, sondern bereits vor drei Jahren mit einer Handvoll Jazzmusikern in Berlin eingespielt wurde. Freilich hat das alles fundierte Hintergründe, wie uns Rachel verrät.
"Na ja, ich habe schon versucht, früher etwas mit dem Material zu machen", erklärt sie, "mit verschiedenen Labels und so - aber das hat alles nicht geklappt. Ich habe mich dann entschlossen, es selber zu machen - bin dann aber schwanger geworden und habe dann auch meine Tochter bekommen. Sowas braucht ja Zeit. Jetzt habe ich es dann veröffentlicht - aber relativ unorthodox ohne physische Distribution. Das war sehr interessant für mich. Ich habe auch viel gelernt und viele Fehler gemacht." Was war denn das Ziel für "So It Turns"? "Nun, als ich 'Tied To The Moon' machte, wollte ich, dass alles etwas rhythmischer, erdiger und rauer sein sollte", erinnert sich Rachel, "meine Referenzen waren damals Jack White und Sharon Van Etten. Ich wollte einfach aus dieser Folk-Songwriter-Ecke für junge Mädchen raus - was immer mehr zu einer Einschränkung für mich wurde. Was viele an dem Album dann nicht mochten, war genau das, was ich machen wollte und warum ich das machte. Für mich war das aber eine gute Veröffentlichung. Bei dem neuen Album wollte ich gar nicht zurück zu meinen Roots, aber ich wollte mehr Klarheit und mit verschiedenen Musikern zusammenspielen. Deswegen spielte ich mit den Jazzmusikern." Ist das neue Material vielleicht deswegen stilistisch und strukturell so anspruchsvoll und unberechenbar geworden? "Nun 'Unvorhersehbarkeit' ist nichts, das ich etwa anstrebe", führt Rachel aus, "aber es kommt ganz natürlich zum Tragen. Vielleicht ist 'unvorhersehbar' auch nicht das richtige Wort. Es ist eher Spontaneität, die mir ganz natürlich innewohnt. Eigentlich hat alles, was ich je gemacht habe, immer ein Element des Spontanen inne. Dadurch weiß ich immer, dass ich überhaupt am Leben bin - hahaa!" Nun ja - wenn das Leben nicht spontan ist, was dann? "Genau", meint Rachel, "und das hilft natürlich auch der Musik, wenn alles spontan ist."

Wovon handeln die neuen Songs? Es scheint, dass hier einfach Gedanken im Raum stehen. "Nun, die neuen Songs entstanden kurz nach der Veröffentlichung des letzten Albums, viele der Songs wie 'Put Me In The River', 'If I', 'Tiger' und 'Come To Me' entstanden in einer Zeit, in der ich in einem buddhistischen Kloster in der Cafeteria gearbeitet habe, weil ich eine Auszeit von der Musik nehmen wollte. Ich habe mich dort viel mit den Lehren des Buddhismus beschäftigt und mich in die Welt des Klosters versenkt. Dazu gehörte auch, dass ich mich dem Lebensstil des Klosters anpassen musste - etwa um fünf Uhr morgens aufstehen, zum Gebet und Meditation gehen, in der Cafeteria arbeiten, eine schöne Dusche nehmen und dann um sechs oder sieben im Bett sein. Das war für ein paar Monate eine sehr schöne Alternative zum Musikerleben für mich. Ich hatte dadurch viel mehr Energie und das hat die Kreativität beflügelt - auch wenn ich damals gar nicht so kreativ war. Der Rest der Songs entstand dann in Berlin bis auf 'Typical Homegirl', das von einer Zeichnung einer nackten Frau inspiriert wurde, die ich mal machte." Und wie sieht Rachel den Tenor der neuen Songs? "Nun viele sagen, dass die Songs nachdenklich seien", überlegt Rachel, "ich finde auch, dass es hier eine gewisse Distanz gibt. Ich beobachte die Sachen aus einer gewissen Distanz - oder werde Zeuge von etwas. Außer eben bei 'Homegirl'."

Wo sieht sich Rachel denn heutzutage in Sachen Spiritualität angesiedelt? "Das ist immer eine Frage, die mir Spaß macht", freut sich Rachel, "denn spirituelle Dinge interessieren mich immer grundsätzlich. Ich habe mich ja mit tibetanischem Buddhismus beschäftigt, als ich im Kloster war. Ich versuche auch heute noch regelmäßig zu meditieren und eine spirituelle buddhistische Gesangs-Therapie durchzuführen. Ich fühle dabei eine Verbindung zu einer speziellen Göttlichkeit, von der ich immer schon wusste, dass es sie gibt. Sie kann verschiedene Ausprägungen haben wie die Mutter Gottes, oder Tara die Mutter aller Buddhisten. Es ist dieselbe Mutterfigur, zu der ich mich hingezogen fühle." Im Buddhismus geht es ja immer um Kreise bzw. Zirkel. Und dann heißt das neue Album ja auch noch "So It Turns". Hängt das also zusammen? "Da triffst du den Nagel auf den Kopf", meint Rachel, "das schließen von Kreisen ist etwas, das ich auf die eine oder andere Weise immer schon irgendwo beachtet habe. Bei diesem Album ist es zum Haupt-Thema geworden. Als ich die Jungs im Studio zusammengetrommelt habe, habe ich gelbe Blumen verteilt und gelbe, konzentrische Kreise gezeichnet." Die Natur ist ja gewiss auch eine Inspirationsquelle für Rachel, oder? "Total", bestätigt sie, "von allen Dingen, die einen Einfluss auf mich haben können, ist die Natur sicherlich das Wichtigste. Als spirituelle Kraft ist die Natur für mich sogar dominierend. Eine Stadt ist ja ganz schön und sie mag ja auch irgendwie natürlich sein - aber ich fühle mich einfach draußen, im Offenen, bei den Bäumen oder dem Fluss mehr zu Hause. Da ist auch der Grund, warum ich aus dem Zentrum von Edinburgh auf's Land gezogen bin."
Rachel Sermanni
Okay - dann bleibt eigentlich nur noch die wichtige Frage, warum Rachel Sermanni immer ohne Schuhe auftritt? "Das ist eine wichtige Frage?", zögert Rachel, "nun, die beste Weise, wie ich darauf antworten könnte, ist die, dass hier auch die Verbindung zur Natur zum Tragen kommt. Denn wenn ich feste Schuhe anhabe, dann habe ich das Gefühl, mich nicht richtig bewegen zu können, denn meine Füße mögen es wirklich gerne, zu tanzen und auf die Zehenspitzen zu gehen. So kann ich meine Bewegungen nicht kontrollieren. Und dann ist es auch so, dass ich ohne Schuhe sehr viel besser atmen kann und somit auch besser singen kann. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie Leute mit Schuhen performen können. Die müssen eine ganz andere Theorie haben." Nun, das erklärt so einiges. So, wie es aussieht, müssen wir jetzt auch nicht mehr vier Jahre auf ein neues Lebenszeichen warten, denn Rachel hat schon wieder begonnen, neue Songs zu schreiben - auch solche für und über ihre Tochter Rosa. Es geht jetzt "nur" noch darum, diese zu sortieren, zu einem Thema zusammenzufassen, aufzunehmen und zu veröffentlichen. Das aber wird Rachel sicherlich dann ganz spontan machen...
Weitere Infos:
rachel-sermanni.com
www.facebook.com/RachelSermanni
twitter.com/rachelsermanni
www.instagram.com/rachelsermanni
rachelsermanni.co.uk
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Rachel Sermanni
Aktueller Tonträger:
So It Turns
(Eigenveröffentlichung)
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