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NATHANIEL RATELIFF
 
So smooth
Nathaniel Rateliff
Eigentlich hätte Nathaniel Rateliff ja heutzutage gut lachen: Da gelingt es dem knorrigen Songwriter aus Denver doch tatsächlich, mit seinen zwar einfühlsamen Männerschmerz-Elegien auch die Damen im Publikum anzusprechen und zu einer Art unerwarteten Superstar der Americana-Songwriter-Szene zu werden - und dann kommt er auch noch auf die Idee, mit seinem Hobby-Projekt The Nightsweats als Old-School-Soul-Band fröhliche Urstände zu feiern, auf dem legendären Stax-Label zu veröffentlichen und mit den entsprechenden Live-Shows ganz neue Publikumsschichten anzusprechen. Und dann kam doch wieder das Leben dazwischen: Nathaniel trennte sich von seiner Frau und sah sich genötigt, diesen Prozess in einer neuen, intimen Songsammlung zu verarbeiten. Und als er gerade dabei war, dieses Projekt als Solo-Album in Angriff zu nehmen, verstarb plötzlich sein langjähriger Freund und kreativer Partner Richard Swift, mit dem zusammen er bereits erste Pläne für das neue Album geschmiedet hatte. Nathaniel sah sich also genötigt, die Ausrichtung der neuen Scheibe zu ändern - und präsentiert nun das neue Album "And It's Still Alright" auch als Hommage an Richard Swift. Und das, obwohl beide ursprünglich vorgehabt hatten, es als Huldigung an den gemeinsam verehrten Harry Nilsson anzugehen.
Die neuen Songs überraschen dabei musikalisch durch stilistische Ungebundenheit, produktionstechnisch mit einer transparenten Opulenz und performerisch durch eine fast schon heitere Gelassenheit im Vortrag. Und sie erscheinen durch den emotionalen Vortrag und die persönliche Note automatisch tiefgründiger als die Nightsweats-Stücke. Mag ja sein, dass es mehr Spaß macht, mit einer druckvollen Truppe im Rücken Gassenhauer wie bei den Nightsweats zu performen - aber ist es nicht eigentlich ungleich lohnender und/oder befriedigender, Stücke wie jene auf "And It’s Still Alright" zu schreiben? "Ich mache mir da schon Gedanken", führt Nathaniel aus, "ich denke aber, dass diese beiden Sachen zwei verschiedene Seiten meines Charakters repräsentieren. Es ist nett, zuweilen den Nightsweats-Guy zu besuchen, aber ich fühle mich dann doch wohler in der Haut des ruhigen, introvertierten Songwriters. Ich mag es schon die Nightsweats-Musik zu spielen - aber ich war eigentlich immer dieser unsichere Typ. Vor einem Haufen tanzender Leute zu stehen oder zu versuchen, diese zum mitmachen zu animieren, lässt mich nicht weniger unsicher fühlen. Ich frage mich dann nämlich manchmal, was ich da überhaupt mache und ob ich überhaupt wie ein Narr herumtanzen solle." Und dabei hat Nathaniel doch nun wirklich ein nettes Publikum, zu dem auch Frauen gehören - was in diesem Sektor gar nicht so häufig vorkommt. Gibt es dafür eigentlich einen bestimmten Grund? "Nein - das kann ich nun wirklich nicht sagen", lacht Nathaniel, "aber meine Freundin sagt, dass Frauen das neue Album lieben werden - und hoffe ich selbst auch."

Das neue Album hatte ja eine komplexe Entstehungsgeschichte. Womit begann dieses Projekt denn eigentlich? "Noch bevor Richard verstarb und wir gerade gemeinsam an der zweiten Nightsweats-Scheibe arbeiteten, durchlebte ich schon die Sache mit meiner Scheidung", erinnert sich Nathaniel, "als wir die letzten gemeinsamen Sessions hatten, war ich bereits geschieden. Zu dieser Zeit fühlte ich nicht, dass ich das Thema bereits offen ansprechen könnte - auch wegen der rechtlichen Aspekte. Ich schrieb damals aber im Verborgenen bereits an Songs, von denen ich wusste, dass sie nicht für die Nightsweats geeignet wären. Ich habe Richard dann einige Songs wie etwa 'All Or Nothing' vorgespielt und er meinte, dass er es gar nicht erwarten könne, daran zu arbeiten. Er hat dann auch vorgeschlagen, es wie Nilsson klingen zu lassen, weil wir den beide sehr mochten. Das Schöne an der Zusammenarbeit mit Richard war, dass wir immer einer Meinung waren. Wir sind uns im Studio auch nie in die Quere gekommen, wie das bei vielen anderen oft passiert, weil da eine Menge Emotionen und Druck im Spiel sind." In der Tat ist es dann auch gerade die friedfertige, gelassene Stimmung, die auch "And It's Still Alright" auszeichnet. Lässt sich also sagen, dass Nathaniel im Sinne Richards weiter gearbeitet hat? "Ja, ich liebe diese beruhigende Qualität", verrät Nathaniel, "ich liebe deswegen auch Leonard Cohen. Das ist so smooth. Wir sind dann jeden Song auf der neuen Scheibe so angegangen, wie Richard das getan hätte und haben die Werkzeuge verwendet, die er auch verwendet hätte." Und wie äußerte sich das dann konkret? "Nun eine Sache, die Richard gemacht hatte, war bestimmte Elemente einer Aufnahme zu eliminieren", führt Nathaniel aus, "ich erinnere mich daran, dass ich einen Song für die Nightsweats um ein Gitarrenriff herum geschrieben hatte - und das hat Richard als erstes rausgeschmissen, wodurch der Song eine ganz andere Richtung bekam. Dadurch entstand diese Transparenz. Und das haben wir auch versucht, wobei uns dabei James Barone aushalf - der Drummer von Beach House, der uns bei der Produktion unterstützte."

Ist das ganze Album als Hommage an Richard Swift zu sehen, oder gibt es auch andere Themen auf dem Werk? "Nun, es begann ja alles mit der Trennungsgeschichte", erläutert Richard, "es gibt auch Songs wie 'Time Stands', in dem es um soziale Themen geht. Die Sache ist nämlich die, dass wir ein gemeinnütziges Projekt namens 'Miracle Project' in Denver, mit dem wir aktiv soziale Themen unterstützen. Wir versuchen zum Beispiel die Waffengesetzgebung zu beeinflussen, damit unsere Kinder sicherer sind oder wir unterstützen Obdachlose oder öffentliche Einrichtungen wie Schulen." Eigentlich sind Nathaniels Songs recht selbsterklärend - auch wenn er nicht immer geradlinige Geschichten erzählt. Es gibt aber Ausnahmen, wie z.B. "Tonight #2", wo man sich nicht sicher sein kann, was er uns eigentlich sagen will. "Ja, das ist aber auch so gewollt", gesteht Nathaniel, "das Stück soll ja wie Leonard Cohen klingen - oder doch zumindest meine bestmögliche Version von Cohen vorstellen. Die Geschichte zu dem Song kann ich nicht erklären, ohne es zu ruinieren, denn ich habe da absichtlich ein paar Zeilen eingebaut, die ein wenig seltsam und in meinem Verständnis auch lustig sind. Die ganze Scheibe ist so schwermütig, dass ich etwas einbauen wollte, dass einerseits sehr schön klingt, aber auch ein paar Zeilen enthielte, die nicht so schwer wiegen sollten. Ich habe ja ein paar Songs mit 'tonight' im Titel - und deswegen nannte ich das Ganze 'Tonight #2'."
Nathaniel Rateliff
Welches ist denn für Nathaniel der wichtigste Aspekt des neuen Albums? "Es ging mir dabei gar nicht so sehr um den Prozess des Verarbeitens", überlegt Nathaniel, "aber die Möglichkeit, die Songs über die schwierigen Zeiten schreiben zu können und dann diese Scheibe machen zu können, hat mir doch geholfen, nach vorne zu schauen und mich als Person weiterentwickeln zu können. Ich hoffe jedenfalls, dass dieses Album nicht nur dem Zuhörer, sondern auch mir einen persönlichen Gewinn bringt." Deswegen wählte Nathaniel auch den hoffnungsvollen Titel "And It's Still Alright" als Leitmotiv für das Projekt. Und was hat Nathaniel Rateliff noch so alles in der Pipeline? "Ich denke, dass meine nächste Scheibe wieder ein Nightsweats-Album sein wird", verrät Nathaniel, "ich habe auch schon angefangen, Songs zu schreiben. Aber es geht jetzt erst mal darum, einen Produzenten zu finden, denn Richard war der große Verbündete bei diesem Projekt für mich und die anderen. Wir sind immer noch tief betroffen und vergleichen andere auf unfaire Weise mit ihm. Wir werden es irgendwie schon hinbekommen - aber es braucht ein wenig Zeit."
Weitere Infos:
www.nathanielrateliff.com
www.facebook.com/nathanielrateliff
twitter.com/NRateliff
www.youtube.com/watch?v=Hw4MiegZxsU
www.youtube.com/watch?v=vuT64hFoK-Q
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Nathaniel Rateliff
Aktueller Tonträger:
And It's Still Alright
(Caroline/Universal)
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