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STEPHEN MALKMUS
 
Außer Rand und Band
Stephen Malkmus
Stephen Malkmus außer Rand und Band: Nach "Sparkle Hard" (2018) und "Groove Denied" (2019) überrascht der alte Slacker-König nun mit "Traditional Techniques" zum dritten Mal in Folge mit einem Album, das ihn auf ganz neuen Pfaden zeigt. Althergebrachte Ideen aus Folk und Americana treffen hier auf klangliche Versatzstücke und Instrumente aus Zentralasien, Südosteuropa oder Nordafrika und zeigen den inzwischen 53-jährigen Amerikaner ausgerechnet im Jahr der Reunion seiner alten Band Pavement (die im Mai beim Primavera in Barcelona und Porto erstmals seit zehn Jahren wieder gemeinsam auf der Bühne stehen wird) in einem völlig neuen Licht. Mit Chris Funk (The Decemberists) als wichtigstem Partner und Co-Produzenten, verzichtet Malkmus auch dieses Mal auf seine langjährige Band The Jicks und lud ein internationales Ensemble ein, das mit Instrumenten wie Rabab, Kaval, Udu und Daf dafür sorgt, dass auf "Traditional Techniques" altbekannte Malkmus'sche Weirdness und eine große Abenteuerlust Hand in Hand gehen.
Fast 30 Jahre ist es inzwischen her, dass Stephen Malkmus mit Pavement die Indierock-Welt gehörig aufmischte, und selbst die Veröffentlichung seines selbstbetitelten Solo-Erstlings jährt sich dieses Jahr zum 20. Mal. Seiner Platte hört man das zwar nicht an, aber natürlich ist die Zeit nicht spurlos an ihm vorübergegangen. "Es hat sich so viel verändert!", sagt er, als wir ihn daheim beim Frühstück erwischen. "Heute habe ich auf jeden Fall deutlich mehr Bürokratie in meinem Leben, einfach nerviger Scheiß, der danach verlangt, dass ich mich darum kümmere. Ich weiß auch gar nicht, ob das nur daran liegt, dass ich heute älter und Familienvater bin. Vielleicht ist das auch einfach Ausdruck unserer veränderten Gesellschaft und jüngeren Leuten geht es genauso? Die Bürokratie wächst auf jeden Fall gemeinsam mit dem Kapitalismus, das ist mal sicher!"

Entstanden war die Idee einer Akustik-Platte bei den Aufnahmen zum letzten Jicks-Album, "Sparkle Hard", das am gleichen Ort, dem Halfling Studio in Portland, entstanden war. Dort gab es eine große Sammlung akustischer Instrumente, was in Malkmus den Wunsch weckte, neue Wege zu beschreiten. "Chris ist ja nicht nur der Multiinstrumentalist der Decemberists, er ist auch Sammler und hatte dort alles Mögliche herumstehen: Dobros, Resonanz-Slidegitarren, Banjo, all so einen Scheiß", erinnert sich Malkmus im Gespräch mit Gaesteliste.de. Trotzdem war er selbst ein wenig überrascht davon, dass er das akustische Instrumentarium letztlich selbst einzusetzen begann: "Ich liebe die Musik, die man damit machen kann, aber sobald ich Stromgitarren, Keyboards und ein paar Effektpedale zur Verfügung habe, finde ich das irgendwie aufregender." Dabei schwirrte die Idee einer akustischen, oder zumindest ruhigeren Platte schon länger in seinem Kopf herum. "Allerdings wusste ich lange nicht, wie ich das anstellen sollte", gesteht er. "Außerdem hatte ich ein wenig Schiss, dass so etwas wie Nirvanas 'Unplugged' daraus wird - einfach meine Songs, aber mit Akustikgitarre gespielt, so wie ich das gelegentlich bei Radiosessions mal mache. Daran hatte ich kein Interesse. Ich wollte eine organische Platte haben, die ausschließlich akustisch existiert und funktioniert. Früher habe ich oft Musik gemacht, die ein wenig egoistisch ist, weil sie die Aufmerksamkeit des Publikums verlangt: 'Hör mir zu und denke dabei an nichts anderes!' Auch wenn das nicht mein Ziel war: Die neue Platte könnte man auch im Hintergrund hören."

Nachdem er den Vorgänger "Groove Denied" allein in den eigenen vier Wänden mit viel Elektronik zusammengebastelt hatte, fand er dieses Mal schnell Gefallen an der Idee, eine betont kollaborative Platte ganz oldschool einzuspielen. "Das neue Album haben wir live im Studio aufgenommen, one take, ohne Kopfhörer und auf Tonband. Ganz altmodisch, so wie die Platten, über die du im Mojo Magazin liest. Das ist die Atmosphäre, die wir bei den Aufnahmen im Hinterkopf hatten", erklärt er. Gleichzeitig ging es Malkmus und seinen Mitstreitern um eine gewisse Zurückhaltung bei den Aufnahmen. Von den 15 Spuren, die zur Verfügung standen ("Eine Spur des 16-Track-Geräts war defekt", verrät Malkmus kichernd), nutzte die Band selten mehr als neun. Auch Overdubs (Slide, Handclaps etc.) wurden zumeist auf ein Minimum beschränkt, und Malkmus ist überzeugt, dass man den Unterschied hören kann. "Es ist etwas anderes, ob du die Overdubs zum laufenden Tonband einspielst oder vor dem Computer hockst und WAV-Files editierst, wie das heute üblich ist", sagt er bestimmt.

Ohne sich vollends aufs Glatteis zu begeben, umgeht Malkmus so geschickt die Probleme, mit denen sich viele andere Musiker konfrontiert sehen, die schon so manche Runde um den sprichwörtlichen Block gedreht haben. Anstatt der vagen Idee von Perfektion hinterherzuhecheln, begab er sich für das neue Album auf ein Terrain, auf dem er bis zu einem gewissen Maße mit der Unbedarftheit eines Newcomers agieren durfte. Trotzdem bedeutet das nicht, dass für ihn allein das Motto "First thought, best thought" gilt. "Es ist schwer, zu dem Thema eine klare Aussage zu formulieren", stellt er klar. "Natürlich mag ich auch Musik, die haarklein geplant und mit sehr viel Bedacht entstanden ist, ganz egal, ob das ein Filmscore mit klassischer Musik oder ein echtes Prog-Rock-Epos ist, für das die Band jahrelang geprobt hat. Aber während ich das sage, wird mir klar, dass es einen Unterschied zwischen dem Proberaum und dem Studio gibt. Sich gut eingespielt an die Aufnahmen zu machen, ist etwas anderes, als ständig alles neu zu überdenken und immer wieder alles über den Haufen zu werfen. Letzteres kann kaum gutgehen - oder zumindest hörst du die Mühe, die das gekostet hat, später auch auf der Platte! Deshalb habe ich dieses Mal den Musikern auch nur ziemlich vage Songstrukturen vorgegeben. So hatten sie die Gelegenheit, sich selbst stärker einzubringen."

Fast könnte man meinen, dass seine betonte Freigeistigkeit in den vergangenen Jahren - seine letzten drei Alben hatten außer seinem Namen auf dem Cover nicht viel gemein - Ausdruck dessen ist, dass er mit Mitte 50 heute mehr denn je auf seine eigenen Instinkte hört und ihm die Reaktion von Presse und Publikum mit jeder neuen LP ein Stück gleichgültiger wird. Er selbst sieht es allerdings ein wenig anders. "Bei jeder Platte frage ich mich: Wenn ich ein Fan von mir wäre - was ich natürlich bin, ich hasse mich nicht selbst! -, was würde ich dann gerne von mir hören, welchen Weg sollte ich einschlagen?", verrät er. "Die Idee einer eher akustischen Platte erschien mir spannend: Mal schauen, was jemand wie ich mit dieser Vorgabe wohl anstellen wird! Natürlich kann man auch zu weit gehen. Ich brauche ganz sicher kein Rap-Album von Neil Young! Deshalb überlege ich mir sehr genau, was ich anfassen kann, ohne mir die Finger dabei zu verbrennen."
Weitere Infos:
www.stephenmalkmus.com
www.facebook.com/StephenMalkmus
Interview: -Simon Mahler-
Foto: -Pressefreigabe-
Stephen Malkmus
Aktueller Tonträger:
Traditional Technqiues
(Domino Records/GoodToGo)
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