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ALEX THE ASTRONAUT
 
Finding Your Religion
Alex The Astronaut
Es hat eine ganze Weile gedauert, bis die Australierin Alex Lynn jene Songs zusammen hatte, die sie nun auf ihrer Debüt-LP "The Theory Of Absolutely Nothing" präsentiert. Doch gut Ding will Weile haben und außerdem musste Alex sich ja auch zunächst als Astronautin ausbilden lassen - denn unter diesem Namen firmiert sie, seit sie ab 2016 als Musikerin tätig ist. Natürlich hat sich Alex nicht wirklich zur Astronautin ausbilden lassen - aber aufgrund ihrer vielseitigen Interessen, wäre das zumindest nicht undenkbar gewesen: Ihr Label Minkowski Records etwa benannte sie nach einem Diagramm, das der Physiker Hermann Minkowski 1908 entwickelte, um die Eigenschaften von Raum und Zeit in der speziellen Relativitätstheorie zu veranschaulichen und als sie in den USA auf Long Island Mathematik und Physik an der Universität studierte, schrieb sie eine Abhandlung über das Thema Sonolumineszens - ein physikalisches Phänomen, bei dem eine Flüssigkeit unter starken Druckschwankungen ultrakurze, hochenergetische Lichtblitze aussendet. Nicht, dass sich das konkret auf ihre Musik auswirkte - aber dennoch zeigt dies eine besondere Charaktereigenschaft der Songwriterin Alex Lynn: Hier ist selten mal etwas so, wie es auf den ersten Blick scheint und alles wird irgendwie hinterfragt.
Woran lag es denn, dass Alex an ihrer ersten LP dann doch drei Jahre lang herumbastelte - denn Songs schien sie ja eigentlich genug zu haben? Hatte das vielleicht auch mit den Arrangements zu tun - denn reiner Schrammelpop, wie zu Anfang, ist das heutzutage alles nicht mehr. "Auch", räumt Alex an, "vor allen Dingen ging es mir aber darum zu warten, eine Sammlung von Songs zusammen zu haben, die eine Geschichte erzählten, auf die ich wirklich stolz sein konnte." Was war denn überhaupt der Grund für Alex, Musikerin zu werden? "Das war gar keine bewusste Entscheidung", erläutert sie, "ich habe einfach automatisch härter an meiner Musik gearbeitet und mehr Zeit damit verbracht als mit anderen Dingen, an denen ich mich versuchte." Und wie war das dann mit den Arrangements? "Also ich habe ja mit zwei verschiedenen Produzenten an dem Album gearbeitet - Sam Cromack und Dan Hanson von der Band Ball Park Music. Fünf der Songs haben wir sogar zusammen in dieser Konstellation im Studio erarbeitet und die Arrangements um Dans Drums und meine akustische Gitarre herum aufgebaut. Es ging dabei um meinen Gesang und die Akustikgitarre - weil ich die Songs so geschrieben habe. Wir haben dann diskutiert, was man sonst noch machen könnte. Ich mag Streicherarrangements sehr - und so haben einige der Songs dann Streicher. Auch 'I Like To Dance', den ich mit meiner Freundin Norah selbst produziert habe. Dann haben wir noch die Bass-Elemente hinzugefügt - und eigentlich alles, was den Geist der jeweiligen Songs repräsentierte. Mit Jonathan Quarmby vom RAK-Studio in London habe ich dann die restlichen Songs produziert - was schon ganz schön ehrfurchtgebietend war, weil er diesen britischen Rock-Folk-Touch ins Spiel brachte, den man von seinen Produktionen kennt."

Apropos "britischer Rock-Folk-Touch": Was tut Alex denn, um ihre eigene, australische Identität zu wahren? Immerhin hat sie ja den einer verstorbenen Freundin gewidmeten Track "Banksia" auf dem Album. Eine Banksia ist eine endemische australische Blume. "Ja - aber eine falsche", gesteht Alex, "ich hatte an eine ganz andere Blume gedacht, als ich das Lied schrieb und mich dann geärgert, dass ich es vermasselt habe. Ich weiß nicht wie das mit der australischen Identität in der Musik ist. Für mich ist die australische Musik in der Musik der Aborigines begründet. Ich selbst habe keine australische Musikidentität. Es reicht ja, sich auf Details zu berufen wie ich z.B. in meinem Song 'What Sydney Looks Like In June'. Ich denke, dass jedermann über das schreibt, was er kennt und um sich herum vorfindet - wie Stadt- oder Straßennamen. Das mache ich auch manchmal - vielleicht nicht so sehr auf diesem Album." Und wie funktioniert das mit der Identität auf der musikalischen Ebene? Indem alles mal ausprobiert wird, vielleicht? "Das versuche ich, aber es gelingt ja nicht immer", erläutert Alex, "es ist sehr schwer, weil manchmal mit einem Song, den ich geschrieben habe, irgend etwas nicht stimmt - ich aber gar nicht so richtig weiß, was es eigentlich ist. Ich muss dann daran arbeiten, bis es sich richtig anfühlt. Manchmal ist es nur ein Wort, das man ändern muss, damit aus einer bloßen Idee ein eigener Song wird."

Was an Alex Musik besonders auffällt, ist der Umstand, dass hier alles sorgsam ausbalanciert scheint und niemals eindeutig in eine bestimmte Richtung weist. Beispielsweise ist ein "Happy Song" nur wegen des Titels nicht gleich wirklich fröhlich, sondern bringt nachdenkliche Töne ins Spiel, die im Titel besungene Theorie ist eigentlich gar keine, und in "I Like To Dance" geht es keineswegs ums Tanzen, sondern um häusliche Gewalt. Ist das eine Sache, auf die die Songwriterin Alex achtet? "Na klar", lacht sie, "es ist ganz lustig, weil ich nicht denke, dass das eine bewusste Sache ist. Für mich ist es manchmal eine Art Mysterium wenn ich schreibe, denn ich habe unterbewusst so viel von anderen Musikern, die ich verehre, verinnerlicht, dass ich gar nicht sagen, kann, woher die Entscheidungen kommen, die ich als Songwriterin treffe. Eine Geschichte auszubalancieren, ist, wie sie einem Freund zu erzählen. Man muss der Geschichte gerecht werden und die ganze Wahrheit erzählen. Man muss sehr genau darauf achten, um jemanden mitnehmen zu können. Es gibt viele Techniken das zu erreichen, und eine davon ist es, die Gefühle auszubalancieren, um zeigen zu können, worum es geht." Wie wichtig ist Humor in diesem Zusammenhang? "Das ist eine ganz ähnliche Sache", überlegt Alex, "es kommt immer darauf an, wie man seine Geschichte ausmalt. Und dazu gehört auch Humor. Auch wenn es nicht um Comedy geht, kann man Humor verwenden, denn auch düstere Sachen können ja etwas komisches an sich haben. Der Humor macht etwas mit deinem Gehirn und damit kann man die Geschichten auf eine nette Art miteinander verbinden - wenn das Sinn macht." Das Gegengewicht zum Humor ist bei Alice eine Art Bissigkeit. Sie kommt dabei zwar charmant, aber keineswegs harmlos oder süßlich rüber. "Das ist für mich eine Möglichkeit, mein Leben zu verarbeiten", meint Alex, "durch Musik habe ich überhaupt erst gelernt, mit meinen Gefühlen umzugehen. Ohne jetzt kitschig klingen zu wollen, aber für mich ist die Musik eine Art Religion. Ich komme selbst dann immer wieder auf die Musik zurück, wenn ich das Gefühl habe, dass ich sie gerade gar nicht brauche."
Alex The Astronaut
Alex engagiert sich für eine Unzahl von Charities, für die sie Spenden sammelt (und sich sogar die Haare abrasierte). Ist Alex eine politische Songwriterin? "Ich weiß nicht", zögert sie, "ich werde zwar oft als 'politisch' bezeichnet, aber ich denke, dass dieses Wort ein wenig verdorben ist, weil politisch zu sein damit gleichgesetzt wird, dass man anderen Leuten sagen will, was sie zu tun haben und was sie zu denken haben. Ich denke aber nicht, dass es das bedeuten sollte. Wir sollten alle füreinander da sein und uns um andere kümmern und helfen, wo das notwendig ist." Es geht Alex also darum, auf diesen Umstand aufmerksam zu machen? "Ja", bestätigt sie unumwunden, "es geht ja auch um die Verantwortung. Ich habe 35.000 Follower auf Instagram und kann so eine Menge Leute erreichen. Diese Möglichkeit hat ja nicht jeder. Anstatt also meine eigenen Anliegen zu verbreiten, denke ich, dass es meine Pflicht ist, auf diese Weise anderen zu helfen - die diese Möglichkeit eben nicht haben." Wie sucht sich Alex denn die Themen für ihre Songs aus? Davon gibt es ja eine ganze Menge - Krankheiten, Tod & Verlust, häusliche Gewalt, Freundschaft, Abtreibung, Beziehungsdramen etc. Was inspiriert Alex, einen Song zu schreiben? "Och, ich denke, das kann alles Mögliche sein", überlegt sie, "ich höre viel Musik, lese viele Bücher, schaue viele Fernsehserien und Filme und offensichtlich lebe ich ja auch noch mein eigenes Leben. Ich treffe Menschen, sehe Dinge, höre Geschichten. Ich lese Zeitungen, schaue auf Twitter und Instagram vorbei. Manchmal kommt einfach alles zusammen - und dann mache ich eben einen Song daraus. Ich kann dabei gar nicht immer erkennen, warum ich was auswähle. Manchmal ist das eine Art Schneeball-Effekt. Es ist halt ein seltsamer, geheimnisvoller Prozess."

Dass Alex das ganz gut gelungen sein muss, zeigt zum Beispiel die Anekdote, dass Elton John - immerhin auch ein solider Meister seines Fachs - ihren Song "Not Worth Holding" in seiner Radioshow "Rocket Hour" spielte und ein paar lobende Worte für sie und insbesondere ihre Worte fand. Keine Frage: Auch ohne Rakete steht Alex The Astronaut am Anfang einer ziemlich steilen Karriere.

Weitere Infos:
www.alextheastronaut.com
www.facebook.com/alextheastronaut
twitter.com/AtheAstronaut
www.instagram.com/alex.the.astronaut
www.youtube.com/channel/UC_CIdJO2x37l6RodJ_PTbmw
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Jess Gleeson-
Alex The Astronaut
Aktueller Tonträger:
The Theory Of Absolutely Nothing
(Nettwerk/Warner Music)
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