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BABY FOX
 
Intensität
Baby Fox
Schon wieder eine Trip-Hop-Band? Haben wir denn davon nicht schon genug? Ein klares "Nein"! Baby Fox aus London sind einfach viel zu interessant, um in Vergessenheit zu geraten. Das Line-Up besteht aus Christine Ann Leach (Gesang), Dwight Clark (Keyboads, Video Director) und Alex Gray (Musiker & Produzent), und sie erzeugen auf ihrer zweiten Platte "Dum Dum Baby" erstklassige Klang-Kollagen, die hin und wieder von Christine’s wunderbaren Stimme in andere Welten getragen werden.
Wenn man bereits ein Album gemacht hat, verfügt man ja sicherlich über einige Erfahrung und man will diese Erfahrung dann mit in die Aufnahmen zum nächsten Album einbringen. Was das bei Euch auch der Fall und hattet Ihr einen bestimmten Sound bzw. eine bestimmte Atmosphäre im Kopf, wie "Dum Dum Baby" klingen sollte?

Dwight: Wir drei hatten natürlich alle unsere eigenen Vorstellungen, und in meinem Kopf war das Wort "Intensität", ich wollte das Album sehr viel dunkler und intensiver gestalten. Beim ersten Album "A Normal Family" hatten wir keine bestimmte Richtung im Kopf, wir arbeiteten auch nicht Tag und Nacht an den Songs, z.B. haben Christine und Alex zwischenzeitlich mit anderen Leuten gearbeitet, und wir sind dann hin und wieder zusammengekommen, um neue Sachen auszutesten, und irgendwann war halt der Punkt erreicht, wo wir genug Material für ein ganzes Album hatten. Als wir dann mit dem zweiten Album anfingen, haben wir es an einem Stück gemacht, also ohne Pausen für andere Projekte (So hatte Christine z.B. "Ray Of Light" zusammen mit Madonna geschrieben).

Um Dub- oder Trip-Hop-Songs live zu präsentieren, gibt es ja bekanntlich zwei Möglichkeiten: Einmal lädt man sich eine komplette Band ein, um wirklich alles live zu spielen (was aber nicht immer so überzeugend klappt wie z.B. bei Portishead), oder aber man beschränkt sich auf Keyboards und Sequencer, wobei man da wieder den Vorwurf hört, daß das ja eh alles aus der Konserve kommt. Wie sind da Eure Erfahrungen?

Dwight: Als wir das erste Album live präsentierten, hatten wir eine komplette Band auf der Bühne, aber das hat alles nicht so toll funktioniert und wir waren mit dem Ergebnis nicht so zufrieden - wir haben beinahe wie eine miese Reggae-Band geklungen. Daher haben wir beschlossen, demnächst nur noch einen Drummer mitzunehmen - es sind dann also nur noch wir drei und ein Drummer auf der Bühne, und das klappt schon ganz gut.

Nun, Baby Fox ist auf Roadrunner Records gelandet, die ja eigentlich nur für ihre Metal-Bands bekannt sind, und wo man nicht unbedingt an eine Trip-Hop-Kombo denkt - wie ist es denn zu dem Deal gekommen?

Dwight: Es gab da mal einen Typen, der unsere Musik schon seit Ewigkeiten kennt und sich auch in dieser Szene auskennt, und er hat damals ein paar 12" für uns veröffentlicht, und eines Tages bot man ihm eine A&R-Position bei Roadrunner an, weil das Label auch andere Musik-Richtungen anbieten wollte. So sind wir also zu dem Deal gekommen, und wir fanden das auch recht interessant, auf diesem Label zu sein. Dann hat man ihn aber wieder gefeuert, und wir blieben auf Roadrunner. Seitdem machen sie aber nicht sehr viel für uns, was auch eine gewisse Ironie beinhaltet: Zur ersten Platte wollten wir nicht unbedingt live spielen, und nun mit der zweiten Platte wollten wir eine richtige Tour machen, aber Roadrunner fanden das nicht so klasse. Wir versuchen aber trotzdem, irgendwie, irgendwann nach Deutschland zu kommen, denn wir hören von vielen Leuten, daß das Interesse da ist.

In der Musik von Baby Fox gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Stimmungen, Atmosphären und natürlich auch instrumentalen Passagen - sowas eignet sich doch hervorragend für einen Film-Soundtrack, oder?

Dwight: Auf jeden Fall, und wir würden das sehr gerne mal machen. Christine und ich mögen gerne Sci-Fi-Filme, Alex steht mehr auf Filme mit Liebe und Gefühl, also sollte es schon eine Mischung aus beiden Stilen sein. Wenn wir jetzt sofort einen Soundtrack machen sollten, dann würde ich gerne etwas über die späten 70er Jahre machen. Da denkt man sicherlich an Punk und all den ganzen Krach, aber in dieser Zeit habe ich den Reggae und Dub entdeckt - aber nicht so sehr den Mainstream-Reggae. Abgesehen von den ganzen Punk-Konzerten gingen sehr viele Leute plötzlich verstärkt zu Dub-Konzerten, und diese Musik war damals schon recht abgefahren. Für einen Film über diese Periode würde ich gerne mal Musik machen, ein Film über die Hochs und Tiefs von London. Das ist im Prinzip auch die Idee hinter "Dum Dum Baby", denn Christine schreibt sehr viel über Sachen, die sie auf der Straße sieht, und so ähnlich mache ich das auch. Dann basteln wir Geschichten aus diesen Kollagen zusammen und versuchen, den passenden musikalischen Rahmen dafür zu finden.

Den Rahmen haben sie auf "Dum Dum Baby" auf jeden Fall gefunden, und wie es oft mit Trip-Hop-Platten der Fall ist, muß man sich auf die Songs einlassen und man kann sie nicht einfach so nebenbei hören. Dieses Einlassen sollten man möglichst laut machen, und dann steht einer Reise in andere Welten nichts mehr im Wege - zumindest solange, bis der Nachbar anrückt. Da das mit Roadrunner ja anscheinend nicht mehr so toll klappt, sind die Chancen für eine Tour in Deutschland relativ gering, aber man sollte die Hoffnung nicht aufgeben.

Wen möchten Babyfox auf ihrer Gästeliste haben und warum?

Dwight: John Lindon, Goldie, Film-Regisseur Nicholas Roke - ich weiß aber nicht, ob ich damit zurecht kommen würde, diese Leute wirklich zu treffen, denn man hat ja eine gewisse Vorstellung, und die Realität kann ja ganz anders aussehen. Es sollten Leute sein, vor denen ich mich ein wenig fürchte, aber trotzdem mal kennenlernen möchte. Seitdem ich mit der Musik-Industrie zu tun habe, habe ich mir auch diese schlechte Angewohnheit zugelegt, nur noch zu Konzerten zu gehen, wo ich auf der Gästeliste stehe, und da kann man natürlich auch schonmal ein gutes Konzert verpassen, bloß weil man hätte zahlen müssen.

Christine: Missy Elliott

[Erstveröffentlichung in Gästeliste #2, Oktober 1998]

Interview: -David Bluhm-
Foto: -Pressefreigabe-

Aktueller Tonträger:
Dum Dum Baby
(Roadrunner Records)

 
 

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