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GUNNER RECORDS
 
Hauptsache? Machen!
Gunner Records
Hamburg. Berlin. München. Köln. Von Bremen redet man eher selten, wenn man über Punkrock redet. Dabei ist mehr Punk kaum möglich. Denn Gunner Records ist Punk. Pur. Ist Punkrock, Attitüde, DIY, Geschmack und Stil und das seit rund 15 Jahren. Gunner Records releaste zuletzt The High Times, davor Platten von unter anderem Mobina Galore, Kali Masi, Affenmesserkampf, Cobra Skulls, Nothington und natürlich auch Red City Radio, Frank Turner und ganz frühe The Gaslight Anthem. Doch vor allem ist Gunner Records: Gunnar Christiansen.
Gaesteliste.de: Wie geht es einem Indie-Label-Inhaber während einer Pandemie?

Gunnar: Ehrlich gesagt, geht es mir wahrscheinlich gar nicht so viel anders als allen anderen auch. Mir fehlen die sozialen Kontakte, Freizeitunternehmungen, mir fehlt es, mal eben irgendwo hinfahren zu können und natürlich Konzerte als Besucher zu besuchen oder zu veranstalten. Ansonsten gehe ich normal arbeiten, in dem Job, der meine Rechnungen zahlt: als Handwerker. Die Zeit zu Hause verbringe ich dann mit meiner Frau und meinen Kindern, aber auch mit Labelarbeit oder den anderen Projekten, mit denen ich mich gerade beschäftige. Was wirklich und anders ist als sonst, ist, dass die Livekonzerte nicht mehr stattfinden und damit fällt natürlich auch ein Teil meines sonstigen Geschäfts aus: Touren planen und vorbereiten, Merch packen und verschicken. etc.

Gaesteliste.de: Hören und kaufen die Leute jetzt eigentlich mehr oder weniger Musik oder merkst du keine wirklichen Unterschiede?

Gunnar: Als der erste Lockdown kam, ist mein Shop ziemlich eingebrochen. Ich glaube, alle waren ein wenig verunsichert. Da sah es kurzfristig gar nicht so gut aus. Glücklicherweise hat sich diese Lage wieder ein wenig entspannt. Einige haben sogar extra bestellt, um mich und das Label zu supporten. Mit den Neuerscheinungen in der ersten Jahreshälfte sind auch wieder einige Vorbestellungen reingekommen. Ich hoffe einfach, dass sich alles allmählich wieder normalisieren kann.

Gaesteliste.de: Was ändert sich in deinem Daily Business und was ist dein Daily Business bei und mit Gunner Records überhaupt?

Gunnar: Mein tägliches Hauptgeschäft besteht eigentlich darin, eMails zu lesen und zu beantworten und Bestellungen zu bearbeiten und gegebenenfalls zu packen. Daran hat sich jetzt erst einmal nicht so viel geändert, da ich auch weiterhin Neuerscheinungen habe, für die ich eine entsprechende Promo machen muss. Hinzu kommt dann die Vorbereitung für die Produktion neuer Tonträger, damit ich sie in Auftrag geben kann und mit dem Vertrieb die Neuerscheinung einpflegen und planen kann. In diesem Zusammenhang muss ich dann auch die Bands bei der Promo begleiten, wie z.B. Singles veröffentlichen und Videos planen.

Gaesteliste.de: Wie viel deiner Arbeit ist Spaß und wie viel ist Job?

Gunnar: Das ist eine schwierige Frage! Es liegt beides eng beieinander. Da ich noch einen anderen Job habe, der meine Rechnungen zahlt, sehe ich auch den eher als "Arbeit" an. Meine Frau beschreibt mein Label als ein teures Hobby und das trifft es ganz gut. Natürlich gibt es immer Dinge, die nicht so viel Spaß machen und andere dafür mehr, aber so ist es ja meistens in allen Bereichen. Aber insgesamt sollte der Spaß schon überwiegen und das tut er bei mir glücklicherweise auch!
Gaesteliste.de: Was ist das Allerbeste, wenn man ein eigenes Label hat?

Gunnar: Das allerbeste ist, wenn die Platten ankommen, ich die erste auspacke und ich sie anhören kann. Und mir gefällt es natürlich, dass ich ständig Musik um mich herum habe. Ob es sich um neue Musik, die ich finde, oder alte Musik handelt, die ich wieder entdecken kann. Hinzu kommen die ganzen Freunde, die man durch die Bands gewinnt, die Bandmitglieder, die Konzertveranstalter, die Menschen, die ich auf Konzerten treffe...

Gaesteliste.de: Du hast so viele großartige Platten gemacht, sitzt man da manchmal beim Bierchen und ist ein bisschen stolz auf sich? Feierst dich einfach mal für 15 Jahre gute Musik?

Gunnar: Stolz ist vielleicht das falsche Wort... Mich aber über die Platten bei einem Bierchen zu freuen, ältere Veröffentlichungen beim Autofahren wieder zu entdecken, oder sie mal wieder aufzulegen, wenn man sie im Plattenregal findet, insbesondere Platten, die man länger nicht mehr in der Hand hatte - das macht schon Spaß! Aber sich selber feiern, dafür bin ich nicht so der Typ, glaube ich.

Gaesteliste.de: 15 Jahre! Planst du was, machst du was oder wolltest du was machen, was wegen Corona nicht geht?

Gunnar: 15 Jahre feiere ich in 2022. Hoffentlich hat sich bis dahin die Situation etwas verbessert. Ich habe natürlich ein paar Ideen, die aber noch nicht zu 100% spruchreif sind. Alles, was konzerttechnisch angedacht ist, ist stark abhängig von dem weiteren Verlauf der Corona Pandemie.

Gaesteliste.de: Beim Fußball nennt man es Verkaufsclubs, wenn Vereine Talente unter Vertrag nehmen und dann für viel Geld an die großen Clubs verkaufen (müssen). Fühlst du dich, auch wenn natürlich keine Bands verkaufst, manchmal auch so und wie oft ärgerst du dich, dass du für Bands wie The Gaslight Anthem oder Red City Radio keine Ablöse bekommen hast?

Gunnar: Sicherlich wäre es schön, wenn auch mal etwas hängenbleiben würde. Aber letztendlich ist das, was ich mache, ein DIY Punk/Indie Label und das ist mit einem durchkommerzialisierten Fussball nicht vergleichbar. Am Anfang war ich eher traurig als ärgerlich, wenn die Bands weiterzogen. Im Grunde ist es ja verständlich, wenn die Bands ein Angebot aufgrund der besseren Bezahlung und Strukturen abgewandert sind. Wir leben in einer sehr schnellen Zeit und wenn sich für Bands solche Gelegenheiten ergeben, müssen sie zupacken. Die Freundschaften bleiben ja erhalten. Ich wünsche allen meinen Bands den maximal größten Erfolg, ob auf meinem Label oder einem anderen. Mir ist es egal, wenn es denn fair von statten geht. Natürlich gäbe es die Möglichkeit, Bands vertraglich so an sich zu binden, dass es auch die Möglichkeit gäbe sie "weiterzuverkaufen", aber das würde sich mit meinem Ansatz widersprechen, fair und freundschaftlich mit den Bands zusammenzuarbeiten.

Gaesteliste.de: Suchst du dir die Bands lieber selber oder freust du dich, wenn sie sich bei dir melden oder du Tipps und Vorschläge von Freunden bekommst?

Gunnar: Es handelt sich um eine Mischung aus allem. Wichtig ist, dass mir die Musik und die Menschen in der Band dahinter gefallen. Wenn dem so ist, ist es mir eigentlich egal, wie wir zusammengekommen sind.

Gaesteliste.de: Kannst du es dir leisten, nur Platten zu veröffentlichen, die du selbst richtig super findest, oder machst du auch mal eine Platte, die du nur okay findest, von der du aber weißt, dass sie sich wahrscheinlich sehr gut verkaufen wird?

Gunnar: Ich mache es schon so, dass ich mich nicht davon leiten lasse, ob sie sich wahrscheinlich gut verkauft oder nicht. Es gibt musikalisch sicher Platten, die ich besser finde als andere, aber es gab eigentlich immer einen Grund, warum ich sie veröffentlicht habe. Wenn es nicht die Musik war, waren es die Menschen dahinter. Oder aber ein anderer Ansatz, der es für mich spannend machte. Ich glaube, wenn man nur darauf schaut, was sich verkauft oder nicht, würde ich relativ schnell den Spaß verlieren.
Gaesteliste.de: Stichwort verkaufen: wie gut kannst du vorher schätzen/ahnen/wissen, wie gut sich eine Platte verkauft?

Gunnar: Ehrlich gesagt kann ich das nicht wirklich. Der Vorverkauf gibt einem eine erste Idee davon, aber zu dem Zeitpunkt ist es eigentlich auch schon zu spät und nicht mehr wirklich planbar. Auch ob die Promo gut oder schlecht läuft, ist nicht wirklich ein Merkmal, an dem ich den Verkauf abschätzen könnte. Ich glaube am ehesten zeichnet es sich daran ab, ob Bands selber umtriebig sind und z.B. viel touren wollen. Ich hab noch von einigen tollen Platten Mengen im Lager stehen, weil sich die Band gleich nach Veröffentlichung auflöste oder nie auf Tour kam. Die Platten hätten sich mit mehr Engagement von Seiten der Bands sicherlich toll verkauft.

Gaesteliste.de: Zuletzt kamen von Good Friend und The High Times, als nächstes stehen bei dir die Platten von We Bless This Mess und Chartreux an. Was kannst du uns schon mal über sie verraten und wie werden sie erscheinen? CD und Vinyl und digital?

Gunnar: Good Friend ist eine Single. Die A-Seite wird auf 45 abgespielt und die B-Seite auf 33. Die drei Songs der E.P. sind eine hervorragende Weiterentwicklung der Debut LP, die auch schon super war. Leider sind sie hier noch nicht so bekannt, aber ich hoffe, das wird sich noch ändern. Die Platte ist ein Split Release mit Red Scare aus den USA und wird es nur als 7-Inch und digital geben. The High Times ist eine spannende neue Band aus Zürich mit Mitgliedern der Band Überyou, sie sind also schon etwas länger im Geschäft. Den Unterschied macht hier aber die tolle Sängerin Domi. Die Band ist sehr poppig und verbindet Elemente von Blondie, Press Club, Sheer Mag. Aber Vorsicht: Ohrwürmer. Die Platte wird digital, auf CD und LP zu erwerben sein. Chartreux kommen aus Leipzig und ich bringe ihr Debut raus. Räudiger Hardcore/Punk mit Mitgliedern von Tackleberry, Oat und Piefke. Es sind schnell runtergespielte Songs, die knallen. Ich freu mich drauf! Die Platte wird es als LP und digital geben. Und We Bless This Mess kommen ursprünglich aus Portugal, wohnen aber heute in England. Sie spielen emotionalen Punk, wie man ihn aus den 90igern kennt. Der Sänger und Hauptsongwriter Nelson spielt unter anderem bei Ducking Punches mit. Ich werde hier nur die LP-Version machen, das digitale und die CD kommen von der Band selbst.

Gaesteliste.de: Welche Rolle spielte und spielt Lars von Audiolith in der Karriere von Gunner Records?

Gunnar: Lars wohnte in einem Dorf neben der Kleinstadt, in der ich aufgewachsen bin. Daher kenne ich Lars von "früher". Wir liefen uns immer mal wieder über den Weg. Als ich mit Gunner Records angefangen habe, war Lars schon etwas länger mit Audiolith dabei und hatte mit Broken Silence einen Vertieb, der seine Platten unter die Leute gebracht hat. Mit der Veröffentlichung von “Sink Or Swim” von The Gaslight Anthem wurde dann auch für mich ein Vertrieb interessant, da einfach viele Menschen die Platte haben wollten. Für Broken Silence war ich damals mit zwei Veröffentlichungen noch zu klein, um bei ihnen in den Vertrieb mit einem eigenen Konto aufgenommen zu werden. Also habe ich meine Platten über Lars und Audiolith bei dem Vertrieb unterbringen können.

Gaesteliste.de: Rookie, Artic Rodeo, Noisolution, Uncle M - es gibt so viele tolle andere kleinere Labels in Deutschland - wie ist da der Austausch und der Kontakt untereinander? Supportet man sich oder ist man doch irgendwie Konkurrenz?

Gunnar: Als Konkurrenten sehe ich eigentlich niemanden, der ein Label hat. Man tauscht sich eher aus. Mit allen der von dir genannten hatte ich noch nicht zu tun, bin mir aber sicher, dass sie alle nett sind. Man muss ja schon irgendetwas mitbringen, wenn man sich entscheidet, ein Label zu machen, und da ist man sicherlich ein Schritt weit ähnlich. Ich habe bis jetzt noch niemanden kennengelernt, der in dieser Szene unterwegs ist, den ich überhaupt nicht mochte oder den ich als Konkurrent ansehen würde. Aktuell gibt es gerade ein Label, das eher unglücklich in Bezug auf eine meiner Bands gehandelt hat, aber auch da werde ich das Gespräch suchen und es hoffentlich aus der Welt schaffen.

Gaesteliste.de: Würdest du - losgelöst von Corona - derzeit empfehlen, ein eigenes Label zu starten?

Gunnar: Ich würde es niemanden empfehlen, würde aber auch niemanden davon abraten. Wenn jemand ein Label gründen möchte, soll er es auf jeden Fall machen. Da er oder sie sich ja sicherlich Gedanken dazu gemacht haben, es gibt keinen Grund es nicht zu tun. Das gilt übrigens zu auch, wenn jemand eine Band gründen möchte oder irgendwas anderes mit Musik machen möchte oder auch etwas völlig anderes als Musik machen möchte, was einem aber Spaß macht. Die Hauptsache ist machen.
Weitere Infos:
gunnerrecords.com
www.facebook.com/Gunner-Records-355509397431/
www.instagram.com/gunnerrecords
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Interview: -Mathias Frank-
Foto: -John Allen-



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