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LÙISA
 
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Lùisa
"New Woman" heißt das dritte Album der Wahlhamburger Songwriterin Lùisa - und das nicht ohne Grund. Denn mit Hilfe des Berliner Produzenten Tobias Siebert - der mit seinem Projekt And The Golden Choir ja auch als Songwriter unterwegs ist - stellte sich Lùisa musikalisch neu auf und wagte sich erstmals an echte Popsongs heran. In ihren Texten verarbeitet sie dabei nach wie vor eigene Erfahrungen und Eindrücke und greift dabei Themen wie Empowerment, Selbstfindung, Verlust & Trauer und ein wenig Spiritualität. Damit positioniert sie sich dann auch in inhaltlicher Hinsicht als "Neue Frau".
Angefangen hat das für Lùisa ja wohl alles, als sie in einem australischen Mädcheninternat mit Uniformzwang weilte, richtig? "Ja - das waren aber tatsächlich nur ein paar Monate", erzählt Lùisa, "das heißt nicht, dass ich meine ganze Jugend dort verbracht habe. Es handelte sich um ein Mädcheninternat in Sydney. Man kann sich das vorstellen wie eine Art Schüleraustausch. Das war prägend für mich, weil ich dort meine ersten Songs geschrieben habe, da ich mich doch ein wenig fremd gefühlt habe. Es gab da Uniformen und wir schliefen zu sechst in einem Schlafsaal. Ich war damals mit 16 gerade in einer Phase der Selbstbefreiung, in der ich die Musik für mich entdeckte." Dort entdeckte Lùisa dann auch ihr Faible für die englische Sprache - nachdem sie nämlich anfing, auf Englisch zu träumen. "Ja, das ist total krass", bestätigt sie, "ich habe dann später auch noch Italienisch und Französisch studiert und ich war dann auch eine Zeit lang auch in Italien und habe dort festgestellt, dass ich auf Italienisch zu denken anfing. Ich finde, dass es dann auch gar nicht darum geht, dass man die Sprache schon perfekt kann, sondern dass man darin eintaucht." Natürlich geht es auf "New Woman" nicht nur um die prägende Jugendzeit Lùisas - aber dennoch sind ihre Songs weitestgehend biographisch. Es stellt sich jedoch die Frage, ob da nicht doch eine Portion Fiktion drinsteckt, denn so ganz möchte man sich ja selbst als darstellender Künstler nicht bloß machen. "Es gibt beides, glaube ich", überlegt Lùisa, "selbst wenn man autobiographisch schreibt, spitzt man ja doch Sachen zuweilen zu. Deswegen hat das immer auch einen dramatisch/fiktiven Charakter. Selbst wenn ich also etwas selbst erlebt habe, habe ich doch die eine oder andere Situation dazu gedichtet. Oder ich steigere mich in die Situation dann richtig rein - obwohl es vielleicht gar nicht genauso war. Ich glaube, es hat immer auch etwas inszeniertes und ist nicht alles immer wie im Tagebuch." Sollte nicht überhaupt die Musik etwas größer als das Leben sein? "Das ist sie auf jeden Fall ein bisschen", bestätigt Lùisa, "ich glaube, dass die Musik das Leben irgendwie spiegelt. Immer wenn ich eine Platte gemacht habe, dann weiß ich, dass ich die in einer bestimmten Phase gemacht habe, in der ich dann dieses und jenes erlebt und verarbeitet habe. Ich mache zwar persönliche und autobiographische Musik, aber trotzdem glaube ich, dass die Musik das etwas ästhetisiert und dadurch wird dann zum Beispiel aus der Scheiße im Rückblick dann vielleicht doch ein gutes Erlebnis - und dadurch hat die Musik dann auch schon etwas vergrößenderes."

Wie kam es denn zu der Zusammenarbeit mit Tobias Siebert - der sich ja immer mehr über seinen Produzentenstatus zu definieren scheint? "Das war zwei, drei Anläufen mit Produzenten geschuldet, wo nicht der kreative Funken übergesprungen ist", berichtet Lùisa, "Tobi hat lange Zeit mit Felix von Torpus And The Art Directors zusammen gewohnt und der hat immer von Tobias geschwärmt, weil das immer so eine Mischpoke ist. Und dann hat mir Enno Bunger auch noch mal den Tobias empfohlen. Daraufhin hat mich dann aber Tobi angerufen und gemeint, dass er voll Bock auf eine Zusammenarbeit hätte." Gab es da denn schon Ideen für die Scheibe? "Ja, ich habe mir gesagt, dass ich ja eigentlich ganz genau weiß, wie ich die Platte haben wollte und wie der Sound sein sollte", führt Lùisa aus, "ich muss die Scheibe nämlich vorher immer gut vorproduziert und ausgetüftelt haben, bevor ich dann ins Studio gehen und mich fallenlassen kann. Ich denke, dass der Tobi jemand ist, der beides ganz gut kann: Er kann dir total helfen, wenn du noch gar keinen Song fertig hast, wenn du ins Studio kommst und hilft dir dann, dich zu strukturieren - aber er findet es auch total okay, wenn du sagst, wie du es haben möchtest und du eine Soundvision und Referenzen hast. So war es dann bei mir. Dadurch haben wir uns dann total gut ergänzt, weil er halt so ein Sound-Magier ist." Eine vielleicht dumme Frage: Wenn doch schon eine klare Vorstellung vom Sound der Scheibe bestand: Warum hat Lùisa diese denn nicht gleich selbst produziert? "Ich glaube, ich bin eher Songwriterin und Arrangeurin", wägt sie ab, "und habe eigentlich immer nur das Kreativkonzept. Betreffs des Engineering bin ich einfach noch nicht so weit - speziell in Bezug auf das Schlagzeug. Ich wusste, dass ich Live-Grooves haben will und ich finde, dass man dafür ein bestimmtes Gefühl und Timing braucht, um die Wärme einzufangen. Das ist eine Wissenschaft für sich, so dass ich mir dachte, dass es toll wäre, solche Sachen dann einfach auch abgeben zu können. Es ist gut, für diesen Prozess jemand zu haben, der dich spiegeln kann und du dich dann auch einfach mal nur auf das Singen konzentrieren kannst."
Kommen wir mal zur Musik: Die neuen Songs sind ganz anders strukturiert als jene, die Lùisa im Allgemeinen bisher geschrieben hat. Ohne dass das als Kritik aufgefasst werden soll, sind die konventioneller aufgebaut, orientieren sich am klassischen Songformat mit Strophe und Refrain - und bieten dennoch genügend musikalische Überraschungen, die dieses Format dann auch gleich wieder aufbrechen. Ist das Kalkül, Zufall oder eine natürliche Progression? "Teils teils", räumt Lùisa ein, "ich habe mich schon bewusster mit Songstrukturen und Arrangements auseinandergesetzt als bei der letzten Platte, die ja nur mit der Gitarre entstanden sind. Da konnte ich dann nachher auch erkennen, wie die einzelnen Parts zusammen hingen. Es waren also schon bewusste Entscheidungen, bestimmte Parts so zu machen und so nicht." Teilweise hört sich das an, als ob die Stücke aus mehreren Songfragmenten zusammengesetzt sind. "Es ist ganz oft so, dass sich viel erst im Prozess des Schaffens entscheidet. Das Bewusste passiert dann vor dem Computer. Im Proberaum habe ich aber ganz oft das Gefühl, dass einem der Song selber sagt, wo es hingehen soll - und einen durch bestimmte Inspirationen dazu bringt, in eine andere Richtung zu gehen, eine Stimmung mal kippen zu lassen oder eine Erwartung nicht zu erfüllen. Es ist eine Symbiose aus Beidem." Das Ergebnis dieses Prozesses führt dazu, dass auf "New Woman" jeder Song sein eigenes musikalisches Mäntelchen hat. Was hält das Ganze - außer des eigenen Gesangs - für Lùisa zusammen? "Ich glaube schon, dass so ein Grund-Sound da ist", überlegt sie, "es gibt einige Referenzen, die aus den 80s kommen. Die Soundästhetik mit den Synthies und den verhaltenen Gitarren und diesen Hybrid-Drum-Sounds ergibt eigentlich einen roten Faden - aber dadurch, dass die Songs eben unterschiedlich sind, nicht alles zu ähnlich klingt."

Entstehen die Songs eigentlich auf eine bestimmte Weise? "Ich mache eigentlich immer die Musik zuerst", erläutert Lùisa, "ich bin doch ganz oft von einem Groove oder einer Akkordfolge fasziniert. Ich komme vermutlich schon mit einer bestimmten Stimmung rein, und übertrage das dann auf die Musik - und das ergibt dann eine Art Rückkopplung auf den Text." Gibt es dafür ein konkretes Beispiel? "Ja, bei dem Song 'Deep Sea State Of Mind' war es mir wichtig, dass die ganze Soundscape auch so diesen Tiefsee-Charakter hat - mit Synthesizern, die ein bisschen blubbern oder dieses Echolot erzeugen. Das hat für mich gleich eine U-Boot-Assoziation - und dann dreht sich der ganze Text um das Tauchen und tiefer Schwimmen. Die Text und Musikverzahnung ist mir total wichtig, so dass ich mir fast schon bewusst semantische Felder überlegen - etwa: was passt zu diesem Tiefsee-Bild? Beispielsweise eine Taucherglocke. Daraufhin wird dann die Musik noch mal angepasst. Eigentlich ist das immer ein bisschen Ping-Pong." Ist das nicht schwieriger, einen Text auf schon bestehende Musik anzupassen? "Teils", zögert Lùisa, "ich habe oft eher das Gefühl, dass ich dann eine Linie habe, die schon da ist. Wenn das Grundgefühl so schon da ist und man ein paar Bilder schon im Kopf hat, dann geht das. Ich finde es fast schwerer einen Text aus der Luft zu greifen. Ich finde aber beide Prozesse cool."
Lùisa
Wovon lässt sich Lùisa stilistisch inspirieren? "Von Musik, die ich selber gerne höre", erklärt sie, "ich merke auch, dass ich versuche, bestimmte Sachen dann nachzubauen. Es kann zum Beispiel passieren, dass wenn ich dann jamme, ich einen Groove erkenne und mir sage: 'Krass - das hat sich hier wiedergefunden und klingt durch mich ganz anders'. Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich schon bewusst Musik höre, wenn ich Arrangements mache - um herauszufinden, wie andere dies und jenes machen. Ich höre dann auch auf Texte. Das können aber ganz verschiedene Sachen sein wie Filme oder Sachen die ich selber lese oder Sachen, die ich aufgeschnappt habe." Was ist die größte Herausforderung als Songwriterin für Lùisa? "Die größte Herausforderung ist den Spagat zu schaffen zwischen Kopf und Herz", führt sie aus, "wenn ich über Struktur und Arrangements nachdenke, dann bin ich ja auf einer analytischen Ebene. Wenn ich Songs schreibe, ist es oft so, dass man erst mal nur zulässt, was da ist. Jedenfalls hat sich das für mich bewährt - nach dem kathartischen Prinzip einfach mit ein paar Akkorden einem Gefühl einen Ausdruck zu geben. Je mehr man über Musik technisch und strukturell nachdenkt und weiß, desto schwieriger ist es aber, sich in dieser Weise fallen zu lassen und das nicht sofort mit etwas anderem zu vergleichen oder nicht gleich den Kopf anzuhaben, weil man den ganzen Tag rumgerödelt ist. Es ist schwer, sich diesen Raum zu erhalten, wo man disconnected ist und diese wichtige Einsamkeit zu erhalten." Das kann man aber doch nicht kontrollieren, oder? "Ne - das kann man eben nicht", lacht Lùisa, "man kann es vielleicht begünstigen. Dann muss man sich in Stimmung bringen mit einem schönen Abend und einem Gläschen Wein. Das hilft dann mehr, als sich mit Facebook zu beschäftigen."

Welche Pläne hat Lùisa denn für die Zukunft - also mal abgesehen davon, dass es mit der Live-Musik irgendwann mal weitergehen möge? "Das ist wirklich schwierig zu sagen, weil ich immer das Gefühl habe, dass man sich ja auch selber überraschen darf", zögert Lùisa, "ich glaube, ich habe das Gefühl, dass die Sachen, an denen ich gerade schreibe, wieder 'rougher' sind und ich habe auch gerade eine Phase, in der ich gerne rockige Sachen höre. Ich denke, dass ich zukünftig wieder mehr an der Gitarre bleibe und mehr so mit Live-Dynamik arbeiten werde - und nicht mehr so viel mit elektronischen Sachen arbeiten werde."
Weitere Infos:
listentoluisa.com
www.facebook.com/listentoluisa
twitter.com/listentoluisa
www.instagram.com/listentoluisa
www.youtube.com/watch?v=DkwuMuCgnWM
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Lùisa
Aktueller Tonträger:
New Woman
(Nettwerk/Warner Music)
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