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KONNI KASS
 
Musik als Wissenschaft
Konni Kass
Als die von den Färöer-Inseln stammende Musikerin Konni Kass 2016 ihr Debüt-Album "Haphe" veröffentlichte, war noch gar nicht so recht klar, in welche Richtung es für sie gehen sollte. So war Konni damals auf der einen Seite noch nach der Suche nach einem eigenen musikalischen Stil als Musikerin - hielt sich aber andererseits noch die Möglichkeit offen, als Medizinerin tätig zu werden. Das hing damit zusammen, dass sich Konni nach einer Ausbildung als Jazz-Sängerin in Schweden zunächst an der Universität in Kopenhagen für ein Medizinstudium eingeschrieben hatte. Die Sache mit der Musik kam dann sozusagen "dazwischen". Songs hatte sie aber schon längere Zeit geschrieben und als sie dann die Möglichkeit hatte, mit ihren Musikern Torleik Mortensen, Knút Háberg Eysturstein und Per Ingvaldur Højgaard Petersen zusammen an ihrem Material zu arbeiten, entstand nach und nach der Soundmix, der sich auf "Haphe" manifestierte. Es gab dann eine Mischung aus E-Pop, Soul und nicht zuletzt Jazz (denn Konni ist auch als Saxophonistin tätig), der vor allen Dingen von Konnis starken Melodiebögen und ihrem einfühlsamen Gesang zusammengehalten und getragen wurde. Heutzutage ist die Sache etwas klarer: Konni hat ihr Medizin-Studium beendet und teilt ihre Zeit zwischen ihrer Arbeit als Doktorin im Krankenhaus und Musikerin auf.
"Ich habe mein Medizin-Studium Anfang 2020 beendet", berichtet Konni, "damals hatte ich mir vorgenommen, mir das ganze Jahr für die Musik freizuhalten. Aufgrund der Pandemie konnte ich dann aber natürlich vieles nicht machen. Eine Tour für Mai musste ich etwa mehrfach verschieben. Aber ich habe dann das Album vorbereitet und Musik-Videos produziert. Und dann habe ich während der Pandemie auch wieder im Krankenhaus gearbeitet." Die Stücke, die sich nun auf ihrem zweiten Album "Diplopia" finden, sind zwar bereits vor einiger Zeit entstanden, Konni nutzte allerdings die Chance, das Material während der Pandemie mit ihren Musikern und dem neu hinzugekommenen Produzenten Jens Ladekarl Thomsen in eine neue musikalische Richtung zu führen, denn "Diplopia" kommt nun als lupenreine Pop-Scheibe daher. "Ja, die Songs hatte ich schon vor 2017 geschrieben und wir hatten sogar schon im Herbst 2017 angefangen, an dem Material zu arbeiten", erzählt Konni, "es gab das einiges, was wir lernen und verwenden konnten - aber ich habe mich dann in eine andere Richtung als ursprünglich geplant orientiert. Ich weiß gar nicht, wie das passiert ist. Wir haben jedenfalls viel Zeit damit verbracht, herauszufinden, was ich denn eigentlich wollte und eine Vision für das Album zu entwickeln, bis ich mich letztlich entschloss, eine Pop-Scheibe zu machen. Ich habe dann sehr lange Zeit mit dem Produzenten an den Songs gearbeitet und auch vieles von dem, was wir schon aufgenommen hatten, editiert. Das ergab dann einen interessanten Mix aus den bestehenden Aufnahmen, Samples davon, die wir veränderten und neuen Aufnahmen, die wir später im Studio gemacht haben. Das Album ist dann letztlich in vielen verschiedenen Studios in Dänemark, auf den Färöer-Inseln und in London entstanden. Das lag daran, dass, ich in Dänemark, meine Band auf den Färöer-Inslen und der Produzent in London lebten. Wir haben uns dann alle paar Wochen ein paar Tage getroffen und daran gearbeitet. Das war also kein sehr intensiver Prozess, der sich dafür aber über eine sehr lange Zeit hinzog." Welchen Einfluss hatte dann der Produzent Jens Ladekarl Thomsen? "Er hatte mit seiner Produktion einen großen Einfluss", bestätigt Konni, "aber er ist auch ein elektronischer Musiker, der viele verschiedene elektronische Sounds verwendete. Die Scheibe ist deshalb wohl weniger organisch als das erste Album ausgefallen." Dennoch klingt das Ganze nicht steril. Was wohl daran liegt, dass vieles live eingespielt wurde, richtig? "Ja, das stimmt", führt Konni aus, "und wir haben ja auch Samples unserer Aufnahmen verwendet, die wir dann verändert haben. Jens fand das ziemlich witzig. Er wollte, dass alle Sounds auf dem Album letztlich von uns selbst stammten - und ansonsten niemand mehr hinzugezogen werden müsste."

Einen Aspekt müssen wir noch mal hinterfragen: Insbesondere bei ihren Live-Shows begeistert Konni mit ihren hinreißenden Saxophon-Soli. Auf dem "Haphe"-Album gab es dann aber so gut wie keine Sax-Parts, während es auf "Diplopia" jetzt zwar jede Menge Saxophon-Einlagen gibt - aber in einem vollkommen anderen Kontext. Wie sieht Konni selbst die Sache? "Nun, ich wollte, dass auf dem neuen Album durchaus mehr Saxophon zu hören ist - aber ich wollte keine Soli spielen, damit es nicht etwa in eine Jazz-Richtung ginge, sondern das Saxophon als zusätzliche Klangfarbe einsetzen", verrät Konni, "Jens Ladekarl Thomsen war sehr gut darin, die Saxophon-Partien in das Sounddesign zu integrieren. Auf der Bühne werde ich aber auch weiterhin wieder Soli spielen."
Der Name des Albums "Diplopia" bezieht sich auf den Effekt des Doppel-Sehens durch Schielen. Das ist ein Begriff aus der Medizin, den Konni während der Vorbereitung für ihr Examen gefunden hatte und der nach ihrer Ansicht die zwei Seiten ihrer Tätigkeitsfelder symbolisiere. Das ist ein interessanter Punkt, denn Konni sagte ein Mal, dass für sie Medizin und Musik gleich wichtig seien - und sie keinem von beidem den Vorzug gäbe. Wo aber sieht sie für sich die Verbindung zwischen der Medizin und der Musik? "Für mich ist Musik eine ziemlich mathematische Angelegenheit", gesteht Konni, "wenn ich an Musik arbeite, dann hat mich Musiktheorie immer schon sehr interessiert. In diesem Sinne stehen die logischen Aspekte und Systeme aus der Musik dann mit der Medizin in Beziehung. Da gibt es meiner Meinung nach dann eine Überschneidung." Bedeutet das, dass Konni die Musik dann auch als Wissenschaft betrachtet? "Im Grunde schon", meint Konni, "ich weiß natürlich, dass das ungewöhnlich ist." Wirkt sich diese Überlegung dann auch auf den Inhalt des Albums aus? Ist das sozusagen "wissenschaftlich" entstanden? "Nein - denn die Songs auf diesem Album entstanden ja über einen sehr langen Zeitraum", überlegt Konni, "und in diesem Sinne erhielten sie dann schließlich alle ihre eigene Identität. Für mich fühlen sie sich eher wie Singles an als ein Album mit einer Story, wie das beim ersten Album der Fall war. Was ich feststellte, war, dass die Hälfte der Songs dann eher düster und die andere Hälfte eher fröhlich waren. Diesen Aspekt wollte ich dann herausarbeiten. Worauf wir dann noch geachtet haben, war dass wir die Songs paarweise zusammen fassten. Für jeden Song gibt es also ein Gegenstück - wie z.B. im Falle von 'Nighttime' und 'Sunlight'."

Nicht nur in Bezug auf das Aussehen von Worten hat Konnis Musik eine stark visuelle Qualität, sondern auch in Bezug auf die Präsentation - beispielsweise das Artwork und die Videos betreffend. "Ja, die Videos mache ich aber nicht selbst", räumt Konni, "da ich keine Filmemacherin bin, verlasse ich mich da auf Menschen, denen ich vertraue - wie Kirstin Helgadóttir und sage diesen denn, dass sie sich austoben und machen können, was sie wollen." Auf das Video zu dem Song "Boy", bei dem nicht Kirstin Helgadóttir von, sondern Trygvi Danielsen Regie führte, müssen wir aber wegen der ungewöhnlichen Story gesondert eingehen: Ein junger Bräutigam wird augenscheinlich von einer Horde charmanter Vampir-Bräute verfolgt, die ihm aber gar nichts tun, sondern stattdessen alle aus dem Weg räumen, die ihm im Weg stehen könnten. Schließlich trifft der Herr auf die Hochzeitsgesellschaft - bei der aber keine Braut, sondern sein Bräutigam auf ihn wartet. WTF? Das hat doch mit dem Song nichts zu tun? "Nein, das stimmt", gesteht Konni, "ich war ja auch erst ein wenig skeptisch, als Trygvi mir das Konzept und die Geschichte mit den Vampirbräuten erklärte - habe mich dann aber auch deswegen darauf eingelassen, weil ich damit die LGTB-Community unterstützen und ein Zeichen für Diversity auch auf den Färöer-Inseln setzen wollte." Ist das denn notwendig? "Heutzutage nicht mehr so sehr", führt Konni aus, "aber es ist so, dass die Färöer-Inseln auf gewisse Weise wie ein Dorf mit einer sehr traditionellen, teilweise religiös geprägten Gesellschaft mit vielen älteren Leuten sind. Die sind inzwischen total cool mit den LGTB-Sachen - sie mussten aber erst mal damit konfrontiert werden und sich daran gewöhnen, wozu ich auch ein wenig beitragen wollte."
Wie sich der Weg von Konni Kass weiter entwickeln wird, hängt natürlich auch davon ab, wie sich die Pandemie weiterentwickelt. Zunächst mal hat sie einige Konzerte in Skandinavien angesetzt und ihre eigentlich für letztes Jahr geplante Tour ins kommende verschoben.
Weitere Infos:
www.facebook.com/konnikass
linktr.ee/konnikass
konnikass.com
www.instagram.com/konnikass
soundcloud.com/konnikass
www.youtube.com/watch?v=VOTa6iVp9Zg
www.youtube.com/watch?v=9az69sunIiY
www.youtube.com/watch?v=hSg4x2L32_A
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Kirstin Helgadóttir-
Konni Kass
Aktueller Tonträger:
Diplopia
(KoKa)
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