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KING HANNAH
 
Geschichten statt Gefühle
King Hannah
Es gibt Bands, die ihre erste Scheibe als Spielwiese für die eigene musikalische Identitätsfindung betrachten - und sich oft genug im Nebel des Möglichen verlaufen. Hannah Merrick und Craig Whittle alias King Hannah gehören auf keinen Fall zu dieser Spezies. Sowohl Hannah als auch Craig waren zuvor bereits in diversen Musikprojekten und als Songwriter tätig - und als sie dann schließlich zueinander fanden, stellte sich schnell heraus, dass sie auf der gleichen Welle aus düsterer 90s Grunge-Ästhetik, Kaputnik-Blues und Noir Rock schwammen. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum bereits die im letzten Jahr erschienene Debüt-EP "Tell Me Your Mind And I'll Tell You Mine" und schon gar das nun vorliegende Debüt-Album "I'm Not Sorry, I Was Just Being Me" mit einer klaren musikalischen Vision, einem ausformulierten Sounddesign und vor allen Dingen einer Attitüde überzeugen, die keinen Widerspruch duldet.
Was haben Hannah und Graig denn gemacht, bevor sie als King Hannah in Liverpool zusammen fanden? Denn es wird immer wieder berichtet, dass Craig und Hannah sich schon längere Zeit bei musikalischen Aktivitäten verfolgt hätten, bevor es zum Zusammenschluss kam. "Ich habe immer schon das Gleiche gemacht", meint Hannah, "das ist Songs zu schreiben und zu singen. Ich habe auch immer angestrebt, in einer Band zu spielen und von einem Label unter Vertrag genommen zu werden. Ich war also immer in Bands tätig, habe nebenher meine Songs geschrieben und Jobs angenommen, um das ganze zu finanzieren. Es hat sich also gar nicht so viel geändert." "Ich habe angefangen Gitarre zu spielen als ich etwa 13 war", erinnert sich Craig, "damals war das eher folky und bluesig - obwohl ich keine Blues-Erfahrungen als solche habe. Man muss ja erst mal seinen eigenen Stil finden." Heutzutage ist die Musik von King Hannah schwer zu kategorisieren - und irgendwo zwischen Kaputnik-Blues, Rock, Indie-Noir-Pop und Darkwave angesiedelt. "Wir finden es selbst immer schwer zu beschreiben, was unsere Musik eigentlich ausmacht", versucht Craig, das aufzulösen, "es ist ein Mix verschiedener Dinge. Als wir anfingen, waren wir etwas folkiger und jetzt ist es krachiger und wir werden auch immer krachiger. Wir haben aber keine bestimmten stilistischen Backgrounds." "Noch eine Sache", ergänzt Hannah, "wenn wir unsere Songs schreiben, stellen wir uns immer schon vor, wie wir sie live spielen wollen. Wenn wir uns das dann vorstellen können, und uns auch vorstellen können, dass sich die Zuhörer in einer solchen Performance verlieren könnten, dann sind wir auf dem richtigen Weg." Und wie findet man zu einem solchen Setting? Durch Jam-Sessions? "Im Wesentlichen ja", bestätigt Hannah und Craig ergänzt: "Die instrumentalen Teile spielen wir uns gegenseitig zu. Ich versuche dann immer so spontan Gitarre zu spielen, dass ich auf Dinge reagieren kann." Werden die Songs dann anschließend editiert - oder gar in ersten Takes spontan eingefangen? "Wir arbeiten schon mit mehreren Takes", gesteht Craig, "die ersten Takes dienen dann dazu, die Mikro-Positionen zu finden - denn wir haben uns das Studio, in dem wir alle zusammen aufnehmen können, ja nur gemietet. Die Aufnahmen gehen dann aber ziemlich schnell vonstatten." "Das ist aber ein Kompliment für uns, dass du das annimmst, dass es erste Takes sind", ergänzt Hannah.
King Hannah
Gibt es denn ein bestimmtes Sound-Design, das King Hannah im Studio anstreben - oder geht es gleich nur darum, einen Live-Sound zu emulieren? Denn die Aufnahmen klingen allesamt sehr erdig, füllig und körperlich. "Ich denke, es muss einfach wie ein Raum voller Leute klingen, die zusammen einen Song spielen", meint Craig, "das ist das, was wir erreichen möchten. Wir haben dabei mit Ted White zusammengearbeitet, der auch die EP produziert hat. Er ist ein Freund von uns, der auch Synthesizer spielt. Wir sind offen für Ideen, aber wir haben auch eine feste Vorstellung von dem, was unsere Musik ausmachen sollte." "Ja, aber Ted hat auch einige Sounds bei einigen Songs beigetragen", ergänzt Hannah, "es kommt dann aber auf den Song an. Zuweilen hätte er vielleicht mehr machen wollen - blieb dann aber bei seinen Aufgaben als Tontechniker." Hannah ist auch für die Texte der Songs zuständig. Dabei legt sie ein bemerkenswertes Maß an Offenheit an den Tag und scheut auch nicht, im allgemeinen unterrepräsentierte Themen wie z.B. das Bettnässen anzusprechen - auch wenn man sich nie so ganz sicher sein kann, worüber sie eigentlich singt. "Also meine Texte sind schon super persönlich" räumt Hannah ein, "es gibt also nichts, was nicht real oder wahr ist oder nicht passiert ist. Sie sind also auch autobiographisch. Das kommt von den Künstlern, die ich mir selbst anhöre und mag. Ich liebe es, Geschichten zu erzählen. Wenn sich aus etwas in meinem Kopf zu einer Geschichte zusammenfügt, dann ist das für mich fein." Klassisches Storytelling ist das aber nicht, was Hannah macht, oder? "Nein nein nein", räumt sie ein, "ich setze mich hin und was immer dabei herauskommt, kommt eben raus. Es gibt keinen Plan und keine Spur, die ich verfolge. Ich denke mir etwas aus und schreibe das hin, ohne großartig darüber nachzudenken oder es zu analysieren." Geht es dabei auch darum, Emotionen einzufangen? "Wie meinst du das?", fragt Hannah, "ich denke nicht. Wenn ich überhaupt an etwas denke, wenn ich Songs schreibe, dann an etwas, was passiert ist und nicht wie ich mich gefühlt habe. Es geht nie um die Gefühle und immer um die Geschichte." Welche Funktion haben dann die Texte für Hannah? "Warum ich das mache, meinst du?", zögert Hannah, "also für mich kommt es immer auf dasselbe hinaus: Ich muss mögen, es zu singen. Das mag sich egoistisch und nervig anhören - es ist aber so. Wenn ein Text für mich Sinn macht und sich gut singen lässt, dann reicht mir das." Dass ein Text für Hannah Sinn macht, heißt ja nicht, dass er auch für den Hörer Sinn macht. Sind Hannahs Texte also offen zur Interpretation? "Ich denke, es ist schön, wenn jemand meine Texte auf seine eigene Art interpretieren möchte", meint Hannah und Craig ergänzt: "Das ist ja, worum es bei der Kunst geht, dass die Leute sie aufnehmen und sich zu eigen machen. Das ist ja eines der besten Dinge, was Kunst angeht."
Wenn es bei King Hannah nicht um die Kontrolle von Stil und Inhalt geht - was wird dann kontrolliert? "Das ist eine gute Frage", meint Hannah erstaunt, "ich würde sagen, das Gesamtklangbild." "Ja, definitiv", bestärkt Craig, "vieles, was wir machen ist spontan und auf vieles reagieren wir dann auch spontan. Es gibt aber klangliche Dinge, die wir mögen - aber auch welche die wir nicht möchten. Wenn etwas zu produziert klingt, dann fangen wir lieber noch mal von vorne an oder aber nehmen alles etwas zurück. Am Ende zählt dann allerdings nur, ob es uns gefällt oder nicht." "Man kann aber den Klang oder die Art, wie ein Instrument schon gut kontrollieren", ergänzt Hannah, "wenn wir ins Studio gehen, dann wissen wir klanglich nämlich exakt in welche Richtung wir wollen. Wir haben sogar Referenz-Stücke zur Hand. Wir sagen uns dann, wie wir was klingen lassen wollen und das ist dann auch das, was wir kontrollieren wollen." Klappt das denn? "Na ja, zuweilen schon", berichtet Craig, "aber manchmal klappt es eben nicht und dann sollte man der Sache mehr Zeit widmen. Man will ja auch niemanden kopieren." Warum sind die King Hannah-Tracks denn stets so dräuend und düster? "Weil die beste Art von Musik nun mal düster ist", erläutert Craig, "ich würde mich immer einem traurigen Song den Vorrang vor einem fröhlichen geben. Und zwar jedes Mal. Ein bisschen Humor hier und da kann hingegen nicht schaden - das hellt die Dinge dann ein wenig auf. Wir lachen schon eine ganze Menge - also als Leute, nicht als Musiker..." "Es ist auch so, dass wir die Musik der 90er sehr lieben und schätzen", fügt Hannah hinzu, "das war schon immer so. Und in den 90ern war ja auch alles cool und es gab gutes, düsteres Zeug. Das ist also für uns immer ganz natürlich gewesen." Das, was King Hannah machen, ist ja für sich ein cooler Mix, aber eben nur ein Mix und nichts weltbewegend Neues - da sie ja mit konventionellen Mitteln in konventionellen Settings arbeiten. Wie haben Craig und Hannah denn hier ihre musikalische Identität finden können? "Ich denke, das läuft alles darauf hinaus, dass wir es einfach lieben, Musik zu spielen und uns dabei dann nicht ausschließlich an der Musik der 90s orientieren. Wenn ich Gitarre spiele, dann versuche ich die krachigeren Sounds der 90s mit ein wenig 70s Flair zu kombinieren und so das Ganze etwas auszuweiten. Es ist dann vielleicht der Mix solcher Dinge, der unsere Musik auszeichnet und es andererseits schwierig macht, sie einzuordnen." Was ist denn die größte Herausforderung dabei? "Es ist alles ziemlich herausfordernd", gibt Hannah zu bedenken, "nichts ist wirklich einfach. Es ist schwierig das zu sagen - und ich weiß es auch nicht genau. Ich denke eine Herausforderung ist, so wahrgenommen zu werden, wie man wahrgenommen werden möchte. Ich weiß immer ganz genau, wie ich wahrgenommen werden möchte - weiß aber nicht, ob das auch immer so funktioniert, wie ich es mir vorstelle." "Ich denke, wir versuchen immer einen bestimmten Sound einzufangen", grübelt Craig, "ich schreibe ja nicht so viele Songs wie Hannah - aber für mich ist die Schwierigkeit immer die, eine Möglichkeit zu finden, das, was ich in meinem Kopf höre, auf das Band zu bringen und es dann genauso klingen zu lassen, wie ich es mir vorgestellt habe."

Wenn man sich die Songs der EP und der LP chronologisch anhört, dann kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass da bereits eine stilistische Entwicklung stattgefunden hat. Haben King Hannah in diesem Sinne bereits einen Plan für ihre musikalische Zukunft? "Wir hoffen natürlich auf Album #2, oder?", fragt Hannah in Craigs Richtung, "wir werden es auf jeden Fall machen, denke ich - egal was passiert. Aber was den Sound angeht, ist das schwierig einzuschätzen. Wir schreiben ständig Sachen und versuchen immer gleich, diese aufzunehmen - aber das ist nichts, was wir planen können, schon gar nicht, was den Sound betrifft. Wenn man etwas macht, was man mag, dann ist es immer wert das weiterzuentwickeln - egal, wie es klingt." "Ja und indem wir die Sachen jetzt live spielen - was wir zuvor ja nicht nicht gemacht haben - werden wir ja auch immer wieder neue Dinge lernen. Das ist also ein andauernder Prozess für uns." Was das Live-Spielen betrifft, so sind natürlich auch King Hannah abhängig von den Entwicklungen der Pandemie. Ein erster Trip auf deutsche Bühnen beim letztjährigen Reeperbahn Festival machte jedenfalls deutlich, dass es King Hannah auch in dieser Hinsicht ernst ist.
Weitere Infos:
kinghannah.bandcamp.com
www.facebook.com/kinghannahmusic
www.kinghannah.com
www.instagram.com/kinghannahmusic
www.youtube.com/watch?v=C4rRDuRkYYg
www.youtube.com/watch?v=kmmOnqfFwc4
www.youtube.com/watch?v=s9NvnTDMS3I
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Katie Silvester-
King Hannah
Aktueller Tonträger:
I'm Not Sorry, I Was Just Being Me
(City Slang/Universal)
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