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SUKI WATERHOUSE
 
Zwischen Erinnerungen und Realität
Suki Waterhouse
Der Name Suki Waterhouse dürfte interessierten Musikfreunden bislang lediglich eher zufällig aufgefallen sein, denn bisher machte die vielbeschäftigte Schauspielerin, Photographin, Influencerin, Accessoire-Designerin und Werbe-Ikone in musikalischer Hinsicht in den letzten Jahren lediglich durch einige einzelne Songs auf sich aufmerksam, die sie in Eigenregie produzierte und als Videos ins Web stellte. Irgendwie fand Suki aber zwischen den unzähligen Jobs in ihren verschiedenen Professionen und ihren komplexen privaten Beziehungsgeflechten aber nun auch noch Zeit, mit dem renommierten Produzenten-Kollegen Brad Cook ein komplettes Album namens "I Can't Let Go" mit selbstgeschriebenen, autobiographisch geprägten Songs in Eigenregie zu realisieren und zu produzieren - und dann auch noch einen Vertriebsdeal mit dem legendären Indie-Label Sub Pop einzustielen. Um ein Hobby-Projekt handelt es sich dabei keineswegs, denn mit diesem Album schrieb sich Suki einige Traumata von der Seele und öffnet sich dabei in persönlicher Hinsicht in einem Maße, wie ihr das hinter den schillernden Oberflächlichkeiten in der Film- und Mode-Branche nicht ohne weiteres möglich gewesen wäre.
Wir erreichen Suki Waterhouse nicht im heimischen London, sondern in Los Angeles, wo sie gerade an der Fernsehserie "Daisy Jones & The Six" arbeitet - in der sie zufällig gerade eine Musikerin verkörpert. "Ja, ich bin in L.A. und arbeite da mittlerweile schon seit zwei Jahren an dieser Serie", berichtet Suki, "das sollte alles nur sechs Monate dauern - aber es entwickelte sich zur unendlichen Geschichte. Ich fühle mich dadurch aber, als wäre ich wirklich in einer Band und kann mir gar vorstellen, dass mit etwas fehlt, wenn das alles mal fertig ist." Worum geht es denn in der Serie? Sie basiert ja wohl auf dem Roman von Taylor Jenkins Reid, der die Geschichte einer Rockband in den 70s schildert? "Ja genau - ich spiele Karen Sirko, die Keyboarderin in dieser Band", verrät Suki - und erwähnt dabei nicht, dass sie erst für diese Rolle das Klavierspielen erlernt hatte, "die Serie verfolgt die Leben der Musiker(innen) und schildert, wie sie zusammen kamen und die Beziehungen zwischen ihnen. Das Buch ist großartig, weil es nah am Leben ist und authentisch den Zeitgeist einfängt." Nun ist das so, dass Suki in dieser TV-Serie - ähnlich wie mit der Rolle, die sie in dem Indie-Film "Bittersweet Symphony" verkörpert - aber eben nur eine Musikerin spielt. Mit ihrer nun vorliegenden Debüt-LP "I Can't Let Go" beweist sie aber nun eindrucksvoll, dass sie auch tatsächlich eine ist. In der Tat klingt die Scheibe, als arbeite Suki schon seit Jahren an diesen Songs. "Das kommt daher, dass dem tatsächlich auch so ist", schmunzelt Suki, "tatsächlich präsentierte sich das alles für mich als eine Art Notwendigkeit. Für mich gab es da einfach das tiefgehende Bedürfnis, diese Art von Arbeit machen zu müssen. Ich entwickelte dafür eine Art von Disziplin außerhalb dessen, was ich sonst in meinem Leben so mache. Wenn ich einen Song über jemandem - oder etwas, was ich erlebt hatte - schreiben wollte, fühlte ich mich von dem inspiriert, was ich erlebt hatte - all die 'Hochoktan'-Erlebnisse etwa. Ich habe auch Dichterinnen wie Ariana Reines gelesen - und alles mögliche, was ich sonst noch im Regal hatte. Und daraus ergab sich dann für mich die Dringlichkeit, meine Begeisterung einfangen und teilen zu wollen." Heißt das dann, dass Suki ihre Songtexte auch als Gedichte interpretiert? "Ich denke schon", meint sie, "das ist eine Kombination aus Erinnerungen, die sich in Jahren angesammelt haben. Alle diese Songs wuchsen sozusagen mit der Zeit wie von selbst. Der Ursprung lag dabei meist bei irgend einer Art von Schmerz. Das ist für mich auch sehr speziell, wenn ich diese Texte dann singe, denn für mich fühlt sich das dann geradezu belebend an. Es ist nämlich so, dass ich die Songs meistens gerade dann schrieb, wenn ich mich - wegen einer Depression oder einer schmerzlichen Erfahrung - gar nicht in der Lage fühlte, mich zu bewegen. Ich bewege mich dann sozusagen über die Worte in meinen Songs, die für mich dann eine bestimmte Bedeutung habe."

Die Dinge, über die Suki in ihren Songs spricht (und von denen sie nicht lassen kann, wie sie mit dem Titel des Albums deutlich macht), sind natürlich sehr persönlich. In Interviews - beispielsweise über ihre Model- oder Schauspiel-Arbeiten - machte sie mehrfach deutlich, dass sie nicht gerne über persönliche Dinge - speziell nicht über ihre privaten High-Profile-Beziehungsgeschichten - reden möchte. Ist das Schreiben von konfessionellen Songs dann vielleicht sogar Sukis Art, über persönliche Dinge zu sprechen? "Ja, auf jeden Fall", räumt Suki ein, "denn ich bin der Meinung, dass wir in unserer heutigen Gesellschaft dazu tendieren, einfach viel zu viele Details mitzuteilen. Mir geht es aber immer um das Gefühl. Die Details sind sowieso unzuverlässige Erzähler - weil sie ja deine eigenen sind. Jeder lebt irgendwie in diesem seltsamen Zwischenbereich von Erinnerungen und der Realität. Ich bin definitiv der Meinung, dass die effektivste Weise mit dieser Tatsache umzugehen der ist, Songs darüber zu schreiben." Und die Details dabei wegzulassen. Auf jeden Fall hat sich Suki Gedanken über dieses Thema gemacht. Gibt es dabei auch einen philosophischen Aspekt, den sie mit ihren Songs zum Ausdruck bringen möchte? "Also ich weiß nicht ob ich das philosophisch nennen würde", meint Suki, "ich denke ich bin da eher kindlich in der Art wie ich nicht von etwas lassen kann, bevor ich es ergründet habe."
Wie hat sich denn die musikalische Zusammenarbeit mit Brad Cook ergeben? "Ich wollte einen bestimmten Sound einfangen", erklärt Suki, "ich wollte einen sich verändernden Fluss, gebrochene Erwartungen und eine Art von Glückszustand ausdrücken und suchte nach einem ehrlichen, nicht allzusehr produzierten Sound, der dich aber auch Farben sehen ließe - und nach sich bewegende Klangwolken." Kurz gesagt: Suki ist definitiv keine ausgebildete Tontechnikerin und kommuniziert gewiss nicht auf einer technischen Ebene. "Genau", pflichtet sie bei, "als ich aber den Song 'Cat's Eye Blue' von Hiss Golden Messenger hörte - und überhaupt die ganze Album 'Terms Of Surrender' -, wusste ich, dass ich diesen Sound gefunden hatte. Ich meine: Ich kenne gar nicht viele Musiker und Produzenten - als ich aber wusste, dass ich diese Scheibe machen wollte, dachte ich mir, dass dieser Typ genau das richtige wäre. Und einer meiner Mentoren und guten Freunde ist Dave Sitek von TV On The Radio, der wie ich eine Vorliebe für Filme hat und mit dem ich schon mal an Soundtrack-Musik gearbeitet habe. Er hatte gerade mit Brad Cook gearbeitet und ich habe ihn gefragt, ob er einen Kontakt zu Brad stellen könne und ihn gebeten ihm zu sagen, dass wir schon mal zuvor Musik gemacht hätten." In dem Film "Bitterweet Symphony" spielt Suki eine Songwriterin bei der Arbeit - also beim Schreiben von Songs. Wie macht sie das denn im richtigen Leben? "Für gewöhnlich geschieht das tatsächlich in Momenten der Ruhe", beschreibt Suki den Prozess, "dann fällt mir zum Beispiel eine Zeile ein oder das Thema für eine Geschichte - und dann versuche ich, um diese Kern-Idee herumzuarbeiten. Ich denke dann über mich selbst nach und fülle das ein bisschen aus. So funktioniert es meistens. Es hilft dann auch, wenn ich mich einfach setzen und frei weg aufschreibe, wie ich mich fühle, was gerade passiert ist und was mir in den Sinn kommt und auf diese Weise meine eigenen Ängste zu erkennen. Man findet so eine Menge heraus. Wie gesagt - das geht am besten in Momenten der Ruhe." Und was inspiriert dann Suki musikalisch? "Dann greife ich gerne auf meine Sound-Bibliothek zurück", erklärt Suki, "ich habe eine Mehrspur-Aufnahme-App auf meinem Handy, mit der ich manchmal auch einfach Geräusche aufnehme - beispielsweise wie ich mit Watte über einen Tisch reibe oder wie ich meine Stimmübungen mache. Wenn man die Geräusche dann mag und sich anhört kann das sehr inspirierend sein. Einfach zuzuhören ist aber auch sinnvoll. Ich mag es zum Beispiel mir meine Lieblingsscheiben - wie Aimee Manns 'Mental Illness' intensiv anzuhören, wenn ich Zeit für mich selbst habe - das ist wie ein Zündfunken für mich." Das heißt dann, dass die Musik anderer eine direkte Stimulationsquelle für Suki ist? "Ja natürlich", räumt sie unumwunden ein, "ich liebe Fiona Apple oder Lucinda Williams 'Fruits Of My Labour' oder eben 'Cat's Eye Blue'. Das sind Sachen, die ich mir jeden Tag anhören könnte. Das sind Songs von Leuten, die mir selbst viel bedeuten und die ich zu den Großen zähle."
Suki Waterhouse
Als Musiker(in) will man ja für gewöhnlich niemanden kopieren. Wie hat Suki denn ihre Identität als Musikerin gefunden? Hat sie überhaupt danach gesucht? Oder ergibt sich diese aus dem Prozess? "Ich habe mir vorgestellt, wie ich die Songs aufführen wollte", führt sie aus, "als es an die Produktion ging, habe ich mir immer überlegt, wie das klingen würde, wenn ich etwas live performe - beispielsweise in der Wüste in einer heißen Nacht. Und bei dem Song 'My Mind' habe ich mir vorgestellt, wie er wohl klänge, wenn ich den Song wie ein betrunkenes Mädchen alleine auf der Gitarre in einer Bar singen würde. Oder wie eine 60s Girl-Band wie Shangri Las 'Leader Of The Pack' singen würde - also verführerisch aber mit Hingabe und als letzte Chance. Tatsächlich stelle ich mir also ganz bildlich vor, wie etwas klingen soll und orientiere mich dann daran." Was zeichnet denn gute Songs aus für Suki Waterhouse? "Ich finde es interessant, wenn sich etwas außerhalb der ganz persönlichen Aspekte bewegt", überlegt Suki, "und wenn ich mich darin wiederfinden kann. Für mich zeichnet einen guten Song aus, wohin er mich transportiert. Ein guter Song sollte mir etwa das Herz brechen können für jemanden, den ich nicht mal kenne. Er sollte Gefühle offen legen können, die ich selber vielleicht selber vergessen hatte und er sollte mich eben irgendwo anders hinbringen." Und was ist dann die Herausforderung für sie als Songwriterin? "Ich finde es immer herausfordernd, die Integrität eines Songs zu bewahren", erklärt Suki, "es ist immer wichtig, darauf zu achten, dass der Ton (die Atmosphäre) über den ganzen Song erhalten bleibt. Ich darf mich nicht da nicht von dem Gedanken leiten lassen, mich an einer einzelnen Idee oder bestimmten, isolierten Augenblicken festzubeißen. Ich finde es auch immer wichtig, dass man die feine Linie zwischen der Realität und fantastischen Elementen im Auge behalten sollte."

Mal eine ganz andere Frage: Wieso veröffentlicht Suki ihr Album auf dem Sub Pop Label? Mit ihren Verbindungen hätte sie doch auch einen Major-Vertrag anstreben können? "Also ich habe die Scheibe ja erst mal ohne Label gemacht", gibt sie zu bedenken, "das war ja gerade das schöne daran, dass ich es genau machen konnte, wie ich es wollte. Ich habe aber Sub Pop immer verfolgt und habe deswegen dort versucht. Ich musste sie aber erst mal dazu bewegen, sich die Musik anzuhören - was schwierig war und lange dauerte. Erst mal musste ich darauf drängen, dass sie überhaupt meine eMail aufmachten. Dann gab es erst mal mehrere Gespräche, bis es irgendwie weiter ging. Es ist gar nicht so einfach, ein Label dazu zu bekommen, sich mit deiner Musik auseinanderzusetzen." Nachdem die Sache mit dem Label dann aber zu einem versöhnlichen Abschluss geführt hat, steht noch die Frage im Raum, wie es denn mit einer Live-Präsentation des Albums aussieht? "Ich werde im Mai und Juni ein paar Termine in Europa wahrnehmen und dann in den USA auf eine größere Tour gehen", meint Suki - was dann übersetzt bedeutet, dass wir in Deutschland erst mal nichts von diesen Plänen haben werden - denn mit "Europa" meint Suki England und die Tour in den USA (die inzwischen um etliche Termine als Support für Father John Misty ergänzt wurde) wird Suki bis Oktober in Anspruch nehmen.
Weitere Infos:
sukiwaterhouse.bandcamp.com
www.facebook.com/sukiwaterhouse
www.instagram.com/sukiwaterhouse
www.youtube.com/watch?v=Zvro1Ru7AVw
www.youtube.com/watch?v=2jRflh6zTik
www.youtube.com/watch?v=MDbD_07FLuE
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Dana Trippe-
Suki Waterhouse
Aktueller Tonträger:
I Can't Let Go
(Sub Pop/Cargo)
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