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KRAKÓW LOVES ADANA
 
Eine Frage der Stimmung
Kraków Loves Adana
Tatsächlich ist "Oceanflower" eine Übersetzung des Namens von Deniz Çiçek ins Englische. Nun könnte man überlegen, dass Deniz doch schon früher auf die Idee hätte kommen können, diesen wunderbaren Titel für eine ihrer ersten sechs Longplayer unter dem Projektnamen Kraków Loves Adana zu verwenden - aber vielleicht wollte sich die Wahlhamburgerin ja auch diesen assoziationsreichen Namen für ein besonders persönliches Werk aufheben. Und besonders persönlich ist das Album, das den beiden bereits in der Pandemie aufgelegten Vorgängern "Darkest Dreams" und "Follow The Voice" folgt auf jeden Fall - denn hier findet Deniz sowohl auf der musikalischen Ebene wie auch inhaltlich in einer Art Zirkelschluss zu ihren Roots zurück und bezieht sich damit sozusagen auf eine jüngere Version ihrer selbst, um auf diesem Wege auch wieder Inspirationen für die Zukunft beziehen zu können. Aber lassen wir doch Deniz ein Mal selbst zu Wort kommen.
Wie stehen die ganzen Projekte, die sie als Kraków Loves Adana in den letzten drei Jahren initiiert hat, im Zusammenhang? "Also, als erstes kam das Album 'Follow The Voice'", erklärt Deniz, "die EP 'Swim In The Blue' kam Anfang des letzten Jahres. Dabei handelt es sich um Songs von 'Follow The Voice', die ein bisschen abgeändert wurden und dann kommt das neue Album 'Oceanflower' - aber ich habe eigentlich an allen drei Projekten parallel gearbeitet. Ich würde sagen, dass 'Follow The Voice' und 'Oceanflower' sehr verschieden sind und 'Swim In The Blue' genau dazwischen liegt und den Übergang von einem zum anderen Album darstellt." Eine vielleicht langweilige, aber fast schon zwangsläufige Frage, die Musiker heutzutage beantworten ist, ist die, inwieweit die Pandemie Einfluss auf den kreativen Prozess genommen haben mag? "Die Projekte sind alle während der Pandemie entstanden"; räumt Denis denn auch ein, "aber ich muss allerdings dazu sagen, dass ich sowieso kein Mensch bin, der sehr extrovertiert ist oder sehr viel in Urlaub fährt. Für mich war das alles in Bezug auf den Schaffensprozess also gar nicht großartig anders als vor der Pandemie." Dazu muss man wissen, dass Deniz ihre Musik heutzutage alleine im Heimstudio zusammenbaut. Freilich hatte sie mehr Zeit, über sich selbst nachzudenken. Deshalb sind die Songs auf "Oceanflower" auch sehr viel konfessioneller ausgefallen als gewohnt. Unterstützt von einer tatsächlichen Therapie verwendete Deniz auch ihre Musik zur psychischen Heilung. Hat Deniz früher ihre Musik denn nicht als Therapie begriffen? "Nein - das war früher nicht so", erklärt sie, "das war jetzt tatsächlich zum ersten Mal so, und ich glaube, deswegen ist es mir auch so schwer gefallen, dieses Album zu schreiben. Wenn man etwas hat, wohinter man sich verstecken kann - wie zum Beispiel eine Abstrakte Thematik bei 'Follow The Voice', ist die Sache nicht ganz so persönlich. Jetzt tauche ich sozusagen unter die Oberfläche - und das ist dann schwieriger."

Wenn Deniz ihre alten Ansprüche zu Beginn ihrer Laufbahn und ihre heutigen vergleicht: Worin ist denn da der Unterschied? Gibt es heutzutage mehr Realismus in ihren Songs? "Realismus würde ich nicht gerade sagen", resümiert Deniz, "ich würde sagen, dass es eher um eine unterschiedliche Wahrnehmung des Selbstwertgefühls geht. Wenn man ein geringeres Selbstwertgefühl hat, dann blickt man mehr nach außen und die Umwelt, aber wenn man an seinem Selbstwert arbeitet, so wie ich das getan habe, dann verändert sich der Fokus. Für mich ist es heutzutage viel weniger wichtig, kommerziellen Erfolg zu haben, als früher. Das ist nämlich nichts, was ich kontrollieren kann. Mit einem kommerziellen Anspruch kann man eigentlich nur scheitern. Wichtiger sind mir kreative Erfolge zu feiern und wertzuschätzen." Was ist dabei auf der kreativen Seite das Lohnendste? "Dass ich es überhaupt immer wieder schaffe, Ideen zu haben", meint Deniz, "und diese Ideen dann auch zu verwirklichen. Ich bin ja hauptberuflich eigentlich Zahnärztin und kein Musikerin - aber das ist es dann, was mich auf der kreativen Ebene begeistert." Deniz spricht - oder singt - in ihren Songs oft zu jemandem. Auch zu sich selbst? "Ja, auf jeden Fall", bestätigt sie, "ich würde sogar sagen, dass ich über mein Musik mehr zu mir selbst als zu anderen Menschen spreche." Das alles mal eingedenk: Wie kommt es denn, dass das Album - zumindest musikalisch - deutlich lebensbejahender und positiver rüberkommt, als zumindest die letzten beiden Alben von Kraków Loves Adana. War das ein angepeiltes Ziel? "Nein, das ist das Ergebnis des Prozesses und mein Wunsch", erläutert Deniz, "zumindest auf den letzten drei Alben hatte ich mich ja weitestgehend von der Gitarrenmusik abgewandt und mich verstärkt mit elektronischen Dingen beschäftigt. Als ich mich dann immer wieder mit den Synthesizern beschäftigte, habe ich in dieser Findungsphase dann aber gemerkt, dass das eigentlich gar nicht zu mir passt. Und dann bin ich wieder zurück zur Gitarre gegangen. Es ist aber ganz interessant, dass du sagst, dass das positiver rüberkommt. Ich weiß nämlich, dass als ich meiner Mutter damals mit den ersten Alben meine Musik gezeigt habe, sie erst mal geweint hat, weil sie das so traurig fand. Als sie dann zum ersten Mal 'When The Storm Comes' vom neuen Album gehört hatte, meinte sie: Ja, das ist ja total positiv und das gefällt mir gut. Das fand ich sehr schön, weil sie gar kein Englisch kann, sich das also alleine über die Musik vermittelte."
Der Song "When The Storm Comes" ist dabei eine Kollaboration mit Adam Miller und Ruth Radelet - ihres Zeichens Kernduo des inzwischen verblichenen E-Pop-Outfits The Chromatics, mit denen Kraków Loves Adana bereits öfters als Support Act auf der Bühne gestanden hatten. Wie kam denn diese Sache zustande? "Nun, ich war immer schon ein großer Chromatics-Fan und wir waren ja auch zusammen auf Tour und haben uns gut verstanden", erinnert sich Deniz, "ich bin ja eigentlich kein Mensch, der auf andere zugeht und sagt: Lass uns da mal kollaborieren. Aber dadurch, dass da eine Freundschaft entstanden ist und die sich gerade aufgelöst hatten, haben wir uns gesagt: Versuchen wir drei es doch mal miteinander. Das war ein ganz anderer Prozess für mich - das hat aber auch Spaß gemacht." Trotz allem, denkt Deniz aber dennoch eher in Moll als in Dur, oder? "Also ich sehe das eigentlich so, wie J.D. Salinger das gesagt hat: 'Songs are as sad as the listener'. Ich höre auch Musik ganz anders als früher. Wenn ich heutzutage Musik höre, die ich damals als traurig empfunden habe, empfinde ich die heute ganz anders. Es ist immer eine Frage der persönlichen Stimmung."

Wonach sucht Deniz selbst als Songwriterin? "Letztlich muss für mich ein Song von der Idee her im Schaffensprozess packen", beschreibt Deniz, "wenn mir eine Melodie einfällt und ich die aufnehme und weiterentwickle, dann merke ich recht schnell, ob ich da Interesse habe dranzubleiben. Man entwickelt ja auch irgendwann ein Gefühl für solche Sachen, sobald man die Idee hat, ob es lohnt diese weiterzuentwickeln oder nicht. Das ist aber einfach ein Bauchgefühl - da kann man nicht nach einer Tonart gehen oder so etwas. Es muss einen einfach packen." Und die Herausforderung dabei ist dann? "Also die größte Herausforderung sehe ich eigentlich darin, dass ich das alles alleine mache", überlegt Deniz, "jeder Ton, den man hört, den habe ich komponiert und auch aufgenommen. Dadurch, dass mein erlerntes Instrument die Gitarre ist und alles andere eben nicht, komme ich da immer irgendwann an meine Grenzen und das ist für mich der limitierende Faktor." Wie sieht Deniz ihre Entwicklung als Sängerin? Auf einigen Songs wie "Sorrows In The Sun" singt sie zum Beispiel ganz anders als auf den anderen Aufnahmen. Geht es hier auch darum, bei jedem Projekt neue Sachen auszuprobieren? "Auf jeden Fall", bestätigt Deniz, "das finde ich auch ganz wichtig - ich würde mich nur halt nicht als großartige Sängerin bezeichnen. Mit geht es darum, das Gefühl, was ich mit der Musik vermitteln will, sich auch durch den Gesang widerspiegelt. Meine gesanglichen Vorbilder sind halt nun mal des männlichen Geschlechts und ich mich natürlich daran orientiere ich mich dann auch. Was in der Popmusik ja ganz extrem ist, sind Künstlerinnen wie Beyoncé, die immer demonstrieren wollen, wie gut sie singen können. Daran liegt mir nichts. Ich möchte eigentlich eher, dass der Gesang noch wie ein zusätzliches Instrument das Ganze untermauert."
Gibt es bereits einen Plan für die Zukunft? "Ich würde schon sagen, dass ich eine Vorstellung davon habe, was ich mit dem jeweils nächsten Album vermitteln will", überlegt Deniz, "als ich das 'Oceanflower'-Album gemacht habe, habe ich ja - wie gesagt - viel Musik aus den 80ern und 90ern gehört. Und jetzt bin ich tatsächlich bei den 70ern und 60ern gelandet und finde das ganz spannend, weil es da so wenig elektronische und synthetische Elemente geht und das ist dann ja noch mehr Back to the Roots. Dafür müsste ich dann natürlich einen ganz anderen Ansatz entwickeln und das wäre für mich auch gar nicht so einfach, weil ich ja keine Band habe, mit der ich interagieren könnte. Für mich ist das aber nichts, wovor ich den Kopf in den Sand stecken werde und ich bin mir sicher, dass ich so etwas auch hinbekommen würde."
Weitere Infos:
krakowlovesadana.bandcamp.com
www.facebook.com/krakowlovesadana
www.instagram.com/krakowlovesadana
twitter.com/krakwlovesadana
www.youtube.com/user/krakowlovesadana
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Kraków Loves Adana-
Kraków Loves Adana
Aktueller Tonträger:
Oceanflower
(Eigenveröffentlichung)
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