Mutig und unkonventionell auf eigenen Pfaden unterwegs: Auf ihrer fabelhaften ersten LP als Minoa gelingt es der Wahlberlinerin Ina Klos mit beeindruckender Leichtigkeit, all die Zwänge des Biz abzuschütteln, die derzeit immer mehr Musikerinnen und Musiker der Indiewelt in gleichförmige Langeweile stürzen. Mit Originalität und Authentizität als Kompass macht die unweit von Hannover aufgewachsene Newcomerin auf "Forward, Backward, Start Again" empathisch, leidenschaftlich und ohne stilistische Berührungsängste unbeirrt ihr Ding und setzt dabei längst nicht nur auf die emotionale Qualität ihrer Stimme und ihre aus dem Leben gegriffenen Texte. Big Thief, Julia Jacklin oder Soccer Mommy mögen hier im Hintergrund leuchten, glänzend ist "Forward, Backward, Start Again" aber vor allem wegen der ganz eigenen Minoa-Note, die dafür sorgt, dass jeder Moment besonders ist. Im März ist sie nun mit Bassist Till Schomburg und Drummer Lucian Gorski in ganz Deutschland auf Tournee.
Jetzt sind es nur noch wenige Tage: Ab dem 22. März 2023 ist Minoa - präsentiert von Gaesteliste.de - zehn Tage lang unterwegs und dabei in Luxembourg, Köln, Frankfurt, Erfurt, Berlin, Magdeburg, Hamburg und Münster auf der Bühne zu erleben. Es ist zwar nicht Inas erste Tournee - die führte sie im vergangenen Oktober nach Italien - trotzdem freut sie sich ganz besonders auf die anstehenden Konzerte. "Am Live-Spielen finde ich den Austausch mit dem Publikum sehr besonders", erklärt sie, als wir sie Anfang Februar in einem Berliner Café treffen. "Diese einzigartige Energie, die im Raum freigesetzt wird, wenn Künstler*innen und Publikum aufeinandertreffen, die ist jedes Mal anders und das macht es für mich so spannend, ein Konzert zu spielen oder auch zu besuchen. Außerdem bekommt man natürlich direktes Feedback, das hat man im Studio nicht und das Reisen zwischen den Konzerten fühlt sich ein bisschen an, als wandelte man durch eine Parallelwelt, in der die Zeit irgendwie stillsteht und in der nur der Moment zählt. Die Menschen, die man darin um sich hat, werden zu einer kleinen Familie. Das ist schon sehr besonders." Kein Wunder also, dass Ina auch nicht lange überlegen muss, wenn es um die Frage geht, was es für ein richtig schönes Konzerterlebnis braucht: "Ein gelungener Konzertabend ist für mich als Künstlerin, wenn ich mich auf der Bühne wohl und wertgeschätzt gefühlt habe und es dem Publikum genauso ging und sich beide Seiten getraut haben, sich ein Stück weit verletzlich zu zeigen und durch die Musik ihren Emotionen hinzugeben."
Dafür ist natürlich auch das richtige Ambiente wichtig, und tatsächlich hat Ina sehr genaue Vorstellungen davon, an welchem Ort sie am liebsten auftreten würde. "Mein perfekter Auftrittsort wäre wohl ein altes, mittelgroßes Theater mit grünen Samtsesseln, bunter Deckenmalerei, schummerigem Licht und knarzendem Fischgrätparkett", verrät sie. "Auf der Bühne stünde ich neben meiner Band, zusammen mit einem kleinen Orchester. Das Theater läge in Fußnähe zum Meer, in einem größeren Ort, in dem sich trotzdem alle grüßen und sich so nehmen, wie sie sind." Sie lacht. "Ich schätze, ich schweife ab..." Den Traum von Konzerten mit Orchesterbegleitung darf Ina für den Moment noch weiterträumen, doch ein bisschen spielt es ihr sogar in die Karten, dass die Bühnen, auf denen sie steht, (noch) nicht riesig sind. "Ich schätze kleine Clubs zum Auftreten sehr, die großen Läden machen mir noch ein wenig Angst", gesteht sie lachend. "Deshalb finde ich es schön, da nach und nach herangeführt zu werden und das gilt auch für mein Label, weil ich das Gefühl habe, dass die Leute dort sehr motiviert sind."
Damit ist Ina in Zeiten, in denen auch in der Indiewelt immer mehr Musikerinnen und Musiker allein auf die Außenwirkung und auf mögliche zukünftige Erfolgschancen schielen, eine bemerkenswerte Ausnahme, denn auch auf ihrer letzten Sommer veröffentlichten und an dieser Stelle bereits zur "Platte der Woche" gekürten Debüt-LP folgt sie lieber ihren eigenen Visionen und Ideen, anstatt sich von den gängigen Gesetzen des Musikgeschäfts den Weg weisen zu lassen. Dass es eine Weile gedauert hat, bis die Zeit reif war für "Forward, Backward, Start Again", ist da fast schon folgerichtig. "Mir ist es wichtig, dass ich komplett hinter den Songs stehe und dass sie mir etwas bedeuten, dass ich mir aber auch vorstellen kann, dass sie auch anderen etwas bedeuten", erklärt sie. "Ich finde es gar nicht schlimm, wenn man ein paar Jahre braucht, bis eine Platte fertig ist, denn dann ist sie für einen selbst etwas Besonderes und kann vielleicht auch für andere etwas Besonderes sein. Dann ist sie keine Ware, wie das ja heute so oft der Fall ist."
Tatsächlich klingt "Forward, Backward, Start Again" wie das Werk einer Künstlerin, für die der Gedanke der Selbstverwirklichung wichtiger war als kommerzielle Überlegungen. Immer wieder beweist sie eine bemerkenswerte Vielseitigkeit, wenn sie den Bogen von einem reflektierten Songwriting hin zu einem von viel Spontaneität und glücklichen Fügungen geprägten Produktionsprozess schlägt. "Viele Ideen sind tatsächlich erst im Studio entstanden", erklärt sie. " Ich schätze es, einen Song zu schreiben und ihn dann, bis zu einem bestimmten Punkt, mit meiner Band zu arrangieren. Alle Synthies habe ich mir zum Beispiel erst in der Sekunde überlegt, in der ich sie bei der Aufnahme eingespielt habe. Und so lief es auch beim Gitarren-Solo von 'Who Are You' ab, was sich Till, eigentlich unser Bassist, spontan überlegt hat." Unbeirrbar sucht sie so nach eigenen Wegen, sich auszudrücken, und tut dies oft mit herrlich unkonventionellen Mitteln - spontaner Instrumententausch inklusive. "Ich mag es, wenn die Musik ein bisschen Improvisationscharakter hat und man nicht alles strukturiert aufschreibt und es dann genau so zu sein hat", erklärt sie. Doch auch wenn sie ihre Songs bisweilen betont frei angeht, weiß Ina doch sehr genau, worauf sie dabei abzielt. "Mein Anspruch ist, jemanden berühren zu können und etwas mehr zu treffen als nur die Oberfläche", sagt sie. "Das ist mir eigentlich das Wichigste, denn ich finde, es gibt viel zu viel Musik, die nur die Oberfläche berührt und die vielleicht zu sehr durchdacht ist. Für mich hat das in der Musik eigentlich keinen Platz, denn Musik ist für mich etwas Durchlässiges."
Schon als Kind nahm Ina Klavier- und Gesangsunterricht, sie sang in der Schulband, in einer Jazz-Combo und im Chor und kann nun auch in ihren eigenen Liedern die beachtliche emotionale Qualität ihrer Stimme voll zur Geltung bringen. In Hannover begann sie ein Studium der Popularmusik, das sie allerdings vorzeitig beendete, als sie feststellte, dass zu viel akademisches Wissen nur schwerlich mit einem ungefilterten künstlerischen Ausdruck vereinbar war. Auch deshalb tauscht sie nun auch immer öfter das Klavier gegen die Gitarre ein, ein Instrument, das sie sich nach ihrem Studium selbst und auch ohne die Hilfe von Video-Tutorials rein nach Gehör beigebracht hat. "Ich genieße es, diese Entdeckungsreise zu machen", sagt sie. "Das ist fast wie ein Spielplatz, auf dem ich mich austoben kann. So komme ich immer wieder zu neuen Erkenntnissen und zu neuen Klängen, die ich vorher noch nicht kannte. Am Klavier habe ich mich irgendwann zu sicher gefühlt, und dort schreibe ich auch anders. Da ist alles immer ein bisschen pathetischer. Auf der Gitarre kann ich wütend sein, ich kann verspielt sein, ich kann lieb und böse sein." All diese unterschiedlichen Schattierungen finden sich auch auf ihrem Album, auf dem leichtfüßige Indiepop-Nummern, bisweilen sanft psychedelisch umspülte Folk-Melancholie und ungeschminkt inszenierte Rock-Momente trotz gewollter Ecken und Kanten geradezu erstaunlich bruchlos zusammenfließen.
Die Platte beschreibt Ina als Mosaik ihrer Vergangenheit, ihre mitten aus dem Leben gegriffenen Texte entstehen, weil sie ihre Gefühle rauslassen und verarbeiten muss - oder wie sie selbst sagt: "Ich finde es schön, dass die Songs wie Erinnerungsstücke sind, die man wie ein Foto immer wieder anschauen, dann aber auch wieder zurück in die Schublade stecken kann." Diese betont persönliche Herangehensweise an das Songwriting hat auch zur Folge, dass die Grenzen zwischen Mensch und Künstlerin für Ina gewissermaßen fließend sind. "Der Abstand ist nicht sehr groß", gesteht sie. "Ich habe mal ein Jahr lang eine Schauspielausbildung gemacht, um besser frei auf der Bühne sprechen zu können, nur um dann festzustellen, dass ich das eigentlich gar nicht will." Sie lacht. "Eigentlich möchte ich auf der Bühne gar keine Geschichten erzählen oder Einführungen geben in die Songs, weil ich möchte, dass alle ihre eigene Geschichte damit verbinden können. Ich mag es, dass ich nicht vorgebe, was man fühlen soll, sondern dass alle das fühlen, was sie selbst fühlen."
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