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MARIA BASEL
 
Wie das Foto eines Moments
Maria Basel
Der Titel des ersten Albums von Maria Basel ist gut gewählt: "Bloom" heißt die feine, vor wenigen Monaten veröffentlichte LP, auf der man der Sängerin, Pianistin, Songwriterin und Produzentin beim Entdecken der Möglichkeiten lauschen kann, wenn sie mit leichter Hand Jazz, Elektronik, Klassik, R&B und Pop streift und sich am Ende gekonnt simplen Kategorisierungen entzieht. Auch auf ihrer Ende Februar startenden Tournee geht die ursprünglich aus der Ukraine stammende, seit vielen Jahren aber in Wuppertal heimische Musikerin neue Wege. In der Vergangenheit zumeist allein unterwegs, wird sie bei den kommenden elf Konzerten in ganz Deutschland von Jonas David (Gitarre, Bass, Flügelhorn, Backings) und Christian Mohrhenn (Schlagzeug, Backings) begleitet, um so den Wunsch nach Veränderung und Wachstum, der schon auf ihrem Album klanglich wie thematisch für den roten Faden sorgt, auch auf der Konzertbühne Realität werden zu lassen.
Vielseitiger, bunter, organischer: Nachdem Maria Basel 2021 mitten in der Pandemie mit dem kunstvoll aufgeschichteten Sound ihrer ganz allein eingespielten Debüt-EP "Layers" bereits ein erstes Ausrufezeichen gesetzt hatte, fasziniert sie nun auf ihrem Album-Erstling mit einem spürbar analogeren, wunderbar facettenreichen Sound. Ohne auf Beats, Loops und Samples zu verzichten, setzt sie für die fantasievoll ausstaffierten Songs auf "Bloom" nun immer öfter auf den warmen Sound eines analogen Instrumentariums und auf die Freude an der Zusammenarbeit mit anderen Musikerinnen und Musikern, wenngleich ihr Klavierspiel und ihr seelenvoller Gesang unverändert im Fokus stehen. Wir trafen Maria in einem Wuppertaler Café zum Gespräch.

GL.de: Welchen Stellenwert hat die Musik in deinem Leben?

Maria Basel: Die Musik ist in meinem Leben, seit ich denken kann, immer schon dagewesen. Deshalb hat sie einen sehr, sehr hohen Stellenwert für mich, auch wenn ich mich erst spät entschieden habe, sie als meinen Hauptweg zu wählen. Ich komme aus einer Familie mit klassisch ausgebildeten Musikerinnen und Musikern, meine Mutter ist Pianistin, mein Vater ist Cellist und mein Großvater war auch Cellist und hat im Alter dann die Komposition für sich entdeckt und hat Orchestermusik geschrieben. Es gibt da also eine Basis, ein Nest, in das ich reingelegt wurde, deshalb bin ich auch nicht darum herumgekommen, etwas damit in meinem Leben zu tun. Ich habe ganz lange klassisches Klavier gespielt und auch bei Wettbewerben mitgemacht, und deshalb ist die Musik einfach ein sehr großer Teil von mir. Es macht mich unglücklich, wenn ich lange keine Musik mache, ich bin unausgeglichen und es fühlt sich ungesund an. Ich brauche die Musik zum Leben - egal, wie kitschig das klingt!

GL.de: Was konntest du für deinen Weg als Musikerin daraus lernen, dass deine Eltern die Musik zum Beruf gemacht haben?

Maria Basel: Ich konnte daraus lernen, dass es ein sehr fordernder und anspruchsvoller Beruf ist. Meine Mutter ist bis heute kein Fan davon, dass ich Musik mache. Sie würde es lieber sehen, wenn ich einen traditionell sicheren Job mit einem festen Einkommen hätte, bei dem man voraussehen kann, was in den nächsten Jahren passiert. Dass es ein schwieriger Job ist, das habe ich schon immer gewusst. Meine Mutter ist sehr ambitioniert. Ich glaube, ich habe auch unterbewusst mitbekommen, dass sie in ihren jungen Jahren eine sehr willensstarke, man könnte vielleicht sagen fast schon ein bisschen fanatische Musikerin war. Dieses Zielstrebige, dieses "Ich will gut sein und immer besser werden! Ich will an mir arbeiten!", das hat sie mir auf jeden Fall mitgegeben. Sie hat später dann Klavierunterricht gegeben, was eher eine Dienstleistung ist, bei der die eigene Selbstverwirklichung nicht so im Vordergrund steht, sondern eher das Geldverdienen und Spaßbereiten. Ich bewundere, wenn Menschen daran Freude haben können, ich aber will Dinge erschaffen, ich will mich selbst verwirklichen, ich will Menschen berühren.

GL.de: An anderer Stelle hast du mal erwähnt, dass dich dein Perfektionismus lange daran gehindert hat, dich mit deinen eigenen Sachen herauszutrauen und etwas zu veröffentlichen. Mit den positiven Erfahrungen deiner EP und nun dem Album - denkst du dir da manchmal: Das hätte ich eigentlich auch schon vor fünf oder zehn Jahren machen können?

Maria Basel: Ich habe mich schon manchmal gefragt, warum das nicht früher passiert ist. Ich glaube aber, dass ich alles, was ich vor meiner ersten Veröffentlichung gemacht habe, nötig und richtig war für meinen Weg. Ich habe gelernt und mich weiterentwickelt, ich habe mich ausprobiert und neue Menschen getroffen. 2000 - während Corona, absurderweise! - haben dann einfach die Umstände gestimmt: dass Listenrecords mich gefragt haben, ob ich mit ihnen zusammenarbeiten will, dass ich schon Songs hatte und Erfahrungen, Konzerte zu spielen, aber auch Erfahrungen im Veranstaltungsmanagement, in der Künstlerbetreuung und im Booking. Ich war nicht komplett grün hinter den Ohren, was die Musikindustrie angeht. Deshalb würde ich nicht sagen: Ach, blöd, das hätte ja auch schon früher passieren können, denn bevor ich selbst veröffentlicht habe, sind andere tolle Sachen passiert. Ich weiß jetzt besser, was ich will, und mein Geschmack, mein Stil sind gefestigter, als wenn ich mit 19 oder so zum ersten Mal etwas veröffentlicht hätte und in die Industrie eingestiegen wäre. Ich bin einfach erwachsener. Deshalb ist es schon gut und richtig, wie alles gelaufen ist.

GL.de: Im Streaming-Zeitalters scheinen klassische Alben fast schon ein Auslaufmodell zu sein. Was hat dich an der Idee gereizt, dich trotzdem einer Platte in Albumlänge zu widmen?

Maria Basel: Ich höre Musik immer noch gerne als Album, denn ich finde es immer noch schön und wertvoll und wertig, ein Album zu haben, das eine Zeit oder ein Mindset abbildet: Ein Gesamtkunstwerk, für das man sich im besten Fall die Zeit nimmt, es einmal richtig zu genießen, und das man nicht nur schnell in kleinen Happen konsumiert, wie das heute so oft der Fall ist. Es gibt bei "Bloom" auch eher einen roten Faden, sowohl thematisch als auch stilistisch. "Layers" war ja eine Ansammlung von Stücken, die teilweise fünf Jahre alt waren, "Bloom" dagegen umfasst anderthalb Jahre kompaktes Schreiben, Produzieren und Erschaffen - wie das Foto eines Moments.

GL.de: In den Texten geht es um Neuanfänge, um Loslassen und das Abwerfen von Ballast, aber auch um den Mut, Schwächen zuzulassen. Doch welche Rolle spielt das Songwriting eigentlich bei deinem Wunsch nach persönlicher Evolution?

Maria Basel: Das Songwriting ist für mich ein Ventil, das mir die Möglichkeit gibt, etwas rauszulassen, egal, ob es etwas Beschissenes ist, was man erlebt hat, oder etwas Schönes. Wenn man sich so fühlt, als würde man platzen, setzt man sich hin, spielt einen Song oder denkt sich ein neues Stück aus, und danach fühlt man sich, oder ich fühle mich dann leichter. Im besten Fall hat man dann sogar noch etwas erschaffen, mit dem vielleicht auch andere Menschen berührt werden, und wenn das funktioniert, ist das wunderschön. Das ist eine tolle Selbsttherapie, die nicht nur dich, sondern vielleicht sogar noch andere Menschen glücklich macht!

GL.de: Deine erste EP "Layers" hat du im Alleingang eingespielt, bei "Bloom" standen dir Jonas David als Co-Produzent und Multiinstrumentalist, Charlotte Jeschke am Cello und Milo Isgró am Schlagzeug zur Seite. Was hat dich zu diesem Schritt veranlasst?

Maria Basel: Ich wollte das Album nicht mehr allein machen und mich öffnen. Der Songwriting-Prozess ist weiter bei mir geblieben, weil ich gut damit klarkomme, allein zu schreiben, aber bei der Produktion habe ich gemerkt, dass meine technischen und kompositorischen Fähigkeiten irgendwann an ihre Grenze kommen. Man kommt nicht weiter, hat aber Visionen, und die wollte ich umsetzen. Deshalb war von Anfang an der Wunsch da, das Album mit jemand anders zusammen zu produzieren und mit weiteren Leuten einzuspielen. Das macht auch einfach viel mehr Spaß (lacht)! Das Schöne war, dass ich mich dadurch weiterentwickelt habe und mich mehr getraut habe, Dinge zu tun, die ich allein nicht gemacht hätte, wenn David mich nicht aus meiner Komfortzone herausgekickt hätte. Ich finde es wichtig, auch mal ins Ungewisse oder ins Unangenehme zu gehen, und das habe ich beim Album ganz oft gemacht. Das war eine Erfahrung, die mich positiv überrascht hat und an der ich gewachsen bin, weil ich etwas Neues gelernt habe - und genau darum geht's!
GL.de: Letzte Frage: Auf der kommenden Tournee wirst du deinen Songs im Bandkontext präsentieren und damit auch Verantwortung delegieren. Fällt das der Perfektionistin in dir nicht schwer?

Maria Basel (lachend): Ich habe schon gern die Kontrolle, aber nicht in allen Bereichen! Das Live-Spielen ist für mich die Krönung! Na klar, es ist unberechenbar und jedes Mal kann etwas passieren, aber ich liebe das! Wenn ich vorbereitet bin, wenn ich sicher bin, dann ist alles gut: Ich weiß, was ich kann, ich weiß, was ich nicht kann, ich weiß auch, was meine Bandkollegen können und was nicht. Ab da macht man Musik und guckt, was passiert!


Weitere Infos:
mariabasel.de
www.facebook.com/mariabaselmusic
www.instagram.com/maria.basel
mariabasel.bandcamp.com
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Talitha Lahme-
Maria Basel
Aktueller Tonträger:
Bloom
(Listenrecords/Broken Silence)
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