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L.A. EDWARDS
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Unvergesslich
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Ein bisschen macht Luke Edwards den Eindruck eines glücklichen Kindes im Spielzeugladen, wie er da so in seinem Studio sitzt - von Gitarren, Mischpulten und Effektgeräten umgeben - und ein bisschen ist das auch der Eindruck, den er uns im Gespräch über "Pie Town", den inzwischen fünften Longplayer des Familienunternehmens L.A. Edwards - vermittelt, welches Luke seit ca. 2015 mit seinen Brüdern Jay und Jerry Edwards betreibt. Daran ist ja nichts Verwerfliches - es zeigt halt nur, dass Luke offensichtlich aus den richtigen Gründen Musik macht. L.A. Edwards heißt das Ganze übrigens weniger, weil es in L.A. seinen Ursprung hatte, sondern weil Luke Andrew Edwards es ursprünglich als Solo-Projekt angelegt hatte und seine Initialen als Namen beibehielt.
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Mal kurz zusammengefasst: Wie kam es denn zu dem Projekt L.A. Edwards? "Ich habe schon von Jugend an mit meinem Bruder Jay in einer Band gespielt", führt Luke aus, "wir sind dann aus der Highschool ausgezogen und in unseren späten Teens und frühen 20ern fast pausenlos in den ganzen USA auf Tour gewesen und haben in Bars, Clubs aber auch auf der Straße viel gespielt. Ich habe dann aber irgendwann geheiratet und habe meinen Sohn bekommen - sodass ich mir erst mal eine Auszeit vom Touren nahm, um mein Familienleben einzurichten. Das war dann der Startpunkt für das Projekt L.A. Edwards. Ich hatte mich dann in Garage-Bands ausprobiert und Demos aufgenommen - aber gar nicht, um wieder eine Band zu gründen, sondern um mich auszuprobieren. L.A. sind ja einfach meine Vornamen Luke und Andrew - da steckt ansonsten gar keine Bedeutung hinter. Ich hatte zunächst ja auch nicht vor, nach einem größeren Rahmen zu suchen, den wir jetzt haben. Das war damals gar nicht das Ziel. Es ging mir nur darum, Songs zu schreiben und aufzunehmen. Ich war damals eher ein Singer/Songwriter und habe mehr akustisch gespielt." Inzwischen hat Luke indes eine interessante Art gefunden, seine Lyrics mit wenigen Worten auf den Punkt zu bringen - allerdings ohne dabei Geschichten zu erzählen, wie das Singer/Songwriter ja üblicherweise tun. "Ja ich habe ja selbst als Storyteller angefangen und habe zu Beginn des Projektes auch noch ziemlich autobiographisch gearbeitet", erzählt Luke, "das war mir aber irgendwann zu wortreich und zu persönlich. Es ist ja auch für den Zuhörer nicht immer schön, wenn es zu persönlich wird. Heutzutage arbeite ich - sozusagen - mit breiteren Pinselstrichen. Man kann schon erkennen, wovon der Song handelt, aber es bleibt eine Menge Raum für den Zuhörer sich den Song anzueignen. Ich finde, dass - speziell auf dem Americana-Sektor und für meinen Geschmack - die Sachen heutzutage viel zu spezifisch sind. Das klingt dann oft wie eine Predigt und hat einfach zu viele Worte. Worte sind nicht mein Lieblingselement, wenn es um das Musizieren geht. Melodie, Instrumentierung und Produktion sind mir wichtiger. Ich habe diesbezüglich meine Medizin genommen und arbeite heute einfach mit weniger Worten." Kann man sich denn damit musikalisch therapieren - wie das viele von Lukes Kollegen ja tun? "Die Idee sich mit der Musik zu therapieren ist okay", zögert Luke, "das ist vermutlich sogar unvermeidbar und passiert von selber - egal wovon du erzählst. Aber Musik zu machen, um sich selber zu therapieren und dem Hörer zuzumuten, sich die vertonten Therapiestunden dann anzuhören, ist nicht mein Ding. Es ist auch nicht die Art von Musik, die ich mir selber gerne anhöre." Dabei singt Luke in seinen Lyrics doch zumeist zu sich selber, oder? "Ja, doch das denke ich auch", meint Luke, "es gibt gar nicht so viele 'Du'" in meinen Songs. Das ist mehr so introspektiv - wie ein Traumszenario in dem man herumirrt und seine Gefühlen nachgeht. Liebeslieder schreibe ich nicht so viele. 'For You' ist eine Ausnahme."
Was macht dann - dessen eingedenk - für Luke den X-Faktor aus, der einen Song zu einem guten Song macht? "Na ja - die Melodie ist schon das Wichtigste", erklärt Luke, "ich suche aber auch nach etwas, das sich von anderen Songs unterscheidet, sich dabei aber gleichzeitig vertraut anfühlt. Das coolste ist ein Song, von dem du denkst, dass du ihn zuvor schon mal gehört hast - was du aber gar nicht hast. Ein Song muss also unvergesslich sein. Ich denke, es gibt im menschlichen Gehirn so etwas wie eine 'Ahnenmelodie', die diesen Effekt hervorruft, aber für jeden offensichtlich anders ist. Eine gute Melodie, die dir im Kopf bleibt, ist deswegen wichtig. Es gibt so viel Musik da draußen - speziell in unserem Genre -, dass es manchmal auch einfach Sinn macht, etwas Bestehendes herzunehmen und das dann in der Produktion auf den Kopf zu stellen, damit es nicht so ominös ist. Mache es interessant, indem du vielleicht ein Instrument verwendest, das nicht zum Genre passt. Ich mag, wie War On Drugs das gelöst haben - die verwenden Synthesizer und Drum-Machines, aber auch ein Saxophon. Das ist es, was ich meine." Ein gutes Beispiel für einen solchen Ansatz ist der Song "I Won't" auf der "Pie Town"-LP. Dort werden die Gitarrenparts mit Stereo-Effekten aufgebrochen und in einer Art von Dialog wieder zusammengeführt. Solche Sachen erwartet man eigentlich nicht. Die Frage ist, wo solche Entscheidungen getroffen werden - beim Songwriting? In der Produktion? Beim Mix? "Nun, manchmal ist es gut, mit einem Produzenten zusammenzuarbeiten, um nicht auf sich alleine gestellt zu sein, manchmal macht es aber auch Sinn, seine Sachen selbst zu produzieren. Auf diesem Album haben wir alles in Echtzeit gemacht - also die Songs geschrieben, eingespielt, überarbeitet und produziert. Wir haben zum Beispiel abends einen Roh-Mix gemacht, um am nächsten Tag darauf aufsetzen zu können und zu schauen, was wir ausprobieren könnten. Dabei waren wir recht kreativ und haben beispielsweise elektrische Gitarren ausgestöpselt gespielt, Sound-Effekte mit unseren Stimmen erzeugt und ein wenig Vogelgezwitscher oder verrauschte Radio-Sounds eingestreut. Solche Sachen eben - wobei wir uns keine Beschränkungen auferlegt haben. Ich kenne gar nicht die Namen von allen Effektgeräten und Plug-Ins und habe dann unserem Tontechniker gesagt: 'Such mal nach etwas, das klingt, als würde Elektrizität durchfließen' oder so etwas und er musste dann interpretieren, was ich in meinem Kopf gehört habe."
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Das klingt alles so, als sei der Sound für Luke ein integraler Bestandteil der Produktion - mehr jedenfalls als Lyrics oder Strukturen. "Tatsächlich ist mir so etwas auf diesem Album besonders wichtig gewesen", berichtet Luke, "ich habe viele Inspirationen durch den Sound bekommen. Ich meine: Inspirationen können von überall herkommen, aber ich fühle mich im Studio von bestimmten Klängen inspiriert. Ich schreibe zum Beispiel nur ganz selten auf einer akustischen Gitarre. Ich möchte das Studio in meinem Kopfhörer hören, wenn ich an Songs arbeite. Etwas indem ich Keyboards ins Spiel bringe, Effektgeräte natürlich oder ich ein bestimmtes Mikro verwendet, das den Live-Sound einer Arena einfängt. Ich bin ein Gitarren-Nerd. Ich mag verschiedene Gitarren, ich mag meine Pedale. Mein Motto ist: Je mehr Saiten, desto besser." Ben Harper - selbst ja auch ein Freund von Saiteninstrumenten aller Couleur - sagte ein Mal, dass ihm die Instrumente sagen, wie sie klingen wollten. Ist das der Ansatz, den auch Luke Edwards verfolgt? "Naja, vielleicht hat Ben ein feineres Gespür für solche Sachen, aber ich muss eine Gitarre schon spielen, damit sie zu mir spricht", meint Luke amüsiert, "es ist aber definitiv so, dass jede Gitarre ihren eigenen Klang hat. Ich habe zum Beispiel mehrere Gitarren derselben Marke und derselben Serie - und sie klingen alle klingen verschieden. Schau mal hier: Das ist eine 1970er Martin-Gitarre. Ich hatte das selbe Modell schon mal gekauft, aber das klang nicht so gut wie diese. Ich weiß gar nicht wie viele Gitarren ich hier habe, aber ich weiß immer, welche ich für den jeweiligen Job einsetzen muss. Es gibt Gitarren, die besser für offene Stimmungen geeignet sind, es gibt welche, die besser für ein Kapo auf dem vierten Bund und solche, die clean besser klingen. Das wirkt sich dann auf die Sounds aus. Diese Instrumente haben diese Harmonien, die wie eine Stimme klingen; wie eine Geister-Note. Das fühlt sich dann an, als spielten die Gitarren einen Songs für sich selber, ohne dass du etwas machen musst. Weißt du: Man bekommt so sein Mojo, wenn alles zusammenpasst und die Seele des Instruments zum Vorschein kommt. Das macht einfach Spaß und das ist auch das Schöne, am Gitarren-Sammeln."
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Die neuen Songs entstanden auf der letzten Tour von L.A. Edwards - wurden also vom Leben On The Road inspiriert. Ist das dann auch das Thema der Scheibe? Einige Songtitel wie "El Camino" scheingen zumindest darauf hinzuweisen? "Oh, es gibt eine Menge Themen", meint Luke, "es geht um den Verlust der Unschuld wenn man älter wird, in der Wildnis zu leben, sich daran zu erinnern, woher man stammt - was ja durch den 'Pie Town'-Titel deutlich wird. Wir haben die Songs im Zeitraum von ungefähr einem Jahr geschrieben - auf Tour, aber auch im Studio. Es gibt eine breite Palette von Songs. Einige sind eher softer, aber es gibt auch rockigere. Ich würde es als Landschaft aus Höhen und Tiefen bezeichnen." Wenn Luke den Begriff "Landschaft" erwähnt: Ist das dann auch etwas, was er mit seiner eigenen Musik verbindet? "Ja - viele Leute sagen, dass unsere Musik für Roadtrips gut geeignet sei und Bilder von weiten Landschaften und einer offenen Straße evozieren", überlegt Luke, "ich muss aber sagen, dass es nicht mein Lieblings-Ding ist, auf der Straße unterwegs zu sein. Es ist nichts, wonach ich mich sehne, wenn ich zu Hause bin. Ich bin dann lieber im Studio als unterwegs - deswegen ist es witzig, dass die Leute unserer Musik diese Qualitäten zusprechen. Aber musikalische Landschaften als solche finde ich schon cool. Ich denke, das hat jeder Musiker irgendwie in sich. Das scheint der Musik selbst inne zu wohnen."
Dazu passt ja auch, dass die Musik von L.A. Edwards in den Fernsehproduktionen "Mayor Of Kingstown" und "Yellowstone" von Taylor Sheridan eine Rolle spielt. "Ja, Taylor hat unsere Musik für seine Shows ausgesucht und das hat uns sehr geholfen. Die Show ist hier super-populär. Tony ist ein Musikliebhaber. Wir haben ihn auf seiner Ranch in Texas besucht und er ist ein richtiger Cowboy. Er hat auch eine eigene Bar, wo wir Tequila getrunken haben. Taylor unterstützt viele Musiker, indem er deren Musik verwendet - z.B. Zack Bryan oder Lainey Wilson. Es ist heutzutage ja schwierig, alleine mit der Musik ein Publikum zu finden - weil es heutzutage so viele Musik gibt und die Leute aktiv gar nicht mehr danach suchen. Wenn dann Leute eine Show wie 'Yellowstone' binge-watchen, dann tun sie das ja zunächst, weil sie die Show mögen. Dann gibt es aber so viel gute Musik in der Show, dass sie darauf aufmerksam werden - und das ist dann für uns Musiker eine große Hilfe." Das hat aber auf der anderen Seite zur Folge, dass L.A. Edwards nicht die Größten darin sind, wenn es darum geht, sich auf Social Media zu präsentieren, oder? "Ich mache sowas nicht mehr", räumt Luke ein, "ich mag diese Sachen nicht. Das Management kümmert sich darum, so weit ich weiß. Meine Meinung ist, dass die Sozialen Medien ein so unnötiger Tel der Musik sind. Weißt du: Da ist die Musik zu Hause - aber es hat nichts mit der Musik zu tun. Was hat denn bitte das Posten von Bildern mit Musik - oder mit überhaupt etwas Relevantem zu tun? Ich werde bestimmt kein Tanzvideo zu meiner Musik für TikTok produzieren - das ist einfach lächerlich. Deswegen habe ich mich entschieden, mich da rauszuhalten - und das mag sogar der Grund sein, dass wir nicht noch populärer sind."
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Weitere Infos:
www.laedwards.com
www.youtube.com/@laedwardsmusic/videos www.facebook.com/laedwardsmusic www.instagram.com/l.a.edwards
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Interview: -Ullrich Maurer- Fotos: -Lauren Farrah-
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Aktueller Tonträger: Pie Town (M.A.R.S. Worldwide/Bertus)
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