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MOUNT JACINTO
 
Wir fühlen dieselbe Sprache
Mount Jacinto
Der Mount Jacinto ist ein Berg im kalifornischen Riverside County - westlich von Palm Springs -, dem schon Peter Gabriel in seinem Song "San Jacinto" spirituelle Qualitäten zueignete. Für US-Verhältnisse ganz in der Nähe liegt auch der legendäre Joshua Tree National Park - der Ort also, der mit Bezug zu Gram Parsons oft als Wiege der American Cosmic Music gesehen wird. Zwischen diesen beiden Gebieten liegt der Coachella Valley Preserve Park, in dem das gleichnamige Festival seine Heimat hat. Alle Gebiete zusammen umfassen dann das Inland Empire genannte Gebiet im südlichen Kalifornien. Und das ist die Gegend, wo die ursprünglich aus Costa Rica stammende, heutzutage in der Schweiz lebende Musikerin Sonya Carmona seit jeher ihre Urlaube verbringt, um sich von der mythischen Qualität der monumentalen Landschaften vor Ort inspirieren zu lassen. Und das wiederum ist der Grund, warum sie ihr neues Psychedelia-Projekt Mount Jacinto nennt, mit dem sie Psychedelia, klassisches Songwriting und Cosmic American Ästhetik zu einer eigenständigen Melange verquickt - obwohl sie von Gram Parsons noch nie gehört hat. Grund genug also, Sonya Carmona ein Mal nach ihrer Sicht der Dinge bezüglich ihrer Musik zu fragen.
"Nun, meine erste Band startete ich schon in der Highschool", berichtet Sonya, "richtig begonnen haben ich aber in Costa Rica - zusammen mit Alison Alvarado - 2011 mit dem Psych-Rock-Duo Colornoise, mit dem wir eine ganze Weile aktiv waren und zwei Alben und eine EP aufgenommen und in Kanada und Brasilien getourt haben. Danach habe ich für fünf bis sechs Jahre mit dem Shoegaze-Projekt Las Robertas gespielt, mit denen ich viel in den USA und Mexiko getourt bin - wo ich dann Gini getroffen habe. 2019 habe ich mich dann entschlossen, zu Gini in die Schweiz zu ziehen. Wir sind dort zusammengezogen und ich lebe seither dort. Da nahm ich mir dann erst mal eine Auszeit von der Musik, weil ich ein bisschen müde geworden war. Als ich mich dann wieder der Musik zuwenden wollte, brach dann allerdings die Pandemie aus - und alles wurde ein wenig schwieriger - weswegen wir dann erst mal an den neuen Songs arbeiteten. Ende 2023 haben wir dann erste Songs veröffentlicht und ich beschloss, mit der Musik weiterzumachen.” Sonya hat sich ja entschlossen - anders als mit ihren bisherigen Projekten, die eher in Richtung Rock bzw. Shoegaze gingen - Mount Jacinto als Psychedelia-Band anzulegen. Ihre auf soliden Akkordfolgen und hypnotischen Basslinien basierenden Tracks weisen dabei in eine ähnliche Richtung, wie sie Zeitgenossen wie Tess Parks, Anton Newcombe oder Jason Quever auch verfolgen. "Ja, diese Projekte kenne ich auch und finde sie cool", erklärt Sonya, "ich mag diese Art von einfacher, tranceartiger Musik. Der Song sagt dir dabei nämlich, was er sein möchte und alles wird durch die Wiederholungen zu einem Mantra.” Wird das dann schon beim Schreiben der Songs festgelegt? "Ja, denn ich suche mir erst immer eine tranceartige Akkordfolge und singe dann eine Melodie darüber", erklärt Sonya den Prozess, "die Worte kommen erst später dazu - teilweise aus dem Unterbewusstsein - und orientieren sich oft am Klang oder an den Melodien. Daraus entsteht dann eine Art Geschichte. Bei manchen Songs überlege ich mir dann, was ich aussagen möchte - und bei anderen Songs wie z.B. 'The Reason' kommt alles aus dem Unterbewusstsein. Das ist es, was ich an der Musik liebe. Manchmal schreibst du etwas Interessantes auf und fragst dich dann selber, wo das wohl herkommen mag. Es kann sogar sein, dass dir später etwas passiert, worüber du zwei Jahre zuvor bereits geschrieben hast. Für mich sind Texte und Gedichte eins. Es gibt in Lateinamerika diese interessante Songwriterin Mercedes Sosa, die sagt, dass Poeten Menschen seien, die die Zukunft erahnen können, denn solche Menschen können unbewusst Dinge kanalisieren. Sie sprechen Dinge an, von denen sie selbst nicht wissen, wo sie herkommen. Das ist ein sehr seltsames Phänomen." Nun ja - das sagen ja viele Songwriter, die von sich sagen, dass sie eher ein Medium als ein Autor seien. "Ja, genau - das sehe ich auch so", pflichtet Sonya bei, "irgend eine Kraft übermittelt dir die Musik und du schreibst sie dann nur noch auf.”

Was ist denn dabei die größte Herausforderung - denn nach Technik und Kontrolle hört sich das ja wirklich alles nicht an? "Auf jeden Fall ist es für mich eine Herausforderung, Dinge zu Ende zu bringen", erklärt Sonya, "und als Songwriterin geht es darum, einen bestimmten Punkt zu erreichen: Je näher man dem Gefühl kommt, das man zum Ausdruck bringen möchte, desto besonders und einzigartig wird es und je ehrlicher man sich dabei gibt - und auch eigene Schwächen eingesteht - desto authentischer wird es. Es geht dabei nicht darum, bestimmte Formulierungen zu verwenden, die dich clever oder intellektuell aussehen lassen. Je näher man hingegen der menschlichen Ebene kommt, desto mehr kann man andere erreichen - denn Menschen reagieren emotionaler auf etwas was einfach und menschlich und echt ist als auf gekünstelte, intellektuelle Formulierungen.” Heißt das im Umkehrschluss, dass es Sonya wichtiger ist, die Emotionen anzusprechen als eine Geschichte zu erzählen oder eine Botschaft zu vermitteln? "Ich denke, es ist beides wichtig - aber es ist wichtiger, die unangenehmen, peinlichen Sachen anzusprechen, die dich unwohl fühlen lassen, weil sich die Menschen mit diesen Sachen besser assoziieren können, weil sie solche Situationen selbst durchlebt haben und somit wissen, wovon du sprichst.” Was bedeutet die Musik als solche für Sonya Carmona? "Es mag sich wie ein Klischee anhören, aber Musik ist für mich etwas sehr Spirituelles", erklärt Sonya, "wir haben in dieser Band zum Beispiel Musiker aus verschiedenen Ländern, die vollkommen unterschiedliche Sprachen sprechen und verschiedene kulturelle Hintergründe haben. Wir fühlen uns aber über die Musik vollständig miteinander verbunden. Wir brauchen nicht dieselbe Sprache zu sprechen, aber wir fühlen dieselbe Sprache. Ich denke, dass das Schöne an der Musik ist, dass man über denselben Song miteinander verbunden sein kann, ohne dieselbe Sprache sprechen zu müssen. Musik durchdringt dabei die rationale Gedankenwelt."
Wie entsteht die Musik bei Mount Jacinto? Gab es einen bestimmten Plan? "Das ist ganz interessant, weil ich diesen Singer-Songwriter Gitarren-Stil mag und deswegen die akustischen Gitarren verwende. Ich arbeite dabei mit meinem Bassisten Juan Joel Morales zusammen, der einen ganz ähnlichen Geschmack hat wie ich und mit dem zusammen wir die Scheibe auch produziert haben. Wir arbeiten dann zusammen am Sound-Design. Ich mag organische Sounds und deswegen arbeite ich mit Joel zusammen, um das zu erreichen.” Mal so gefragt: Welche Art von Musik hört sich Sonya Carmona denn selbst gerne an und welche Art von Musik hat sie schließlich dazu gebracht, selbst Musikerin werden zu wollen? "Mein Vater hat mich mit viel Musik bekannt gemacht", erklärt Sonya, "Sachen wie die Beatles, Pink Floyd oder Patti Smith - aber auch klassische Jazz Musik wie Coltrane oder Miles Davis, denn er hat sich sehr für Jazz interessiert. Wir haben dann auch gemeinsam Documentaries über New York und Woodstock angeschaut - was für mich sehr faszinierend war, denn ich bin ein großer Fan von Jefferson Airplane - und mein Vater hat mir sehr viel Grundwissen über die Musik und die Musiker vermittelt. Das war schon mal sehr prägend - aber dann hat mich mein älterer Bruder mit den Cranberries bekannt gemacht - und da war ich dann jahrelang geradezu besessen von. Zu dieser Zeit begann ich Gitarre zu spielen - mit dem Ziel, die Songs der Cranberries zu lernen. Ich hatte alles von den Cranberries und Dolores O'Riordan. Damals war ich 12 Jahre alt. Danach bin ich durch eine komische Phase gegangen, wo ich mir Korn und sowas angehört habe. Und dann war da noch Radiohead - als ich das erste Mal 'OK Computer' gehört habe, war das ein richtiger Wow-Moment für mich. Für mich waren diese Musiker so etwas wie die modernen Pink Floyd, die die Musik auf ein ganz neues Level gehoben haben. Erst in meinen 20ern habe ich mich dann näher mit der Psychedelia beschäftigt. Im Rückblick würde ich sagen, dass also die Cranberries, Jefferson Airplane und Radiohead die Acts sind, die mich zur Musik gebracht haben. Heute kann ich jede Art von Musik genießen - auch Salsa und Cumbia - denn da gibt es ja auch eine Menge Psychedelia."
Wie sich das Projekt Mount Jacinto dann weiterentwickeln wird, muss abgewartet werden (Gini Jung betreibt ja z.B. auch weiterhin das Projekt Annie Taylor). Auf jeden Fall hat Sonya Carmona soviel Selbstvertrauen in ihre Musik, dass das Album nicht nur digital, sondern auch physisch veröffentlicht wird. Nun wollen Mount Jacinto das Album erst ein Mal promoten und live präsentieren.
Weitere Infos:
www.instagram.com/mount.jacinto
taxigauche.com/mount-jacinto
www.youtube.com/watch?v=wRp-b6MiqMM
www.youtube.com/watch?v=5usRXGPEQsA
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Danny Kötter-
Mount Jacinto
Aktueller Tonträger:
Silver Lining
(Taxi Gauche)
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