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CRANBERRIES
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Zurück zur Musik
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Die gute Nachricht vorweg: Die vier Iren haben mit "Wake Up And Smell The Coffee" ihre beste Platte seit ihrem kometenhaften Aufstieg und dem Album "No Need To Argue" vor inzwischen sieben Jahren aufgenommen. Wirklich Neues können uns die Cranberries zwar nicht anbieten, dafür aber Altbewährtes in lange nicht mehr gekannter Qualität. "Wake Up..." funktioniert vor allem als Album sehr gut und ist vielleicht sogar die bisher ausgeglichenste Platte der Band überhaupt.
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Egal, ob mit den gewohnt niedlichen Balladen à la "Never Grow Old", Riff-lastigen Rockern wie "This Is The Day" oder dem typischen Uptempo-Pop-Song "Do You Know" - nach zwei eher enttäuschenden Alben melden sich die Cranberries mit dieser Platte endlich zurück. Und alleine dafür, daß die vier - bodenständig wie eh und je immer noch in ihrer Provinz-Heimatstadt Limerick und nicht in London oder New York zu Hause - offensichtlich die Musik immer noch über das Jetset-Leben stellen, das sie sich ohne Frage leisten könnten, gebührt ihnen schon Respekt. Sieben Jahre nach dem weltweiten Durchbruch mit "Zombie" und der wunderschönen LP "No Need To Argue", über 30 Millionen (!) verkaufte Tonträger und diverse musikalische wie mediale Tiefschläge später haben Dolores O'Riordan, Fergal Lawler und die Hogan-Brüder Mike und Noel die Talsohle allem Anschein nach unbeschadet überstanden.
Wenige Tage nach einem Radiokonzert in Amsterdam, dem vorläufig einzigen Konzert der Iren, traf die Gästeliste beim Interviewtag in der Kölner Nobelabsteige Excelsior passenderweise Drummer Fergal, den inoffiziellen "Internetbeauftragten" der Band, der sich seit langem um die wirklich umfassende offizielle Website der Cranberries (www.cranberries.ie) kümmert. Anstatt von irgendwelchen Rockstar-Aktionen zu berichten, schreibt er dort in seiner regelmäßigen Kolumne zum Beispiel lieber, daß er sich wie ein kleiner Junge über das U2-Konzert gefreut hat, das er kürzlich in Irland gesehen hat - und vorher wie alle anderen normalsterblichen U2-Anhänger erst einmal lange im Stau gesteckt hat. "Es ist mir wichtig, mit den Fans auf diese Weise in Kontakt bleiben zu können. Außerdem hat es auch für unser Publikum Vorteile: Auf unserer Site bekommen sie die Infos direkt von uns und nicht von irgendjemand bei der Plattenfirma oder so", erklärt Fergal und fügt freudestrahlend an: "Es gibt nichts Besseres, als wenn du bei einem Konzert die Fans völlig enthusiastisch deine Songs mitsingen hörst. Es gibt auch sehr viele Menschen, die uns eMails über unsere Website schreiben. Das ist sehr aufbauend. Manchmal kriegen wir Post von Leuten, die wirklich harte Zeiten hinter sich haben und uns danken, weil unsere Musik sie in dieser schweren Zeit aufgemuntert hat. Oder die uns sagen, daß sie sich in bestimmten Stücken selbst wiedererkennen. Das ist großartig."
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Vor allem, weil es die beiden Songschreiber der Band, Dolores und Noel, darin bestätigt, daß es der richtige Weg war, in ihren Songs alltägliche Situationen zu verarbeiten, anstatt sich auf obskure Poesie zu verlegen. Manche Songs - wie das umweltpolitische Statement "Time Is Ticking Out" - sind laut Fergal vor allem deshalb entstanden, weil die vier Iren inzwischen alle selbst Eltern sind und sich so einfach mehr um die Zukunft Gedanken machen. Manchmal entstehen die Texte dagegen geradezu zufällig: "'Analyze' zum Beispiel war Dolores' Reaktion auf eine Schreibblockade. Also sagte sie sich: 'Analysiere nicht alles so sehr, laß dich einfach treiben!' Schon war die Idee zu dem Text da! Manchmal braucht es nur einen ganz winzigen Anstoß."
Mit der Rückkehr des alten Weggefährten Stephen Street, der schon für ihre frühen Hits auf dem Produzentenstuhl gesessen hatte, klingen die Cranberries frischer als je zuvor. Und das, nachdem sich ihr Wille, neue Wege zu gehen, auf den letzten Alben "To The Faithful Departed" (mit AC/DC- und Aerosmith-Producer Bruce Fairbairn an den Reglern) und "Bury The Hatchet" nicht immer ausgezahlt hatte. Ein kleines bißchen mag der neue Schwung auch auf das veränderte Umfeld zurückzuführen sein. "Wir haben seit diesem Jahr eine neue Plattenfirma, MCA", erzählt Fergal ungefragt. "Dort läuft alles bestens, denn die Leute sind alle sehr musik-orientiert. Unser vorheriges Label Island wurde einfach zu groß und geschäftsmäßig. Die meisten Leute, mit denen wir dort zu tun hatten, haben nur noch in Dollar und Cent gedacht."
Ganz und gar nicht ans Geld, noch nicht einmal wirklich an ihr Publikum denken die Cranberries bei der Arbeit im Studio: "Natürlich ist uns bewußt, daß viele unserer Fans nicht englisch als Muttersprache haben, aber das kann unser Songwriting nicht beeinflussen. Dafür gibt es dann ein Textblatt in den Platten, dann kann sich jeder die Songs selbst übersetzen und sich einen Reim auf die Inhalte machen. Im Studio wollen wir in erster Linie uns selbst zufrieden stellen, bevor wir an irgendjemand anders denken", erläutert Fergal und fügt abschließend an: "Das ist einfach ehrlicher. Außerdem sind die Chancen größer, daß die Songs auch jemand anders gefallen, wenn wir selbst wirklich dahinter stehen!"
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Weitere Infos:
www.cranberries.ie
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Interview: -Carsten Wohlfeld- Fotos: -Pressefreigaben-
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Aktueller Tonträger: Wake Up And Smell The Coffee (Polydor/Universal)
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