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TRASHMONK
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Ein Mann für alle Fälle
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Nick Laird-Cloves (alias Trashmonk) ist ein ungefähr 1,60 großer Mann, der vor schiererer Begeisterung ständig zu Platzen droht. Egal um was es geht: Kölsch trinken, im Schatten sitzen, über produktionstechnische Details diskutieren, Alan McGees Poptones Label loben, das Artwork seiner neuen CD bestaunen, für Labelmates oder von Neil Young schwärmen... Das ist nicht gerade selbstverständlich, denn aufgrund seiner wirklich einzigartigen Laufbahn müßte Nick eigentlich zu den abgeklärtesten Typen überhaupt gehören. Es gibt kaum einen Musikanten von Weltrang, mit dem er nicht per Du ist: Von John Lennon über Brian Wilson bis hin zu David Gilmour zählten oder zählen all die großen zu seinen Duzfreunden. Es kann sein, daß er im Gespräch solche Sätze einstreut wie "ich wußte nicht weiter und da fragte ich Brian Wilson und der summte mir dies und jenes vor" oder "und Cameron Diaz war wirklich sehr nett" oder "und dann fragte ich Kate Moss, ob Neil Young nicht der attraktivste lebende Mann sei". Das kommt aber alles nicht blasiert daher, sondern eher beiläufig - und natürlich mit großer Begeisterung vorgetragen.
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Seinen eigenen musikalischen Fußabdruck hinterließ Nick in den 80ern mit seinem Bandprojekt Dream Academy ("Life In A Northern Town"). Danach machte er so was wie einen Selbsterfahrungstrip durch, der auf dem Moskauer Flughafen begann, quer durch den wilden Osten bis hin zu irgendwelchen buddhistischen Mönchen reichte. Diese Erlebnisse zeichnete er mit einem Tonband als akustisches Tagebuch auf. Aus diesem Material bastelte er '98 die CD "Mona Lisa Overdrive" unter dem Namen Trashmonk. "Das war Alan's Idee", erzählte er damals (natürlich vollkommen begeistert), "er meinte, 'Mensch, Du bist Trashmonk!'". Damals gab's McGee's Creation Label noch - im Vertrieb bei Sony. Da das musikalische Ergebnis nicht eben pflegeleicht war (nicht jeder kann etwas mit Soli aus gesampelten Windgeräuschen mongolischer Strommasten anfangen, die sich neben durchaus worldmusikmäßigen Popsongs finden) - ging die CD natürlich unter. Jetzt wird sie auf Poptones wiederveröffentlicht (mit zwei neuen Tracks). Nick erzählt - begeistert - wie es dazu kam. "Das ist mir in meiner ganzen Karriere noch nicht passiert", meint er - was angesichts derselben natürlich einiges bedeutet, "Alan kaufte die Rechte für 'Mona Lisa' von Sony zurück und gab sie dann an mich weiter. Dann schlug er vor, daß ich sie doch an ihn zurückleasen könne, und er sie auf Poptones herausbringen könne. Das ist das erste Mal, daß mir meine Musik auch tatsächlich gehört." Alan McGee macht sich heutzutage scheinbar einen Spaß daraus, mit seinem Poptones Label die Gesetze des Business außer Kraft zu setzen und dabei seinen Freunden auch noch einen Gefallen zu tun. "Ja, genau", stimmt Nick zu, "deswegen liebe ich auch das Poptones Label so. Außerdem hat meine Scheibe jetzt endlich mal ein ordentliches Artwork und - tataa - darauf bin ich besonders stolz: Die Texte sind abgedruckt." Nun ja: Vor zwei Jahren war er auf das damalige Artwork ebenso stolz. (Ein wirklich grausliges Cover, welches eine unscharfe Aufnahme seines Schlafzimmers zeigte (in dem Mona Lisa Overdrive entstand) und wo der Name Trashmonk unleserlich drübergekrakelt war) Egal: Hauptsache Nick hat etwas, für das er sich begeistern kann. Wie z.B. das Filmprojekt "Invisible Circus". "Ja, damals, nach der CD wollte ich ja eigentlich touren", erinnert er sich, "dann kam aber Adam Brooks, der Regisseur von 'Invisible Circus' und ein Freund von mir auf mich zu und fragte mich, ob ich nicht die Filmmusik schreiben wolle. Ich war mir nicht sicher, da ich so was noch nie gemacht hatte. Zwischenzeitlich wendete sich ein anderes Filmteam an mich und fragte mich, ob ich nicht die Musik zu 'Sexy Beast' machen wolle. (Ein Film, der tatsächlich auch ziemlich erfolgreich in den Kinos lief) Ist das nicht toll? Ich hatte fast schon den Vertrag in der Tasche, dann bekam ich aber eine Absage und war froh, daß ich 'Invisible Circus' machen konnte."
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Nick erzählt dann - voller Begeisterung - eine unglaublich Geschichte: Daß das Kabel des Keyboards zu kurz war, um auf den Fernsehbildschirm mit dem Video schauen konnte und er deswegen zur akustischen Gitarre dem Regisseur die Themen durch das Telefon vorsang, während er sie schrieb. Das sind so die Geschichten, die Nick Laird-Cloves in der Summe ausmachen. Das Ergebnis - der Soundtrack enthält neben Nick's Original-Musik noch Stücke von Trashmonk, Yo La Tengo und anderen Acts. Musikalisch gesehen ist das Ergebnis allerdings nicht so spannend. Das ist aber auch nicht der Grund, warum man Filmmusik macht. "Das faszinierende an der Arbeit war, daß diese so vollkommen anders ist, als das, was ich sonst mache", führt Nick das aus, "außerdem wird es gut bezahlt. Und ich hatte die Möglichkeit, mit einem 60-Mann Orchester zusammenzuarbeiten. Das war auch sehr spannend." Was unter diesen Aktivitäten zu leiden hat, ist die Tourerei. "Ja, stimmt, deswegen war es mir ja auch so wichtig, heute dabei zu sein." "Heute" war ein Poptones Showcase auf der Popkomm 2001. Mit dabei waren die Ping Pong Bitches und natürlich Technique, das Duo mit Alan McGee's Ehefrau Kate Holmes. Dazu legten Alan McGee und ein zweiter DJ Tracks aus den 80s auf. Insgesamt war das musikalisch eine ganz schöne Katastrophe - andererseits hatte man stets das Gefühl, daß es darum gar nicht ging. Selten hat man einen Pop-Event erlebt, bei dem sich alle Beteiligten dermaßen lieb hatten. Auch Nick war nur voll des Lobes über seine Label-Kollegen. Sein Auftritt war recht kurzfristig zusammengestückelt worden. Er hatte aus den Background-Tapes seines Albums (sowie einigen Schmankerln wie z.B. "Life In A Northern Town") Remixes gemacht und begleitete sich dazu auf einer teilweise verstärkten, akustischen Gitarre. Obwohl er das ganz gut hinkriegte, war das Ergebnis doch ein wenig "dünn".
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Immerhin legte sich Nick voller Begeisterung (wen wundert's) ins Zeug. Dabei spielte er sich bereits beim Soundcheck dermaßen in Rage, daß er es kaum erwarten konnte, bis das Konzert endlich begann. Nach dem Konzert mußte Nick gleich wieder zurück nach Los Angeles - wo er jetzt hingezogen ist - um an weiteren Soundtrack Ideen zu basteln. "Das Risiko ist mir durchaus bewußt", meint er vorsichtig, "am Beispiel von 'Sexy Beast' konnte ich ja am eigenen Leib erfahren, wie Hollywood funktioniert. (Er hatte die Zusage ja bereits erhalten) Aber wenn ich diese Chance nicht nutzte, würde ich mir später Vorwürfe machen." So werden wir auf neues Material und eine "ordentliche" Tour von Trashmonk noch ein wenig warten müssen. Bis dahin sei noch mal nachdrücklich auf die CD "Mona Lisa Overdrive" verwiesen, die jetzt bei Poptones wieder aufgelegt wird. Neben tibetanischen Mönchen, Ansagetexten der Moskauer Flughafenaufsicht, gesampelten Anrufen des Sohnes von Paul Simon, der Original-Gitarre von Nick Drake und Geräuschen aus Nick's Schlafzimmer gibt es auch einige verdammt gute und interessant gemachte Pop-Songs mit einer leicht melancholischen Note und einem Fünkchen Wahnsinn zu hören...
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Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
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Aktueller Tonträger: Mona Lisa Overdrive
(Poptones/Zomba)
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