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THE CHURCH
 
Babymusik
The Church
The Church aus Australien sind eine jener Bands, die quasi zu einer Institution geworden sind. Mit schönster Regelmäßigkeit veröffentlichen Steve Kilbey, Marty Willson-Piper und ihre Gefährten Scheiben, die die beruhigende Konsistenz etwa einer liebgewordenen Hemdenmarke haben, zu der man immer wieder gerne greift. Das Erstaunliche daran ist eigentlich nur, daß Kilbey dieses nicht abstreitet. Ganz im Gegenteil: "Ich würde das etwa mit englischen Shakespeare-Schauspielern vergleichen", meint er hierzu, "du weißt, daß Du Shakespeare geboten bekommst, aber du weißt nicht, wie und was Dich erwartet." Das stimmt allerdings: Obwohl die Musik eine deutliche eigene Linie besitzt, kann man doch nicht sagen, daß sich alles wiederholt. Was natürlich daran liegt, daß die Musiker auch nicht auf der Stelle treten möchten. Zumal das Hit- und Vermarktungspotential überschaubar scheint.
"Um ehrlich zu sein, interessiert es mich gar nicht mehr besonders, ob sich diese Scheibe verkauft oder nicht", sagt Kilbey, "als wir anfingen, machten wir Musik aus den üblichen Klischeegründen: Sex, Drugs, Girls etc. Heute lebe ich eigentlich immer noch von dieser Zeit. Wenn mir jemand Geld für einen alten Track in einem Soundtrack gibt: Um so besser. Die neuen Stücke machen wir quasi zum Spaß. Heutzutage machen wir Musik, um uns selbst zu beeindrucken." Was genau meint das? "Nun, wenn wir uns nachher sagen: 'Wow, was haben wir denn da gemacht?'", führt Steve aus, "das Wichtigste für mich bei der Musik ist, daß diese mich berührt, wenn es direkt ins Herz geht. Ich habe z.B. Kinder, zweijährige Zwillinge. Denen scheint unsere Musik zu gefallen. Wenn Musik Babies zusagt, kann sie ja nicht ganz schlecht sein, oder?" Nun ja: Ein möglichst breit gefächertes Publikum hat ja noch niemandem geschadet. Obwohl: Hier haben The Church so gewisse Schwierigkeiten: "Ja, wir haben eine inoffizielle Website - www.Hotelwomb.com (unsere offizielle Website empfehle ich nicht so besonders). Es ist eine Art Forum und als nach einer längeren Pause sich die Teilnehmer neu vorstellten, stellten wir fest, daß dies hauptsächlich Männer zwischen 30 und 40 in gesicherten Positionen waren. Frauen waren kaum dabei. Ich denke, daß liegt daran, daß sich Frauen weniger gerne philosophisch mit Themen auseinandersetzen, wie wir das in unserer Musik tun." Diese Aussage relativiert sich indes, als es darum geht, die Texte der Band ein wenig zu spezifizieren. "Das ist nicht so einfach zu beantworten", überlegt Steve und bringt es dann mit einem schönen Spruch auf den Punkt, "ich habe mich auf das Unspezifische spezifiziert. Die üblichen Rock'n'Roll-Themen haben mich noch nie interessiert. Ich möchte, daß meine Texte so offen wie möglich bleiben. Deshalb kann ich dir zum Beispiel auch nicht erklären, was der Titel unserer neuen CD 'After Everything Now This' bedeutet, obwohl er für mich durchaus eine Bedeutung hat." Kilbey überlegt einen Augenblick und meint dann: "Kennst du diesen Moment zwischen Wachen und Träumen? Diesen möchte ich gerne einfangen. Ich weiß nicht, ob unsere Musik psychedelisch ist, aber so stelle ich mir das vor." Das erklärt zum Beispiel auch, warum so viele Stücke von The Church so lang sind - obwohl da noch einiges hinzukommt: "Wir setzen uns zusammen, trinken einen, rauchen ein wenig Pot und jammen dann so lange, bis jemand sagt: Halt, das ist gut", erzählt Kilbey, "dann nehme ich mir die Instrumental-Stücke mit nach Hause und höre mir die so lange an, bis mir Texte dazu einfallen. Zugegebenermaßen ist das manchmal erst fünf Minuten vor der Aufnahme so weit. Daß die Stücke oft so lang sind, liegt einfach daran, daß ich mir nicht mehr sagen lassen möchte, wie lang Stücke zu sein haben - etwa damit sie im Radio laufen oder so. Wen interessiert denn das?" Besonders nach der üblichen zweiwöchentlichen Aufmerksamkeitsspanne, die man einem aktuellen "Musikprodukt" zugesteht.
Es fragt sich dann noch, wie sich jemand, der sich so abgeklärt mit seiner Situation im Musikbusiness abgefunden hat, wie z.B. Steve Kilbey, motiviert - zum Beispiel, wenn es darum geht, etwas Neues für die nächste Scheibe zu finden. "Aber da sind doch viele neue Sachen auf der neuen Platte", begehrt Steve auf, als sei dies ein Vorwurf, "wir haben zum Beispiel diesmal erstmalig einen Piano-Spieler dabei. Dann haben wir diesmal mehr Wert gelegt auf subtile Gitarreneffekte, die viel zur Atmosphäre beigetragen haben. So gibt es jedes Mal Neues zu entdecken." Eine Frage wäre vielleicht noch interessant: Viele Mitmenschen - besonders Frauen - bezeichnen die Musik von The Curch oft als depressiv. Wie sieht Steve Kilbey denn diese Sache? "Das sehe ich ganz anders. Unsere Musik ist melancholisch. Ich mag Melancholie - nicht aber Depression. Das schöne an der Melancholie ist, daß man sich nachher besser fühlt - egal ob es um Musik geht, oder zum Beispiel einen traurigen Film." Und somit ist die Musik von The Church also durchaus auch positiv zu verstehen. Das neue Album bildet hier mit Sicherheit keine Ausnahme. "Ich finde es stärker als das letzte Album", resümiert Steve, "und ich würde auch gerne damit touren. Das hängt aber davon ab, ob es jemandem gelingt, eine solide Tour für uns zu buchen, bei der wir kein Geld verlieren. Bei der letzten Tour in Europa haben wir 150 000 Pfund verloren. Das können wir uns mit der jetzigen Plattenfirma nicht mehr leisten." Wollen wir also hoffen, daß das gelingt...
Weitere Infos:
www.Hotelwomb.com
www.thechurchband.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Pressefreigabe-
The Church
Aktueller Tonträger:
After Everything Now This
(Cooking Vinyl/Indigo)

 
 

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