Schon eher überraschend, und zwar im positivsten Sinne, ist allerdings, daß die Briten nun mit ihrem dritten Album "Bloodsport" ein erfreulich souveränes Comeback feiern. Perfektionistisch wie eh und je, haben sie zwölf Monate an ihrem dritten Album gearbeitet (ein Monat Basisaufnahmen, volle elf Monate Vervollkommnung der einzelnen Sounds!), und nicht zuletzt ob der kompetenten Mithilfe von Flood (Depeche Mode, U2, PJ Harvey) und Jim Abbiss (Björk, DJ Shadow) als Produzenten einiger Songs ist die Platte ausgezeichnet geworden. Die schwierige Gratwanderung zwischen Elektronik und Rock, die so selten glückt, gelingt hier in Perfektion.
"Dieses Album sollte ein echter Schnellschuß für uns werden. Letztendlich haben wir dann aber wieder ein ganzes Jahr gebraucht, um sie fertig zu stellen!" berichtet ein ziemlich müde dreinschauender David Westlake beim Gaesteliste.de-Interview am Tag nach dem Konzert der Sneaker Pimps im Gebäude 9 zu Köln. "Dazu muß ich allerdings sagen, daß die eigentlichen Aufnahmen, die wir in einem kleinen Haus in Frankreich gemacht haben, nur ziemlich genau einen Monat gedauert haben. Danach hat es trotzdem noch sehr lange gedauert, bis die Songs fertig waren, weil wir jeden einzelnen Sound des Albums in unglaublich vielen Variationen ausprobiert haben." Aber gut Ding will Weile haben, und das gilt nicht nur für ihre Musik. Davids Haare jedenfalls sehen so zerzaust aus, wie man sich das nun einmal vorstellt, wenn die Band bis sechs Uhr morgens dem Alkohol zugesprochen hat und um 12.00 Uhr bewaffnet mit einer Kanne Kaffee schon wieder die Fragen der Presse beantworten soll. "Was diese Band zusammenhält, ist die Musik und die Haarpflege", lassen uns die Sneaker Pimps auf ihrer offiziellen Website wissen. Am Interviewtag scheint es dann wohl eher die Musik zu sein... Chris Corner und Liam Howe jedenfalls horchen noch an der Matratze, und neben David hat es sonst nur noch Joe Wilson zum Pressetermin geschafft.
Mit der auf der langen Tour nach dem Debüt gewonnenen Erkenntnis, daß das Livespielen auch für eine technoid beeinflußte Band heutzutage zum Tagesgeschäft gehört, hat auch bei den Aufnahmen im Studio ein neuer Minimalismus bei der Band Einzug gehalten, um die Stücke später auch live auf der Bühne umsetzen zu können. Interessant ist auch, daß die Band inzwischen eher mit traditionellen Rockbands tourt, oder zumindest eher mit Placebo als mit ihren Idolen wie zum Beispiel Underworld. "Im Grunde sind wir ja auf sehr traditionelle Weise auf gute Songs aus", meint Joe. "Nur eben aus dem Blickwinkel eines Dance-Produzenten. Und einer Band wie Placebo geht es ja auch vor allem um die Songs." Mit dem veränderten Umfeld geht auch eine Veränderung des typischen Sneaker-Pimps-Fans einher. Waren es laut David auf der "Becoming X"-Tour vor allem "Pärchen in den besten Jahren", die sich die Band live ansehen wollten, ist das Publikum inzwischen erheblich jünger (und damit um einiges enthusiastischer) geworden. "Wenn du nur ältere Pärchen hast, die vor der Bühne knutschen, willst du dich sofort erschießen", lacht Joe. "Die Teenager geben dir ein wesentlich besseres Gefühl!"