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THE WHITE BIRCH
 
Ehrlichkeit
The White Birch
The White Birch kommen zwar aus Norwegen - gehören aber genau genommen nicht zur aktuellen norwegischen "New Wave". Denn bereits 1996 erschien das erste Album der Band um Ola Fløttum, "Self Portrayal" und 1998 das zweite, "People Now Human Beings". Dass es dann bis zum dritten, "Star Is Just A Sun", das jetzt auf Glitterhouse erscheint, ganze vier Jahre dauerte, hat aber seinen Grund. Nach "People" begannen The White Birch nämlich das, was sie selbst als "Suche nach einem Wurmloch (im astronomischen Sinne)" bezeichnen. Auch wenn man es nicht glauben mag - weil die Musik von The White Birch (ähnlich der ihrer isländischen Kollegen Sigur Ros) so wunderbar simpel und logisch klingt: Es brauchte eine sehr lange Zeit, bis sie zu dem Ergebnis kamen, das wir nun auf "Star Is Just A Sun" hören können.
Ola Fløttum erzählt uns, wo genau die Probleme lagen: "Während der Arbeit am letzten Album fiel uns auf, dass wir unseren Sound gar nicht richtig geplant hatten. Wir sind einfach ins Studio gegangen und haben drauflos gearbeitet. Es passierte alles ziemlich schnell. Wir hatten damals bereits die Idee, ein Studio zu bauen und länger am Sound zu arbeiten." Dazu war man auch bereit, radikale Schritte zu unternehmen. Ola verkaufte seine Wohnung - und lebt seither quasi in dem Studio, das er sich mit dem Erlös dann einrichtete. "Ja, das stimmt. Ich konnte mich mit der Vorstellung nicht anfreunden, eine Menge Geld für - sagen wir mal zwei Wochen - Studiozeit auszugeben. Ich wollte ein eigenes Studio haben, in dem ich über einen längeren Zeitraum arbeiten könnte um dann herauszufinden, wie man eine gute Scheibe machen kann. Ich habe dann alles auf eine Karte gesetzt. Es war ein Risiko, denn ich hatte ja vorher nicht in dem Umfang mit Aufnahmegerät gearbeitet. Aber Helge Sten, unser Produzent [und der von Motorpsycho und Hope Sandoval] hat mir dabei geholfen. Jetzt im August habe ich sogar meinen Job aufgegeben. Ich habe aber noch zwei andere musikalische Projekte, eine zweite Band namens Salvatore - das ist so eine Art instrumentelles Krautrock Ding; unsere aktuelle Scheibe wurde von John McIntire produziert; und ein Solo Projekt - da mache ich Musik, die ist noch langsamer, ambientmäßiger ist als die von White Birch; allerdings mit derselben Philosophie - also organische Instrumente zu spielen und ohne Sampler und Elektronik zu arbeiten. Ich bin also jetzt ein hauptberuflicher Musiker."
The White Birch
Worin liegt denn nun der Unterschied zwischen den neuen TWB Stücken und den alten? "Unser alter Sound war eher 'industrial'. Das ist auch der Grund, warum uns unser ehemaliger Keyboarder Frode Løes Arnesen verlassen hat, der sehr darauf stand. Jetzt wollten wir einen organischeren Sound verwirklichen. Indem wir nämlich einfach organische Instrumente verwenden. Wir haben den Prozess des Aufnehmens also geändert und mehr Kontrolle über die Soundgestaltung übernommen." Hier gibt es eine deutliche Parallele zu Sigur Ros. Diese Jungs erzählten uns ja, dass sie nie über ihre Musik sprechen - wie funktioniert das denn bei The White Birch. "Wir reden schon über unsere Musik - aber eher darüber, was wir von dem, was wir aufgenommen haben wie verwenden möchten. Einen Plan gibt es auch bei uns nicht - das haben wir viele Jahre lang gemacht und das war dann auch genug. Wir wollen unsere Musik auch nicht intellektualisieren. Deshalb hören wir auch irgendwann auf über die Musik zu reden und spielen dann lieber. Das ist übrigens auch der Grund, warum wir so gerne mit Helge Sten zusammenarbeiten. Wir können versuchen, was wir wollen - und er ist immer auf unserer Seite. Er sagt also nie: 'Das geht doch nicht', sondern er ermutigt uns, alles auszuprobieren." Trotzdem ist dies eine erstaunliche Parallele zu Sigur Ros. Hat es Ola denn nicht überrascht, dass während der langen Klausur-Phase eine andere Band mit einem ähnlichen Konzept hervor kam? "Nein, das hat mich überhaupt nicht erstaunt", streitet er das ab, "ich war eher begeistert so etwas zu hören. Ich mag die Band. Es ist aber keine einzigartige Formel. So etwas hat es doch immer schon gegeben und wird es auch immer geben. Es geht doch einzig immer darum, was du als Band wirklich tun möchtest und die ideale Methode zu finden, das umzusetzen." Doch es passierte noch mehr: Ola heiratete zwischenzeitlich - und wurde auch wieder geschieden. Nun könnte man ja meinen, dass das alles zusammenhängt. Die Kollegen von der ebenfalls norwegischen Band Madrugada verfertigten gerade eine ganze CD, auf der es um die Probleme geht, die sich aus dem Dasein als Rock-Musiker und dem daraus resultierenden eingeschränkten Privatleben ergeben. "Das mag damit zusammen hängen, ja", stimmt Ola zu, "ich weiß nicht, ob es möglich ist, so etwas dergestalt zusammenzufassen - aber vielleicht ja. Meine Frau war ebenfalls eine Künstlerin - und das war das beste an unserer Ehe. Dass wir beide kreativ waren, hat natürlich Probleme aufgeworfen - ganz klar. Auf jeden Fall hat sich das auf meine Art Songs zu schreiben ausgewirkt. Bevor ich verheiratet war, habe ich als Songwriter immer versucht, möglichst unemotional vorzugehen. Jetzt versuche ich, sowohl musikalisch wie auch textlich emotionaler zu sein. Ich möchte am liebsten nur noch über das Thema 'Liebe' schreiben - oder aber auch über die Verzweiflung, die sich ergibt, wenn dir die Liebe fehlt. Auf jeden Fall sollen es aber Geschichten sein, die besser - nein optimistischer - sind, als bislang. Meine bisherigen Texte waren da nämlich eher intellektuell." Hierzu muss man allerdings berücksichtigen, dass die Texte doch sehr "poetisch" geraten sind. Da wimmelt es von blumigen Metaphern und verklärten Bildern, die wenig inhaltliches Preisgeben. Doch das war offensichtlich auch gar nicht die Absicht: "Ich möchte jetzt nicht allzuviel über die Texte erzählen, weil ich möchte, dass das Publikum daran partizipieren soll", wiegelt Ola ab, "es geht eigentlich immer darum, die Stimmung des Songs zu unterstützen. Es handelt sich keineswegs um Gedichte. Es sind Metaphern. Wenn es da einen Namen gibt - wie z.B. 'Silly Malone' geht es nicht um eine bestimmte Person, sondern in dem Fall darum, jedermann sein zu können. Und 'Malone' klang halt nett, deshalb habe ich ihn ausgewählt. Ulf Rogde, unser Bassist, schreibt auch so. In 'Donau Movies' geht es nicht wirklich um Filme, sondern darum, eine Stimmung hervorzurufen. Für uns haben die Texte natürlich eine bestimmte Bedeutung, aber es soll sich jeder für sich überlegen, was sie für sich selbst bedeuten." Das hört sich ja nach einer Art Code an? "Es könnte ein Code sein", stimmt Ola zu, "wir mögen es ambivalent." Dabei sollten wir es dann auch belassen.

Musikalisch gibt es auf "Sun" eine Überraschung in Form des Up-Tempo-Tracks "Beauty King". Wie geriet der denn zwischen all die anderen, elegischen Balladen? "Wir haben uns schwer damit getan, eine Mischung zwischen den Landschaften, in denen wir gerade arbeiteten und den poppigeren Aspekten herzustellen. Ich bin kein Fan von den üblichen Pop-Strukturen, ich mag es, wenn es ein wenig vage ist. Bei 'Beauty King' ist uns das ganz gut gelungen. Inzwischen können wir das besser und so mag es sein, dass es in Zukunft wieder mehr Stücke wie 'Beauty King' gibt." Landschaft ist ein gutes Stichwort: Gibt es eine Verbindung zwischen der Umgebung, wo die Musik entsteht und den Songs von The White Birch? "Vielleicht", antwortet Ola, "es gibt da eine Menge schöner Landschaften wo wir leben. Ich jedenfalls mag Musik, mit der ich reisen kann. Im Zug höre ich gerne Musik. Und ich mag diese traumähnliche Qualität, die es mit sich bringt, wenn man Musik und die Szenerie zusammenbringt. Das ist ja fast wie schweben - ohne abrupte Brüche. Das ist es unter anderem, was wir mit unserer Musik auch erreichen möchten." Ist das Album denn so etwas wie eine musikalische Reise? "Ja, schon, wir wollten vor allen Dingen ein Album machen, in dem jeder Song seinen spezifischen Platz und seine spezifische Funktion hat. Das war auch mit der Grund, warum alles so lange dauerte."

The White Birch
Auf der CD befindet sich auch der Startpunkt, mit dem das neue Kapitel von The White Birch begann. Es handelt sich um den Track "Love Is So Real", auf der u.a. auch eine Sängerin auftritt. "Das war der erste Song, den wir für dieses Album schrieben", erinnert sich Ola, "dieser Song hat uns zusammengehalten in der Phase, wo wir nach dem neuen Sound suchten. Wir machten diesen Song für eine Kompilation, die nie erschien. Dieser Song zeigte die neue Richtung für uns auf und er kam praktisch aus dem Nichts. Danach war es sehr schwierig, weitere Songs zu schreiben. Was nun die Stimme von Lotte Halstensen betrifft: Sie hatte noch nie vorher auf einer Scheibe gesungen - und genau das hört man auch. Ich mochte diese Art zu singen sehr, weil sie so ungekünstelt und so ehrlich ist. Ich mag es, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die keine Technik haben. Du kannst jemandem ein Instrument in die Hand drücken, der es nicht spielen kann und er wird Sachen damit machen, auf die ein ausgebildeter Musiker nie käme. Dieses Thema interessiert mich sehr und da würde ich gerne weiter forschen." Wenn man das alles zusammen nimmt: Liebe (oder das Fehlen von Liebe), ambivalente Texte, vage Musik mit konkreten Intentionen - welche Botschaft strahlt diese Scheibe denn nach Ola's Meinung aus? "Wenn die Scheibe eine Botschaft hat, dann die, dass du herausfinden solltest, was du wirklich möchtest und dass du in deinem Leben deine Emotionen einsetzen solltest. Versuche zu lieben. Das ist ehrlich und das ist das, was wir auf dem Album auch versucht haben: Ehrlich zu sein. Ich hoffe, dass hat seine Spuren in den Songs hinterlassen."
Weitere Infos:
thewhitebirch.one.no
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
The White Birch
Aktueller Tonträger:
Star Is Just A Sun
(Glitterhouse/Indigo)

 
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