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ANGELIKA EXPRESS
 
Die "Kölschen Hives"?!
Angelika Express
"Ein gewisses bohèmes Leben ist uns nicht abzusprechen. Natürlich stehen wir in der Regel nicht um halb sieben morgens auf und gehen zur Arbeit, obwohl das auch schon mal vorkommt", erklärt uns Bassist Jens Bachmann im Gespräch mit Gaesteliste.de. Zusammen mit Sänger/Gitarrist Robert Drakogiannakis und Schlagzeuger Alex Jezdinsky ist er Angelika Express, also genau die Kölner Band, die mit ihrem nun erscheinenden selbstbetitelten Debütalbum nicht nur sehr erfolgreich das fehlende Bindeglied zwischen Rheinland und Glasgow, zwischen deutschem Indierock und Britpop, zwischen den Fehlfarben und Teenage Fanclub darstellt, sondern sich auch sonst wohltuend von den diversen - allzu häufig vom Szenegedanken beherrschten - Musikerzirkeln in Hamburg, Berlin oder München abhebt.
"Ein Lied wie 'Verkaterter Dienstag' ist aus der Situation heraus entstanden, dass wir vor unseren Proben dienstags morgens ganz schön verkatert im Café Schmitz saßen und einfach nicht verstehen konnten, wie die anderen Leute um uns herum so vital waren und ihren alltäglichen Dingen nachgingen. Das ist schon authentisch", erklärt Robert den Text des Liedes, das die drei zusammen mit Fehlfarben- und Family-5-Kultfigur Peter Hein zusammen aufgenommen haben. Doch nicht nur vom Faulenzen können die drei ein Lied singen, auch Beziehungssorgen sind ihnen nicht fremd, wie das großartige "Teenage Fanclub Girl" beweist, und mit "Geh doch nach Berlin" geben sie sich zudem richtig spitzzüngig. "'Geh doch nach Berlin' ist natürlich auch ein kleiner Seitenhieb auf die manchmal etwas überzogene Selbstherrlichkeit, die gerade in der Berliner Musikszene herrscht", erklärt Robert. "Es gibt ja einige Bands, die sich wirklich etwas darauf einbilden, aus Berlin zu kommen und da macht es natürlich Spaß, ein wenig zu sticheln - ohne dass das ein vernichtender Schlag sein soll." Und Jens fügt an: "Ich denke, dass dieses Berlin-Ding ja inzwischen auch von den Major-Labels aufgegriffen wird, und das ist ja häufig so etwas wie der Anfang vom Ende. Lass das Ganze noch anderthalb Jahre glaubwürdig sein, und dann will niemand mehr die hippen Bands aus Berlin hören." Einige mögen solche Aussagen vielleicht als Neid auslegen, doch Angelika Express sehen in ihrer Herkunft trotz der in Köln weiterhin vorherrschenden Vorliebe für elektronische Klänge kein Problem. "Der Vorteil ist, dass wir nicht Gefahr laufen, in das Fahrwasser der XY-Schule zu kommen, obwohl das natürlich auch ein Nachteil sein kann, wenn einige bei 'Köln' und 'Rock' sofort an BAP, Brings oder De Höhner denken und uns fragen, ob wir auf Kölsch singen", sinniert Alex und fügt grinsend an: "Das ist uns zwar noch nicht passiert, wird aber kommen, da bin ich mir ganz sicher! Das würde mich allerdings auch nicht besonders stören, weil wir natürlich hier in Köln auch genug Leute kennen, die das gleiche Problem haben, dass sie gute Musik machen, die aber trotzdem nicht als 'Kölner Rock' verkauft wird, sondern als 'Eine gute Band aus Köln'." Jens ergänzt: "Wenn jemand ein Problem damit hat, dass wir aus Köln kommen, ist das ganz allein sein Problem, nicht unseres!" Dem stimmt auch Robert zu: "Köln ist schon ganz okay. Klar, es gibt keine besonders große Gitarren-Szene, man hat schon eher die Elektronik-Wohnzimmer-Schrauber um sich herum, aber es gibt ein ziemlich gutes Umfeld, um anderweitig Spaß zu haben. Wir gehen viel aus und suchen unsere Inspiration im Kölner Nachtleben - und werden da auch immer fündig."

Und wer weiß, kämen Angelika Express aus Berlin oder Hamburg, vermutlich wäre auch nie das feine Wuppertaler Label Paul! auf sie aufmerksam geworden, das unlängst nicht nur die Single "Geh doch nach Berlin" (zu der es übrigens auch ein größtenteils in Eigenregie entstandenes Low-Budget-Video gibt) veröffentlicht hat, sondern nun auch mit Hochdruck am Erfolg des Debütalbums arbeitet. "Wir sind in der luxuriösen Situation, dass wir bei Paul! gelandet sind, denn dahinter steckt zwar nicht besonders viel Geld, aber sehr viel 'man power', die perfekt für uns arbeitet. Deshalb gäbe es zum Beispiel auch keine Probleme, wenn wir nur 1 000 oder 2 000 Platten verkaufen würden, während man bei einem Major auch bei 3 000 Platten noch sagen würde: 'Oh Gott, was machen wir jetzt nur, das ist ja ein Flop!' Deshalb können wir sehr optimistisch in die Zukunft sehen." Und in der wird es in den nächsten Monaten vor allem Angelika-Express-Konzerte en masse geben: Energiegeladen, schweißtreibend, den Spaß im Zentrum des Interesses. Da muss man noch nicht einmal immer die Texte verstehen, ohne dass die Band befürchten müsste, ihre Message kommt nicht an. "Das Parolenartige, das in einigen Texten aufblitzt, kommt live dennoch gut zur Geltung", ist sich Robert sicher. "Die Verständlichkeit der Texte ist auf der Bühne nicht immer gewährleistet, aber ich bin mir sicher, dass die Grundidee, die vermittelt werden soll, dennoch ankommt. Bei einem Stück wie 'Teenage Fanclub Girl' ist es vielleicht ein bisschen schwierig, die Geschichte dahinter zu verfolgen, aber bei 'Geh doch nach Berlin' bekommt man es dagegen sofort mit, wenn man den Refrain hört!" - "Natürlich klingt es live nicht wie auf der Platte, das soll es aber auch gar nicht", erklärt Jens. "Und selbst wenn wir auf der Bühne mal außer Atem sind, weil wir ziemlich heftig agieren - das ist egal, weil dafür viel mehr Power und Energie herüberkommt. Es gibt da eine nette Anekdote von dem Konzert in Wuppertal, das wir mit Family 5 gespielt haben. Da kam nachher jemand zu [Family-5-Sänger] Peter Hein und sagte: 'Man versteht die Texte ja überhaupt nicht', und Peter Hein meinte nur: 'Ey, was willst du? Wenn das Konzert geil ist und die Musik geil ist, dann verstehst du nie die Texte!' Das war ein lustiges Statement, mit dem er vielleicht nicht unbedingt Recht hat, aber mein Gott, wenn es rockt, versteht man halt die Texte nicht so gut, aber es ist halb so schlimm!"

Angelika Express
Und auch wenn das Rock N Roll-Feeling auf der Bühne klar im Mittelpunkt des Interesses der drei steht, das Publikum ist mindestens genauso wichtig. "Natürlich machen wir uns um das Publikum Gedanken", bestätigt Robert. "Wie wir auch schon auf unserer Website geschrieben haben: Wir wollen die Leute schon ein bisschen nerven, denn wir mögen die Kultur der Gleichgültigkeit, die gerade im Indie-Bereich weit verbreitete Schluffigkeit, nicht besonders. Weder bei den Musikern noch beim Publikum. Das wollen wir ein bisschen aufmischen, aber natürlich wollen wir auch vom Publikum geliebt werden." Und Jens ergänzt: "Das Schlimmste, was du nach einem Konzert von einem Zuschauer zu hören kriegen kannst, ist: 'Es war ganz nett!' Uns ist es lieber, wenn es einige total Scheiße finden und rausgehen, aber dafür auch einige echt Klasse finden." Einen Fehler darf man trotzdem nicht machen: Diese Haltung der drei als fehlgeleitetes Selbstbewusstsein und einen Hang zur Arroganz zu deuten. Dieses typisch britische Phänomen scheinen Bands wie Tomte oder Atomic ja auch in Deutschland etablieren zu wollen. "Damit habe ich eher ein Problem", erklärt Robert. Gerade dieses Oasismäßige, am Bühnerand zu stehen, mit hinter dem Rücken verschränkten Armen, und sich mit einer kalten Arroganz zu präsentieren, das ist absolut nicht unser Naturell, wir wollen die Leute viel lieber am Schlafittchen packen." Und Jens fügt an: "Man muss sich das so vorstellen: Wenn man auf eine Party geht und nur in der Ecke steht und sich die Leute anschaut, ist der Abend unheimlich langweilig. Wenn man sich dagegen unter die Leute mischt, ist das schon etwas ganz anderes. Ich denke, wir versuchen, ganz einfach mit dem Publikum zusammen eine geile Party zu veranstalten." Bleibt zum Schluss noch die eigentlich überflüssige Aufgabe, Angelika Express in eine passende Kategorie zu zwingen. Das ist gar nicht so einfach, doch die Band selbst kommt uns zur Hilfe und bietet uns - wenngleich begleitet von lautem Gelächter und einem nicht zu übersehenden Augenzwinkern - eine mögliche Schublade an: "Die Kölschen Hives!"
Weitere Infos:
www.angelikaexpress.de
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Jochen Arndt-
Angelika Express
Aktueller Tonträger:
Angelika Express
(Paul!/Zomba)

 
 

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