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SHANNON WRIGHT
 
Die verdeckte Sonne
Shannon Wright
"Over The Sun" heißt das neue Album von Shannon Wright, die nach der Auflösung ihrer Band Crowsdell im Jahre 1998 ganz auf die alternative Schiene setzte und nun ihre vierte Solo-CD vorlegt. Das Album ist ein Monstrum geworden: Reduziert auf's Notwenigste und von Steve Albini beängstigend intim in Szene gesetzt, erschlägt Shannon den Zuhörer sozusagen mit sich selbst. Denn das ist es, was Shannon im Prinzip tut: Ihr innerstes nach außen kehren - sowohl inhaltlich, wie auch musikalisch - und dieses in Form höchst eigenwilliger, komplexer Songs dem Publikum auf dem Präsentierteller darbieten. Der Grund, warum dieses Album - mehr noch als die drei Vorgänger - das direkteste, persönlichste und gleichzeitig emotional wirkungsvollste und düsterste Werk der Songwriterin geworden ist, liegt darin begründet, dass diese CD den eindrucksvollen Auftritten von Shannon am nächsten kommt. Hier gibt es schlicht Shannon pur.
"Ich wollte, dass dieses Album wie meine Live Konzerte klingt", erklärt Shannon, "ich wollte, dass es sehr natürlich und unproduziert klingt, so, als wäre die Musik bei dir im Wohnzimmer. Die Instrumente sollten ganz pur klingen, ohne Effekte und auch die Stimme sollte sehr direkt klingen." Da war Steve Albini als Produzent ja sicher der richtige Mann, oder? "Mit Steve habe ich schon auf meinen letzten Alben zusammengearbeitet", führt Shannon aus, "Steve ist ein sehr guter Techniker und er weiß genau, wie man einen Sound hinbekommt. Er führt sich überhaupt nicht auf wie ein Produzent und fühlt sich auch so. Ich hatte ja sehr spezielle Vorstellungen, was den Sound betrifft, und Steve ist sicher derjenige, der sie perfekt umsetzen konnte." Das Album klingt dabei sehr hart, fast brutal. "Das ist nun mal die Art, in der ich spiele", wehrt Shannon ab, "ich habe mir diesen perkussiven Gitarrenstil angewöhnt, weil er für meine Bedürfnisse besser geeignet erschien. Und ich kann heutzutage einfach keine einfachen Stücke mehr schreiben. Wenn ich es versuche, klingen sie nicht richtig oder ich mag sie nicht. Was mir aber wichtig ist, ist meine Musik auf eine so ehrliche Art wie möglich darzubieten." Und ehrlich ist diese Scheibe allemal. Neben Shannons Gitarre und ihrer Stimme gibt es lediglich noch ein Piano und Drums - das war's. "Mehr war nicht notwendig", stellt Shannon fest, "die Stücke brauchten z.B. keinen Bass." Warum beginnt denn die Scheibe mit einem vergleichsweise irreführenden, lyrischen Intro? "Das ist bloß deswegen drauf, weil ich das Instrument mag", erläutert Shannon, "es ist ein Mellotron. Ich dachte, das wäre eine nette Einleitung. Das hat aber keine besondere Bedeutung. Ich denke nicht besonders viel darüber nach, wie ich meine Musik nach außen verkaufen soll. Wichtiger ist mir, dass sie glaubwürdig erscheint." Warum heißt denn die CD "Over The Sun"? Der Titel stammt von dem Stück "Throw A Blanket Over The Sun" - wenn man das tut, dann ist's doch dunkel? "Ja, das stimmt", räumt Shannon ein, "der Titel hat für mich zwei Bedeutungen: Ein Mal geht es darum, zurückzublicken und eben die dunklen Seiten zu sehen, und andererseits kann man es auch so interpretieren, nach vorne zu schauen. Das drückte dann eben so etwas wie Hoffnung aus."
Shannon Wright
Worum geht es denn eigentlich bei den Songs des neuen Albums? "Nun, als sie fertig waren, stellte ich fest, dass sich ein roter Faden thematisch da durchzog - ich weiß auch nicht warum. Ich würde aber sagen, das sind ganz normale, menschliche, emotionale Dinge, um die es da geht. Keineswegs persönliche Dinge, sondern universelle Gedanken, die auf alle zutreffen können. Ich schreibe meine Songs immer ohne großes Konzept und eigentlich deswegen, um das, was mir auf der Seele brennt, herauszubringen." Das hört sich nach einem sehr natürlichen, ja instinktiven Prozess an? "Ja, genau", stimmt Shannon zu, "wenn ich mich mit meinen Songs auf die Bühne stelle, dann offenbare ich mich dem Publikum." Wer Shannon auf der Bühne gesehen hat, dem wird aufgefallen sein, dass sie eine sehr, sehr ernsthafte Performerin ist. Wo bleibt denn da der Spaß-Faktor? "Weißt du, es gibt genügend Bands, die Musik machen, die Spaß macht - und das ist auch okay so", beschreibt Shannon ihren eigenen Ansatz, "weil ich das, was ich tue, ernst nehme, heißt ja nicht, dass ich keinen Spaß habe. Oder besser gesagt: Die Kommunikation mit dem Publikum gibt mir viel. Das ist ein sehr schönes Gefühl, auf der Bühne zu stehen und seine Songs vorzustellen. Aber man gibt auch viel von sich selbst preis. Mir wird oft vorgeworfen, ich sei auf der Bühne zornig und missmutig. Das ist aber natürlich nicht so. Ich bin nicht immer missmutig, wie jeder andere auch. Aber ich nehme meine Songs schon sehr ernst." Dabei hat sich Shannon ja dezidiert für den weniger begangenen Weg entschieden. "Weißt du, ich hinterfrage oft, ob das, was ich mache richtig ist, oder warum ich es mache", überlegt Shannon, "ich verdiene mit meiner Musik ja kein Geld, ich bin ziemlich arm. Aber andererseits gibt es mir auch viel, die Musik zu spielen. Aber es ist schon sehr, sehr schwer, auf diese Art zurechtzukommen. Glücklicherweise gibt es da eine kleine Schar von Freunden [die Musiker, in deren Dunstkreis Shannon sich bewegt], die für einander da sind und auf die du dich verlassen kannst. In einem Business wie dem unseren, mit all seinen Unwägbarkeiten, ist so etwas sehr wichtig. Es ist so etwas wie eine Art Familie." Was ist denn der Grund, dennoch weiterzumachen? "Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich es einfach tun muss", stellt Shannon fest, "Musik zu machen ist für mich so etwas wie atmen. Ich kann nicht ohne auskommen." Nachdem es nun ein Album gibt, wie es purer und direkter nicht sein kann: Was kommt denn als Nächstes? "Ich habe mir überlegt einmal eine Piano-Scheibe aufzunehmen", meint Shannon, "weißt du, so eine, wie du sie nachts spielen würdest. Jeder hat ja so seine Lieblingsscheiben, für so stille, intime Momente, die auch ein wenig melancholisch sein können. So eine Scheibe möchte ich einmal machen." Zweifelsohne wird dies dann eine Mitternachts-Scheibe werden. Denn Shannon Wright - das wurde auch bei diesem Interview deutlich - ist eher in den dunkleren Ecken des Lebens zu finden. Auch wenn die Hoffnung zum Glück nicht ganz außen vor bleibt.
Weitere Infos:
www.knowwave.com/shannonwright/
www.southern.net/southern/band/SHAWR/
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Shannon Wright
Aktueller Tonträger:
Over The Sun
(Southern Records)
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