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ANGELIKA EXPRESS
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Keine Atempause
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Es geht weiter Schlag auf Schlag im Hause Angelika Express. Kaum sind die Lobeshymnen verhallt, die das Kölner Trio für sein vor Jahresfrist veröffentlichtes selbstbetiteltes Debütalbum einheimsen konnte, und die wenige Monate später nachgeschobene "Ich bin kein Amerikaner"-EP in den Läden, legen Robert Drakogiannakis, Jens Bachmann und Alex Jezdinsky schon ihr zweites Album "Alltag für alle" nach. Live vorgestellt wurde das neue Album Ende März bei einer Releaseparty im Kölner Gebäude 9, wo Angelika Express nicht nur mit ihren Gästen (u.a. die Moulinettes und Mondo Fumatore) die neuen Songs auf die Bühne brachten, sondern unter dem Namen Schmankerl Vor Dem Herrn mit Fehlfarben-Sänger Peter Hein und dem österreichischen Kultmenschen Rainer Krispelt an den Mikros durch ein höchst amüsantes Set an Punksongs jagten, angefangen bei "Janie Jones" und "Career Opportunities" von The Clash, über "Boredom" von den Buzzcocks bis zu den Fehlfarben-Klassikern "Gott sei Dank nicht in England" und "Das war vor Jahren". Und endlich gab es auch einmal die Chance, Peter Hein (wie schon auf dem Debüt aus dem letzten Frühjahr) auch live die Angelika-Express-Nummer "Verkaterter Dienstag" singen zu hören.
Eines beweist "Alltag für alle" in jedem Fall: Trotz der Fülle der innerhalb des letzten Jahres veröffentlichten Nummern fehlt es den dreien keinesfalls an Ideen. "Im Laufe der Jahre haben sich bei mir viele Text- und Melodie-Fragmente angesammelt. So habe ich immer einen Grundstock, von dem aus ich starten kann, wenn mir mal spontan nichts Frisches einfällt", verrät Sänger, Gitarrist und Hauptsongschreiber Robert im Gaesteliste.de-Interview sein Rezept gegen eine Schreibblockade, doch ganz ohne Probleme gingen die Aufnahmen des zweiten Werkes nicht über die Bühne.
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"Es war so, dass wir Angst hatten, die zweite Platte gar nicht zu schaffen, weil wir so wenig Zeit hatten", gibt Bassist Jens zu. "Uns war immer klar, dass wir sie im Dezember aufnehmen würden, allerdings hatten wir keine Zeit zum Proben. Wir sind vorher nur einen einzigen Tag in den Proberaum gegangen, und deshalb war der erste Tag im Studio ein ziemliches Fiasko. Es ist ja so, dass du einerseits in Ruhe deine Platte machen willst, andererseits einen Taxameter hast, an dem du ablesen kannst, was das Studio kostet! Es ist ja nicht so, dass man da sagen würde: 'War halt nichts, gegen wir eben noch einmal ins Studio'. Am zweiten Tag war es so, dass plötzlich eine Art von Magie da war, vielleicht, weil wir uns auch in diesem Studio, dem Topaz hier in Köln, sehr wohl gefühlt haben. Wir sind dann recht entspannt an die Sache herangegangen, und jeder hat versucht, jeweils sein Bestes in den Song einfließen zu lassen. Irgendwann lief es dann wirklich gut, und wir haben die Basics von drei bis vier Songs pro Tag aufgenommen. Wir spielen ja auch immer live ein, und dadurch entstand ein echter Fluss. Am Ende standen wir dann mit 20 Songs da." Die klingen genauso frisch, energiegeladen und mühelos wie die Songs des Debüts, dieses Mal aber erfreulicherweise weniger uniform und 80s-inspiriert. "Zeitlos statt zeitgeistig" scheint das Motto der rheinischen Power-Pop-Combo gewesen zu sein. "Gute Melodien sind sehr geduldig", glaubt Robert. "Was ein irgendwie trendbewusster Musiker heute wavemäßig bürstet, war gestern vielleicht noch Britpop oder vorgestern eine countrymäßige Ballade. Interessant sind dabei oft die Verschiebungen und Verfehlungen, wenn man den anvisierten Stil verkackt und was Eigenes dabei herauskommt. Aber die Melodie muss packen, sonst hilft alles nichts."
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Für das neue - von Jem (Virginia Jetzt!, Naked Lunch, Miles) produzierte - Album ließen sich Angelika Express vom Branchenriesen Columbia / Sony unterstützen und man setzte sich so in gewisser Weise gegenseitig unter Druck: Das große Label sieht sich genötigt, an die nicht von der Hand zu weisenden Erfolge der Band und ihrer kleinen Plattenfirma Paul! aus dem letzten Jahr anzuknüpfen, und natürlich wollen auch die drei Musiker den neuen großen Geschäftspartner nicht enttäuschen. "Man klopft natürlich ab, was so geht. Gerade bei den zwischenmenschlichen Aspekten sind wir von Paul! etwas ganz anderes gewohnt", erklärt Drummer Alex. "Deshalb fühlen wir uns ja auch so verpflichtet, den Leuten, die letztes Jahr für wenig oder kein Geld für uns gearbeitet haben, jetzt etwas Gutes zu tun - und sei es nur das schnöde Geld oder weitere Connections oder so. Bis sich die Zusammenarbeit mit Sony richtig entwickeln konnte, hat es auch ein bisschen gedauert. Die ganze Geschichte fing schon im Mai letzten Jahres an, aber erst im September haben wir unterschrieben, und erst dann war klar, dass die Basis und das Vertrauen für eine Zusammenarbeit da war. Sicher sein kann man bei so etwas natürlich nie. Wer weiß, was in einem Jahr ist, ob die Leute, mit denen wir jetzt zu tun haben, dann überhaupt noch da sind oder was die Plattenfirma dann will. Aber dann können wir immer noch zurück zu Paul!" - "Genau, man darf halt nicht vergessen, dass auf unserer Platte neben Columbia / Sony immer noch Paul! draufsteht", ergänzt Jens. "Das ist kein Promotion-Gag, Paul! ist immer noch der Ansprechpartner für uns, dann gibt es noch den Kühli [Management und Verlag], und wir haben auch noch denselben Booker. Bei der Sony haben wir nur mit drei, vier Leuten zu tun. Warum bei uns der Gedanke aufkam, zu einer größeren Plattenfirma zu gehen, war in erster Linie der Wunsch, die finanzielle Belastung für alle Beteiligten etwas zu mindern. Nun gut, wir leben nicht mehr in einer Zeit, in der man von einer großen Plattenfirma sofort den Koffer mit der großen Kohle auf den Tisch gelegt bekommt, aber natürlich kann eine Major-Company immer noch mehr bezahlen als ein kleines Label. Im letzten Jahr haben fast alle in der Band für lau gearbeitet, und der finanzielle Aspekt hat sich negativ auf unsere Arbeit ausgewirkt. Um uns davon frei zu machen, sind wir einen Weg gegangen, von dem uns klar war, dass er eventuell unschön ist (als bekennender Independent-Act bei der zweiten Platte zu einem Major zu gehen), aber für alle Beteiligten wohl auch leichter und positiver."
Die ersten Reaktionen auf die neue Platte lassen vermuten, dass sich der unliebsame Schritt für die Band auszahlt und das Konzept von Angelika Express aufgeht, das Jens für uns noch einmal kurz und bündig zusammenfasst: "Wir wollten einfach auf den Tisch hauen und sagen: 'Hey, passt mal auf, hier ist Angelika Express, wir touren uns nicht nur den Arsch ab, wir haben auch noch genug Kraft und Potential, ein weitere Platte zu machen. Ihr müsst mit uns rechnen!'"
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Weitere Infos:
www.angelikaexpress.de
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Interview: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Pressefreigaben-
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Aktueller Tonträger: Alltag für alle
(Paul!/Columbia/Sony Music)
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