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LENNY KAYE
 
A Life In Music
Lenny Kaye
Fast 30 Jahre ist es her, seit Patti Smith ihre Debüt-LP, das Meilensteinalbum "Horses", veröffentlichte. Doch auch heute noch geht von ihr die gleiche Faszination aus, die die Poetin und Performerin schon vor all den Jahren zu einer Ausnahmeerscheinung machte. Unverändert ist auch ihre Band. Gitarrist Oliver Ray und Bassist Tony Shanahan sind seit rund zehn Jahren dabei, Drummer Jay Dee Daughtery seit 30, und mit Gitarrist Lenny Kaye spielte Patti schon in ihren New Yorker Anfangstagen, als sie lediglich Gedichte rezitierte und Lenny sie dabei auf der Gitarre begleitete. Ihre Musik ist dagegen heute kompromissloser denn je. Die Zeiten ihrer streckenweise seichten Mainstream-Produktionen wie das 1988er Album "Dream Of Life" sind längst passé. Das beweist auch das dieser Tage erscheinende zehnte Studiowerk Pattis, "Trampin'". Neu ist, dass das Album das erste in ihrer langen Karriere ist, das nicht bei ihrem Stammlabel Arista, sondern bei Columbia erscheint.
"Trampin'" ist eine unfassbar intensive Platte, Pattis erstes Werk nach der Katastrophe des 11. September, auf dem sie einerseits Mitgefühl für die Opfer zeigt, andererseits aber auch klar ihre Anti-Kriegs-Botschaft verbreitet. Musikalisch bewegt sich das Album auf dem gleichen Terrain wie sämtliche Platten zuvor. Sanfte Balladen stehen neben muskulösen Rocksongs und ausgewalzten Jams. Nur der titelgebende Gospelsong "Trampin'" (mit Pattis 16-jähriger Tochter Jesse am Klavier) fällt etwas aus dem Rahmen. Was nicht heißen soll, dass "Trampin'" vorhersehbar wäre. In puncto emotionaler Intensität ist das neue Werk vielleicht sogar Pattis beste Platte seit "Horses". Im Juli kehren Patti und ihre Band auf deutsche Bühnen zurück, und Gaesteliste.de hatte bereits letzten Sommer beim Festival in Haldern Gelegenheit, ein Gespräch mit Lenny Kaye zu führen.

Der ist nicht nur seit mehr als drei Jahrzehnten Pattis Gitarrist, er ist darüber hinaus auch als Produzent, Journalist und Buchautor eine Legende "in his own right". Für ihn selbst ist es genau diese Abwechslung, die ihn am Ball bleiben lässt. "Ich denke, meine Schreiberei färbt auf mein Gitarrenspiel ab und umgekehrt. Wenn ich ein tolles Solo spiele, ist das das Gleiche als wenn ich einen tollen Absatz schreibe und die Worte nur so aus mir herausfließen, ohne dass ich weiß, woher sie kommen. Ich bin nicht die Art von Typ, der nur ein ganz bestimmtes Leben führen könnte. Ich vereine zu viele gegensätzliche Mentalitäten in mir. Ich bin ein Plattenfanatiker. Ich sitze gerne zu Hause und organisiere meine Sammlung. Ich gehe aber auch gerne raus und tanze... It's all part of a life in music!"

Seinen legendären Status hat sich Lenny erarbeitet, ohne jemals Platten an der Spitze der Charts oder Bücher auf den vorderen Plätzen der Bestsellerliste gehabt zu haben. Trotzdem gilt beispielsweise das von ihm zusammengestellte "Nuggets"-Boxset heute als Meilenstein des frühen Garagenrock. "Ja, egal ob nun 'Nuggets' oder andere meiner Platten: Sie wurden vielleicht nicht von einer Million Menschen gekauft, aber diejenigen, die sie haben, hören sie, schätzen sie und bauen darauf auf!" Ähnliches gilt wohl auch für Lennys Produzentenkarriere, in deren Verlauf er Werke von so unterschiedlichen Künstlern wie James, Soul Asylum oder Kristin Hersh betreute. "Ich mag seltsame Künstler! Ich arbeite mit Künstlern, die eigene Visionen haben. Für mich ist das eine Kombination von Musik und Schreiben. Einerseits machst du dir Gedanken darum, was passieren wird, andererseits musst du es auch fühlen. Vielleicht hab ich beim Produzieren eine großartige Idee, aber solange sie nicht zum Song passt, ist es bedeutungslos. In aller Regel kommen die Künstler, die ich produziere, auf mich zu. Ich hab schon länger nichts mehr gemacht, deshalb bekomme ich nicht mehr so viele Angebote, aber eine Zeit lang war ich ziemlich gefragt. Ich habe damals eine Menge Anfragen von Bands bekommen, die sich als ziemlich erfolgreich herausstellten, bei denen ich aber nicht gewusst hätte, wie ich ihnen noch hätte helfen können." Patti Smith dagegen greift seit dreißig Jahren beim Songschreiben die die Hilfe all ihrer Bandmitglieder zurück. "Sie dreht immer an den Songs herum, und manchmal kommt dabei etwas anderes heraus, als ich mir ursprünglich gedacht hatte", gibt Lenny zu. "So läuft das nun mal in einer richtigen Band. Wir alle bringen Ideen ein und füttern damit die 'group machine', und was am Ende dabei herauskommt, hat oft wenig mit den ursprünglichen Ideen zu tun. Es ist allerdings immer 'Patti Smith und ihre Band'!"

Als wir Jay Dee Daughtery vor einigen Jahren trafen und ihm sagten, dass es für uns doch eine ziemliche Überraschung sei, dass er immer noch mit Patti spiele, meinte er nur grinsend: "Was meinst du, wie es mich erst überrascht!" Ist das bei Lenny ähnlich? "Oh ja! Wenn du mir 1971 gesagt hättest, dass ich zig Jahre später irgendwo im Grünen in Deutschland backstage sitze und mich auf eine Show vorbereite, wäre ich völlig verblüfft gewesen!" Natürlich gibt es auch gute Gründe für die Langlebigkeit der Band. "Wir sind Arbeiter. Die Leute sagen immer: 'Rockstar! Rockstar!', aber ich sehe mich selbst nicht so. Ich bin ein Arbeiter, Patti ebenso. Uns ist die Kunst wichtig. Das war für uns die Hauptsache, als wir anfingen und das haben wir nicht aus den Augen verloren. Für mich ist das das Beste an unserer Band. Ich bin unglaublich stolz, dass wir zu unseren Idealen gestanden haben. Manchmal hat uns das den Aufstieg auf die nächste Stufe gekostet, von dem alle dachten, dass wir ihn schaffen würden, aber wir sind immer noch dabei, und hier in Haldern sind wir die Headliner. Irgendetwas müssen wir also richtig gemacht haben!"

Lenny ist zufrieden mit dem, was er in seiner langen Karriere erreicht hat, aber er ist noch nicht satt. "Natürlich bin ich ziemlich glücklich über das, was wir erreicht haben, aber man kann sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. Wenn man als Künstler anfängt, sich selbst zu sagen: 'Oh, was hab ich nicht alles schon erreicht, eigentlich könnte ich mich für den Rest meiner Tage auf die Veranda setzen', DANN bist du wirklich reif für die Veranda! Wenn wir nicht diese 14 neuen Songs [von denen nun 11 auf 'Trampin'' zu hören sind] hätten... Aber wir haben sie nun mal, und hoffentlich wird es weitergehen!" Manchmal ertappt sich Lenny allerdings doch dabei, nostalgisch zu werden. Wenige Tage vor unserem Gespräch letzten Sommer spielte die Patti Smith Band nämlich mit einem ihrer Helden zusammen. "Wir sind in Sardinien aufgetreten, und Lou Reed hatte am Abend zuvor gespielt. Also kam er vorbei und spielte 'Pale Blue Eyes' mit uns, und ich dachte: 'Mann, 1968 hab ich in New Jersey gesessen, 'Pale Blue Eyes' gehört und gedacht, dass das einer der schönsten Songs aller Zeiten ist. Und jetzt bin ich ein Teil davon!' Es gibt drei Bands, die ich über alles schätze: Die Velvets, MC5 und The Stooges. Dort mitzumischen, macht mich sehr glücklich. Letzten Endes geht es allerdings immer in erster Linie darum, eine großartige Show abzuliefern. Und wir liefern im schlechtesten Falle eine großartige Show ab, aber wenn wir richtig gut sind, bin ich immer wieder selbst von uns überrascht.
Weitere Infos:
www.pattismith.net
www.kaapeli.fi/aiu/ps/
www.pattismithland.com/
www.gungho2000.com
www.oceanstar.com/patti/
www.oceanstar.com/patti/bio/kaye.htm
Interview: -Stefan Lund-
Foto: -Pressefreigabe-
Lenny Kaye
Aktueller Tonträger:
Patti Smith - Trampin'
(Columbia/Sony Music)
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