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Interview-Archiv

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MARKUS RILL
 
Der Soßenbinder
Markus Rill
Der fränkischste aller Texaner (oder der texanischste aller Franken) ist wieder da: Markus Rill legt mit "Hobo Dream" mittlerweile seine vierte CD vor und hat dieses Mal noch eins draufgesetzt. Da seine eigene Band, The Gunslingers, sich gerade umbesetzt hatte und sich quasi noch in der Aufwärmphase befand, nutzte Markus eine sich bietende Möglichkeit unter der Regie von Duane Jarvis (Lucinda Williams, Dwight Yoakam, John Prine...), mit einer von diesem zusammengetrommelten Veteranenkapelle in Nashville das Gros der neuen Tracks einzuspielen.
"Duane war in Deutschland mit Cindy Bullens auf Tour", erzählt Markus, "da habe ich mir das Konzert in Fulda angeschaut und kam dann mit ihm ins Gespräch. Wir haben CDs und eMail-Adressen getauscht und er fand mein Zeug richtig gut. So habe ich ihn dann gefragt, ob wir nicht was zusammen machen sollten. Dazu kam, dass bei meiner Band gerade Umbesetzungen stattfanden und wir einfach noch nicht so weit waren, ins Studio zu gehen. Ich habe dann sehr schnell gemerkt, dass das doch ein ganz anderes Arbeiten ist. Denn die Amerikaner fassen den Song als Ganzes auf - mit dem Text. Und die gehen vom Arrangement anders an die Sache heran. Die wissen natürlich auch technisch, wie man solche Musik aufnimmt - einem Tontechniker in Nashville muss ich nicht erklären, wie man das Mikrofon für eine Mandoline aufbaut oder so etwas. Ich kann den Jungs dann erklären, wie ich einen Song haben möchte - zum Beispiel mit Begriffen wie 'mystisch' oder 'voodoomäßig' und die wissen dann sofort ganz genau, wie das umgesetzt werden kann. Das ist natürlich schon von Vorteil... Ein weiterer Punkt ist der, dass die sehr schnell arbeiten. Bei uns würdest du die Songs so lange proben, bis du sie in und auswendig kennst. Dadurch geht natürlich auch Spontaneität verloren. Hier war das so, dass ich Duane & Co. die Tracks vorspielte und dann haben wir sie gleich aufgenommen. Dadurch klingt sie Sache natürlich auch sehr viel lebendiger." Und wie fühlt man sich in einem solchen Ambiente als "Gastmusiker"? "Das hat meinem Selbstvertrauen sehr gut getan. Ich habe mich natürlich schon gefragt, ob ich als Deutscher überhaupt das Recht habe, solche Musik zu machen. Die Frage stellt sich aber überhaupt nicht, wenn man mit Amerikanern zusammen arbeitet. Das ist kein Thema dort. Die merken ja, dass das bei mir nicht aufgesetzt ist. Dennoch war es sehr spannend, mit denen zusammen zu arbeiten und die dann sagen zu hören, dass es Spaß machte." Sind denn die Stücke hier in Deutschland entstanden? "Ja, schon", räumt Markus ein, "es ist mir aber aufgefallen, dass - als ich in Texas lebte - meine Songs aus der Perspektive eines Texaners geschrieben habe. Ich weiß jetzt im Rückblick nicht, wie authentisch das sein konnte, weil ich ja nun doch mal kein Texaner bin. Ich bilde mir jedenfalls ein, dass das, was ich heute mache, mehr mein Zeug ist - also nichts Nachgeahmtes. Es ist aber auch so, dass sich mein Leben zu 95% auf Kunst bezieht. Ich lese sehr viel, ich schaue mir sehr viel amerikanische Filme an - das ist natürlich auch alles inspirierend." Woher kommen denn Markus' Themen und Charaktere? Ist zum Beispiel der im Titel der CD angesprochene "Hobo Dream" auch ein Traum von ihm selber? "Grundsätzlich ist es so, dass es auf der neuen Platte mehr persönliche Songs sind. Nun gut, ich habe natürlich noch niemanden umgebracht, wie in '3:05' beschrieben. Es ist aber so, dass meine Mutter kürzlich gestorben ist. Die hatte ich vier Jahre gepflegt und sie lebte bei mir und es kommen viele Songs daher, die indirekt damit und dem 'Erwachsen werden' danach zu tun haben. In dem 'Hobo Dream' geht es eigentlich darum, dass der Typ in dem Song immer von seiner Freiheit und dem Rumreisen geträumt hat und jetzt realisiert, dass er nicht gleichzeitig dieses und einen Hafen der Sicherheit haben kann." Dann basiert der Song "Dying Bed" sicherlich auch auf dem Thema der verstorbenen Mutter? "Ja, auf jeden Fall", bestätigt Markus, "es ist auch der erste Song, den ich mit der Technik des Fingerpickins geschrieben habe. Deswegen ist er auch so simpel und deswegen klingt er auch wie ein Folk-Song. Er ist ja auch textlich nicht so ausschweifend, sondern hat eher eine Gospel-Anmutung. Der Song ist auch in einem Take aufgenommen worden - inklusive Vocals. Eigentlich wollte ich ja noch mal beigehen, aber die anderen meinten, 'I wouldn't touch that with a ten foot pole' - da habe ich's dann natürlich gelassen."
Markus Rill
Jemanden "umbringen" kann man ja dennoch guten Gewissens nur in einem Folk-Song, oder? "Ja, das kommt aus der Tradition heraus - es gibt ja viele Mörderballaden", stimmt Markus zu, "ich persönlich finde es interessant, Songs über Typen in extremen Situationen zu schreiben. Du hast in einem Song natürlich nicht die Möglichkeit, wie in einem Roman, auf 150 Seiten auszuführen, warum jetzt z.B. der Bankangestellte so ein interessantes Leben hat. Also muss ich schon über gewisse Extremsituationen gehen, um so etwas zu vermitteln." Dennoch geht so etwas ja nur in dieser Art von Musik. Wie kam denn Markus überhaupt dazu? Labelchef Edgar Heckman erzählte ja, dass Markus lange Zeit in Austin, Texas - der Hochburg dieser Art von Musik - gelebt habe. "Also ich habe in Austin studiert - aber ich hatte auch vorher schon ein Faible für diese Musik", erinnert sich Markus, "wie komme ich dazu? Hm. Nun, es interessieren mich Songs, die eine Geschichte erzählen. Und so kam ich über Dylan, Springsteen und auch Steve Earle (zumindest früher) auch in ein countryeskes Fahrwasser. Wobei ich mich nicht als Countrysänger bezeichnen möchte - das finde ich dann doch irgendwie befremdlich." Nun gut - das mal vorangestellt: Was macht Markus denn, um diese seine Songs letztlich zu seinen eigenen zu machen - denn das Americana Genre bedingt ja eine gewisse Vorgehensweise, die auf Traditionen beruht. Was dann dazu führt, dass die eigenen Möglichkeiten ein wenig eingeschränkt erscheinen. Es hat ja im Prinzip alles schon ein Mal gegeben. "Na das gilt auch für andere Musik", schränkt Markus ein, "es hat viele Themen gegeben, die schon mal jemand angefasst hat. Dann musst du halt schauen, dass du es originell erzählst. Das habe ich gerade in den letzten Jahren erkannt - das die Frage, wie du was erzählst, fast genauso wichtig ist wie die, worüber du erzählst. Da kannst du natürlich grundsätzlich sagen, dass jeder ein eigenes Individuum mit seinen Eigenarten ist. Und dann bilde ich mir natürlich als Europäer ein, dass ich doch einen anderen Blickwinkel auf die Sachen habe. Ich würde mir z.B. nicht anmaßen, wie z.B. Steve Earle über die Todesstrafe schreiben - da stecke ich einfach nicht so drin. Wenn ich es doch tue, dann als Vermittler und nicht aus der Ich-Perspektive." Und wie findet man dann musikalisch seinen eigenen Weg in einem so vordefinierten Genre? "Nun, zum Beispiel freuten sich auch die amerikanischen Musiker, wenn sie etwas spielen konnten, was nicht ganz 08/15 ist", erklärt Markus, "natürlich bemühe ich mich, etwas Eigenständiges zu machen. Ein Spezialrezept habe ich nicht gerade. Es ist wichtig, dass du auf das achtest, was aus deinem persönlichen Umfeld in den Song einfließt. Dann kommst du eigentlich schon vom Klischee weg. Klischee heißt ja nur, einen Abklatsch zu machen und etwas wiederzugeben. Und ich verwende Szenarien, unter denen man sich etwas vorstellen kann. Das ist ja in etwa das Gleiche, wie Tarantino. Da kommen ja auch Standardsituationen vor, die er dann aber aufbricht. So etwas möchte ich auf einer anderen Ebene auch erreichen. Und musikalisch versuchen wir dann, das Ganze so zu arrangieren, dass wir es originell finden. Du weißt natürlich, wie die Standardrichtung ist, die du gehen könntest, und musst dann versuchen, etwas anders zu machen. Es gibt natürlich auch Songs - wie z.B. den Rocksong 'Heartbreak Town', die das straighte Treatment verlangen - und da brauchst du dich auch nicht künstlich zu verrenken. Ich finde es persönlich immer interessant, eine Platte zu hören, die viele verschiedene Facetten hat. So entfernst du dich auch von einer 08/15-Soße. Eine Formelhaftigkeit, wie es sie z.B. auf der anderen Seite von Nashville gibt, wo alles auf eine bestimmte Art arrangiert wird, ist für mich eh nicht besonders attraktiv." Mittlerweile hat sich Markus' Band, The Gunslingers, auch soweit eingespielt, dass die Sachen lebendig rüberkommen - wovon man sich z.B. gerade auf dem Orange Blossom Special in Beverungen überzeugen konnte. Eine Tour unter eigenem Namen ist für dem Herbst geplant - aber eigentlich steht Markus Rill so ziemlich dauernd auf irgendwelchen Bühnen herum. Das macht wohl das Hobo-Blut...
Weitere Infos:
www.markusrill.net
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigabe / Ullrich Maurer-
Markus Rill
Aktueller Tonträger:
Hobo Dream
(Blue Rose Records/In-Akustik)
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