GL.de: Wie kam es denn zur Zusammenarbeit mit Lado? Einige Leute zeigten sich ja doch verwundert, so von wegen Punkcredibility vs. hippes Hamburger Modelabel?
Co: Eigentlich sollte die Platte ja wie immer über Bad Moon / Community / Big Store rauskommen, aber das ist an finanziellen Problemen gescheitert. Ich war also zum ersten Mal in meinem Leben gezwungen, mit einer neuen Boxhamsters-Platte hausieren zu gehen. Als Thees Uhlmann [Tomte / Grand Hotel Van Cleef] davon hörte, wollte er unbedingt, dass wir die Platte bei ihnen machen. Schließlich ist er Boxhamsters-Fan der ersten Stunde. Da aber alle Macher bei GHVC einer VÖ zustimmen müssen und es anscheinend Widerstände gab, hängt das Ganze erstmal in der Luft. Relativ zeitgleich feiert Carol von Rautenkranz [Lado] seinen 40ten und hat am letzten Tag seines 39-jährigen Lebens beim Joggen "Beende deine Jugend" gehört. Dann die überraschende eMail aus Hamburg: "Warum bekomme ich eigentlich nicht die neue Boxhamsters angeboten?" Dann ging alles sehr schnell. Die Platte ist also bei Lado gelandet. Und irgendwie passt das auch. Schließlich machen die in letzter Zeit auch wieder mehr so Sachen wie Robocop Kraus oder Superpunk. Und da fühlen wir uns ganz wohl. Und außerdem gab es ja immer diese Verbindung zu Kollosale Jugend, mit denen wir damals ja groß geworden sind.
GL.de: Die Platte ist, etwa im Gegensatz zu "Saugschmerle", wieder sehr politisch und knüpft eigentlich ein wenig an "Prinz Albert" an. Ihr habt also immer noch was zu sagen?
Co: Das ist immer gar nicht so beabsichtigt, sondern ergibt sich auch manchmal so. Bei uns ist ja immer erstmal die Musik da. Während die anderen dann was trinken gehen, schlage ich mich mit dem Text herum. Und natürlich bin ich dann auch spontan von aktuellen politischen Ereignissen beeinflusst. Und natürlich hat man zur derzeitigen amerikanischen Regierung eine Meinung. Der Text zu "Winnetou IX" scheint mir im nachhinein schon fast ein wenig zu platt!
GL.de: Was aber durch die die Abschlusszeile "Wir sind der Geist der alten Welt / Und hol'n beim Bäcker Amerikaner / Und wenn die Sheriffsterne blinken / Sind wir lieber die Indianer" in so boxhamstertypischer Niedlichmanier auch ein wenig relativiert wird, oder?
Co: Ja, das stimmt schon. Wir wollten ja, trotz politischer Aussage, niemals nur Parolen brüllen.
GL.de: Ihr habt euch ja wieder mal ne Menge Zeit gelassen. Immerhin vier Jahre. Wieviel Zeit habt ihr euch denn im Studio gegeben?
Co: Diesmal richtig viel! Olaf Opal hatte uns, wohl aus schlechtem Gewissen, unschlagbar gute Studiokonditionen eingeräumt und so konnten wir uns geschlagene 26 Tage mit der Produktion Zeit lassen. Natürlich nicht im Block und wir mussten schonmal der ein oder anderen Industrieproduktion den Vortritt lassen. Bei "Saugschmerle" hatten wir immerhin nur knapp die Hälfte der Zeit zur Verfügung.
GL.de: Man hat ja schon manchmal ein wenig das Gefühl, ihr hättet sowas wie "Narrenfreiheit" im positiven Sinne. Kaum ein meinungsmachendes Magazin bringt mal eine schlechte Kritik. Das gab es nur einmal zu "Saugschmerle" im WOM-Magazin, aber das ist ja schon fast wieder Credibility pur! Seid ihr euch dieser Ausnahmesituation bewusst?
Co: Ja, schon! Ich bin ja wahrscheinlich auch der einzige Punkrocker Deutschlands, dem man einen solchen Wagen verzeiht [Anm. d. Red.: Das Teil stammt aus Stuttgart-Zuffenhausen, ist recht schnell und soll hier nicht weiter erwähnt werden]. Aber ja, es ist uns sehr bewusst und man fült sich auch ein wenig geschmeichelt.
GL.de: Die neue Platte heißt "Demut & Elite". Der Begriff Demut hat ja auch so eine religiöse Konnotation. Absicht?
Co: Nein. Da habe ich auch gar nicht so daran gedacht. Ich hatte auch viel mehr Probleme mit dem Begriff "Elite". Aber als ironisches Spiel kann man das ja wieder machen. Der eigentliche Hintergrund des Titels ist ein Interview der Frankfurter Rundschau mit Harald Schmidt vor zwei Jahren. Das trug den Titel "Demut & Elite" und für uns als Schmidt-Fans war klar, dass man das klasse als Album-Titel nehmen könnte.