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Interview-Archiv

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THE FRAMES
 
Musik ist Medizin
The Frames
Die irische Band The Frames war nun endlich wieder einmal in Deutschland unterwegs, vor allem, um ihr aktuelles Werk "Burn The Maps" vorzustellen - zehn Jahre ist es nun ungefähr her, dass Glen Hansard & Co. hier waren. Grund genug für Gaesteliste.de, Glen vor dem Konzert in Berlin einige Fragen zu stellen. Übrigens werden The Frames auch im Rahmen der Rocknacht im Kölner Palladium am 03. April 2005 auftreten...
GL.de: 14.2. - heute ist Valentinstag. Bedeutet dir das irgendwas?

Glen H.: Nein. Eigentlich überhaupt nicht. Es ist nett, Nachrichten aus der ganzen Welt zu kriegen. Von Freunden oder Fans. Solche "Hi there, Happy Valentine's day"-Nachrichten. Du weißt schon. Aber sonst, nein. Ich feiere den Valentinstag nicht. Höchstens die Idee dahinter. Aber ich meine, man sollte die Liebe doch jeden Tag feiern, oder? Allerdings, wenn ich darüber nachdenke...mit der Band machen wir ja meistens Songs über Paare, die sich trennen, und nicht so sehr über frisch Verliebte, oder solche, die in guten, stabilen Beziehungen leben. (lacht) Das ist eigentlich ganz schön erschreckend...na ja. Insofern...Nein. Valentinstag, wie wir ihn heute verstehen, ist doch nichts weiter als eine dieser amerikanischen Marketing Tools.

GL.de: Wie ist die Tour bis jetzt gelaufen?

Glen: Sehr überraschend. Die letzten Jahre hatten wir zwar Erfolg mit unseren Touren, aber hauptsächlich in Irland. Irgendwie war das anders. Ich glaube, es hat mit den Erwartungen der Leute zu tun. Ein gutes Beispiel ist Manchester. Da haben wir kürzlich mal wieder gespielt. Nach Jahren. Das war sehr ermutigend...irgendwie. Ich meine, es war eine Ewigkeit her, seit wir das letzte Mal da waren. Damals hatten wir vor ca. sechs Leuten gespielt. Diesmal waren es über 800...das ist schon ein großer Schritt nach vorne, oder?

GL.de: Allerdings... Wann wart ihr denn eigentlich das letzte Mal in Deutschland. Das muss ja auch schon eine Ewigkeit her sein...

Glen: Oh...das war 1995 soweit ich mich erinnere. Da hatte ein Ire so ein Tour-set organisiert. "Ne ganz lockere Sache" hat er zu uns gesagt.. Wir sollten uns mit Europa vertraut machen und ein paar Erfahrungen sammeln. Dieser Typ meinte: "Also, ich buch euch da ein paar Clubs, und dann versucht ihr euer Glück." Na ja...eine Woche vor der "Tour" haben wir dann erfahren, dass es gar keine wirklichen Gigs geben würde. Aber das war uns zu dem Zeitpunkt gar nicht so wichtig. Wir sind einfach trotzdem rübergeflogen und haben in irgendwelchen Privatwohnungen gespielt. Das war echt lustig. So mit Punk-Rock Outfits...sehr strange, aber cool. Woran ich mich am besten erinnere, ist die Kälte...(lacht)

GL.de: Na ja. Wenigstens regnet's hier nicht so viel wie in Irland...

Glen: Da hast du Recht..(lacht)

GL.de: Letztes Jahr seid ihr mit Damien Rice durch Amerika getourt. Wie war das für euch?

Glen: Das war toll. Etwas ganz Besonderes, könnte man sagen. In gewisser Hinsicht ein Kompliment für die Band. Ich meine, wir haben vorher nie Support Touren gegeben. Egal, wie klein die Gigs waren - wir haben immer alle alleine bestritten. Wir wollte einfach nie von anderen Leuten abhängen. Das ist nicht schlecht, denn dann weißt du immer: Wenn du Erfolg hast, ist es zumindest dein Erfolg. Bei Damien haben wir eine Ausnahme gemacht. Er kommt aus demselben Background wie wir, und sein Erfolg in Irland, zumindest die Anfänge seiner Karriere, haben schließlich auch ein wenig mit uns zu tun. Als er noch relativ unbekannt war, war er oft Support-Act auf unseren Touren, und er hat immer gesagt "I appreciate what you've done for me". Später, nachdem er dann selbst großen Erfolg in Europa und überall hatte, wollte er diese USA Tour machen. Er meinte: "Oh Mann. Eigentlich solltet ihr doch der Hauptact sein, nicht ich..." Das war natürlich Quatsch. Damien ist super. Sein Album ist hervorragend, und da er als Support nicht einfach irgendeine Band haben wollte, sondern möglichst jemanden, der mit seiner Musik harmoniert, haben wir natürlich sofort zugesagt. Es war irre. Jede Nacht haben wir vor mehreren tausend Menschen gespielt, und es hat sich angefühlt, als ob Damien uns helfen würde, statt nur einem Schritt, drei Schritte gleichzeitig zu machen...Es ist doch so: Jedes Mal, wenn du vor ein paar Leuten mehr spielst, wird es ein wenig leichter vor noch ein paar Leuten mehr zu spielen (grinst)... Das war echt ein Riesenschritt vorwärts für uns. Ganz andere Dimensionen. Eine Superzeit. Viel "Herzschmerz" und Drama (lacht).

GL.de: Du hast mal gesagt: "Wenn du dem Moment vertraust, und wenn du bereit bist, der Dummkopf zu sein, Fehler zu machen, alles falsch zu verstehen, dann hast du eigentlich die besten Vorraussetzungen, alles richtig zu machen."

Glen: Hab ich das gesagt? (lacht) Hört sich nach mir an, ja...(grinst). Ich sehe das so: Die einzige Verantwortung, die wir als Band haben, ich meine den Leuten, die bezahlt haben, gegenüber, ist die, dass wir präsent sind. Abgesehen davon natürlich, dass wir gut spielen müssen. Aber das wirklich wichtige ist, wirklich da zu sein. Ich meine, man sieht das so oft. Da spielt ne Band, aber den Musikern kommt es gar nicht darauf an, wo sie sind. Sie sind einfach "on tour", in "tour modus" sozusagen. Und sie denken nur an den Bus, den Alkohol, und was sie nach dem Gig essen werden. Ich glaube, dass so etwas den meisten Bands passiert, die auf Tour gehen. Sie reduzieren sich selbst auf das Körperliche und vergessen dabei, worauf es ankommt: Präsent zu sein. Selbst, wenn du scheiße spielst, keine Energie mehr hast, du musst da sein. Du musst dir sagen: Ok. Ich bin in Berlin, ich spiele diesen Song, und ich gebe alles rein, was ich habe. Und dann, wenn du da bist, wenn das Publikum da ist, dann erst entsteht die Magie. Ich meine, deshalb kommen die Leute doch schließlich zu Konzerten, und deshalb werden Konzerte gespielt. Für diese gewisse Atmosphäre. Und gerade die kann nicht existieren, wenn die Band nicht wirklich DA ist. Also, wenn die Band richtig gut ist, und das Publikum richtig gut ist, und die Magie da ist, dann passiert was. Dann erst wird alles zum Event. Dann nimmst du etwas mit. Fast wie Erleuchtung. Für uns ist das der Grund, warum wir weitermachen. Dadurch bleiben wir gesund. Ergibt das irgendeinen Sinn?...(lacht)

GL.de: Ja. Schon. Würdest du denn sagen, dass viele Bands diese eigentliche Idee davon, was ein Gig sein sollte, vergessen haben?

Glen: Na ja...Das einzige, was mich oft nervt, ist, wenn Bands jeden Aspekt ihrer Show bin ins kleinste Detail durchplanen. Jede Nacht läuft dann nach dem gleichen Muster ab, und es ist eigentlich egal, wo die Band spielt. Eine einzige Routine. Ich meine, selbst die gags auf der Bühne. Da wirft dann der Drummer ganz aus Versehen seinen Stick in die Luft und der Sänger ruft: "Ey man, I get that for you..." Das ist doch bescheuert, oder? Selbst die Fehler werden eingeübt.

GL.de: Ja. Das stimmt... Ein paar Fragen zum neuen Album... Es ist das zweite für's Anti-Label. Wie lief die Kooperation bis jetzt?

Glen: Die läuft super. Weißt du, die Beziehung zu deiner Plattenfirma ist im Grunde ähnlich wie die Liebesbeziehung mit einem Mädchen Man trifft sich, flirtet ein bisschen...die Energie ist da, sie will dich, du willst sie. Du merkst, wie gut die Verbindung wäre, und du weißt, sie könnte das Beste aus dir rausholen. Und dann kommt es zum ersten Sex, beide kommen richtig in Fahrt, arbeiten zusammen...und dann kommt ein Baby dabei raus: Die Platte. Und beide basteln dran rum. Man setzt dem Kleinen das Mützchen auf, geht sicher, dass er seine Jacke richtig anhat...(lacht).. Und dann sendest du sie raus in die Welt... )..."C'mon...go make some money for your daddy..." (lacht) Naja...jedenfalls ist "Burn The Maps" ein wirklich hübsches kleines Mädchen. (grinst) Wir lassen euch wissen, wann das nächste kommt.

GL.de: Hört sich nach einer vielversprechenden Zukunft an.

Glen: Auf jeden Fall! (lacht)

GL.de: Wie sieht es mit musikalischen Entwicklungen aus? Ihr seid ja dafür bekannt, sehr "stilflexibel" zu sein, habt schon unglaublich viele verschiedene Richtungen ausprobiert. "Burn The Maps" scheint nun so etwas wie eine Collage aus all euren Facetten zu sein...

Glen: Oh. Da sprichst du eins unserer größten Probleme an, jedenfalls in Bezug auf Verkaufszahlen und Plattenfirmen (lacht). Wir machen nämlich eigentlich gar keine richtigen Alben. Nichts, was sich gut verkaufen ließe. Das, was wir machen, sind eher "Song Collections". Das war schon immer so. Weißt du, es gibt Bands, denen fällt es leicht, Alben zu machen, zu sagen, "Ok. Wir machen ein Album, das wird so und so heißen, die und die emotionale Linie haben, eine bestimmte Grundstimmung", im Grunde genommen Konzeptalben. Das bewundere ich sehr. Ich selbst bin nie in einer Band gewesen, die das konnte (lacht). Wir machen einfach Songs, und diese Songs bilden auf der Platte dann eine Art "Song Collection". Obwohl wir besser in dieser Konzeptsache werden. "Burn The Maps" hat vielleicht am ehesten so etwas wie eine roten Faden. Ich meine, im Vergleich zu unseren anderen Alben.

GL.de: Ist denn der Titel "Burn The Maps" auch so etwas wie ein Indikator für die Idee, dass es eigentlich kein Konzept gibt? Keinen "Lebensplan"?

Glen: Ja. Das könnte man sagen. Ich meine, wir leben in einer verdammt langweiligen Zeit. Sehr konservativ. Nicht wie in den 60s oder 70s. Ich meine, da gab es noch richtig Chaos. Auch in der Musikindustrie. Und das war gut so. Fruchtbar...bis die Leute gemerkt haben, dass man da wunderbar ein bisschen Geld rausholen kann. Und dann mehr...Und das wurde langsam immer wichtiger als die Musik selbst. Ich meine damit nicht, dass unsere Plattenfirma Teil dieser beschissenen Industrie ist. Ist es nämlich nicht. Es ist bloß so verdammt ermüdend dieses Business...all diese verdammten Formulare, der ganze bürokratische Kram. Das ist alles so altmodisch und überflüssig, wenn du mich fragst. Diese ganzen Anleitungen, wie du zu Erfolg kommst...zum kotzen. Ich meine, wir sind in dieser Hinsicht eben kein gutes Beispiel für die Industrie. Wir sind eine Band, mit der es nicht so funktioniert. Wir mussten sozusagen die Hauptstraße verlassen und uns unseren eigenen harten Stolperpfad durchs Gehölz hacken (lacht)...und trotzdem befinden wir uns jetzt plötzlich auf einer neuen, offenen Straße mit einer ganze Menge toller Möglichkeiten. Nach so langer Zeit der Probleme und endloser Kurven scheint das echt merkwürdig. Ich bin richtig misstrauisch. Das kann doch nicht auf einmal so einfach sein...(lacht)..Ich meine, ich habe der Musikindustrie eigentlich nie getraut, aber das letzte Jahr...der Erfolg...die Touren...das war nicht schlecht...

GL.de: Ganz zu schweigen vom gerade gewonnenen "Meteor Award" für "Best Irish Band"...Scheint als hätte sich euer Eigensinn nun doch ganz positiv ausgezahlt...

Glen: Du musst bedenken, dass wir den intuitiven Weg ja nur gewählt haben, weil der Rest nicht funktioniert hat. Im Grunde ist erst alles besser geworden als wir Steve Albini und Rob getroffen haben. Das war das erste Mal, dass wir wirklich Gleichgesinnte getroffen haben, mit denen wir gut arbeiten konnten. Und da haben sich plötzlich ganz neue Türen geöffnet. Überhaupt hat sich vieles geöffnet...irgendwie hatten wir aber auch immer diesen schon fast naiven Glauben und einen sehr, sehr starken und sturen Willen. Fast schon bescheuert (lacht).

GL.de: Lass' es uns einfach "Vertrauen" nennen...

Glen: Vertrauen...Ja. das ist gut. (lacht)

GL.de: Wie lang habt ihr denn ungefähr an dem Album gearbeitet?

The Frames
Glen: Ungefähr ein Jahr von der ersten Aufnahmesession bis zur letzten. Wir haben in Chicago angefangen und dann die Overdubs und alles andere in Irland gemacht. Ich glaube, wir haben echt viel gelernt in der Zeit, z.B. nicht immer alles so zu überanalysieren. Auch einfach mal etwas so stehen zu lassen, wie es kommt. Aber wir haben uns wirklich Zeit gegönnt. Haben alles langsam entstehen lassen. Am Ende ist es ja sowieso egal, wie eine Band live war, oder wie die Typen der Band ausgesehen haben. Alles, was am Ende bleibt, sind die Studioaufnahmen. Und das, was zählt, ist was du hinterlassen hast...ich meine, denk an Robert Johnson, oder Tim Buckley...

GL.de: Wo wir grade bei Tim Buckley sind...Wo kriegst du die Inspiration für ein Album her? Du hast mal gesagt, du schreibst bessere Songs, wenn du die Möglichkeit hast, alles aus der Ferne zu betrachten...so wie damals als du nach New York gegangen bist...

Glen: Hey! Ich bin nach New York gegangen, weil meine Freundin mich betrogen hatte! (lacht) Keine Ahnung. Ich glaube, als Songschreiber lebst du einfach dein Leben. Nichts weiter. Und die Musik ist so etwas wie eine Dokumentation dessen. Natürlich können Songs nie wichtiger sein als dein Leben. Nie. Aber es sind die Songs, die du hinterlässt. Ich meine, es kommt drauf an, woran du glaubst. Wenn dein Drang ist, gute Alben zu machen und Großes für die Nachwelt zu hinterlassen, dann musst du permanent an deiner Musik feilen. Wenn du aber nicht so sehr an die Kultur, sondern eher an die Natur glaubst, dann ist alles, was du machen musst, ein gutes Leben zu leben...Natur ist wichtiger als Kultur. Insofern: Entweder die Songs kommen aus dir raus, oder eben nicht.

GL.de: Ich hab eine paar Leute gefragt, was sie mit den Frames assoziieren, und jedes mal kam (unter anderem) die Antwort: "Sehr irisch"...Glaubst du, dass es so etwas wie einen irischen Spirit gibt?

Glen: Ja. Sicher. Vielleicht hat es damit zu tun, was ich gerade gesagt habe...wir sind sehr naturverbunden. Sehr ursprünglich...Keine Ahnung, ob man das auch in der Musik hören kann.

GL.de: So...jetzt kommen die typischen Interviewfragen...Wenn du für drei Jahre auf eine einsame Insel verbannt würdest, welche drei Alben würdest du mitnehmen?

Glen: "Dark Side Of The Moon" von Pink Floyd, "Street Legal" von Bob Dylan und wahrscheinlich "Songs of Love And Hate" von Leonard Cohen.

GL.de: Chick Corea hat mal gesagt, dass Musik dich dem Ewigen gegenüber öffnet. Dass der Zustand, in dem jemand Musik macht, sich mit einem "return to forever" vergleichen lässt. Würdest du dem zustimmen?

Glen: Was für ein Poet! (lacht) Also ich würde sagen: Musik ist Medizin. Entweder du machst sie, oder du hörst sie, wenn du sie brauchst.

Weitere Infos:
www.theframes.ie
Interview: -Fanny Tanck-
Fotos: -Daragh McDonagh-
The Frames
Aktueller Tonträger:
Burn The Maps
(Anti/Epitaph/SPV)
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