Seit der letzten Platte - die ja gerade mal ein knappes Jahr zurückliegt - hat sich ohrenscheinlich bei Samba eine ganze Menge getan. Das neue Album hört sich wesentlich reifer, abgeklärter, vielschichtiger an. Was ist in der Zwischenzeit denn vorgefallen?
KNUT: Bei der ersten Platte waren wir selbstverliebt was diese Phase anging. Wir wußten, daß wir ein paar gute Stücke hatten, die wir in einem Zeitraum von 3 Jahren geschrieben hatten, wo wir noch keinen Plattenvertrag hatten und wir wollten die unbedingt aufnehmen. Das haben wir dann ja auch gemacht. Gleichzeitig wollten wir das zu einer halben Live-Platte machen. Also sie sollte sehr reduziert sein, und live klingen - ohne daß wir uns jetzt verspielen oder ich falsch singe, sondern sie sollte halt einfach live klingen. Und bei dieser Platte sind wir jetzt davon runtergekommen. Da sind jetzt Stücke drauf, die ich in einem kurzen Zeitraum geschrieben habe - recht aktuell. Es gibt gefühlsmäßig also Querverbindungen zwischen den Stücken und sowas wie einen roten Faden. Wir haben das vorebreitungsmäßig schon mal alles aufgenommen, weil Hirzel (Schlagzeug) ein Studio hat, und zwar in Rock-Versionen. Wir haben uns das angehört und konnten dann auf Grundlage dieser Rockversionen die Studioversionen besser abstrahieren. Uns mehr Gedanken für den Sound machen, einfach zwei Schritte weitergehen. Wir waren auch damit auf Tour gewesen und haben die Stücke als Rockversionen live gespielt. Im Studio haben wir dann abgewandelt. Wo ich live elektrisch gespielt habe, habe ich im Studio akustisch gespielt. Wir haben noch einen befreundeten Keyboarder dazugenommen und ich habe mir von einem Freund ein Banjo geliehen ...
Und den ersten deutschen Hillibillysong der Generation X geschrieben. Hat man eigentlich viel Augenmerk darauf verwendet, die Reihenfolge der Stücke festzulegen? Immerhin beginnt die Platte ungewöhnlich zurückhaltend.
KNUT: Also das habe ich gemacht. Da waren die anderen beiden schon wieder zurückgefahren - direkt vor Weihnachten. Da habe ich das mit Chris von Rautenkranz gemacht. Wir haben uns überlegt, was speigelt die Athmosphäre der Platte wieder? Wir suchen zwar nicht die Konfrontation, aber wollten schon mutig sein mit dem ersten Stück. Es sollte nicht unbedingt eine Anbiederung sein - eine Uptempo-Nummer.
GÖTZ (Baß): Sehr viel passiert ja beim Abmischen. Baß und Drums standen ja soweit nur ist bei den Gitarren sehr viel passiert. Chris und Knut wollten ja, daß die Sound differenziert klingen. Oft ist es so, daß der Gitarrensound durch Effekte und Verstärker und so aus 5 verschiedenen Sounds besteht, und dann nochmal eine akustische Gitarre drübergelegt wurde. Also vom Spielen her das Gleiche nur daß es aus verschiedenen Quellen stammt.
KNUT: Bei bestimmten Stücken hatte ich dann auch Vorstellungen. Wir haben dann verschiedene Becken ausprobiert, weil ich einen bestimmten Klang im Kopf habe. Es ist ja so, daß das mit dem Mikrofon anders klingt als im Raum. So haben wir dann solange ausprobiert, bis es klang wie wir wollten. Ich habe dann auch noch eine Sammlung von alten Trash-Gitarren - wir hatten uns 'ne E-Gitarre selber gebaut, vom Flohmarkt hatten wir so 'nen kleinen Kasten, da konnte man Töne erzeugen, indem man mit einem Stift eine Leiste entlangfährt. Wir haben also schon sehr auf den Sound geachtet. Irgendwann zwischendurch meinte Chris plötzlich, er hätte den ultimativen Anti-Rocksound auf der verzerrten Gitarre gefunden. Den Sound wo 100% Melodie und 0% Prolligkeit drin ist - dann mußte ich 4 Stücke nochmal spielen. Wir haben uns schon sehr viel Arbeit gemacht.
Auf dem Presseinfo steht ein Zitat aus dem Song "Tiki-God" von den Presidents Of The United States Of America. Was hat es damit auf sich?
KNUT: Der Thomas Guntermann vom WDR hat das geschrieben. Der hat wohl Parallelen in der Bandphilosophie - was die Texte angeht - zwischen den Presidents und Samba gesehen. Ich fand das ganz ok den Ansatz. Bei den Presidents geht's ja um die Verbindung zwischen Humor und Ernsthaftigkeit zu einer recht unterhaltsamen Sache, die trozdem nicht oberflächlich und komödienhaft
ist. Gerade als Band, die deutsch singt, muß man sich ja dauernd damit auseindandersetzen. Da wird in Deutschland ja dauernd so ein politischer Diskurs geführt über die Texte von Bands. Ich weiß nicht genau, woher das kommt, es wird auf jeden Fall gemacht, besonders in Interviews. Dem sollte das vielleicht einen Riegel vorschieben. Daß man sagt: Die Sprache der Band ist nicht politisch, sie sind aber auch keine Humoristen, sie sind aber auch keinen langweiligen Diskurstexter. Sondern eine Verbindung aus allem.
Nun ja, Philosophie und Politik hätte ich gar nicht in den Texten von Samba gesucht. Es fällt ja nun aber doch auf, daß es viele Bands textlich nicht auf die Reihe bringen. Nehme man nur mal Banalitäten à la Creme 21. Samba haben da ja wohl einen eigenen, gangbaren Weg gefunden.
KNUT: Ja haben wir wohl. Creme 21 ist halt banal. Ich weiß nicht woher es kommt, ich kann das wohl mit den Texten. Da scheint wohl eine große Schwierigkeiten zu bestehen. Viele Leute sind gute Musiker mit guten Ideen, haben aber ihre Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Das ist ja im Laufe der Jahre auch abtrainiert worden. Die Sprache unterhaltsam zu verwenden hat ja nie stattgefunden. Es ging entweder ins extrem künstlerische - die deutschen Literaten, die nur in Akademikerkreisen gelesen werden und für den Mann auf der Straße - wenn's den denn geben sollte - keinerlei Bedeutung haben und dieses fast erzwungen banale Deutschgetexte in Schlagertexten. Diese Brücke - wo ich eine Aufgabe der Popkultur sehe - womit die Beatles und Buddy Holly angefangen haben, eine Vebindung zu schaffen zwischen Unterhaltung und einer ernsthaften Athmosphäre - das ist in Deutschland nie gemacht worden. Auch Udo Lindenberg, den man ja fast schon künstlich emporhebt, hat z.T. die letzten Quatschtexte gemacht, wo überhaupt keine Emotion 'rüberkommt.
Ich will wissen, ob es Knut denn schwerfällt, deutsche Texte zu schreiben.
KNUT: Ne, das geht relativ spontan. Ich habe da schon meine Strategie: Ich mach' das immer an einzelnen Wörtern fest, die ich mir aufschreibe. "Bundeswehrschlafsack" oder "Feuerwehrpizzaservice". Die fallen mir irgendwie ein in Gesprächen oder wenn ich lese. Ich verbinde jetzt irgendwas mit den Wörtern: Z.B: "Bundeswehrschlafsack" - man ist das ein hartes, brutales Wort - aber gleichzeitig: Damit verbindet man doch eigentlich die Situation des Schlafens. Das ist doch irgendwie was friedliches. Warum klingt das denn so hart? Und dann kommt da noch die Erinnerung an früher hinein. Das Wort interessiert mich und das reicht aus, mir das aufzuschreiben. Wenn ich dann zu Hause auf der Gitarre spiele, dann habe ich irgendwann etwas, was dazu paßt - meine ich. Irgendwann entsteht dann eine Atmosphäre zwischen dem, was ich spiele und dem, was ich sage. Daraus fließt dann der Text. Ich mache das dann ganz schnell.
Mehr also ein phonetischer Ansatz. Da kann ja sowas wie politisches nicht aufkommen.
KNUT: Nä. Das ist mir jetzt bei den Interviews aufgefallen. Da fragte mich jemand was ich lese und fühlte sich an bestimmte Literaten erinnert. Ich lese gar nichts. Texte überhaupt nicht auf der Grundlage von Literatur. Ich finde Bücher eher langweilig oder anstrengend. Ich meine Distelmeyer von Blumfeld hat sicherlich seine Bücher, die er liest. Die Sprache, die hat der natürlich irgendwoher. Sei es, daß er '68er-Eltern hat, die sich so mit ihm unterhalten haben oder er liest Adorno oder sowas. Ich bin von all dem unbeleckt, ich mach das einfach so. Ich glaub' schon daß meine Texte so dichte Atmosphären beschreiben, daß sie Aussagen haben können. Bei mir steht das halt nicht im Vordergrund. Mir würde das nichts ausmachen, wenn einfach jemand das Lied schön findet und das beim Abwaschen hört und sich noch nie Gedanken über den Text gemacht hat. Dem würde ich doch nie sagen: "Du hast ja die Musik noch gar nicht verstanden.". Das heißt aber nicht, daß ich sage, daß meine Texte nur da sind, damit ich was zum Singen habe.
Das führt zu einer weiteren Parallele in der Popgeschichte: Der Band Trio nämlich. Auf "t.b.a." covern Samba nämlich deren Song "Kummer". Und Trio wurden ja zeitlebens von denen, die ihren Erfolg ermöglichten, mißverstanden. Hat man nicht ständig über Trio gelacht als vielmehr mit ihnen?