GL: Das neue Album "How To Survive Chance" ist im Vergleich zum Vorgänger "Razzmatazz" weitaus reifer und ausgefeilter geraten. Wie war denn diesmal eure Herangehensweise? Ihr hattet ja im Vergleich zur letzten Platte, die in fünf Tagen eingespielt wurde, diesmal 35 Tage Studiozeit!
Pale: Ja, die Zeit war einfach auch ein Hauptfaktor für die Veränderung. Wir konnten endlich Sachen machen, die wir schon immer machen wollten. Eine Menge Ideen, die wir auf diesem Album nun umgesetzt haben, waren schon viel länger angedacht. Die lange Aufnahmezeit ist aber auch gleichzeitig problematisch, weil man sich natürlich immer vorstellen kann, einen noch Song besser zu machen. Irgendwann braucht man dann aber einen Schnitt. Die lange Zeit hat aber natürlich auch mit einem relaxteren Arbeiten zu tun. Wir haben manchmal erst um 12 Uhr angefangen aufzunehmen, haben lange Pausen gemacht und während der Aufnahmen weiter neue Songs geschrieben.
GL: Die Songs waren also noch gar nicht fertig, als ihr ins Studio gegangen seid?
Pale: Eigentlich gab es erst einen Song und zwei oder drei fragmentarisch. Dazu kam, dass wir in Aachen plötzlich keinen Proberaum mehr hatten, mussten also immer in Köln proben und wussten ohnehin, dass wir auch in Sachen Instrumentierung neue Wege gehen wollten. Das hätte eigentlich eine richtige Vorproduktion erfordert und das war nicht drin.
GL: "Razzmatazz" war ja durchaus eine Art Konzeptalbum, es hat eine geschlossene Geschichte erzählt. "How To Survive Chance" ist ein konzeptuelles Album. Was hat man sich darunter vorzustellen?
Pale: Konzeptuell deswegen, weil es mit dem Titel "How To Survive Chance" eine Art Überschrift gibt und jeder Song auf dem Album handelt aus einem bestimmten Blickwinkel von dieser Magie des Zufalls. Der Zufall ist diesmal die konzeptuelle Klammer, die alle Stücke zusammenhält.
GL: Hattet ihr nicht auch ein wenig Sorge, dass das Album durch die lange Studiozeit und all die Möglichkeiten evtl. überproduziert klingen könnte? Zumal ja viele Emo-Bands in letzter Zeit deutlich ruhigere Platten machen. Ich denke da an Promise Ring, Joshua oder auch die neue Get Up Kids-Scheibe.
Pale: Wir wollten eine fette Produktion, die auch gut klingt. Wenn man mal einen alten Pale-Song irgendwo in einer Disko hörte, hat man schon gemerkt, dass es da an Produktion fehlte. Aber natürlich haben wir trotzdem darauf geachtet, dass es nicht austauschbar wird, das kann ich besonders für das Schlagzeug behaupten. Es war schon auch alles ein Experiment, wir wussten ja gar nicht, ob wir uns das zutrauen sollten, aber wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
GL: Zur Veröffentlichung der neuen Platte gibt es jetzt eine Menge Medienpräsenz, das Video zur Single soll zweimal täglich im Musikfernsehen laufen. Habt ihr das neue Material eigentlich schon mal live präsentiert? Gibt es schon Reaktionen?
Pale: Eigentlich haben wir gestern in Hamburg die neuen Sachen das erste Mal gespielt. Und das Hamburger Publikum ist ja durchaus etwas kühl, trotzdem kamen die Stücke gut an. Der Laden war auch recht gut besucht, also wir waren sehr zufrieden. Die Leute sind mitgegangen, obwohl sie die neuen Stücke nicht kannten.
GL: Der Titel der Platte ist ja auch eine Anspielung auf die Entstehung der Trackreihenfolge, die angeblich ein Apple-Computer per Random ausgewählt hat. Trotzdem klingt das Album in dieser Folge sehr geschlossen. Woran liegt das eurer Meinung nach?
Pale: Der erste und der letzte Song waren ja von uns als eine Art Rahmen vorgegeben. Mit der Reihenfolge der anderen Stücke konnten wir uns innerhalb der Band nicht einig werden. Und da das Konzept ja Zufall lautete, war es nur logisch, auch die Trackfolge jenem Zufall zu überlassen. Aber das Ergebnis ist ziemlich gut. Es passt irgendwie.
GL: Wie kam eigentlich die Zusammenarbeit mit Maximilian Hecker zustande, der auf "Everytime You Say 'Hey'" Klavier spielt?
Pale: Ich mochte die Maximilian Hecker-Platte ohnehin sehr gerne und wir haben uns dann auf einem Festival angefreundet und Kontakt gehalten. Für den Song brauchten wir einen Klavierpart und da das von uns niemand so gut hätte spielen können, haben wir Maximilian gebeten, den Part einzuspielen. Ich freue mich nun jedesmal, wenn ich das Klavier höre, so gut gefällt es mir.
GL: Ihr seid ja bereits mit ziemlich coolen Bands getourt, u.a. mit Jimmy Eat World oder Ash. Gibt es eigentlich trotzdem noch so einen geheimen Wunsch, eine Band, mit der ihr gerne mal zusammen touren würdet?
Pale: Also da fallen mir spontan die Foo Fighters ein! Oder eine deutsche Band, mit der wohl keiner rechnet: Blumfeld. Das wär's!
GL: Das ist erstaunlich. Denkt ihr denn, dass das publikumsmäßig funktionieren könnte?
Pale: Es passt manchmal mehr zusammen, als man sich so vorstellen kann. Und gerade die Blumfeld-Sachen, die halte ich jetzt mehr für Punkrock als früher. Wir haben uns bei "How To Survive Chance" auch oft gefragt: Kann man das machen? Jochen Distelmeyer hat mal in einem Interview gesagt, dass ein Saxophon mehr Punkrock sein kann als eine verzerrte Gitarre. Oder ein Kinderchor. Und das stimmt.