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Interview-Archiv

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THE BESNARD LAKES
 
"Für uns gab es nur diesen einen Weg!"
The Besnard Lakes
"A 72-minute suite about the darkness of dying and the light on the other side" - so ist das neue Album der Besnard Lakes bereits treffend beschrieben worden. Auf "The Besnard Lakes Are The Last Of The Great Thunderstorm Warnings", ihrem insgesamt sechsten Album, begeistern die kanadischen Psych-Rock-Helden mit dramatischer Emotionalität in bislang unbekanntem epischen Ausmaß. Die beim Vorgänger "A Coliseum Complex Museum" aus dem Jahre 2016 spürbare Selbstbeschränkung gibt die Band um das Ehepaar Jace Lasek und Olga Goreas nun vollends auf und inszeniert in oft ausufernd langen, mit ausgiebigen Drone-Elementen vollgestopften Liedern ein imposantes, im Vergleich zu früher des Öfteren etwas raueres Klanggewitter fürs Breitwand-Kopfkino, bei dem der nicht selten im Kopfstimmen-Modus gehaltene Gesang perfekt mit der bisweilen unwirklich anmutenden Stimmung der Musik verschmilzt. Im September wollen die fünf Kanadier auch in Deutschland auf der Bühne stehen, vorab sprachen wir mit Lasek über den langen Weg seiner Band zu mehr Kompromisslosigkeit.
Die COVID-19-Pandemie haben The Besnard Lakes vergleichsweise gut gemeistert. Das lag nicht zuletzt daran, dass Lasek mit den von ihm mitbetriebenen Breakglass Studios in Montreal noch ein zweites Standband hat. "Als der erste Lockdown in Kanada losging, hatte ich noch eine Menge unerledigter Arbeit", erinnert er sich. "Für zwei Monate kam fast alles zum Stillstand, aber dann fingen die Leute an, Musik daheim aufzunehmen und wieder aktiv zu werden, und das war der Punkt, an dem ich mir überlegte, dass ich zumindest wieder ins Mixing einsteigen sollte. Wir haben in unserem Garten eine kleine Hütte, die wir Rigaud Ranch nennen. Dort fand ein Großteil der Arbeit an unserem neuen Album statt, auch wenn es sich eigentlich nicht um mehr als einen Raum mit einem Drumkit in der Ecke und einem Pro-Tools-Set-up auf einem Tisch handelte, in dem wir an unseren Ideen feilen konnten. Letzten April beschloss ich dann, die Hütte als Mixing Studio auszustatten. Seitdem arbeite ich von hier und mir gelingen dabei wirklich tolle Mixe! Inzwischen überlege ich sogar, den Raum auch in Zukunft fürs Abmischen zu nutzen. Die Idee, Mixes zu Hause zu machen, schwirrte schon länger in meinem Kopf herum, aber vor COVID hätte ich mir nie die Zeit gegeben, die ich zur Ausstattung der Hütte benötigt habe. Ich habe es nur getan, weil ich dazu gezwungen war, aber jetzt bin ich sehr glücklich, dass es so gekommen ist."

Doch auch wenn sich die Dinge für Lasek in beruflicher Hinsicht zum Positiven wendeten, ging der Lockdown persönlich an ihm nicht spurlos vorbei. "Ich bin ein sehr geselliger Typ, ich mag es, mit anderen rumzuhängen, mit ihnen Musik aufzunehmen und ganz allgemein gemeinsam eine gute Zeit zu haben. In dieser Hinsicht haben mir die vergangenen Monate schon zugesetzt." Trotzdem versucht er auch hier das Positive zu sehen: "Ich denke, wenn es wieder möglich ist, Konzerte zu veranstalten, wird die Begeisterung besonders groß sein. Mir ging es wie vielen anderen, ich hatte eine gewisse Sättigung erreicht, aber jetzt kann ich es kaum erwarten, wieder rauszukommen!"

Die Pandemie hat es auch für The Besnard Lakes nicht leichter gemacht, ihr neues Album fertigzustellen, aber das allein ist nicht der Grund, warum seit "A Coliseum Complex Museum" fünf Jahre ins Land gezogen sind. Vielmehr hat sich die Band bewusst den üblichen Mechanismen und Zeitschienen der Musikindustrie entzogen und allein nach eigenem Gusto und in eigenem Tempo gearbeitet. Vor allem textlich bedeuten dabei viele Lieder auf "The Besnard Lakes Are The Last Great Of The Thunderstorm Warnings" Neuland für Lasek, Goreas und Co. War es den beiden zuvor oft schwergefallen, die Texte zu schreiben - Lasek machte in der Vergangenheit Spione zu einem wiederkehrenden Thema, um etwas zu haben, an dem er sich festhalten konnte -, gab dieses Mal gewissermaßen das Leben den Rahmen vor. Ohne alte Storylines vollkommen aufzugeben, kreist die neue LP deshalb nicht zuletzt um Tod, Jenseits und Existenzialismus. "Als es daran ging, die Texte zu schreiben, verstarb man Vater, und einige Jahre zuvor war ja auch Prince - ich bin ein Riesenfan! - verstorben", erklärt Lasek. "Es mag seltsam klingen, dass ich von meinem Vater und Prince im gleichen Atemzug spreche, aber ihr Tod hatte großen Einfluss auf mich. Prince ist einer der Gründe, warum ich Musik mache, und das Gleiche gilt auch für meinen Vater, der Sänger war und dafür gesorgt hat, dass es bei uns zu Hause immer Musik gab. Als ich mich ans Texten machte, landete ich ganz selbstverständlich bei ihnen."

Mit klassischen Konzeptalben wie Pink Floyds "Dark Side Of The Moon" oder Spiritualizeds "Lazer Guided Melodies" als leuchtende Vorbilder, machten sich die Musiker auch klanglich zwangloser als je zuvor an die Arbeit. "Die Idee hatten wir auch schon bei unseren früheren Platten, aber wir haben das nie wirklich umgesetzt, weil uns stets die Zeit fehlte, uns die nötigen Gedanken zu machen." Gleich mehrfach kam die Band während der Arbeit an den Punkt, an dem frühere Platten für vollendet erklärt worden wären, doch anstatt sich zufriedenzugeben, arbeiteten sie dieses Mal weiter an den Details. "Wir fingen an, Songs zu streichen - 'Nein! Der ist nicht gut genug! Lasst uns etwas anderes versuchen!' -, schrieben neue Lieder oder suchten in unserem Archiv nach etwas Passenderem. Ganz langsam haben wir so das Album Stück für Stück zusammengefügt." Den Grundstein legten Lasek und Goreas in ihrem Heimstudio, später fügten dann auch die anderen Musiker - Schlagzeuger Kevin Laing, Gitarrist Robbie MacArthur und Keyboarderin Sheenah Ko - ihre Beiträge hinzu.
Am Ende entstand so ein thematisch in die Kapitel "Near Death" - "Death" - "After Death" - "Life" viergeteiltes 72-minütiges Doppelalbum, das nicht nur musikalisch ambitioniert ist, sondern auch so präsentiert werden sollte, nein, musste. Glücklicherweise fand sich mit Full Time Hobby eine Plattenfirma, die für die Wünsche der Band offen war - auch wenn zunächst noch ein wenig Überzeugungsarbeit notwendig war. Von dem kostspieligen Klappcover, das mit dem Artwork der langjährigen Besnard-Lakes-Wegbegleiter Corri-Lynn Tetz und Todd Stewart das Spiegelbild von Leben und Tod, um das das Album kreist, erst richtig zur Geltung bringt, wollte selbst das englische Connaisseur-Label nichts wissen. "Wir haben uns zusammengesetzt und ihnen erklärt, für wie wichtig wir es halten, nicht an den Details zu sparen, der künstlerische Aspekt stand für uns im Mittelpunkt", sagt Lasek. "Wir sind äußerst dankbar dafür, dass sie sich nicht nur für die Platte interessiert haben, sondern uns letztlich auch erlaubt haben, unsere Ideen einschließlich der Endlosrille beim letzten Lied auf Seite 4 ohne Kompromisse zu verwirklichen. Etwas Ähnliches hätten wir auch liebend gern schon in der Vergangenheit gemacht, aber wir wussten, dass eine Doppel-LP in einer aufwändigeren Verpackung höhere Kosten verursacht, und weil wir nun mal keine Band sind, die viel verkauft, haben wir die Ideen zuvor stets verworfen." Denn bescheiden, wie die Besnard Lakes nun einmal sind, war das Entgegenkommen des neuen Labels, auch wenn es finanzielle Einschnitte für die Musiker bedeutet, keineswegs selbstverständlich für sie. "Derzeit wird so viel Musik gemacht, und fast war uns ein wenig mulmig dabei, dem großen Stapel neuer Platten mit unserer noch eine hinzuzufügen", gesteht Lasek. "Schließlich sind wir schon so lange dabei, und Musik ist ja eigentlich doch eher etwas für die Jugend, für die Rebellen, die von Existenzangst angetrieben werden. Existenzangst kennen wir zwar immer noch und im Herzen sind wir auch jung geblieben, aber junge Hüpfer sind wir nicht mehr."

Doch auch wenn sie ihre Einfälle auf "The Besnard Lakes Are The Last Of The Great Thunderstorm Warnings" erstmals umsetzen konnten - neu ist das Denken in großen Dimensionen für die Band nicht. "Bei unseren früheren Platten mussten wir stets innerhalb bestimmter Parameter arbeiten", erklärt Lasek. "Dieses Mal haben wir uns einfach gesagt: Wir machen das jetzt einfach, und wenn jemand die Platte veröffentlichen will, wenn sie fertig ist - prima! Für uns gab es nur diesen einen Weg!"
Weitere Infos:
www.besnardlakes.com
www.facebook.com/thebesnardlakes
twitter.com/BesnardLakes
www.instagram.com/thebesnardlakes
thebesnardlakes.bandcamp.com
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Joseph Yarmush-
The Besnard Lakes
Aktueller Tonträger:
The Besnard Lakes Are The Last Of The Great Thunderstorm Warnings

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