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MOLLY BURCH
 
Spaß mit Ziegen
Molly Burch
Bislang schien die Sache für Molly Burch klar: Sowohl auf ihrem Debüt-Album "Please Be Mine", dem zweiten Album "First Flower" und auch auf ihrem bisher letzten Lebenszeichen, dem "Christmas Album" von 2019 widmete sich die studierte Jazz-Sängerin einer Ästhetik, die ihre musikalischen Inspirationsquellen klar erkennen ließen: Das waren etwa klassische Vokalistinnen wie Nina Simone oder Billie Holiday, Songformate wie aus dem amerikanischen Songbook und eine Hinwendung zu typischen Americana-Stilistiken. Lediglich der Fokus änderte sich von Veröffentlichung zu Veröffentlichung - vom Folk über den Blues zum Country bei den drei Veröffentlichungen. Dieser Eindruck bestätigte sich auf Mollys Live-Touren, bei denen sie und ihr Partner Dailey Tolliver die Zuhörer durch die Betonung klassischer Stiltugenden auf eine musikalische Zeitreise mitzunehmen schienen. Dann kam die Pandemie und die Single "Needy" - ein Ariana Grande-Cover, das von Molly mit ironischer Distanz als schwülstige R'n'B-Ballade dargeboten wurde. Und nun liegt das neue Album "Romantic Images" vor, auf dem sich Molly nicht nur optisch mit einem neuen Image präsentiert, sondern das vor allen Dingen auf der musikalischen Seite mit Disco-, Pop- und Soul-Elementen überrascht.
Einen gewissen Anteil an dem neuen Sounddesign dürfte der Umstand gehabt haben, dass sich Molly für die Produktion mit ihren Kollegen und Freunden Alaina Moore und Patrick Riley aus Denver - die gemeinsam das Indie-Pop-Duo Tennis bilden - zusammengetan hat. "Ja, die haben natürlich sehr viel zum Sound beigetragen", bestätigt Molly diese Vermutung, "obwohl ich mich aber entschlossen hatte, sie das Album produzieren zu lassen, muss ich auch sagen, dass ich die Songs auf eine ganz andere Art geschrieben habe als zuvor. Meine ersten beiden Alben und auch die eigenen Stücke auf dem 'Christmas'-Album habe ich nämlich alle auf der Gitarre geschrieben, während ich für die neuen Songs dafür auf Klavier, Synthies und Rhythmusmaschinen zurückgegriffen habe. Ich bin die Sache also mit einem ganz anderen Mindset angegangen. Ich wusste zum Beispiel von vorneherein, dass Sound und Produktion poppiger sein und dass die Sachen fröhlicher und lebendiger klingen sollten. Ich wollte auch mit den Synthie-Sounds herumexperimentieren und Drumcomputer mit echten Drums mischen. Und das ist etwas, was Alaina und Patrick mit ihrer Tennis-Musik ja auch machen - und schon aus diesem Grund konnten sie total viel zur Produktion beitragen." Damit gab Molly Burch dann ja vergleichsweise viel aus der Hand. War es ihr vielleicht sogar besonders wichtig, Meinungen aus dem Off einzubeziehen? "Ja, denn vorher hatte ich nur den Tontechniker zur Unterstützung - und das war meine erste Erfahrung an der mehrere Ohrenpaare beteiligt waren", verrät Molly, "es gibt auch diesen Song namens 'Emotion', der von Jack Tatum von Wild Nothing produziert und von Gloria Kaba gemischt wurde. Mikaelin 'Blue' Bluespruce - der viel mit R'n'B-Künstlern wie Solange gearbeitet hat, hat auch mitgearbeitet. Es gab also mehrere Kollaborateure - viele davon auch Frauen, was mir auch wichtig war. Ich denke, dass das ganz gut war, mehrere Leute am Tisch zu haben, die ihre Ideen beitragen konnten."

Molly verwies mit Bezug auf ihre Einflüsse ja stets auf ihre klassische Ausbildung und ihre gesanglichen Idole. Ist denn Musik in diesem Soul-Pop-Stil auch etwas, das sie sich selbst gerne anhört? "Ja, definitiv", erklärt Molly, "ich habe mich mein ganzes Leben zu Sängerinnen hingezogen gefühlt - hauptsächlich aus dem Jazz und Klassik-Bereich, aber auch Pop-Künstlerinnen wie Britney Spears, Mariah Carey oder Lauryn Hill - alle mit einer starken vokalen Präsenz. Heute, als Erwachsene, würde ich sagen, dass ich sogar mehr Pop als Klassik höre. Ich interessiere mich auch dafür, was gerade angesagt ist und in welche Richtung der Trend geht. Ich finde zum Beispiel den aktuellen Disco-Trend interessant." Die Songs sind ja vor der Pandemie entstanden. Wurde die Pandemie denn in irgendeiner Weise zu einem Einfluss für die Scheibe? "Ich war wirklich froh, dass ich die Songs schon fertig hatte, denn als die Pandemie zuschlug, war ich nicht in der Stimmung kreativ zu sein", erklärt Molly, "ich war eher depressiv und ängstlich - war aber natürlich dennoch froh, dass ich das Album einspielen konnte. Das Album selbst ist ja eher fröhlich und das war mir dann schon sehr wichtig. Ein Song, der in der Pandemie entstanden ist, war die Zusammenarbeit mit Jack Tatum von Wild Nothing bei der Nummer 'Emotion'. Wir hatten zwar vorher angefangen, aber in der Quarantäne online fertig gestellt." Vielleicht klingt dieser Song deswegen dann ja besonders lebensbejahend? "Das kann sein", meint Molly, "es war sogar meine Idee, einen Disco-Song daraus zu machen. Ich hatte Jack eine Playlist gemacht und ihn gebeten, etwas in dieser Richtung zu produzieren."
Molly Burch
Wonach sucht Molly denn heutzutage in ihren Songs? "Musikalisch ist das für mich ein griffiger Refrain oder eine griffige Hookline", erläutert Molly, "und dann muss es etwas geben, das unerwartet oder überraschend ist - und wenn ein Kopf oder eine Melodie dir im Kopf hängen bleibt. Für mich persönlich ist das so, dass ich meine Stimme auf eine interessante Weise einsetzen möchte." Und was möchte Molly inhaltlich erreichen? "Also einen roten Faden hatte ich nicht direkt", überlegt sie, "als ich die Songs geschrieben habe, war ich im letzten Jahr meiner 20er und habe viel über mein Leben nachgedacht und darüber, an welchem Punkt ich mich befand. In den Songs spreche ich viel über Selbstvertrauen und die Reise, auf der wir uns alle befinden, um uns selbst lieben zu können. Ich mag es, wenn meine Songs für Leute, die sie anhören, bedeutsam sein können. Mein Ziel war es, unterhaltsame Songs zu schreiben, die aber auch sehr persönlich sein sollten." Witzigerweise kumuliert das alles in dem Song "Control", den Molly zuvor auch als Single veröffentlicht hat. Welche Aspekte kontrolliert Molly denn als Songwriterin? Oder ist sie gar abhängig davon, was der Song ihr vorgibt? "Hm - das ist eine interessante Frage", zögert Molly zunächst, "ich weiß gar nicht so recht, denn ich fühle nicht, dass ich eine große Kontrolle über mein Songwriting habe. Speziell den Produktionsprozess betreffend, habe ich die Kontrolle weitestgehend aus der Hand gegeben - weil ich ja Produzenten auf der Scheibe habe. Tatsächlich würde ich dann sage, dass ich die Kontrolle in gewisser Weise aufgebe."

Der letzte Song des Albums "Back In Time" sticht ein wenig heraus - nicht nur, weil es eine Art Piano-Ballade ist, sondern auch, weil Molly hier darüber sinniert, ob sie etwas anders machen könnte, wenn sie die Möglichkeit hätte, in der Zeit zurückzureisen. Ist es aber vielleicht sogar so, dass sie in der Zeit zumindest in der Form zurückreist, um dort ihre Songideen und Inspirationen zu finden? "Hm - das ist auch interessant", sagt Molly, "ich weiß nicht so recht - denke aber eher nicht, weil ich mich ja weiter entwickle. Aber manchmal denke ich in meinen Song zumindest darüber nach, an welcher Stelle ich mich zu einem gegeben Zeitpunkt befunden habe. In 'Back In Time' geht es dann aber darum herauszufinden, was ich von der Zukunft erwarte. Ich würde aber nicht sagen, dass ich in der Vergangenheit nach Textideen suche." Songs können aber doch so etwas sein, wie eingefangene Erinnerungen, oder? "Ja, da stimme ich zu", bestätigt Molly, "das macht deswegen Sinn, weil jede Scheibe so eine Art Zeit-Kapsel ist, die einfing, wie ich mich zu einem bestimmten Zeitpunkt befunden habe. In dieser Hinsicht blicke ich dann tatsächlich in der Zeit zurück, um meine Inspirationen zu finden."
Worum geht es in dem Song "Heart Of Gold" - und was hat das Zicklein in dem zugehörigen Video zu suchen? "Das ist eigentlich ein geradliniges Liebeslied", gesteht Molly, "im Refrain heißt es: 'Ich habe ein Herz aus Gold' - und deswegen solltest du mich lieben. Ich fühlte mich da ziemlich selbstbewusst, was den Vortrag und den Text betrifft. Und deswegen wollte ich, dass das Video das auf sonnige und freundliche Art widerspiegeln sollte. Der Regisseur, Jordan Moser, und ich fanden ein Bild von einer Frau, die wie eine Prinzessin gekleidet war und eine kleine Ziege im Arm hielt. Da haben wir uns gedacht, dass wir uns eine Ziege mieten sollten. Auch weil es diesen Begriff 'Greatest Of All Time' gibt, der abgekürzt 'G.O.A.T.' und umgangssprachlich 'goat' heißt (und als Lob oder Kompliment eingesetzt wird). Und außerdem wollte ich immer schon mal ein Zicklein knutschen." Was natürlich nicht bedeutet, dass Molly Burch selbst eine Zicke ist, sondern nur, dass sie eine bestimmte Art von Humor hat. Wie sieht es überhaupt mit dem Humor aus? In den Videos spielt der ja definitiv eine gewisse Rolle - bei Mollys Texten kann man sich da nicht sicher sein. "Ich würde schon sagen, dass meine Texte eher für bare Münze genommen werden sollten", meint Molly, "aber Humor ist mir schon wichtig. Bei den Video etwa oder auch auf dem 'Christmas'-Album, wo zwei meiner Comedian-Friends auf der Scheibe dabei sind. Ich mag es nicht, wenn Videos allzu ernst sind. Ich will Spaß damit haben. Aus diesem Grund arbeite ich bei dem Video zu dem Song 'Took A Minute" auch mit der Drag Queen Cynthia Lee Fontaine zusammen."

Spaß haben kann man aber nicht nur mit den Videos zu Mollys neuer Scheibe, sondern auch mit der Musik. Besonders dann, wenn sie sich musikalisch im Vergleich zu ihren bisherigen Veröffentlichungen sehr weit aus dem Fenster lehnt, mit mitreißenden Mitsing-Refrains und knackigen Hooklines hantiert - oder Tracks wie eben "Took A Minute" oder das mit Jack Tatum von Wild Nothing geschriebene "Emotions" gleich als klassische 70s-Disco-Produktionen anlegt. Und das, obwohl es in ihren Texten durchaus ernsthaft zugeht und sie sich hier ihren Ängsten und Dämonen stellt.
Weitere Infos:
mollyburch.bandcamp.com
www.mollyburchmusic.com
www.facebook.com/mollyburchmusic
twitter.com/mollyjburch
instagram.com/mollyjburch
www.youtube.com/channel/UCG-KcwS-68Bb5V1Tc8QtadA
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Jackie-Lee Young-
Molly Burch
Aktueller Tonträger:
Romantic Images
(Captured Tracks/Cargo)
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