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05.05.2023
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KOMMANDO KANT

Kommando Kant
Vor wenigen Tagen haben Kommando Kant das wundervolle neue Album "Eklat" veröffentlicht. Beheimatet auf DevilDuck Records und voller feiner Indiepopmusik. Bisschen schräg, sehr eigen, persönlich und spannend - und dabei sehr, sehr schön. Sagen wir und sagen andere. Auf die Frage, wie man mit den bisherigen Reaktionen zufrieden ist, sagt Sänger und Gitarrist André Kurberg: "Wirklich sehr! Da wurden zum Teil so schöne Rezensionen verfasst, wo wir auch wirklich das Gefühl hatten, dass sich die Menschen Zeit für unsere Musik genommen haben und sie auf eine ähnliche Weise verstanden haben, wie wir es uns gedacht haben. Ohne jetzt sagen zu wollen, dass die eine Interpretationsweise falsch und die andere richtig ist. Aber das hat uns schon sehr gefreut, wenn mal nicht einfach nur der Pressetext kopiert wird."

Hier läuft das Video zu "Endlose Prärie", auch "Eldorado" und "Jeversand" wurden bereits verfilmt. Und werden natürlich auch live aufgeführt:

26.05. Cuxhaven, Döser Börse
24.06. Frisoythe, Katteker Festival
01.09. Elmshorn, Apollo
02.09. Harburg, Stellwerk
05.09. Hannover, Café Glocksee
10.09. Langenberg, KGB

Was aber passiert live, was können sie live am besten und was gefällt ihnen live am besten? Björn Albertsen, ebenfalls Sänger und Gitarrist: "Ich glaube, wir schaffen es ganz gut, uns weder auf noch neben der Bühne selbst zu ernst zu nehmen. Diesen Kontakt zum Publikum aufzubauen, ist mir total wichtig und macht auch jedes Konzert besonders. Mir als Sänger gefällt es dabei natürlich am Besten, wenn ZuhörerInnen Texte mitsingen. Das passiert bei uns noch nicht ganz so häufig, aber umso mehr freut es mich dann!" Was die Band tatsächlich auch gefreut hat: Veränderungen innerhalb der Band. Genau wie sie genau das nicht gemocht haben. Denn auf unsere Frage, was in zehn Jahren Kommando Kant wohl am besten war und was doch eher kacke, sagte Björn: "Ich glaube, unsere Besetzungswechsel waren gleichermaßen am beschissensten und am besten. Man wird erst einmal sehr aus der Bahn geworfen. Bei uns haben ja immer alle in der Band viel Einfluss auf das, was passiert, das macht die entstehende Lücke natürlich groß. Mit Lilli und Moritz haben wir aber nicht nur gute MusikerInnen, sondern vor allem großartige Menschen gefunden, die unser Leben auch neben der Band unheimlich bereichern. Ich glaube, das ist es auch insgesamt, was nach den zehn Jahren am meisten bleibt, all die tollen Bekanntschaften, die wir bei Konzerten, im Studio und darüber hinaus gemacht haben." Die Highlights für André waren "definitiv unsere aufgenommenen Alben. Es ist einfach ein unschlagbares Gefühl, dass man nun auf Ewigkeiten seine Musik da draußen hat, professionell aufgenommen und veröffentlicht."


1. Was ist eure Definition von "guter Musik"?

Björn: Ich finde, der Kern guter Musik ist Kreativität. Eben nicht das nachzumachen, was es schon gibt oder schlimmstenfalls gerade im Radio rauf- und runterläuft, nur um kommerziellen Erfolg zu haben. Das muss natürlich nicht heißen, dass man sich von den vielen tollen KünstlerInnen, die es gibt, nicht inspirieren lassen darf. Ganz persönlich sind es Melodien, die für mich einen guten Song ausmachen, relativ egal, ob diese nun von Elton John oder Slayer kommen, ein guter Song ist ein guter Song.

2. Was war der wichtigste Einfluss bei den Aufnahmen zur neuen Veröffentlichung?

André: Sowas wie einen gemeinsamen musikalischen Einfluss gab es nicht, da wir privat ziemlich unterschiedliche Musik hören. Bei mir kommt's zudem ganz auf den Song an. Der für mich schönste Einfluss waren die von mir geliebten The Cure, deren Klangwelten ich auf "Früher war ich Jedi" mit einer wunderschönen Baritongitarre (Danke an Bommel!) und ordentlich viel Hall-Effekten versucht habe nachzubauen.

Lilli: Ich würde behaupten, der wichtigste Einfluss waren wir selber. Das meine ich nicht auf selbstlobende Art, sondern dass jeder mit dem, was er mitbringt und was ihn geprägt hat, die Songs beeinflusst hat und somit Lieder verändert hat, die sich der, der den Song geschrieben hat, vielleicht ganz anders vorgestellt hatte.

Moritz: Ein Beispiel zu dem, was Lilli sagt, ist für mich, dass ich zu der Zeit viel Do Nothing gehört habe. Deren Bassist arbeitet immer mal wieder mit disharmonischen Bassläufen, was mich dazu gebracht hat, hier und da Basstöne einzubringen, die vielleicht nicht ganz stimmig sind und manchmal auch zunächst auf Gegenwehr meiner BandkollegInnen getroffen sind. Die Möglichkeit, dass wir alle vier solche Eigenarten einbringen können, prägt sicher die Vielseitigkeit von Kommando Kant.

3. Warum sollte jeder eure neue Veröffentlichung kaufen?

Björn: Wir haben uns mehr getraut, und das eher im Sinne eingängigerer Melodien und schlankerer Songstrukturen, um den Kern der Songs in den Mittelpunkt zu stellen. Wem die ruhigeren Töne auf den Vorgängern gefallen haben, kommt sicherlich auf ihre oder seine Kosten. Es gibt aber auch wieder ein paar zackige Nummern zu entdecken.

André: Ich will uns nicht überschätzen, aber aus meiner Sicht gibt es in der deutschsprachigen Indie-Rock-Szene eine gewisse Leerstelle, die wir mit "Eklat" ein Stück weit auffüllen. Es gibt da irgendwie die Erben der Hamburger Schule auf der einen Seite und diesen Neo-Punkrock Marke Turbostaat auf der anderen. Beides sind für mein Empfinden Musikstile, die es so nicht in den USA oder in Großbritannien gibt. Auf "Eklat" haben wir versucht, uns mehr von diesen hiesigen Richtungen zu lösen als zuvor und haben den Fokus noch mehr auf Melodien gelegt, wodurch die Platte trotz der deutschen Sprache erfrischend international klingt, wie ich finde.

4. Was habt ihr euch von eurer ersten Gage als Musiker gekauft?

Björn: Das waren ungefähr 6,67 Euro Hutgeld auf einem Rio Reiser Tribute Festival in Nordfriesland. Wurde natürlich unweigerlich in Bier umgesetzt.

Lilli: Meine erste Gage, die ich dann auch in die Hand gedrückt bekommen habe und die nicht auf einem mysteriösen Bandkonto verschwunden ist, habe ich gleich wieder reinvestiert und mir neue HiHat-Becken gekauft. Die haben allerdings ca. das Vierfache meiner Gage gekostet...

5. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass ihr Musiker werden wolltet?

André: Musiker, das sind für mich Menschen, die sieben Tage in der Woche an ihren Instrumente-Skills arbeiten, Pentatoniken mühelos rauf- und runterspielen können und/oder hauptberuflich Musik machen. Auf mich trifft all das nicht zu, weshalb ich mich eher als kreativen Autodidakten bezeichnen würde, der das Glück hat, sich in einer Band austoben zu dürfen. Und dieser Wunsch, Mitglied in einer coolen Band zu sein, der kam ca. mit 14 Jahren auf, als immer mehr Nirvana- und Green-Day-Poster die Wände meines Kinderzimmers bedeckten und dadurch Beyoncé und Christina Aguilera ablösten, haha! Einer meiner besten Freunde machte es dann vor und besorgte sich eine E-Gitarre und so stachelten wir uns gegenseitig immer weiter an. Konkret wurde der Traum einer eigenen Band für mich aber erst mit Anfang Zwanzig, als ich Björn kennengelernt hatte und wir in Hamburg in einer gemeinsamen WG lebten.

Björn: Ich habe als kleines Kind immer die Rockalben meines Vaters gehört und wollte es unbedingt einmal schaffen, auch so tolle Songs zu schreiben. Die Suche nach dem perfekten Lied habe ich seitdem nie wieder abschütteln können.

Lilli: Meine Eltern werden da eine Menge zu beigetragen haben. Mein Vater selber hat früher Schlagzeug gespielt und ist bis heute hartnäckig dabei, immer besser zu werden. Mittlerweile aber an der Gitarre und ohne Band. Ich spiele bis heute auch noch immer sein altes Drum Set. Meine Mutter hingegen spielt kein Instrument, ist aber begeisterte Konzertgängerin. Da hatte ich dann bereits früh das Glück, Hamburger Musikclubs von innen betrachten zu dürfen. Und irgendetwas daran hat mich so fasziniert, dass ich auch da oben auf die Bühne wollte.

Moritz: Mir geht es da wie André. Als Musiker möchte ich mich eigentlich nicht bezeichnen wollen. Das geht schon damit los, dass ich als Kind klassische Gitarre gelernt habe, die erste Band in die ich eingestiegen bin, dann aber einen Bassisten suchte und so wurde es eben vorerst das Instrument. Wahrscheinlich eine Geschichte die 80% aller Bassist*innen so oder so ähnlich erzählen. Seitdem habe ich mir von allem ein bisschen angeeignet, die Selbstdisziplin hat jedoch nie gereicht, um an einem dieser Instrumente ‚Musiker‘ zu werden. Dann ist es aber die Möglichkeit, sich über Töne und Worte so ausdrücken zu können, wie es andere Medien nicht ermöglichen, die wahrscheinlich dafür gesorgt hat, dass ich - trotz meiner Faulheit - weiter dranbleibe und dazulerne.

6. Habt ihr immer noch Träume - oder lebt ihr den Traum bereits?

Björn: Na ja, als kleine, relativ unbekannte Band träumt man natürlich immer ein bisschen vom "Durchbruch". Das würde unser Leben als TeilzeitmusikerIn schon erleichtern, wenn wir uns für regelmäßige Auftritte ein bisschen weniger abmühen müssten. Nun das dritte Album auf einem tollen Label herauszubringen, ist aber natürlich schon ein kleiner Traum!

Lilli: Ich glaube, der Tag, an dem man alle Ziele und Träume erreicht hat, wird nie kommen und das ist auch gut so. Ohne Träume, denen man hinterherjagt, wäre das Leben langweilig. Ich selber sehe mich noch immer ziemlich am Anfang meines Traums vom Musiker-Dasein, obwohl man eigentlich schon so unglaublich viel erreicht hat in den letzten Jahren. Die Veröffentlichung des neuen Albums, das erste ist, auf dem ich zu hören bin, hat mich meinem Traum aber schon ein ganzes Stück näher gebracht und fühlt sich noch immer surreal an.

7. Was war eure größte Niederlage?

André: Schwierige Frage. Eine richtige gemeinsame Niederlage fällt mir gerade tatsächlich nicht ein, aber es gab immer mal wieder kleinere Enttäuschungen und frustrierende Durststrecken, zum Beispiel bei der langwierigen Label-Suche.

Björn: Bei der Veröffentlichung unseres ersten Albums waren wir etwas naiv und dachten, uns würde nun einiges zufliegen, immerhin hat man eine eigene Platte auf einem vernünftigen Label herausgebracht! Das war natürlich Unsinn. Die Erfahrung hat uns bei vielem, was danach kam, aber auch geholfen, realistischer an die Sache heranzugehen.

Moritz: Die Hoffnung, dass einem irgendwann etwas zufliegt, ist ein gutes Stichwort, finde ich. Wenn man anfängt Musik zu machen hat man ja immer Bands, zu denen man aufschaut und denkt: Die haben es geschafft. Vielleicht weil sie ein paar mehr ZuschauerInnen und HörerInnen haben, vielleicht weil sie die erste Platte DIY veröffentlicht haben, vielleicht weil sie bei einem Label sind, vielleicht weil sie eine Bookingsagentur haben usw. usf. Dann kommt man da hin und merkt, dass das Musikgeschäft immer Arbeit bleibt und es immer viele nervige Tätigkeiten gibt, die auch mit dem eigentlich Schaffen von Musik wenig zu tun haben. Und diese Momente der Einsicht gibt es dann immer wieder. Sie sind vielleicht keine Niederlagen aber doch kräftezehrend.

8. Was macht euch derzeit als Musiker am glücklichsten?

Lilli: Mich persönlich macht es am glücklichsten, wenn man auf der Bühne ist und plötzlich merkt, dass es im Gegensatz zu den ersten Auftritten nicht nur aufregend und überfordernd ist, sondern einfach richtig Spaß macht, dort gerade zu spielen. Man selber ist entspannt, kann sich zur Musik bewegen und merkt, dass es dem Publikum genauso geht. Das fühlt sich an, als sei man endlich irgendwo angekommen.

André: Wir durften auch in den letzten Monaten vermehrt auf für unsere Verhältnisse größeren Bühnen von Tagesfestivals spielen. So konnten wir endlich mal sowas wie eine richtige Show mit viel Energie entwickeln. Das ist in vielen kleinen Clubs, in denen wir sonst meistens spielen, allein aus Platzgründen oft gar nicht möglich.

Moritz: Für mich ist das zumindest aktuell das Performative der Musik. Also nicht das Schreiben und Vorbereiten, sondern der konkrete Moment des gemeinsamen Erschaffens von Musik. Der Moment in dem Lilli und ich gleichzeitig auf unsere Instrumente schlagen, Björn und ich gleichzeitig Töne singen, die für uns stimmig sind oder André und ich zeitgleich Bewegungen ausführen, die auf irgendeine Weise zusammenpassen. Das schöne an der Musik, wie wir sie machen, ist ja, dass wir sehr genau aufeinander achten müssen, um gemeinsam gut zu werden. Wenn dann bei Shows noch das Publikum dazu kommt und auch nur 50 Menschen gemeinsam mit uns ihren Kopf bewegen, ist das nicht nur eine unglaublich kooperative Leistung von 54 Menschen, sondern auch etwas sehr Verbindendes.

9. Welches ist das schlechteste Lied, das je geschrieben wurde?

André: "Schlecht" finde ich schwierig zu beurteilen. Aber zu den für mich nervigsten Liedern, bei denen ich jede Tanzfläche verlasse, gehören "(I've Had) The Time Of My Life" aus dem "Dirty Dancing"-Soundtrack und "I Gotta Feeling" von den Black Eyed Peas.

Moritz: Ich weiß nicht, ob ich das vor Kurzem schon irgendwo gelesen habe und mich gerade nicht erinnern kann, aber für mich gibt es eigentlich keine schlechten Songs in dem Sinne. Es gibt nur langweilige Songs, bei denen man das Gefühl hat, sie (so oder so ähnlich) schon tausend Mal gehört zu haben. Das fühlt ich dann an, als würde im Kopf ein kleiner Zwerg immer auf die gleiche Stelle des Gehirns eintreten.

10. Wer - tot oder lebendig - sollte auf eurer Gästeliste stehen?

Björn: Ich glaube, bei vielen eigenen Helden wäre ich zu nervös und ängstlich vor einem vernichtenden Urteil. Da bin ich mit unserem meist wohlwollenden Publikum schon sehr zufrieden!

André: Robert Smith von The Cure!

Weitere Infos:
www.kommandokant.de
www.facebook.com/kommandokant
www.instagram.com/kommando_kant

Text: -Gaesteliste.de-
Foto: -Sebastian Madej-
Kommando Kant
Aktueller Tonträger:
Eklat
(DevilDuck)
 

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