Im Herbst vergangenen Jahres releasten Vizediktator ihr tolles "Was kostet die Welt"-Album, wir feierten ihre "zehn emotionalen, nachdenklichen, intelligenten Songs mit wenig Hoffnung und ohne", ihren Straßenpop und das große Ganze und warfen Namen wie Rio Reiser und Milliarden in den Hut. Hier laufen die Lieder "Herz aus Wachs" und "Kopfnuss". Eine Tour wurde gespielt, Stand heute steht eine weitere Show in Dresden (17. März 2023, Beatpol) auf dem Programm. Nicht aber die eigene WikiPedia-Seite. Warum es keine gibt, haben wir Sänger Benjamin Heps gefragt. Antwort: "Was ist Wikipedia?"
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1. Was ist deine Definition von "guter Musik"?
Gute Musik hat immer eine Metaebene. Genre spielt dabei keine Rolle. Kunst kommt übrigens für uns nicht von Können. Es ist egal, ob Künstler*innen "gelernt" haben, was sie machen, wichtig ist eine innere Überzeugung, die nach außen abstrahlt. Vielleicht das, was allgemein als Talent bezeichnet wird, oder auch Kredibilität.
2. Was war der wichtigste Einfluss bei den Aufnahmen zur neuen Veröffentlichung?
Wir haben uns für das neue Album einfach zu dritt im Studio eingeschlossen, zusammen mit unserem Produzenten Thies Neu. Franz, Findan und ich haben erst seit ein paar Monaten zusammen gespielt und waren deshalb noch sehr frisch im gemeinsamen Spiel. Es gab die unterschiedlichsten Einflüsse. Wir haben immer wieder gegenseitig Songs von anderen Künstler*innen vorgespielt. Nach dem Motto: Kennst du das? Klingt ähnlich wie... usw. Wir alle sind ja schon ein paar Jahre dabei und hören beruflich und privat viel Musik. Für mich persönlich sind tatsächlich Bands wie The Police, The Thermals oder auch fast alles von Jens Rachut eine große Quelle.
3. Warum sollte jeder eure neue Veröffentlichung kaufen?
Mit "Was kostet die Welt" haben wir ein Album geschrieben, in dem wir gewagt haben, musikalisch und auch textlich neue Wege mit dem Projekt Vizediktator einzuschlagen. Die Texte sind viel persönlicher als noch bei dem Vorgänger. Ich habe mich bewusst entschieden, meine persönlichen Erfahrung stärker einzuweben und ich hoffe sehr, dass ich Leute damit erreichen und berühren kann. Für mich ist das ein guter Grund, um Musik zu kaufen. Sowieso ist kaufen das Tollste für die Bands, weil unsere Arbeit nur sehr marginal durch die Streaming-Plattformen entlohnt wird.
4. Was hast du dir von deiner ersten Gage als Musiker gekauft?
Um ehrlich zu sein, kann ich das nicht wirklich beantworten. Die erste Gage habe ich so mit 14, 15 Jahren bekommen. Damals ist sowieso alles an Geld immer sofort in die Bandkasse geflossen. Von den Gagen haben wir dann meistens Tonträger oder so bezahlt. Später dann auch mal Proberaummieten. Mit 19 habe ich mir meinen Bass gekauft, den ich nach nun 18 Jahren immer noch spiele.
5. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass du Musiker werden wolltest?
Nicht wirklich. Das ist einfach so plötzlich passiert. Ich wollte als Jugendlicher eigentlich eher Skateboard fahren. Aber zum Profi hat es dann doch nicht gereicht. LOL. Da hatte ich einfach null sportlichen Ehrgeiz. Bei der Musik war es einfach ein organischer Prozess.
6. Habt ihr immer noch Träume - oder lebt ihr den Traum bereits?
Klar haben wir Träume. Es wäre ja schade, wenn nicht. Die Frage zeigt wohl aber auf den Traum von der großen Musikkarriere ab, oder? Naja, wir leben ja irgendwie alle von oder auch mal eher mit der Musik. Allerdings nicht in einem märchenhaften Sinne, sondern eher vielschichtig und mehrgleisig. Wir arbeiten in der Veranstaltungsbranche, in anderen Musikprojekten und als Musiklehrer.
7. Was war eure größte Niederlage?
Für mich persönlich war es der schwerste Rückschlag, als nach dem Weggang von Gründungsmitglied Hannes 2018, sich auch noch der komplette andere Teil von Vizediktator mitten im Studioprozess zum 2. Album geschlossen zum Ausstieg entschieden hat und ich plötzlich alleine dastand. Das war wirklich niederschmetternd und hätte die Band eigentlich zerstören müssen. Hat es aber zum Glück nicht.
8. Was macht dich derzeit als Musiker am glücklichsten?
Dass wir trotz Konzertabsagen und Corona bei einer Autopanne auf der Autobahn zusammen lachen können und uns gegenseitig den Rücken stärken, die Sache durchziehen und das Beste draus machen. Wir sind glücklich über jedes Lächeln und jede mitgesungene Zeile auf den Konzerten. Das ist einfach immer toll und lässt uns weitermachen.
9. Welches ist das schlechteste Lied, das je geschrieben wurde?
Jeder einzelne Song, den sich dämliche, hasserfüllte Nazis erdreisten auf CDs zu brennen und auf ihren menschenverachtenden Konzerten zu verbreiten.
10. Wer - tot oder lebendig - sollte auf deiner Gästeliste stehen?
Zip Schlitzer steht für mich immer auf meiner Gästeliste. Danke für die Zeit Zip. Mach es gut, du warst mein Lieblingsbasser.
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